Hutter - Jesus Christus
Leonhard Hutter (1563-1616): Inbegriff der Glaubens-Artikel aus der heiligen Schrift und den symbolischen Büchern zusammengestellt (Compendium locorum theologicorum ex scripturis sacris et libro concordiae), Leipzig 1837
Leonhard Hutter über Jesus Christus:
Dritter Artikel.
Von den zwei Naturen und ihrer persönlichen Vereinigung in der einen Person unseres Heilands Jesu Christi.
1. Was ist Christus?
Christus ist die zweite Person der Gottheit, nämlich der Sohn Gottes, „Gott, aus des Vaters Natur vor der Welt geboren; und Mensch, aus der Mutter Natur in der Welt geboren.“ (Athanas. Glaubensbek.)
2. Warum wird Christus genannt Jesus oder Erlöser?
Der Engel antwortet, Matth. 1,21: „Und sie wird einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“
3. Warum wird er Christus genannt?
Weil er nach der menschlichen Natur mit der unendlichen Fülle des heiligen Geistes gesalbt ist. (S. 12) Ps. 45,6. „Darum hat dich, Gott, dein Gott, gesalbt mit Freudenöl, mehr denn deine Gesellen.“ Welche Worte der Brief an die Hebräer auf Christum bezieht, Kp. 1,9: „Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, gesalbt dein Gott, mit dem Öl der Freuden, über deine Genossen.“ S. Conc. Form. Art. 8. S. 1066. „Sondern wir glauben, lehren und bekennen, dass Gott der Vater, seinen Geist Christo, seinem geliebten Sohn, nach der angenommenen Menschheit also gegeben (darum er denn auch Messias, das ist, der Gesalbte, genennet wird), dass er nicht mit dem Maaß, wie die andern Heiligen, desselbigen Gaben empfangen habe; denn auf Christo dem Herrn, nach seiner angenommenen menschlichen Natur (weil er nach der Gottheit mit dem heiligen Geist eines Wesens ist), ruhet der Geist der Weisheit und des Verstands, des Raths, der Stärke und des Erkenntnis, nicht also, dass er daher, als ein Mensch, nur etliche Dinge wüsste und vermöchte, wie andere Heiligen durch Gottes Geist, welcher allein erschaffene Gaben in ihnen wirket, wissen und vermögen: Sondern weil Christus nach der Gottheit, die andere Person in der heiligen Dreifaltigkeit ist, und von ihm, wie auch vom Vater, der heilige Geist ausgehet, und also sein und des Vaters eigner Geist ist und bleibet in alle Ewigkeit, von dem Sohne Gottes nicht abgesondert; so ist Christo nach dem Fleisch, so mit dem Sohne Gottes persönlich, vereinigt ist, die ganze Fülle des Geistes (wie die Patres sagen), durch solche persönliche Vereinigung mitgeteilt, welche sich freiwillig mit aller Kraft, darin, damit und dadurch beweiset und erzeiget, dass er nicht nur etliches wisse und etliches nicht wisse, etliches vermöge und etliches nicht vermöge, sondern er weiß und vermag alles; auf welchen der Vater ohne Maaß den Geist der Weisheit und Kraft ausgegossen, dass er, als Mensch, durch solche persönliche Vereinigung, alles Erkenntnis, alle Gewalt, mit der Tat und Wahrheit empfangen hat. Und also sind alle Schätze der Weisheit in ihm verborgen, also ist ihm alle Gewalt gegeben, und er ist gesetzt zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes.“
+ 4. Also behauptest du, dass in Christo zwei Naturen sind?
Gewiss. Denn nachdem der Sohn Gottes in der Fülle der Zelt Mensch geworden, „sind nunmehr in derselbigen einigen, unzertrennten Person Christi, zwei unter-schiedliche Naturen, die Göttliche, so von Ewigkeit, und die Menschliche, so in der Zeit, in (S. 13) Einigkeit der Person des Sohns Gottes, angenommen, welche zwei Naturen nimmermehr in der Person Christi weder getrennt, noch mit andern vermischt, oder eine in die andere verwandelt, sondern eine jede in ihrer Natur und Wesen in der Person Christi in alle Ewigkeit bleibet.“ Concord. Form. Art. 8. S. 1042.
* 5. Woher beweisest du, dass Christus wahrer Gott ist?
