Melanchthon - Kirche

 

Melanchthon in der Augsburgischen Konfession:

 

Der VII. Artikel: Von der Kirche

 

Es wird auch gelehret, daß alle Zeit müsse eine heilige christliche Kirche sein und bleiben, welche ist die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evan-gelium rein gepredigt und die heiligen Sacrament laut des Evangelii gereicht werden. Denn dieses ist genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirchen, daß da einträchtiglich nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sacrament dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und ist nicht Not zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirchen, daß allenthalben gleichförmige Cere-monien, von den Menschen eingesetzt, gehalten werden, wie Paulus spricht Ephes 4: Ein Leib, ein Geist, wie ihr berufen seid zu einerlei Hoffnung eures Berufs, ein Herr, ein Glaub, ein Taufe.

 

Der VIII. Artikel: Was die Kirche sei

 

Item, wiewohl die christliche Kirche eigentlich nicht anders ist dann die Ver-sammlung aller Gläubigen und Heiligen, jedoch dieweil in diesem Leben viel falscher Christen und Heuchler, auch offentlicher Sünder unter den Frommen bleiben, so sind die Sakrament gleichwohl kräftig, obschon die Priester, dadurch sie gereicht werden, nicht fromm sind, wie dann Christus selbs anzeigt: Auf dem Stuhl Moysi sitzen die Pharisäer etc. Derhalben werden die Donatisten und alle andere verdammt, so anderst halten.

 

Melanchthon in der Apologie der Augsburgischen Konfession:

 

Art. VII und VIII. Von der Kirche.

 

