Hunnius - Schöpfung
Nikolaus Hunnius: Kurzer Inhalt Dessen,
Was ein Christ von Göttlichen unnd Geistlichen Dingen
zu wissen und zu gleuben bedürfftig (1625)
Nikolaus Hunnius über die Schöpfung:
Das sechste Kapitel.
(Von Erschaffung der Welt.)
Gott hat Himmel, Erde, Engel, und alle sichtbaren Kreaturen aus Nichts ge-schaffen.
141. Bisher haben wir vernommen, was für einen Gott wir verstehen sollen, wenn desselben forthin bei Erwägung der christlichen Lehrpunkte wird gedacht werden. Nun kommen wir zu seinen Werken, insonderheit zu denen, so er an den Men-schen getan. Das erste derselben ist die Erschaffung, wobei insgemein das Werk der Erschaffung aller Kreaturen und insonderheit die Erschaffung des Menschen betrachtet werden muss.
Die Erschaffung aller Kreaturen anlangend ist auf diese vier Stücke zu merken: 1) wer aller Geschöpfe Werkmeister sei; 2) woraus alles geschaffen; 3) wann alles geschaffen; 4) was für Werke erschaffen.
142. Das Erste: wer aller Geschöpfe Werkmeister sei? Wir ehren in unserm Glaubensbekenntnis Gott als einen Schöpfer Himmels und der Erden. Solches zeigt uns teils die Natur, wenn wir Himmel, Erde und andere herrliche Werke ansehen und daraus erkennen, es müsse ein allmächtiger Herr sein, der dieses alles bereitet hat. Röm. 1,20: „Gottes unsichtbares Wesen, das ist, seine ewige Kraft und Gottheit wird ersehen, so man des wahrnimmt an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt“.
Andernteils lehrt solches die Schrift, indem sie die Erschaffung aller Dinge Gott dem Herrn als ein recht göttliches Werk zuschreibt, insonderheit 1 B. Mos. 1,1: „am Anfang schuf Gott Himmel und Erden.“ Außer diesem, dem rechten wahren lebendigen Gott, ist nichts im Himmel und auf Erden, weder sichtbares noch unsichtbares, das im Werk der Erschaffung etwas verrichtet hätte, sondern es ist einig und allein Gottes Werk. Jes. 44,24: „ich bin der Herr, der alles tut, der den Himmel ausbreitet allein und die Erde weit machet ohne Gehilfen.“
143. Das andere: woraus alles erschaffen sei. Die Schrift zeuget, dass, obwohl der Mensch aus einem Erdenkloß (1 Mos. 2,7.), die Kräuter aus der Erde (Kap. 1,11.), Fische und Vögel aus dem Wasser (V. 20.), die Tiere aus der Erde (V. 24.) erschaffen worden, so sei doch das ganze Werk ursprünglich aus Nichts herkommen; Hebr. 11,3: „durch den Glauben merken wir, dass die Welt durch Gottes Wort fertig ist, dass alles, das man siehet, aus Nichts worden ist“. Röm. 4,17. schreibt der Apostel von der Erschaffung: „der Herr rufet dem, das nichts ist, dass es sei“. Wie denn auch zuvor freilich nichts gewesen ist, als Gott am ersten Tage Himmel und Erden, das ist, eine solche Materie geschaffen hat, aus welcher Himmel und Erde hernach gemacht worden ist.
144. Das dritte: wann alles geschaffen sei. Nicht müssen wir uns mit etlichen heidnischen Philosophen hie einbilden, als ob die Erschaffung der Welt von Ewigkeit her geschehen wäre, denn wir wissen außer Gott von keinem Ewigen; und dass solches nunmehr vor 6000 Jahren geschehen, ist aus den Historien heil. Schrift leicht zu rechnen. Daraus ist gewiss, die Welt sei nicht ewig, sondern in und mit der Zeit geschaffen.
