Hutter - die letzten Dinge

 

Leonhard Hutter (1563-1616): Inbegriff der Glaubens-Artikel aus der heiligen Schrift und den symbolischen Büchern zusammengestellt (Compendium locorum theologicorum ex scripturis sacris et libro concordiae), Leipzig 1837

 

Leonhard Hutter über die letzten Dinge:

 

Neunundzwanzigster Artikel.

Von dem Tode des Leibes und der Unsterblichkeit der Seele.

 

1. Was ist der Tod des Leibes?

 

Der leibliche Tod ist nichts Anderes, als die Auflösung der natürlichen Vereini-gung, wodurch der Leib von der Seele getrennt wird. (Dieser Artikel ist aus den Schriften des D. Heerbrand und Hunnius entnommen.)

 

2. Was ist des Todes Ursache?

 

Die vornehmste Ursache ist die Sünde, 1 Mos. 2,17: „Welches Tages du davon (vom Baum des Erkenntnisses Gutes und Böses) issest, wirst du des Todes sterben.“ Röm. 6,23. „Der Tod ist der Sünden Sold.“ Röm. 5,12. „Durch Einen Menschen ist die Sünde gekommen in die Welt, und der Tod durch die Sünde.“

 

3. Wer ist dem Tode unterworfen?

 

Alle Menschen, welche auf natürliche Weise erzeugt und mit der Sünde befleckt sind. Röm. 5,12. „Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben.“ Hebr. 9,27. „Und wie den Menschen ist gesetzt einmal zu ster-ben, darnach aber das Gericht.“

 

+ 4. Ist denn aber gar niemand von diesem Gesetz des Todes ausgenommen?

 

Ja; erstens sind Enoch und Elias davon ausgenommen, welche lebendig in den Himmel versetzt sind, 1 Mos. 5,24. 2 König. 2,11. Zweitens diejenigen, welche beim Eintritt des letzten Tages noch leben werden. Denn diese werden nicht sterben, sondern wie sie mitten durch die Flammen dieser brennenden Welt dem Herrn (S. 169) entgegen gerückt werden, werden sie verwandelt werden und etwas empfinden, das dem Tode ähnlich ist. 1 Korinth. 15,51: „Wir werden nicht alle entschlafen; wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbige plötz-lich in einem Augenblick, zu der Zeit der letzten Posaune.“

 

+ 5. Welchen Trost können die Gläubigen den Schrecken des Todes, welcher doch von allen Übeln das schrecklichste ist, entgegen halten?

 

Die Frommen, welche an Christum glauben, wissen, dass der Tod für sie nicht Tod ist, sondern eine Pforte und Durchgang zum Leben. Joh. 5,24. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort höret, und glaubet dem, der mich ge-sandt hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“

 

* 6. Sterben die Seelen mit den Leibern zugleich?

 

Nein; sondern sie sind unsterbliche Geister, welche, nachdem sie aus diesem sterblichen Leibe herausgegangen, in Wahrheit fortleben. Prediger 12,7. „Der Staub muss wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.“ Weish. 3,1. „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an.“ Matth. 10,28. „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht mögen töten. Fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben mag in die Hölle.“ Matth. 22,32. „Ich bin der Gott; Abrahams, und der Gott Isaacs und der Gott Jacobs. Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.“

 

* 7. In welchem Zustande aber befinden sich die Seelen, wenn sie von dem Leibe durch den Tod getrennt sind?

 

Die Seelen der Frommen, welche an Christum glauben, sind in der Hand Gottes, und erwarten da die herrliche Auferstehung ihrer Leiber, und den vollen Genuss der ewigen Seligkeit. Weish. 3,1. „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an.“ Luc. 16,22 und 25. Die Seele Lazari wird in den Schoß Abrahams getragen und da getröstet. (S. 170) Der Gottlosen oder Un-gläubigen Seelen aber sind am Orte der Qual, und erwarten da unter Schrecken und Angst die schmachvolle Auferstehung ihrer Leiber, und das vollkommene Gefühl der ewigen Verdammnis. Luc. 16,22. Der Reiche starb und kam in die Hölle und ist in Qual und Angst; und V. 28 ist er am Orte der Qual.

 

+ 8. Warum werden aber die toten Leiber der Erde übergeben und begraben?