Den siebten Artikel unsers Bekenntnisses, das wir sagen, daß die christliche Kirche sei die Versammlung der Heiligen, verdammen die Widersacher und führen weitläufig Geschwätz ein, daß die Bösen oder Gottlosen von der Kirche nicht sollen gesondert werden, dieweil Johannes der Täufer die Kirche vergleicht einer Tenne, in welcher Korn und Spreu beieinander liegen; item, Christus die Kirche vergleicht einem Netze, da böse und gute Fische innen sind. Da sehen wir, daß wahr ist, wie man sagt, daß man nicht so deutlich reden kann, böse Zungen können's verkehren. Wir haben eben darum und aus dieser Ursache den achten Artikel dazugesetzt, daß niemand darf Gedanken fassen, als wollten wir die Bösen und Heuchler von der äußerlichen Gesellschaft der Christen oder Kirche absondern, oder als wäre unsere Meinung, daß die Sakramente, wenn sie durch Gottlose gereicht werden, ohne Kraft oder Wirkung seien. Darum bedarf diese falsche, unrechte Deutung keiner langen Antwort; der achte Artikel entschuldigt uns genugsam. Wir bekennen und sagen auch, daß die Heuchler und Bösen auch mögen Glieder der Kirche sein in äußerlicher Gemeinschaft des Namens und der Ämter, und daß man von Bösen möge die Sakramente recht empfangen, sonderlich wenn sie nicht gebannt sind. Und die Sakramente sind darum nicht ohne Kraft oder Wirkung, daß sie durch Gottlose gereicht werden. Denn auch Paulus zuvor hat prophezeit, daß Antichristus soll sitzen im Tempel Gottes, herrschen und regieren in der Kirche, Regiment und Amt darin haben. Aber die christliche Kirche steht nicht allein in Gesellschaft äußerlicher Zeichen, sondern steht vornehmlich in Gemeinschaft inwendig der ewigen Güter im Herzen, als des Heiligen Geistes, das Glaubens, der Furcht und Liebe Gottes. Und dieselbe Kirche hat doch auch äußerliche Zeichen, dabei man sie kennt, nämlich, wo Gottes Wort rein geht, wo die Sakramente demselben gemäß gereicht werden, da ist gewiß die Kirche, da sind Christen, und dieselbe Kirche wird allein genannt in der Schrift Christus Leib. Denn Christus ist ihr Haupt und heiligt und stärkt sie durch seinen Geist, wie Paulus zu den Ephesern am 1. sagt: „und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde, welche ist sein Leib und die Fülle des, der alles in allem erfüllt.“ Darum in welchen Christus durch seinen Geist nichts wirkt, die sind nicht Gliedmaßen Christi. Und das bekennen auch die Widersacher, daß die Bösen allein tote Gliedmaßen der Kirche sind. Darum kann ich mich nicht genugsam verwundern, warum sie doch unsern Beschluß von der Kirche anfechten, so wir von lebendigen Gliedmaßen der Kirche reden. Und wir haben nichts Neues gesagt. Denn Paulus zu den Ephesern am 5. Kapitel sagt gleich auch also, was die Kirche sei, und setzt auch die äußerlichen Zeichen, nämlich das Evangelium, die Sakramente; denn also sagt er: „Christus hat geliebet die Gemeinde und sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auch daß er sie ihm selbst zurichtete eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe Flecken oder Runzel (oder des etwas), sondern daß sie heilig sei, unsträflich“ usw. Diesen Spruch des Apostels haben wir gar nahe von Wort zu Wort gesetzt in unser Bekenntnis und also bekennen wir auch in unserm heiligen Symbolo und Glauben: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche.“ Da sagen wir, daß die Kirche heilig sei; die Gottlosen aber und Bösen können nicht die heilige Kirche sein. In unserm Glauben folgt bald hernach: „Gemeinschaft der Heiligen“, welches noch klarer, deutlicher auslegt, was die Kirche heißt, nämlich der Haufe und die Versamm-lung, welche ein Evangelium bekennen, gleich eine Erkenntnis Christi haben, einen Geist haben, welcher ihre Herzen erneuert, heiligt und regiert. Und der Artikel von der katholischen oder gemeinen Kirche, welche von aller Nation unter der Sonne zusammen sich schickt, ist gar tröstlich und hochnötig. Denn des Haufe der Gottlosen ist viel größer, gar nahe unzählig, welche das Wort verachten, bitter hassen und aufs äußerste verfolgen, als da sind Türken, Mahometisten, andere Tyrannen, Ketzer usw. Darüber wird die rechte Lehre und Kirche oft so gar unterdrückt und verloren, wie unter dem Papsttum geschehen, als sei keine Kirche, und läßt sich oft ansehen, als sei sie gar untergegangen. Dagegen, daß wir gewiß sein mögen, nicht zweifeln, sondern fest und gänzlich glauben, daß eigentlich eine christliche Kirche bis an das Ende der Welt auf Erden sein und bleiben werde; daß wir auch gar nicht zweifeln, daß eine christliche