Erstlich beweise ich es daher, dass ihm in der heiligen Schrift der wesentliche Name Gottes beigelegt und er Jehovah genannt wird. Jerem. 23,6: „Und dies wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: Jehovah (Luther: Herr), der unsere Gerechtigkeit ist.“ – (Hunnius im Artik. v. d. h. Dreieinigk.) Dann wird er deutlich Gott genannt, Joh. 20,29, wo Thomas zu Christo sagt: „mein Herr und mein Gott!“ Ebenso sagt Paulus Röm. 9,5: „Welcher auch sind die Väter, aus welchen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobet in Ewigkeit, Amen.“ Endlich legt die heil. Schrift Christo nicht nur religiöse Anbetung bei, sondern auch solche Werke, welche durchaus keiner Kreatur, sondern Gott allein zukommen. Ps. 97,7. „Betet ihn an, alle seine Engel!“ von welchen Worten der Brief an die Hebräer (Kp. 1,16) bezeugt, dass sie von Christo zu verstehen seien. Joh. 1,1-3. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbige war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbige gemacht, und ohne dasselbige ist nichts gemacht, was gemacht ist.“
* 6. Hat denn der Sohn Gottes die wahre menschliche Natur, der unsern gleich, angenommen?
Ganz gewiss, nur die Sünde ausgenommen. Daher verwerfen und verdammen unsre Kirchen auch beharrlich jene Lehre, nach welcher gelehrt wird: „dass Christus nicht eine wahrhaftige menschliche Natur gehabt, von Leib und Seel, wie Marcion gedichtet hat.“ Concord. Form. Summar. Begr. Art. 8. S. 850. Joh. 1,14. „Und das Wort ward Fleisch.“ Gal. 4,4. „Da aber die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe.“ Hebr. 2,14. „Nachdem nun die Kinder Fleisch und Blut haben, ist Er es gleichermaßen teilhaftig geworden.“ Vers 16. „Denn er nimmt nirgend die Engel an sich, sondern den Samen Abrahams nimmt er an sich.“ (S. 14) Joh. 10,18. „Niemand nimmt meine Seele (Anm.: Luther: „mein Leben“; beides gleichbedeutend, insofern das Leben seinen Sitz in der Seele hat.) von mir, sondern ich lasse sie von mir selber.“ Matth. 26,38. „Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod.“ Luc. 23,16. „Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände. Und als er das gesagt, verschied er.“ Vgl. Matth. 27,50. Athanas. Glaubensbek. „Ein vollkommener Gott, ein vollkommener Mensch mit vernünfti-ger Seele und menschlichem Leibe.“
* 7. Wie ist der Sohn Gottes Mensch geworden?
Der Sohn Gottes ist also Mensch geworden, „dass er vom heiligen Geist, ohne männlich Zutun, empfangen, und von der reinen heiligen Jungfrauen Maria geboren ist.“ Schmalk. Art. Th. I. IV. S. 504.
+ 8. Wenn in Christo zwei vollständige Naturen sind, genehmigest du dann nicht auch, dass in ihm zwei Personen, und somit zwei Christus sind?
Durchaus nicht. Denn „nunmehr nach der Menschwerdung besteht nicht eine jede Natur in Christo für sich selbst also, dass eine jede eine sonderbare Person sei, oder mache, sondern dass sie also vereinbaret sein, dass sie eine einige Person machen, in welcher zugleich persönlich ist und bestehet beide die göttliche, und die angenommene menschliche Natur, also, dass nunmehr nach der Menschwerdung zu der ganzen Person Christi gehöre, nicht allein seine göttliche, sondern auch seine angenommene menschliche Natur, und dass, wie ohne seine Gottheit, also auch ohne seine Menschheit, die Person Christi, oder Filii Dei incarnati, das ist, des Sohnes Gottes, der Fleisch an sich genommen und Mensch worden, nicht ganz sei.“ „Denn gleichwie Leib und Seele ein Mensch ist, so ist Gott und Mensch ein Christus.“ Concord. Form. Art. 8. S. 1043. Athanas. Glaubensbek. S. 33.
+ 9. Wie ist nun diese Vereinigung der beiden Naturen in Christo beschaffen?