 

Weil dieser Gebrauch und Gewohnheit sehr eng mit der heiligen Schrift überein-zustimmen scheint. 1 Mos. 3,19. „Du bist Erde und sollst zur Erde werden.“ Pred. 12,7. „Der Staub muss wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.“ Dann, weil diese Sitte die Beispiele beider Testamente bestätigen. 1 Mos. 23,19. Abraham begrub Sarah, sein Weib, in der Höhle des Ackers, welchen er von Ephron gekauft hatte. Matth. 27,60. Joseph von Arimathia hatte sich ein Grab in seinem Garten machen lassen. Sir. 40,1. „Es ist ein elend jämmerliches Ding um aller Menschen Leben, von Mutter-leibe an, bis sie in die Erde begraben werden, die unser aller Mutter ist.“

 

+ 9. Darf man die Toten betrauern?

 

Ja; doch so, dass Maaß in der Trauer gehalten wird. Sir. 38,16. „Mein Kind, wenn einer stirbt, so beweine ihn, und klage ihn, als sei dir großes Leid geschehen, und verhülle seinen Leib gebührlicher Weise, und bestatte ihn ehrlich zum Grabe.“ Dasselbe bezeugen auch die Beispiele der Heiligen, als des Abraham, welcher den Tod seines Weibes Sarah beweint; des Joseph und seiner Brüder, welche Leid tragen über den Tod ihres Vaters Jacob; der Israeliten, welche das Abscheiden Aarons und Mosis beklagen; und des Herrn selbst, welcher über den Tod des Lazarus weint. Joh. 11,35. – 1 Thessal. 4,13. „Wir wollen euch aber, lieben Brüder, nicht verhalten von denen, die da schlafen, auf dass ihr nicht trau-rig seid, wie die andern, die keine Hoffnung haben.“ (S. 171)

 

Dreißigster Artikel. Von dem Ende der Welt.

 

1. Wird auch die Welt ein Ende nehmen?

 

Ja, ganz gewiss; Ps. 102,26 u. 27: „Du hast vorhin die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, aber du bleibest. Sie werden alle veralten, wie ein Gewand; sie werden verwandelt, wie ein Kleid, wenn du sie verwandeln wirst.“ Jes. 51,6. „Der Himmel wird wie ein Rauch ver-gehen, und die Erde wie ein Kleid veralten.“ Luc. 21,33. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.“ Vgl. 2 Petr. 3,10. Augsb. Conf. Art. 17. S. 47. Apolog. Art. 8. S. 364.

 

+ 2. Wann wird das Ende der Welt sein?

 

Eine gewisse, sichere Kenntnis dieser Zeit kann kein Mensch, noch Engel geben. Denn „von dem Tage und der Stunde weiß niemand, auch die Engel nicht im Himmel, auch der Sohn nicht (sofern er nämlich Mensch ist); sondern allein der Vater.“ Marc. 13,32. Apostg. 1,7. „Es gebühret euch nicht zu wissen, Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat.“ Aber nach einer, wenn auch nicht ganz gewissen, Erkenntnis können wir nicht zweifelhaft sein, dass das Weltende nicht mehr fern sei; und solches daher, weil die Zeichen, welche nach den Worten des Herrn und der Apostel, dem Ende der Welt vorangehen sollen, mehrenteils erfüllet sind. Matth. 24,29 und 38. Luc. 17,27. Kp. 21,25. 2 Thess. 2,3. 2 Tim. 3,2 u. 3.

 

* 3. Wie wird die Welt untergehen?

 

Das Ende der Welt wird durch Feuer geschehen, nach dem Zeugnis des Apostels 2 Thess. 1,8. Und Petrus sagt in seiner zweiten Epistel Kp. 3,7: „Also auch der Himmel jetzund und die Erde werden durch sein Wort gespart, dass sie zum Feuer behalten werden, am Tage des Gerichts und Verdammnis der gott-losen Menschen;“ und V. 10: „Es wird aber der Tag des Herrn kommen als ein Dieb in der Nacht; in welchem die Himmel zergehen werden mit großem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze zerschmelzen, und die Erde und die Werke, die darinnen sind, werden (S. 172) verbrennen;“ und V. 12: „Die Himmel werden vom Feuer zergehen, und die Elemente von Hitze zerschmel-zen.“

 

* 4. Wird dieser Brand der Welt lange Zeit währen?