Kirche auf Erden lebe und sei, welche Christi Braut sei, obwohl der gottlose Haufe mehr und größer ist; daß auch der Herr Christus hier auf Erden in dem Haufen, welcher Kirche heißt, täglich wirke, Sünden vergebe, täglich das Gebet erhöre, täglich in Anfechtungen mit reichem, starkem Trost die Seinen erquicke und immer wieder aufrichte; so ist der tröstliche Artikel im Glauben gesetzt: „Ich glaube eine katholische christliche Kirche“, damit niemand denken möchte, die Kirche sei, wie eine andere äußerliche Polizei, an dieses oder jenes Land, Königreich oder Stand gebunden, wie der Papst von Rom sagen will, sondern daß es gewiß wahr bleibt, daß der Haufe und die Menschen die rechte Kirche seien, welche hin und wieder in der Welt, vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang, an Christum wahrlich glauben, welche denn ein Evangelium, einen Christum, einerlei Taufe und Sakramente haben, durch einen Heiligen Geist regiert werden, ob sie wohl ungleiche Zeremonien haben. Denn auch im Dekret Gratiani sagt klar die Glosse, daß dies Wort: „Kirche“, groß zu nehmen, begreift Böse und Gute; item, daß die Bösen allein mit dem Namen in der Kirche seien, nicht mit dem Werke; Die Guten aber sind beide mit Namen und Werken darin. Und auf die Meinung liest man viel Sprüche bei den Vätern. Denn Hieronymus sagt: „Welcher ein Sünder ist und in Sünden noch unrein liegt, der kann nicht genannt werden ein Gliedmaß der Kirche, noch in dem Reich Christi sein.“ Wiewohl nun die Bösen und die gottlosen Heuchler mit der rechten Kirche Gesellschaft haben in äußerlichen Zeichen, in Namen und Ämtern, dennoch, wenn man eigentlich reden will, was die Kirche sei, muß man von dieser Kirche sagen, die der Leib Christi heißt und Gemeinschaft hat nicht allein in äußerlichen Zeichen, sondern die Güter im Herzen hat, den Heiligen Geist und Glauben. Denn man muß je recht eigentlich wissen, wodurch wir Gliedmaßen Christi werden, und was uns macht zu lebendigen Gliedmaßen der Kirche. Denn so wir würden sagen, daß die Kirche allein eine äußerliche Polizei wäre, wie andere Regimente, darin Böse und Gute wären usw., so würde niemand daraus lernen noch verstehen, daß Christi Reich geistlich ist, wie es doch ist, darin Christus inwendig die Herzen regiert, stärkt, tröstet, den Heiligen Geist und mancherlei geistliche Gaben austeilt, sondern man wird gedenken, es sei einen äußerliche Weise, gewisse Ordnung etlicher Zeremonien und Gottesdiensts. Item, was wollte für ein Unterschied sein zwischen dem Volk des Gesetzes und der Kirche, so die Kirche allein eine äußerliche Polizei wäre? Nun unterscheidet Paulus also die Kirche von den Juden, daß er sagt, die Kirche sei ein geistlich Volk, das ist, ein solch Volk, welches nicht allein in der Polizei und bürgerlichem Wesen unterschieden sei von den Heiden, sondern ein recht Volk Gottes, welches im Herzen erleuchtet wird und neugeboren durch den Heiligen Geist. Item, in dem jüdischen Volk, da hatten alle diejenigen, so von Natur Juden und aus Abrahams Samen geboren waren, über die Verheißung der geistlichen Güter in Christo auch viele Zusagen von leiblichen Gütern, als vom Königreich usw. Und um der göttlichen Zusagen willen wurden auch die Bösen unter ihnen Gottes Volk genannt. Denn den leiblichen Samen Abrahams und alle geborenen Juden hatte Gott abgesondert von andern Heiden durch dieselben leiblichen Verheißungen; Und dieselben Gottlosen und Bösen waren doch nicht das rechte Gottesvolk, gefielen auch Gott nicht. Aber das Evangelium, welches in der Kirche gepredigt wird, bringt mit sich nicht allein den Schatten der ewigen Güter, sondern ein jeder rechter Christ, der wird hier auf Erden der ewigen Güter selbst, auch des ewigen Trostes, des ewigen Lebens und Heiligen Geistes und der Gerechtigkeit, die aus Gott ist, teilhaftig, bis daß er dort vollkommen selig werde. Derhalben sind die allein nach dem Evangelio Gottes Volk, welche die geistlichen Güter, den Heiligen Geist empfangen, und dieselbe Kirche ist das Reich Christi, unter-schieden von dem Reich des Teufels. Denn es ist gewiß, daß alle Gottlosen in der Gewalt des Teufels sind und Gliedmaßen seines Reichs, wie Paulus zu den Ephesern sagt, daß: „der Teufel kräftig regiere in den Kindern des Unglaubens“. Und Christus sagt zu den Pharisäern (welche die Heiligsten waren und auch den Namen hatten, daß sie Gottes Volk und die Kirche wären, welche auch ihr Opfer täten): „Ihr seid aus eurem Vater, dem Teufel.