145. Das vierte: was für Werke erschaffen worden seien. Solches begreift Gott selbst kürzlich unter den Worten Himmel und Erde, dabei man es könnte beruhen lassen, sintemal dieses Orts nicht ist, viel davon zu handeln; allein es muss etlicher weniger Geschöpfe insonderheit Meldung geschehen, als
146. 1) des Himmels, weil man im Papsttum einen besondern Himmel, der über diesem sichtbaren sei, gedichtet und ihn coelum empyraeum, den feurigen Himmel, genannt hat, in welchem die hl. Engel und auserwählten Seelen wohnen und Gott von Angesicht zu Angesicht anschauen. Davon ist also zu halten, dass von einem solchen Himmel weder die Schriften Mosis, der Propheten und Apostel uns berichten, noch davon aus der Vernunft etwas mag verstanden werden. Durch sonderliche göttliche Offenbarung ist er auch nicht kund worden, darum bleibt solches uns in dieser Zeit gänzlich verborgen und ist ein Gedichte menschlicher Vernunft, als welche gern höher steigen will, als Gott sie durch seine Offenbarung geführt hat.
(Von den Engeln.)
147. 2) ist zu gedenken der Engel, welche auch unter die Kreaturen Gottes zu rechnen sind und allein mit dieser irdischen Welt nichts zu tun zu haben schei-nen, darum vielleicht Moses in seiner Historie ihrer keine Meldung getan hat, Von denen ist zu wissen: ihr Name, Wesen, Verstand, Kraft, Anzahl, unterschiedene Rangstufen und Ordnung, der Unterschied der Guten und Bösen.
148. Der Name Engel ist ein Amtsname und heißt in griechischer Sprache, daraus er genommen ist, ein Abgesandter und Bote, weil die Engel Gott auf den Dienst warten. Ps. 103,20: „lobet den Herrn ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seinen Befehl ausrichtet“; V. 21: „lobet den Herrn alle seine Heerschaaren, seine Diener, die ihr seinen Willen tut“.
149. Die Kreaturen aber, so Engel genannt werden, sind geistliche Wesen, und haben in ihrer Natur nichts Leibliches; Hebr. 1,7: „er macht seine Engel Geister“. Ein Geist aber hat nicht Fleisch und Bein, Luk. 24,39. Und die sind die unsicht-baren Kreaturen, deren Sct. Paulus gedenkt Kol. 1,16. Solchem aber wird dadurch nichts benommen, dass die Engel etwa in menschlicher Gestalt er-schienen sind; 1 Mos. 18,2. Kap. 19,1. Mark. 16,5 etc. Denn sie haben solche äußerliche Gestalt nur auf eine Zeit lang an sich genommen, dass die Menschen nicht durch Anschauen der englischen Klarheit erschreckt würden, Luk. 2,9. Wenn sie aber ihre Verrichtung zu den Menschen abgelegt haben, so ist die angenommene menschliche Gestalt wiederum verschwunden, Richt. 13,20.
150. Der Verstand der Engel wird aus ihren Werken und Verrichtungen leichtlich abgenommen. Richt. 6,12. Luk. 1,13.19.28. Kap. 2,10.14. Kap. 22,43. Mark. 16,5.ff.
Zwar entsteht bisweilen der Gedanke bei den Leuten, als erstreckte sich der Engel Verstand so fern, dass sie auch die verborgenen Herzens-gedanken erforschen könnten; es ist jedoch gewiss, dass sich ihr Verstand so weit nicht erstreckt. Denn niemand weiß, was in dem Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist, 1 Kor. 2,11. Allein Gott hat den Namen, dass er der Menschen Gedanken verstehe (Ps. 139,2.), dass er Herzen und Nieren prüfe (Ps. 7,10. Jer. 20,12). Wenn nun auch die Engel die Herzen prüften, wie bliebe Gott dieser Ruhm eigen?
151. Ihre Kraft wird gerühmt, wenn die Engel heißen die starken Helden (Ps. 103,20.), die große und starke Macht haben (2 Petr. 2,11.), die Gewaltigen, die Kräfte (Kol. 1,16.). Und ihre Kraft wird damit erwiesen, dass sie ganze Haufen und Heerlager darnieder schlagen (2 Kön. 19,35. 2 Sam. 24,15.16.), welches menschliche Kraft weit übertrifft.