 

Nein, sondern plötzlich, im Augenblick, wird die ganze Welt verbrennen; Matth. 24,27: „Gleichwie der Blitz ausgehet vom Aufgang, und scheinet bis zum Niedergang; also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes.“ 1 Thess. 5,2. „Denn ihr selbst wisset gewiss, dass der Tag des Herrn wird kommen, wie ein Dieb in der Nacht.“ Vgl. 2 Petr. 3,10. Luc. 21,35. „Wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen.“

 

Einunddreißigster Artikel. Von der Auferstehung der Toten.

 

1. Stehen alle Menschen vom Tode auf?

 

Ja, alle, welche gestorben sind; aber die, welche am jüngsten Tage noch leben, werden verwandelt. Hiob 19,25. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet; und er wird mich hernach aus der Erde auferwecken; und werde darnach mit dieser meiner Haut umgeben werden, und werde in meinem Fleisch Gott sehen.“ Hesekiel 37,12. „So spricht der Herr: Siehe, ich will eure Gräber auftun; und will euch, mein Volk, aus denselben herausholen.“ Dan. 12,2. „Und viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen.“ Joh. 5,28. „Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören, und werden hervor-gehen,“ 1 Kor. 15,51. „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbige plötzlich in einem Augenblick, zu der Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden ver-wandelt werden.“ S. Augsb. Conf. Art. 17. S. 47. Apol. Art. 8. S. 364. (S. 173)

 

+ 2. Welches ist der Grund, auf den unser Glaube an die Auferstehung sich zweifellos verlassen kann?

 

Dieser Grund ist Christus, welcher der Erstling geworden unter denen, die da schlafen, 1 Kor. 15,10; welcher ist der Anfang und der Erstgeborne von den Toten, Kol. 1,18. Offenb. 1,5; ja, welcher die Auferstehung und das Leben selbst ist. Joh. 11,25. Und daher macht der Apostel diesen Schluss 1 Kor. 15,16: „So die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden.“

 

* 3. Wird die Auferstehung der Toten und die Verwandlung der Lebenden zu-gleich und in einander geschehen?

 

In einem Augenblick zwar wird das Ende der Welt kommen, dabei aber wird jene Ordnung beobachtet werden, welche Paulus angibt, dass nämlich, wenn der Herr zum Gericht erscheinen wird, zuerst die Toten aus den Gräbern hervorgehen werden; dann werden die, welche leben und überbleiben, zugleich mit demselben hingerückt werden in den Wolken dem Herrn entgegen. 1 Thess. 4,15-17.

 

4. Wie werden die Leiber der Auferstanden beschaffen sein?

 

Dies sagt uns derselbe Apostel, 1 Kor 15,42 f., wenn er sagt: „Es wird gesäet verweslich, und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesäet in Unehre, und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesäet in Schwachheit, und wird aufer-stehen in Kraft. Es wird gesäet ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ Daher werden die Leiber der Auferstandenen sein 1) unver-weslich, 2) verherrlicht, 5) mächtig, und 4) geistlich.

 

* 5. Werden die Leiber der Ungläubigen auch so beschaffen sein?

 

Der Ungläubigen Leiber werden nur unverweslich, aber aller Herrlichkeit, Macht und geistlicher Ehre beraubt sein. Statt dessen werden sie voller Schmach und Schande und ein Greuel vor Gott und den Engeln und allen Auserwählten sein.

 

+ 6. So stehen also die Menschen unter ungleichen Bedingungen auf?

 

Ja; denn die Gläubigen stehen zum Leben und zur Herrlichkeit auf; die Ungläubi-gen aber zur Verdammnis und Schande. (S. 174) Daniel 12,2 ff. „Viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen; etliche zum ewigen Leben, etliche zur ewigen Schmach und Schande. Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz; und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“ Joh. 5,28. 29. „Denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören; und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Übels getan haben, zur Auferstehung des Gerichts.“

 

Zweiunddreißigster Artikel.

Von dem jüngsten Gericht, und der Zukunft Christi zu richten die Lebendigen und die Toten.

 

1. Wird denn ein jüngstes Gericht sein?

 

Ja; denn „unser Herr Jesus Christus am Jüngsten Tage kommen wird zu richten, und alle Toten auferwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und ewige Strafe verdammen.“ Augsb. Conf. Art. 17. S. 47. Vgl. Apolog. Art. 8. S. 364.