“ Darum, die rechte Kirche ist das Reich Christi, das ist, die Versammlung aller Heiligen; denn die Gottlosen werden nicht regiert durch den Geist Christi. Was sind aber viele Worte vonnöten in so klarer, öffentlicher Sache? Allein die Widersacher widersprechen der hellen Wahrheit. So die Kirche, welche je gewiß Christi und Gottes Reich ist, unter-schieden ist von den Teufels Reich, so können die Gottlosen, welche in des Teufels Reich sind, je nicht die Kirche sein, wiewohl sie in diesem Leben, dieweil das Reich Christi noch nicht offenbart ist, unter den rechten Christen und in der Kirche sind, darin auch Lehramt und andere Ämter mit haben. Und die Gottlosen sind darum nicht ein Stück des Reichs Christi, weil es noch nicht offenbart ist. Denn das rechte Reich Christi, der rechte Hause Christi, sind und bleiben allezeit diejenigen, welche Gottes Geist erleuchtet hat, stärkt, regiert, ob es wohl vor den Welt noch nicht offenbart, sondern unterm Kreuz verborgen ist, gleichwie es allzeit ein Christus ist und bleibt, der die Zeit gekreuzigt ward und nun in ewiger Herrlichkeit herrscht und regiert im Himmel. Und da reimen sich auch die Gleichnisse Christi hin, da er klar sagt Mat. 13, daß: „der gute Same seien die Kinder des Reichs, das Unkraut seien die Kinder des Teufels, der Acker sei die Welt“, nicht die Kirche. Also ist auch zu verstehen das Wort Johannis, da er sagt Mat. 3: „Er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheuer sammeln; aber die Spreu wird er verbrennen.“ Da redet er von dem ganzen jüdischen Volk und sagt, die rechte Kirche solle von dem Volk abgesondert werden. Derselbe Spruch ist den Widersachern mehr entgegen denn für sie. Denn er zeigt klar an, wie das recht gläubige, geistliche Volk solle von dem leiblichen Israel abge-schieden werden. Und da Christus spricht: „Das Himmelreich ist gleich einem Netze“, item, „den zehn Jungfrauen“, will er nicht, daß die Bösen die Kirche seien, sondern unterrichtet, wie die Kirche scheint in dieser Welt. Darum spricht er, sie sei gleich diesem usw.; das ist, wie im Haufen Fische die guten und bösen durcheinanderliegen, also ist die Kirche hier verborgen unter dem großen Haufen und Menge der Gottlosen, und will, daß sich die Frommen nicht ärgern sollen, item, daß wir wissen wollen, daß das Wort und die Sakramente darum nicht ohne Kraft seien, obgleich Gottlose predigen oder die Sakramente reichen. Und lehrt uns Christus damit also, daß die Gottlosen, ob sie wohl nach äußerlicher Gesellschaft in der Kirche sind, doch nicht Gliedmaßen Christi, nicht die rechte Kirche seien, denn sie sind Gliedmaßen des Teufels. Und wir reden nicht von einer erdichteten Kirche, die nirgend zu finden sei, sondern wir sagen und wissen fürwahr, daß diese Kirche, darin Heilige leben, wahrhaftig auf Erden ist und bleibt, nämlich daß etliche Gotteskinder sind hin und wieder in aller Welt, in allerlei Königreichen, Inseln, Ländern, Städten, vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang, die Christum und das Evangelium recht erkannt haben, und wir sagen, dieselbe Kirche habe diese äußerlichen Zeichen: das Predigtamt oder Evangelium und die Sakramente. Und dieselbe Kirche ist eigentlich, wie Paulus sagt, „eine Säule der Wahrheit“, denn sie behält das reine Evangelium, den rechten Grund. Und wie Paulus sagt: „Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Christus.“ Auf den Grund sind nun die Christen gebaut. Und wiewohl nun in dem Haufen, welcher auf den rechten Grund, das ist, Christum und den Glauben, gebaut ist, viel Schwache sind, welche auf solchen Grund Stroh und Heu bauen, das ist, etliche menschliche Gedanken und Opinionen, mit welchen sie doch den Grund, Christum, nicht umstoßen noch verwerfen, derhalben sie dennoch Christen sind und werden ihnen solche Fehle vergeben, werden auch etwa erleuchtet und besser unterrichtet: also sehen wir in Vätern, daß sie auch bisweilen Stroh und Heu auf den Grund gebaut haben, doch haben sie damit den Grund nicht umstoßen wollen. Aber viele Artikel bei unsern Widersachern stoßen den rechten Grund nieder, die Erkenntnis Christi und den Glauben. Denn sie verwerfen und verdammen den hohen, größten Artikel, da wir sagen, daß wir allein durch den Glauben ohne alle Werke, Vergebung des Sünden durch Christum erlangen. Dagegen lehren sie vertrauen auf unsere Werke, damit Vergebung der Sünden zu verdienen, und setzen anstatt Christi ihre Werke, Orden, Messe, wie auch die Juden, Heiden und Türken mit eigenen Werken vorhaben selig zu werden. Item, sie lehren, die Sakramente machen fromm ex opere operato, ohne