152. Von ihrer Zahl ist nichts gewisses aufgezeichnet und steht im Buch Hiob 25,3: „wer will seine Kriegsleute zählen?“ Dass aber der Engel eine große Anzahl sei, ist hieraus abzunehmen, dass der Sohn Gottes Matth. 26,53 spricht: „meinest du, dass ich nicht könnte meinen Vater bitten, dass er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel?“ Daniel sieht im Gesicht, wie die Engel Gott auf den Dienst warten, welches er beschreibt mit diesen Worten: Tausendmal tausend dieneten ihm und zehenmal hunderttausend stunden vor ihm“, Kap. 7,10. Und Johannes Offenb. 5,11: „Ich sahe und hörte eine Stimme vieler Engel um den Stuhl, und ihre Zahl war viel tausendmal tausend“.
153. Ihre unterschiedenen Rangstufen und Ordnung hat die Schrift angezeigt, wenn sie unterschiedlich gedenkt der Thronen, Herrschaften, Fürstentümer und Obrigkeiten (Kol. 1,16.), der Engel und Erzengel (1 Thess. 4,16.). Worin aber der Unterschied bestehe, mag nicht erkundet werden, denn Gott hat uns davon weiter nichts geoffenbart.
154. Endlich der Unterschied der guten und bösen Engel. Gott zeuget von seinen Geschöpfen, dass sie alle sehr gut seien, 1 Mos. 1,31. Darum sind die Engel allesamt, ohne einigen Unterschied, ihrer Substanz und Wesen nach gewisslich gut. Aber der Unterschied besteht hierin, dass, da sie alle in Heiligkeit sind geschaffen worden, nicht alle in diesem Guten beständig geblieben sind. Darum hat Gott die, so von ihm abgefallen sind, aus gerechtem Gericht von seiner Gnade ewiglich verstoßen und ihnen das ewige höllische Feuer zur Strafe bereitet. Joh. 8,44: „der Teufel ist ein Mörder vom Anfang und ist nicht bestanden in der Wahrheit“; 2 Petr. 2,4: „Gott hat der Engel, die gesündiget haben, nicht verschonet, sondern hat sie mit Ketten der Finsternis zur Hölle verstoßen und übergeben, dass sie zum Gericht behalten werden“; Epist. Judä V. 6: „die Engel, die ihr Fürstentum nicht behielten, sondern verließen ihre Behausung, hat er behalten zum Gericht des großen Tages, mit ewigen Banden in Finsternis“.
155. Diese Engel haben besondere Namen, als: Teufel, Joh. 8,44; der große Drache, Offenb. 12,9; alte Schlange, Offenb. 12,9.; Verderber, Offenb. 9,11.; Fürst dieser Welt, Joh. 12,31; Gott dieser Welt, 2 Kor. 4,4.; Satanas, Matth. 4,10.
156. Denn diese Engel sind der Menschen abgesagte Feinde. so sich mit höchstem Fleiß bemühen, sie um ihre ewige Seligkeit zu bringen und in die Hölle zu stürzen. Denn durch des Teufels Neid ist der Tod (nämlich vermittelst der Sünde) in die Welt kommen, Weish. 2,24. Er ist unser Feind, so um uns hergeht als ein brüllender Löwe und suchet, welche er verschlinge (1 Petr. 5,8.), mit dem wir ohne Aufhören zu streiten haben (Eph. 6,12ff.).
157. Die guten Engel, welche auch diesen Namen Engel eigentlich behalten haben, sind diejenigen, welche in ihrer angeschaffenen Heiligkeit beständig geblieben und von Gott darin erhalten worden sind. Von denen ist eigentlich dasjenige zu merken, was von den Engeln insgemein ist gesagt worden, und es bedarf weiter nicht, davon zu melden.