 

2. Beweis' dies aus der heiligen Schrift?

 

Ps. 9,9. „Er wird den Erdboden recht richten, und die Leute regieren recht-schaffen.“ Jes. 60,15. „Siehe, der Herr wird kommen mit Feuer, und seine Wagen wie ein Wetter, dass er vergelte im Grimm seines Zorns, und sein Schelten in Feuerflammen, denn der Herr wird durch das Feuer richten, und durch sein Schwert alles Fleisch.“ Joh. 5,27. „Der Vater hat dem Sohn Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum dass er des Menschen Sohn ist.“ Apostg. 17,31. „Gott hat einen Tag gesetzt, auf welchen er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit, durch einen Mann, in welchem ers beschlossen hat.“ 2 Thess. 1,6. „Nachdem es recht ist bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die euch Trübsal anlegen; Euch aber, die ihr Trübsal (S. 175) leidet, Ruhe mit uns, wenn nun der Herr Jesus wird geoffenbart werden vom Himmel samt den Engeln seiner Kraft.“

 

3. Wer wird vor diesem Gericht erscheinen müssen?

 

Alle Menschen, Gläubige und Ungläubige, so viel ihrer je gelebt haben, leben und leben werden.

 

* 4. Wie wird der Gang oder die Form dieses Gerichts sein?

 

Da Christus, der Herzenskündiger, der Richter sein wird, so bedarf es gewiss nicht eines solchen Ganges, wie er bei den menschlichen Gerichten beobachtet zu werden pflegt. Vielmehr wird dieser Richter alle Gedanken, Worte und Werke der Menschen richten, und sein Urteil, was er über jeden Einzelnen spricht, wird schnell, ohne Verzögerung und Verhinderung, vollzogen werden. Wie dieser Gang von Christo selbst beschrieben wird Matth. 25,32 ff.

 

5. Nach welcher Norm wird gerichtet werden?

 

Die Richtschnur dieses Gerichts wird diese sein: Wer an den Sohn geglaubet, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohne nicht geglaubet, der wird das Leben nicht sehen. Joh. 3,36. So sagt Christus selbst Joh. 12,48: „Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon, der ihn richtet; das Wort, welches ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage.“ Ebens. Paulus Röm. 2,16: „Auf den Tag, da Gott das Verborgene der Menschen durch Jesum Christ richten wird, laut meines Evangelii.“

 

+ 6. Wie wird denn das Endurteil lauten?

 

Dies gibt Christus selbst an Matth. 25,34 und 41. Denn zu den Gläubigen und Erwählten wird gesagt werden. Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Zu den Ungläu-bigen aber wird gesagt werden: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Und alsobald werden die Engel ausgehen, und die Bösen von den Gerechten scheiden, und werden sie in den Feuerofen werfen: da wird Heulen und Zähneklappern sein. Matth. 13,49 und 50. (S. 176)

 

* 7. Wie aber wird Christus zu diesem Gericht kommen?

 

Das sagt uns unser Erlöser selbst, indem er versichert, dass er kommen werde mit großer Macht und Herrlichkeit in den Wolken, in der Herrlichkeit nämlich, welche seine menschliche Natur durch die Vereinigung mit der göttlichen und durch das Sitzen zur Rechten Gottes des Vaters empfangen hat, Matth. 24,30. Kp. 25,31. Dann wird jener Befehl ausgehen, und die Stimme des Erzengels, und die Posaune Gottes in den Höhen: und die ganze Menge der Engel mit Trompe-ten und mächtiger Stimme. Matth. 24,31. Kap. 25,31. 1 Korinth. 15,52. 1 Thess. 4,16.

 

* 8. Hiermit scheint zu widerstreiten, was Zacharias (Kap. 12,10) sagt, dass nämlich dann die Gottlosen sehen werden, in welchen sie gestochen haben?

 

Hiermit will der Prophet nicht sagen, dass die Gestalt des Fleisches Christi dann wiederum eine Knechtsgestalt sein werde, sondern dass er, nach einer gewissen Einrichtung, den Gottlosen dann zeigen werde die Narben seiner Wunden und die Male der Nägel, und sie auf diese Weise mit dem äußersten Schrecken er-füllen werde.