Glauben. Wer nun den Glauben nicht nötig achtet, der hat Christum bereits verloren. Item, sie richten Heiligendienst an, rufen sie an anstatt Christi, als Mittler usw. Wie aber klare Verheißungen Gottes in der Schrift stehen, daß die Kirche allezeit soll den Heiligen Geist haben, also stehen auch ernste Dräuungen in der Schrift, daß neben den rechten Predigern werden einschleichen falsche Lehrer und Wölfe. Diese ist aber eigentlich die christliche Kirche, die den Heiligen Geist hat. Die Wölfe und falsche Lehrer, wiewohl sie in der Kirche wüten und Schaden tun, so sind sie doch nicht die Kirche oder das Reich Christi, wie auch Lyra bezeugt, da er sagt: „Die rechte Kirche steht nicht auf Prälaten ihres Gewalts halben, denn viele hohen Standes, Fürsten und Bischöfe, auch viele niedern Standes sind vom Glauben abgefallen. Darum steht die Kirche auf denjenigen, in welchen ist eine rechte Erkenntnis Christi, eine rechte Konfession und Bekenntnis des Glaubens und der Wahrheit.“ Nun haben wir in unserer Konfession nichts anderes gesagt im Grunde denn eben das, was Lyra also mit klaren Worten sagt, daß er nicht klarer reden könnte. Aber es wollten gern die Widersacher eine neue römische Definition der Kirche haben, daß wir sollten sage, die Kirche ist die oberste Monarchia, die größte, mächtigste Hoheit in der ganzen Welt, darin der römische Papst als das Haupt der Kirche aller hohen und niedern Sachen und Händel, weltlicher, geistlicher, wie er will und denken darf, durchaus ganz mächtig ist, von dessen Gewalt (er gebrauche oder mißbrauche es wie er wolle) niemand disputieren, reden oder mucken darf; item, in welcher Kirche der Papst Macht hat, Artikel des Glaubens zu machen, allerlei Gottesdienste aufzurichten, die Heilige Schrift nach allem seinem Gefallen abzutun, zu verkehren und zu deuten wider alle göttlichen Gesetze, wider sein eigen Dekretal, wider alle Kaiserrechte, wie oft, wieviel und wann es ihn gelüstet, Freiheit und Dispensation um Geld zu verkaufen, von welchem der römische Kaiser, alle Könige, Fürsten und Potentaten schuldig seien, ihre königliche Krone, ihre Herrlichkeit und Titel zu empfangen, als vom Statthalter Christi. Derhalben der Papst ein irdischer Gott, eine oberste Majestät und allein der großmächtigste Herr in aller Welt ist, über alle Königreiche, über alle Lande und Leute, über alle Güter, geistliche und weltliche, und also in seiner Hand hat alles, beide weltliches und geistliches Schwert. Diese Definition, welche sich auf die rechte Kirche gar nicht, aber auf des römischen Papsts Wesen wohl reimt, findet man nicht allein in der Kano-nisten Büchern, sondern Daniel der Prophet malt den Antichristen auf diese Weise. Wenn wir eine solche Definition setzten und sagten, daß die Kirche wäre eine solche Pracht, wie des Papsts Wesen steht, so möchten wir vielleicht nicht so gar ungnädige Richter haben. Denn es sind der Widersacher Bücher am Tage, darin des Papsts Gewalt allzuhoch gehoben wird; dieselben straft niemand. Allein wir müssen herhalten, derhalben, daß wir Christus Wohltat preisen und hoch heben und die klaren Worte und Lehre der Apostel schreiben und predigen, nämlich daß wir Vergebung der Sünden erlangen durch den Glauben an Jesum Christum und nicht durch Heuchelei oder erdichtete Gottes-dienste, welche der Papst unzählig angerichtet. Christus aber und die Propheten und Apostel schreiben und reden gar viel anders davon, was die Kirche Christi sei, und des Papsts Reich will sich zu derselben Kirche gar nicht reimen, sondern sieht ihr gar unähnlich. Darum soll man die Sprüche, so von der rechten Kirche reden, nicht auf die Päpste oder Bischöfe deuten, nämlich daß sie Säulen der Wahrheit seien, item, daß sie nicht irren können. Denn wieviel findet man wohl oder wieviel sind bis hierher gefunden unter Bischöfen, Päpsten usw., die sich des Evangelii mit Ernst und herzlich angenommen oder das wert geachtet hätten, ein Blättlein, einen Buchstaben darin recht zu lesen. Man weiß wohl leider viele Exempel, daß ihrer viele in Welschland und sonst sind, welche die ganze Religion, Christum und das Evangelium verlachen und öffentlich für einen Spott halten. Und lassen sie ihnen etwas gefallen, so lassen sie ihnen das gefallen, das menschlicher Vernunft gemäß ist; das andere alles halten sie für Fabeln. Darum sagen und schließen wir nach der Heiligen Schrift, daß die rechte christliche Kirche sei der Haufe hin und wieder in der Welt derjenigen, die da wahrlich glauben dem Evangelio Christi und den Heiligen Geist haben. Und wir bekennen doch auch, daß solange dieses Leben auf Erden währt, viele Heuchler und Böse in der Kirchen seien unter den rechten Christen, welche auch Glieder sind der Kirche, sofern es äußerliche Zeichen betrifft. Denn sie haben Ämter in der Kirche, predigen, reichen Sakramente und tragen den Titel und Namen der Christen. Und die Sakramente, Taufe, usw., sind darum nicht ohne Wirkung oder Kraft, daß sie durch Unwürdige und Gottlose gereicht werden. Denn um des Berufs willen der Kirche sind solche da, nicht für ihre eigene Person, sondern als Christus, wie Christus zeugt: „Wer euch höret, der höret mich.