Ursinus - Abendmahl
Ursinus, Zacharias / Olevian, Caspar
Der Heidelberger Katechismus (1563)
Ursinus und Olevian im Heidelberger Katechismus über das Abendmahl:
Vom heiligen Abendmahl
75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und versichert, daß du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und an allen seinen Gütern Gemeinschaft hast?
Dadurch, daß Christus mir und allen Gläubigen von diesem gebrochenen Brot zu essen und von diesem Kelch zu trinken befohlen hat zu seinem Gedächtnis. Dabei hat er verheißen: erstens, daß sein Leib so gewiß für mich am Kreuz ge-opfert und gebrochen und sein Blut für mich vergossen sei, wie ich mit Augen sehe, daß das Brot des Herrn mir gebrochen und der Kelch mir gereicht wird; zum anderen, daß er selbst meine Seele mit seinem gekreuzigten Leib und ver-gossenen Blut so gewiß zum ewigen Leben speise und tränke, wie ich aus der Hand des Dieners das Brot und den Kelch des Herrn empfange und genieße, die mir als sichere Wahrzeichen des Leibes und Blutes Christi gegeben werden.
76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?
Es heißt nicht allein, mit gläubigem Herzen das ganze Leiden und Sterben Christi annehmen und dadurch Vergebung der Sünden und ewiges Leben bekommen, sondern auch durch den heiligen Geist, der zugleich in Christus und in uns wohnt, mit seinem gesegneten Leib mehr und mehr vereinigt werden, damit wir, obwohl er im Himmel und wir auf Erden sind, doch Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Bein sind, und von einem Geist (wie die Glieder unseres Leibes von einer Seele) ewig leben und regiert werden.
77. Wo hat Christus verheißen, daß er die Gläubigen so gewiß mit seinem Leib und Blut speise und tränke, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?
In der Einsetzung des Abendmahls, welche so lautet: Unser Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach es und sprach: Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Desselben gleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis. Denn so oft ihr von diesem Brot esset und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis daß er kommt. Diese Verheißung wird auch wiederholt durch St. Paulus, da er spricht: Der Kelch der Danksagung, damit wir danksagen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's, so sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.
78. Wird denn aus Brot und Wein der wesentliche Leib und das wesentliche Blut Christi?
Nein, sondern wie das Wasser in der Taufe nicht in das Blut Christi verwandelt oder die Abwaschung der Sünden selbst wird, da es nur ein göttliches Wahr-zeichen dafür ist, so wird auch das heilige Brot im Abendmahl nicht der Leib Christi selbst, obwohl es nach Art und Brauch der Sakramente der Leib Christi genannt wird.
79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder das neue Testament in seinem Blut und St. Paulus die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?
Christus redet so nicht ohne große Ursache: nämlich, weil er uns nicht allein damit lehren will, daß, so wie Brot und Wein das zeitliche Leben erhalten, so sei auch sein gekreuzigter Leib und vergossenes Blut die wahre Speise und Trank unserer Seelen zum ewigen Leben; sondern will er uns durch dieses sichtbare Zeichen und Pfand versichern, daß wir so wahrhaftig seines Leibes und Blutes durch die Wirkung des heiligen Geistes teilhaftig werden, wie wir diese heiligen Wahrzeichen mit dem leiblichen Mund zu seinem Gedächtnis empfangen, und daß all sein Leiden und Gehorsam so gewiß unser eigen sei, als hätten wir selbst in unserer eigenen Person alles gelitten und genug getan.
80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?
Das Abendmahl bezeugt uns, daß wir vollkommene Vergebung aller unserer Sünden haben durch das einzige Opfer Jesu Christi, das er selbst einmal am Kreuz vollbracht hat, und daß wir durch den heiligen Geist Christo eingeleibt werden, der jetzt mit seinem wahren Leib im Himmel zur Rechten des Vaters ist und dort angebetet werden will. Die Messe aber lehrt, daß die Lebendigen und die Toten nicht durch das Leiden Christi Vergebung der Sünden haben, es sei denn, daß Christus noch täglich für sie von den Meßpriestern geopfert werde, und daß Christus leiblich unter der Gestalt des Brotes und Weines sei und des-halb darin angebetet werden soll. Und so ist die Messe im Grund nichts anderes als die Verleugnung des einzigen Opfers und Leidens Jesu Christi und eine ver-maledeite Abgötterei.
81. Wer soll zu dem Tisch des Herrn kommen?
Die sich selbst um ihrer Sünde willen mißfallen und doch vertrauen, daß ihnen verziehen und die übrige Schwachheit mit dem Leiden und Sterben Christi be-deckt sei, die es auch mehr und mehr begehren, ihren Glauben zu stärken und ihr Leben zu bessern. Die Unbußfertigen aber und Heuchler essen und trinken sich selbst das Gericht.
82. Sollen aber zu diesem Abendmahl auch die zugelassen werden, die sich mit ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?
Nein, denn so wird der Bund Gottes geschmäht und sein Zorn über die ganze Gemeinde gereizt. Deshalb ist die christliche Kirche schuldig, nach der Ordnung Christi und seiner Apostel, solche Menschen bis zur Besserung ihres Lebens durch das Amt der Schlüssel auszuschließen.
83. Was ist das Amt der Schlüssel?
Die Predigt des heiligen Evangeliums und die christliche Bußzucht, durch die
das Himmelreich den Gläubigen aufgeschlossen und den Ungläubigen zuge-schlossen wird.
84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?
Dadurch, daß nach dem Befehl Christi allen und jeden Gläubigen verkündigt und öffentlich bezeugt wird, daß ihnen, so oft sie die Verheißung des Evangeliums mit wahrem Glauben annehmen, wahrhaftig alle ihre Sünden von Gott um des Ver-dienstes Christi willen vergeben sind; auf der anderen Seite allen Ungläubigen und Heuchlern, daß der Zorn Gottes und die ewige Verdammnis auf ihnen liegt, so lange sie sich nicht bekehren; nach dem Zeugnis des Evangeliums will Gott über beide in diesem und dem zukünftigen Leben urteilen.
85. Wie wird das Himmelreich zu- und aufgeschlossen durch die christliche Buß-zucht?
Dadurch, daß nach dem Befehl Christi diejenigen, die unter dem christlichen Namen unchristliche Lehre oder Wandel führen, nachdem sie etlichemale brüder-lich ermahnt sind und von ihren Irrtümern und Lastern nicht abstehen, der Kirche oder denen, die von der Kirche dazu verordnet sind, angezeigt, und wenn sie sich um diese Ermahnung auch nicht kehren, von ihnen durch Verbot der heiligen Sakramente aus der christlichen Gemeinde und von Gott selbst aus dem Reich Christi ausgeschlossen werden; sie werden wieder als Glieder Christi und der Kirche angenommen, wenn sie wahre Besserung verheißen und zeigen.