 

* 9. Werden die Ungläubigen die Gottheit Christi sehen?

 

Nein; denn der Gottlose sieht die Herrlichkeit Gottes nicht, Jes. 26,10; sondern sie werden nur seine menschliche, von göttlichem Glanze strahlende Natur sehen. Hierüber spricht Augustin, in seinem Buch über die Dreieinigkeit Kp. 16, schön: „Wenn die Frommen und Bösen ihn werden gesehen haben, wie er in der verherrlichten Knechtsgestalt das Gericht hält, dann wird der Gottlose ent-nommen werden, damit er nicht schaue die Klarheit Gottes, in welcher Gott ist, und welche allein, die reines Herzens sind, schauen werden, weil ihnen das ewige Leben zu Teil wird.“ (S. 177)

 

Dreiunddreißigster Artikel. Von der Hölle.

 

1. Gibt es eine Hölle?

 

Ja; 5 Mos. 32,22: „Das Feuer ist angegangen durch meinen Zorn, und wird brennen bis in die unterste Hölle.“ Matth. 5,22. „Wer da sagt: du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig.“

 

2. Wo ist die Hölle?

 

Da dies die heilige Schrift nirgends angibt, so sollen wir auch nicht vorwitzig darüber grübeln, sondern uns befleißigen, dass wir durch wahren Glauben und Gottesfurcht den höllischen Qualen entrinnen mögen.

 

+ 3. Wie werden diese Qualen beschaffen sein?

 

Dies kann weder unser Verstand gehörig begreifen, noch die Zunge genugsam aussprechen. Die heilige Schrift, indem sie sich zu unserm Verständnis herunter lässt, bildet uns dieselben durch verschiedene Bezeichnungen, und von zeit-lichen Strafen entnommene Redensarten einigermaßen vor: und nennt sie eine ewige Schande und Schmach, Heulen und Zähneklappern, dicke Finsternis, einen Wurm, der nimmer stirbt, einen Feuerpfuhl, und stellt uns durch diese und andere ähnliche Bezeichnungen diese so sehr großen und ausgesuchten Qualen vor die Augen. Jes. 66,24. Matth. 8,12. Offenb. 19,20.

 

4. Werden diese Qualen ewig dauern?

 

Ja; denn so nennt sie die Schrift. Jes. 66,24: „Ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer wird nicht verlöschen.“ Matth. 3,12. „Die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer.“ Matth. 25,41. „Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer.“ Offenb. 9,6. „Und in denselbigen Tagen werden die Menschen den Tod suchen, und nicht finden; werden begehren zu sterben, und der Tod wird von ihnen fliehen.“ „Derhalben werden die Wiedertäufer verworfen, so lehren, dass die Teufel und verdammte Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.“ Augsb. Conf. Art. 17. S. 48. (S. 178)

 

+ 5. Wird denn aber dieses Feuer die Leiber der Verdammten endlich nicht gar zerstören und in Nichts auflösen?

 

Nein. Denn die Gottlosen haben nach der Auferstehung, eben so wie die Frommen, unverwesliche Leiber. Und wie dies für die Gläubigen eine große Herrlichkeit ist, so gereicht es den Gottlosen zu desto größerer Schmach und Schande, ja zur Schärfung der Strafe, weil sie, zu ewiger Qual und Marter bestimmt, doch niemals werden vernichtet werden können. Hierzu kommt, dass dies höllische Feuer kein natürliches sein wird, und daher auch nicht die Kraft der natürlichen Vernichtung haben kann, besonders da auch die Leiber der Ver-dammten keine natürliche sein werden.

 

* 6. Wird es in der Hölle Grade der Qual oder Strafe geben?

 

Ja, nach dem Grade der Sünden selbst, so dass, je gottloser jemand gelebt, desto härtere Qualen er auch leiden wird. Christus bestätigt dies selbst, wenn er Matth. 11,22 versichert, dass es Tyro und Sidon erträglicher ergehen wird am jüngsten Gericht, denn Chorazin und Bethsaida. Luc. 12,47 „Der Knecht, der seines Herrn Willen weiß, und hat sich nicht bereitet, auch nicht nach seinem Willen getan, der wird doppelte Streiche leiden müssen.“

 

* 7. Gibt es in der Hölle verschiedene Klassen, wie die Katholischen lehren?