“ Also ist auch Judas zu predigen gesendet. Wenn nun gleich Gottlose predigen und die Sakramente reichen, so reichen sie dieselben an Christus Statt. Und das lehrt uns das Wort Christi, daß wir in solchem Fall die Unwürdigkeit der Diener uns nicht sollen irren lassen. Aber von dem Stück haben wir klar genug geredet in unserer Konfession, nämlich, daß wir es nicht halten mit den Donatisten und Wiklifiten, die da hielten, daß diejenigen sündigen, die die Sakramente in der Kirche von gottlosen Dienern empfangen. Dieses, achten wir, soll genug sein, zu schützen und zu erhalten die Definition, da wir gesagt, was die Kirche sei. Und da die rechte Kirche in der Schrift genannt wird Christus Leib, so ist je gar nicht möglich, anders davon zu reden, denn wie wir davon geredet haben. Denn es ist je gewiß, daß die Heuchler und Gottlosen nicht Christus Leib sein können, sondern in das Reich des Teufels gehören, welcher sie gefangen hat und treibt, wozu er will. Dieses alles ist ganz öffentlich und so klar, daß es niemand leugnen mag. Werden aber die Widersacher mit ihren Kalumnien fortfahren, soll ihnen ferner Antwort gegeben werden. Auch verdammen die Widersacher dieses Stück vom siebten Artikel, das wir gesagt haben, daß genug sei zur Einigkeit der Kirche, daß einerlei Evangelium, einerlei Sakramente gereicht werden, und sei nicht not, daß die Menschensatzungen allenthalben gleichförmig seien. Diese Stücke lassen sie also zu, daß nicht not sei zur Einigkeit der Kirche, daß traditiones particulares gleich seien. Aber daß traditiones universales gleich seien, das sei not zu wahrer Einigkeit der Kirche. Das ist eine gute, grobe distinctio. Wir sagen, daß diejenigen eine einträchtige Kirche heißen, die an einen Christum glauben, ein Evangelium, einen Geist, einen Glauben, einerlei Sakramente haben, und reden also von geistlicher Einigkeit, ohne welche der Glaube und ein christlich Wesen nicht sein kann. Zu derselben Einigkeit sagen wir nun, es sei nicht not, daß Menschensatzungen, sie seien universales oder particulares, allenthalben gleich seien. Denn die Gerechtigkeit, welche vor Gott gilt, die durch den Glauben kommt, ist nicht gebunden an äußerliche Zeremonien oder Menschensatzungen. Denn der Glaube ist ein Licht im Herzen, das die Herzen erneuert und lebendig macht; da helfen äußerliche Satzungen oder Zeremonien, sie seien universal oder partikular, wenig zu. Und es hat nicht geringe Ursachen gehabt, daß wir den Artikel gesetzt haben; denn es ist gar mancher große Irrtum und närrische Opinion von den Satzungen eingerissen in der Kirche. Etliche haben wollen wähnen, daß christliche Heiligkeit und Glaube ohne solche Menschensatzungen nicht gelte vor Gott, könne auch niemand ein Christ sein, er halte denn solche traditiones, so sie doch nichts anders sind denn äußerliche Ordnungen, welche oft zufällig, oft auch aus Ursachen an einem Ort anders sind denn am andern; wie im weltlichen Regiment eine Stadt andere Gebräuche hat denn die andere. Auch liest man in Historien, daß eine Kirche die andern in Bann getan solcher Satzungen halben, als um des Ostertags willen, um der Bilder willen und desgleichen. Darum haben die Unerfahrenen nicht anders gehalten, denn daß man durch solche Zeremonien vor Gott fromm würde, und daß niemand ein Christ sein könnte ohne solche Gottesdienste und Zere-monien. Denn es sind gar viel ungeschickte Bücher der Summisten und anderer davon noch vor Augen. Aber wie die Einigkeit der Kirche dadurch nicht getrennt wird, ob in einem Lande, an einem Ort die Tage natürlich länger oder kürzer sind denn am andern, also halten wir auch, daß die Einigkeit der Kirche dadurch nicht getrennt wird, ob solche Menschensatzungen an einem Ort diese, am andern jene Ordnung haben. Wiewohl es uns auch wohlgefällt, daß die Universal-zeremonien um Einigkeit und guter Ordnung willen gleichförmig gehalten werden, wie wir denn in