„Diese Vereinigung ist nicht eine solche Verknüpfung und Verbindung, dass keine Natur mit der andern persönlich, das ist, um der persönlichen Vereinigung willen, etwas gemein haben soll; als, wenn einer zwei Bretter zusammen leimet, da keines dem andern etwas gibt, oder von dem andern nimmt.“ „Denn (S. 15) solches ist Nestorii und Samosetani Irrtum und Ketzerei gewesen, welche, wie Suidas und Theodorus Presbyter Rethenensis bezeugen, gelehrt und gehalten haben (dyo physeis akoinonetous pros heautas pantypysin) hoc est, Naturas omni modo incommunicabiles esse, das ist, dass die Naturen ganz und gar keine Gemeinschaft mit einander haben, dadurch die Naturen von einander abge-sondert, und also zweene Christus gemacht, dass ein ander sei Christus, und ein ander Gott das Wort, so in Christo wohnet.“ Concord. Form. Summar. Begr. Art. 8. S. 846. – Erklärung. Art. 8. S. 1044.
* 10. Was ist also die persönliche Vereinigung?
Sie ist die höchste Gemeinschaft, durch welche die göttliche und menschliche Natur so in der einen Person Christi vereinigt sind, dass sie eine wahrhaftige Gemeinschaft unter sich haben: aus welcher alles das herfließt, was Mensch-liches von Gott, und was Göttliches von dem Menschen Christus ausgesagt und geglaubt wird. Conc. Form. Summar. Begr. Art. 8. S. 847. „Hie ist die höchste Gemeinschaft, welche Gott mit dem Menschen wahrhaftig hat, aus welcher persönlichen Vereinigung und der daraus erfolgenden höchsten und unaus-sprechlichen Gemeinschaft, alles herfleußt, was menschlich von Gott, und göttlich vom Menschen Christo gesagt und geglaubt wird, wie solche Vereinigung und Gemeinschaft der Naturen die alten Kirchenlehrer durch die Gleichniß eines feurigen Eisens, wie auch der Vereinigung Leibes und der Seelen im Menschen erkläret haben.“ Conc. Form. Erklärung. Art. 8. S. 1045. „Wider diese verdammte Ketzerei hat die christliche Kirche je und allewege einfältig geglaubt, und gehalten, dass die göttliche und menschliche Natur in der Person Christi also vereiniget, dass sie eine wahrhaftige Gemeinschaft mit einander haben, dadurch die Naturen nicht in ein Wesen, sondern, wie D. Luther schreibet, in eine Person gemengt, immassen um solcher persönlichen Vereinigung und Gemeinschaft willen, die alten Lehrer der Kirchen vielfältig, vor und nach dem Chalcedonischen Concilio, das Wort (mixtio) Vermischung im guten Verstande und Unterscheid gebraucht, wie deshalben viel Zeugnisse der Väter, wo vonnöten, angezogen werden möchten, welche auch vielfältig in der Unsern Schriften zu finden, und die persönliche Vereinigung und Gemeinschaft, mit der Gleichnis (animae et corporis und ferri candentis), das ist eines feurigen Eisens, des Leibes und der Seelen erkläret; denn Leib und Seele, wie auch Feuer und Eisen nicht per phrasin, oder modum loquendi, oder verbaliter, d. i., dass es nur eine Weise (S. 16) zu reden, und bloße Worte sein sollte, sondern vere und realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit, Gemeinschaft mit einander haben, und gleichwohl dadurch keine confusio, oder exaequatio naturarum, d. i. einige Vermischung oder Vergleichung der Natur, eingeführt, als, wenn aus Honig und Wasser ein Meth gemacht, welcher kein unterschieden Wasser oder Honig mehr, sondern ein gemengter Trank ist; da es sich denn mit der göttlichen und menschlichen Natur Vereinigung in der Person Christi viel anders hält. Denn es viel eine andere, höhere und unaussprechliche Gemeinschaft und Vereinigung ist zwischen der göttlichen und menschlichen Natur, in der Person Christi, um welcher Vereinigung und Gemeinschaft willen, Gott ist Mensch und Mensch ist Gott, dadurch doch weder die Naturen, noch derselben Eigenschaften mit einander vermischet werden, sondern es behält eine jede Natur ihr Wesen und Eigenschaften.“
* 11. Ist das nicht einerlei Art, was aus dieser Vereinigung herfließt?