 

Die Katholischen teilen die Hölle gleichsam in vier Zellen ein, von denen die tiefste die Wohnung der Verdammten sei: über dieser komme der Aufenthaltsort der ungetauften Kinder, denen es weder wohl noch übel ergehe: dann folge das Fegfeuer, der Ort nämlich, wo diejenigen sind, welche noch für einige Sünden zu büßen haben: die oberste Klasse oder Zelle endlich ist der Aufenthaltsort der heiligen Väter, in welchem dieselben behalten werden bis zur Zukunft Christi, und welchen zu zerstören, Christus in die Hölle hinabgestiegen sei.

 

* 8. Glaubst du, dass hieran etwas Wahres sei?

 

Ich halte es für eitle Possen und kindische Fabeln, was die Katholischen über diese verschiedenen Klassen schwatzen, und zwar aus diesen Gründen: 1) Die heilige Schrift kennt nur zwei Zustände der Seelen, welche vom Leibe getrennt sind: den einen, den Stand des ewigen Lebens: den andern, die Verdammnis oder Hölle, Marc. 16,16: „Wer da glaubet, der wird selig. Wer aber nicht glaubt, der (S. 179) wird verdammt.“ Einen dritten Ort, als den des Fegfeuers, kennt sie gar nicht. 2) Dann gibt es auch nur zwei Klassen von Menschen. Die einen sind die Frommen und Gläubigen; die anderen die Gottlosen und Ungläubigen. Jenen verheißet der Herr Christus, nicht ein Fegfeuer, sondern das ewige Leben; über diese verhängt er, ebenfalls kein Fegfeuer, sondern das ewige Feuer, oder die Hölle, auf bestimmte, unwandelbare Weise. Joh. 5,24. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort höret und glaubet dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurch gedrungen.“ Joh. 3,18. „Wer nicht glaubet, der ist schon ge-richtet.“

 

* 9. Scheint es nicht noch eine dritte Klasse von Menschen zu geben, diejenigen nämlich, welche in diesem Leben nur einen schwachen Glauben hatten?

 

Ganz und gar nicht; denn auch diese gehören zu der ersten Klasse von Men-schen, nämlich zu den Gläubigen und Frommen. Denn auch der schwache Glaube ist wahrhaftiger Glaube, und ergreift das Verdienst Christi nicht weniger, als der starke Glaube. Denn der Glaube rechtfertigt nicht, sofern er abgewogen wird nach seiner Qualität, d. i. nach seiner Stärke oder Schwäche; sondern einzig, sofern er Christum ergreift, den Arzt der Kranken, Matth. 9,12., der das zerstoßene Rohr nicht zerbricht, und das glimmende Docht nicht auslöscht, Jes. 42,3., sondern mit seiner Kraft in unserer Schwachheit mächtig ist, 2 Kor. 12,9. Ein Beispiel hierzu gibt der Schächer am Kreuz, Luc. 23,42 f.

 

* 10. Ist Christus wahrhaftig und wesentlich in die Hölle hinabgestiegen?

 

Ja, und zwar deshalb, dass er den Satan besiege, die Gewalt der Hölle vernichte, dem Teufel alle Gewalt und Macht über die Gläubigen nehme; das heißt, wie es der Apostel erklärt, dass er über die höllischen Gewalten und Mächte triumphie-re. Koloss. 2,15. Hoseas 13,14. 1 Kor. 15,54. Ephes. 4,9. (S. 180)

 

Vierunddreißigster Artikel. Von dem ewigen Leben.

 

1. Gibt es ein ewiges Leben?

 

Ja, nach dem Zeugnis der Schrift, Daniel 12,2: „Viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben, etliche zur ewigen Schmach und Schande.“ Matth. 25,46. „Die Gerechten werden in das ewige Leben gehen.“ Joh. 10,28. „Ich gebe meinen Schafen das ewige Leben.“

 

2. Was ist das ewige Leben?

 

Da kein Auge gesehen hat, und kein Ohr gehöret hat, und in keines Menschen Herz gekommen ist, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben (1 Kor. 2,9), so kann auch kein Sterblicher würdig genug aussprechen, was das ewige Leben ist. Uns ist es genug zu glauben, dass das ewige Leben eine unaussprechliche Seligkeit sein wird, mit welcher Gott seine Gläubigen ewiglich beglücken und verherrlichen wird, so dass sie in ihm, mit allen heiligen Engeln in Ewigkeit leben, und triumphierend über die Leiden dieser Zeit Gott ohne einigen Verdruss lieben, ihn, ohne zu ermüden, verehren, ohne Ende anschauen werden. Hierüber sagt David im 16. Ps. V. 11: „Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle, und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewiglich.“

 

* 3. Also behauptest du, dass die Seligen Gott schauen werden, wie er ist?