unsern Kirchen die Messe, des Sonntags Feier und die andern hohen Feiern auch behalten. Und wir lassen uns gefallen alle guten, nützlichen Menschensatzungen, sonderlich die da zu einer feinen, äußerlichen Zucht dienen der Jugend und des Volks. Aber hier ist die Frage darüber nicht, ob Menschen-satzungen um äußerlicher Zucht willen, um Friedens willen zu halten seien; es ist gar viel eine andere Frage, nämlich ob solche Menschensatzungen halten ein Gottesdienst sei, dadurch man Gott versöhne, und daß ohne solche Satzungen niemand vor Gott gerecht sein möge. Das ist die Hauptfrage. Wenn darauf schließlich und endlich geantwortet ist, so ist danach klar zu urteilen, ob das heiße einig oder einträchtig mit der Kirche sein, wenn wir allenthalben solche Satzungen zugleich halten. Denn so solche Menschensatzungen nicht ein nötiger Gottesdienst sind, so folgt, daß etliche fromm, gerecht, Gotteskinder und Christen sein können, die gleich nicht die Zeremonien haben, so in andern Kirchen im Gebrauch sind. Als ein Gleichnis: Wenn dies steht, daß deutsche und französische Kleidung tragen nicht ein nötiger Gottesdienst sei, so folgt, daß etliche gerecht, heilig und in der Kirche Christi sein können, die auch gleich nicht deutsche oder französische Kleidung tragen. Also lehrt auch Paulus klar zu den Kolossern am 2: „So lasset nun niemand euch Gewissen machen über Speise, Trank oder bestimmte Feiertage oder Neumonden oder Sabbate, welche sind der Schatten von dem, das zukünftig war, aber der Körper selbst ist in Christo.“ Item: „So ihr denn nun abgestorben seid mit Christo den Satzungen der Welt, was laßt ihr euch denn fangen mit Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt? Die da sagen: Du sollst das nicht angreifen, du sollst das nicht kosten, du sollst das nicht anrühren, welches sich doch alles unter den Händen verzehrt und ist Menschen-gebot und -lehre; welche haben einen Schein der Weisheit durch selbsterwählte Geistlichkeit und Demut.“ Denn das ist Pauli Meinung: Der Glaube im Herzen dadurch wir fromm werden, ist ein geistlich Ding und Licht im Herzen, dadurch wir erneuert werden, andern Sinn und Mut gewinnen. Die Menschensatzungen aber sind nicht ein solch lebendig Licht und Kraft des Heiligen Geistes im Herzen, sind nichts Ewiges; darum machen sie nicht ewig Leben, sondern sind äußerliche, leibliche Übungen, die das Herz nicht ändern. Darum ist nicht zu halten, daß sie nötig seien zu der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Und auf die Meinung redet Paulus auch zu den Römern am 14: „Das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Aber es ist nicht not, hier viel Sprüche anzuzeigen, so die ganze Bibel deren voll ist, und wir auch in unserer Konfession, in den letzten Artikeln, deren viele vorgebracht; so wollen wir dieser Sache Hauptfrage hernach auch sonderlich handeln, nämlich ob solche Menschensatzungen ein Gottesdienst seien, welcher not sei zur Seligkeit, da wir denn reichlicher und mehr von dieser Sache reden wollen. Die Widersacher sagen, man müsse darum solche Satzungen, sonderlich die Universalzeremonien, halten; denn es sei vermutlich, daß sie von den Aposteln auf uns vererbt seien. O wie große, heilige, treffliche, apostolische Leute! Wie fromm und geistlich sind sie doch nun geworden! Die Satzungen und Zeremonien, von den Aposteln, wie sie sagen, aufgerichtet, wollen sie halten, und der Apostel Lehre und klare Worte wollen sie nicht halten. Wir sagen aber und wissen, daß es recht ist: Man soll also und nicht anders von allen Satzungen lehren, urteilen und reden, denn wie die Apostel selbst in ihren Schriften davon gelehrt haben. Die Apostel aber fechten auf das allerstärkste und heftigste allenthalben nicht allein wider diejenigen, so Menschensatzungen wollen hoch heben, sondern auch, die das göttliche Gesetz, die Zeremonien der Beschnei-dung usw. wollten als nötig achten zur Seligkeit. Die Apostel haben in keinem Weg eine solche Bürde auf die Gewissen legen wollen, daß solche Satzungen von gewissen Tagen, von Fasten, von Speise und dergleichen sollten Sünde sein, so man's nicht hielte. Und, das mehr ist, Paulus nennt klar solche Lehren Teufelslehren. Darum was die Apostel in dem für gut und recht gehalten, das muß man aus ihren klaren Schriften suchen und nicht allein Exempel anzeigen. Sie haben wohl gehalten etliche gewisse Tage, nicht daß solches nötig wäre, vor Gott fromm und gerecht zu werden, sondern daß das Volk wüßte, wann es sollte zusammenkommen. Auch haben sie wohl etliche Gebräuche