Nein, sondern was aus dieser Vereinigung, gleichsam als Wirkung folgt, kann und muss in zwei Arten, unterschieden werden: deren erstere die innigste gegenseitige Gemeinschaft oder Mittheilung der Naturen: die letztere aber die wahrhafte und wirkliche Mittheilung der Eigentümlichkeiten beider Naturen genannt wird. S. Conc. Form. Erklärung. Art. 8. S. 1047. „Um dieser persönlichen Vereinigung willen, welche ohne solche wahrhaftige Gemeinschaft der Naturen nicht gedacht werden, noch sein kann, hat nicht die bloße menschliche Natur für der ganzen Welt Sünde gelitten, deren Eigenschaft ist leiden und sterben, sondern es hat der Sohn Gottes selbst wahrhaftig, doch nach der angenomme-nen menschlichen Natur gelitten, und ist (vermöge unsers einfältigen christlichen Glaubens) wahrhaftig gestorben, wiewohl die göttliche Natur weder leiden noch sterben kann, wie D. Luther solches in seiner großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl, wider die gotteslästerliche alloeosin Zwinglii, da er gelehrt: Dass eine Natur für die andere genommen, und verstanden werden solle; die er, als des Teufels Larven, bis in Abgrund der Höllen verdammt, ausführlich erklärt hat u. s. w.“ Wir wollen nun von dem Einzelnen besonders sprechen.
* 12. Wie verhält sich's mit der Gemeinschaft der Naturen?
Es verhält sich so damit, dass Gott wahrhaftig Mensch ist, und dass dieser Mensch wahrhaftig Gott ist: was sich auf keinerlei (S. 17) Weise also verhalten würde, wenn die göttliche und die menschliche Natur ganz und gar keine wahr-haftige und wirkliche Gemeinschaft unter sich hätten. „Denn wie könnte der Mensch, Marien Sohn, Gott, oder Gottes des Allerhöchsten Sohn, mit Wahrheit genannt werden, oder sein, wenn seine Menschheit mit Gottes Sohn nicht persönlich vereinigt, und also realiter, das ist, mit der Tat und Wahrheit nichts, sondern nur den Namen Gottes mit ihm gemein hätte.“ Conc. Form. Summ. Begr. Art. 8. S. 847.
* 13. Pflegt denn aber auch die heil. Schrift so zu reden?
Ja! Jerem. 23, 5. 6. u. Kap. 33, 15. 16. „Siehe es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David ein gerechtes Gewächs erwecken will; und soll ein König sein, der wohl regieren wird, und Recht und Gerechtigkeit auf Erden anrichten. Zu derselbigen Zeit soll Juda geholfen werden, und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: Herr („Jehovah“), der unsere Gerechtigkeit ist.“ Matth. 16,16. „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“ Matth. 22, 43. 44. „Er sprach zu ihnen: Wie nennt ihn denn David im Geist einen Herrn, da er sagt: der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis dass ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße? Luc. 1, 32. „Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden etc.“ Röm. 1,3. „Von seinem Sohne, der geboren ist von dem Samen Davids nach dem Fleisch.“ 1 Kor. 15,47. „Der andere Mensch ist der Herr vom Himmel.“ Woraus die Concord. Form. (Art 8) mit Recht schließt: „dass die Jungfrau Maria nicht einen bloßen purlautern Menschen, sondern den wahrhaftigen Sohn Gottes empfangen und geboren habe, darum sie auch recht die Mutter Gottes genannt wird, und auch wahrhaftig ist.“ S. 847.
* 14. Nun wollen wir zu der Mittheilung der Eigenschaften übergehen: und da möcht' ich zuerst wissen, welche die Eigenschaften der göttlichen Natur sind?
Die Eigentümlichkeiten oder „die Eigenschaften göttlicher Natur sind, allmächtig, ewig, unendlich, nach Eigenschaft der Natur, und ihres natürlichen Wesens, vor sich selbst, allenthalben gegen- (S. 18) wärtig sein, alles wissen etc. welche der menschlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.“ Conc. Form. Summar. Begr. Art. 8. S. 846.
* 15. Welche nennst du die Eigenschaften der menschlichen Natur?
Die Eigentümlichkeiten oder „die Eigenschaften menschlicher Natur sind, ein leiblich Geschöpf oder Kreatur sein, Fleisch und Blut sein, endlich und umschrie-ben sein, leiden, sterben, auf- und niederfahren, von einem Ort zum andern sich bewegen, Hunger, Durst, Frost, Hitze leiden, und dergleichen, welche der göttli-chen Natur Eigenschaft nimmermehr werden.“ Conc. Form. ebend.
* 16. Von welcher Art und Beschaffenheit ist nun die Mittheilung dieser Eigen-schaften zu bestimmen?
Nicht als eine wesentliche oder natürliche, als welche nichts anders ist, als eine Vermischung der Eigenschaften, welche zu der Eutychianischen Ausgleichung der Naturen führt. Conc. Form. ebend. „Wir glauben, lehren und bekennen, dass die göttliche und menschliche Natur nicht in ein Wesen vermenget, keine in die andere verwandelt, sondern eine jede ihre wesentliche Eigenschaften behalte, welche der andern Natur Eigenschaften nimmermehr werden.“ —
* 17. Wie ist sie denn beschaffen?