 

Ja; denn dies wird das Hauptstück unserer Seligkeit sein, dass wir Gott von An-gesicht zu Angesicht schauen, und sein Wesen sowohl, als seinen Willen nicht nur vollkommen erkennen, sondern ihn auch mit der höchsten Lust und Freude vollbringen werden. 1 Kor. 13,12. „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht.“ 1 Joh. 3,2. „Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (S. 181)

 

+ 4. Werden sich die Menschen im ewigen Leben wieder erkennen?

 

Jawohl; denn, so wie im ewigen Leben das vergeht, was nur Stückwerk war, und wir Gott von Angesicht zu Angesicht schauen werden: also werden wir auch uns gegenseitig erkennen, so dass wir allen und jeden ganz bekannt sein werden.

 

+ 5. Kannst du mit festem und unerschütterlichem Grund diese deine Be-hauptung erweisen?

 

Ja; denn in jenem Leben wird das Ebenbild Gottes, nach welchem der erste Mensch geschaffen war, vollkommen wieder hergestellt, und dieses enthielt, außer dem andern, auch eine vollkommene Weisheit und Erkenntnis in sich. Wie also Adam, vermöge dieses Ebenbildes, sogleich die Eva erkannte, welche er vorher nicht gesehen: so werden auch wir, Kraft dieses in uns wiederherge-stellten Bildes, alle und jede Menschen erkennen, ob wir sie gleich in diesem Leben weder gesehen noch gekannt haben. Dann kann man hiervon ein Beispiel sehen bei der Verklärung Christi, wo Petrus sogleich den Moses und Elias erkennt, die er vorher nie gesehen, ob er gleich nur einen kleinen Vorschmack des ewigen Lebens hatte. Luc. 9,32f. Endlich, wenn diesem nicht also wäre, so würde folgen, dass die Erkenntnis dieses Lebens trefflicher und größer sei, als die Erkenntnis jenes Lebens. Allein dies ist falsch und ungereimt.

 

+ 6. Wird es gewisse Stufen der Glückseligkeit im ewigen Leben geben?

 

Man muss einen Unterschied machen zwischen dem ewigen Leben an sich selbst, wie es bisher einigermaßen beschrieben ist, und zwischen den Graden der Herrlichkeit. Was das ewige Leben betrifft, so wird gar kein Unterschied sein, sondern alle Gläubige werden es auf gleiche Weise genießen. Übrigens aber, was die Herrlichkeit und Klarheit der Leiber der Seligen betrifft, da werden verschiedene Grade sein. Denn „die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“ Dan. 12,3. 1 Kor. 15,41. „Eine andere Klarheit hat die Sonne, eine andere Klarheit hat der Mond, eine andere Klarheit haben die Sterne; denn ein Stern übertrifft den andern nach der Klarheit. Also auch die Auferstehung der Tobten.“ (S. 182) Übrigens hängen diese Grade der Herrlichkeit der Auser-wählten nicht ab von dem Verdienst oder Würdigkeit ihrer Arbeit, sondern von der freien Gabe und Gnade Gottes, welcher seine Gaben in seinen Heiligen zu krönen pflegt.

 

* 7. Wird die Freude des ewigen Lebens nicht getrübt werden dadurch, dass die Seligen viele, mit welchen sie auf das innigste verbunden waren, in der hölli-schen Qual sehen werden?

 

Nein. Denn der Seligen Wille wird in allen Stücken gleich sein dem göttlichen Willen. Und solche fleischliche Bewegungen, welche in diesem Leben Zeichen unsrer Schwäche sind, werden in jenem Leben gänzlich schwinden, denn dort wird sich alle unsere Liebe nur auf die erstrecken, welche Gott selbst teuer achtet, und zu Erben des ewigen Lebens gemacht hat. An den Verdammten aber werden wir die hohe Gerechtigkeit Gottes bewundern und in Ewigkeit preisen.