und Zeremonien gehalten, als ordentliche Lektion in der Bibel, wenn sie zusammenkamen usw. Auch haben im Anfang der Kirche die Juden, so Christen geworden, viel behalten von ihren jüdischen Festen und Zeremonien, welches die Apostel danach auf die Historien des Evangelii gerichtet haben. Also sind unsere Ostern von der Juden und unsere Pfingsten von der Juden Pfingsten hergekommen. Und haben die Apostel nicht allein mit Lehren, sondern auch durch solche Feste von der Historie die Erkenntnis Christi und den großen Schatz auf die Nachkommen erben wollen. So nun solche und dergleichen Zeremonien nötig sind zur Seligkeit, warum haben hernach die Bischöfe viel darin verändert? Denn sind sie durch Gottes Befehl eingesetzt, so hat kein Mensch Macht gehabt, sie zu verändern. Die Ostern hat man vor dem Concilio zu Nizäa an einem Ort auf eine andere Zeit gehalten denn am andern. Und die Ungleichheit hat dem Glauben oder der christlichen Einigkeit nichts geschadet. Danach hat man mit Fleiß den Ostertage verrückt, daß unser Ostertag mit der Juden Ostertag je nicht sollte übereintreffen. Die Apostel aber haben befohlen, in den Kirchen den Ostertag also auf die Zeit zu halten, wie ihn die Brüder, so aus dem Judentum bekehrt waren, hielten. Darum haben etliche Bistümer und Völker, auch nach dem Concilio zu Nizäa, hart darüber gehalten, daß der Ostertag mit dem jüdischen Ostertag sollte zu gleicher Zeit gehalten werden. Aber die Apostel haben mit ihrem Dekret den Kirchen nicht wollen eine solche Last auflegen, als wäre solches nötig zur Seligkeit, wie die klaren Worte auch desselben ihres Dekrets anzeigen; denn sie drücken es mit klaren Worten aus, „daß niemand sich darum bekümmern solle, ob die Brüder, so Ostertag halten usw., gleich die Zeit nicht eigentlich abrech-nen“. Denn Epiphanius zieht an die Worte der Apostel, daraus ein jeder Verständiger klar zu merken hat, daß die Apostel die Leute von dem Irrtum haben wollen abweisen, damit ihm niemand Gewissen mache über Feiertage, gewisse Zeit usw. Denn sie setzen klar dazu, man solle sich nicht groß darum bekümmern, obschon in der Rechnung des Ostertags geirrt sei. Dergleichen unzählig könnte ich aus den Historien vorbringen und noch klarer anzeigen, daß solche Ungleichheit in äußerlichen Satzungen niemand von der gemeinen Christenkirche absondert oder scheidet. Die Widersacher verstehen gar nicht, was der Glaube, was das Reich Christi sei, die da lehren, daß in den Satzungen, welche von Speise, von Tagen, von Kleidung und dergleichen Dingen reden, die Gott nicht geboten hat, die Einigkeit der christlichen Kirche stehe. Es mag aber hier jedermann sehen und merken, wie andächtige, überaus heilige Leute die Widersacher seien. Denn so Universalordnungen nötig sind und nicht sollen geändert werden, wer hat ihnen befohlen, die Ordnung in Abendmahl Christi zu ändern, welche nicht eine Menschensatzung ist, sondern eine göttliche Ordnung? Aber davon wollen wir hernach sonderlich handeln. Den VIII. Artikel lassen ihnen die Widersacher ganz gefallen, da wir sagen, daß auch Heuchler und Gottlose in der Kirche gefunden werden, und daß die Sakramente nicht darum ohne Kraft seien, ob sie durch Heuchler gereicht werden; denn sie reichen's an Christus Statt und nicht für ihre Person, wie der Spruch lautet: „Wer euch höret, der höret mich.“ Doch soll man falsche Lehrer nicht annehmen oder hören; denn dieselben sind nicht mehr an Christus Statt, sondern sind Widerchristi. Und Christus hat von denen klar befohlen: „Hütet euch vor den falschen Propheten“; Und Paulus zu den Galatern: „Wer euch ein ander Evangelium prediget, der sei verflucht.“ Sonst, was der Priester eigen Leben belangt, hat uns Christus vermahnt in den Gleichnissen von der Kirche, daß wir nicht schismata oder Trennungen sollen anrichten, ob die Priester oder das Volk nicht allenthalben rein, christlich leben, wie die Donatisten getan haben. Diejenigen aber, die darum an etlichen Orten haben schismata und Trennungen angerichtet, daß sie vorgeben, die Priester dürften nicht Güter oder Eigenes haben, die achten wir für aufrührerisch. Denn Eigenes haben, Güter haben ist eine weltliche Ordnung. Die Christen aber mögen allerlei weltliche Ordnung so frei brauchen, als sie der Luft, Speise, Tranks, gemeines Lichts brauchen. Denn gleichwie Himmel, Erde, Sonne, Mond und Sterne Gottes Ordnung sind und von Gott erhalten werden, also sind Politien und alles, was zur Polizei gehört, Gottes Ordnung und werden erhalten und be-schützt von Gott wider den Teufel.