Die Mittheilung der Eigenschaften ist so zu bestimmen, wie sie in der h. Schrift beschrieben wird: nämlich als eine wahrhaftige oder wirkliche Mittheilung, welche aus der persönlichen Vereinigung und Gemeinschaft der Naturen in Christo hervorgeht: von welcher der Apostel Koloss. 2,9 sagt: „in Christo wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig,“ d. i. in dem angenommenen Fleische, als in seinem eigenen Tempel, wie es Athanasius erklärt.
* 18. Nun möcht' ich, dass du feste und unzweifelhafte Gründe der Mittheilung der Eigenschaften darlegst?
Dass diese Mittheilung nicht gleichsam nur nach einer Redeweise, sondern wahrhaftig und wesentlich zu verstehen ist, dies kann mit drei ganz festen Beweisen dargetan werden. Conc. Form. Erklär. Art. 8. S. 1059.
* 19. Gib den ersten.
„Zum ersten, ist eine einhellige Regel der ganzen alten rechtgläubigen Kirche: was die heilige Schrift zeugt, dass Chri- (S. 19) stus in der Zeit empfangen habe, dass er dasselbe nicht nach der göttlichen Natur, nach welcher er Alles von Ewigkeit besitzet: sondern die Person Christi nach der angenommenen mensch-lichen Natur desselbige in der Zeit empfangen habe.“ Conc. Form. ebend.
* 20. Welches ist der zweite?
„Zum andern, zeuget die Schrift klärlich, Joh. 5. u. 6., dass die Kraft lebendig zu machen, und das Gericht zu halten, Christo gegeben sei, darum, dass er des Menschen Sohn ist, sofern er nämlich Fleisch und Blut hat.“ Conc. Form. ebend.
* 21. Und der dritte?
„Zum“ dritten, sagt die Schrift nicht allein ingemein von der Person des Menschen Sohns, sondern deutet auch ausdrücklich auf seine angenommene menschliche Natur, wenn sie sagt: „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reiniget uns von allen Sünden“ (1 Joh. 1,7). Conc. Form. ebend. S. 1060.
* 22. Wie ist dies zu verstehen?
„Nicht allein nach dem Verdienst des Blutes Christi, welches am Kreuz einmal verrichtet, sondern Johannes redet an demselbigen Orte davon, dass uns im Werk oder Handlung der Rechtfertigung nicht allein die göttliche Natur in Christo, sondern auch sein Blut, per modum efficaciae, das ist, wirklich, reiniget uns von allen Sünden. Also ist das Fleisch Christi eine lebendigmachende Speise.“ Conc. Form. ebend.
* 23. Ist denn diese wirkliche Mittheilung der Eigenschaften nur einerlei Art?
Nein: sondern es werden in der Schrift drei unterschiedene Arten dieser Mit-theilung gegeben; von denen die erste die ist, wenn das, „was gleich nur einer Natur Eigenschaft ist, nicht der Natur allein, als abgesondert: sondern der ganzen Person, welche zugleich Gott und Mensch ist, zugeschrieben wird,“ werde nun Gott oder Mensch genannt, dass nach dieser Natur etwas der ganzen Person zugeschrieben werde. Conc. Form. Erklär. Art. 8. S. 1052.
* 24. Ich möchte gern die Beispiele dieser ersten Art aus der heiligen Schrift hören?
Röm. 1,3. „Gottes Sohn ist geboren von dem Samen Davids, nach dem Fleisch.“ (S. 20) Luc. 1,35. „Das Heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden.“ Und Hieher gehören auch diejenigen Zeugnisse der heil. Schrift, welche dartun, dass der Sohn Gottes, indem er die menschliche Natur an sich nahm, auch zugleich alle Eigenschaften derselben an sich genommen, und sich wirklich angeeignet habe. Und aus dieser Rücksicht wird in der heil. Schrift vom Sohne Gottes das ausgesagt, was der menschlichen Natur eigentümlich ist. Ap.Gesch. 20,28. „Gott hat die Gemeine durch sein eignes Blut erworben.“ Gal. 2,20. „Der Sohn Gottes hat sich selbst für mich dargegeben.“ Röm. 8,32. „Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben.“ Gal. 4,4. „Da aber die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe, und unter das Gesetz getan.“ 1 Joh. 1,1. „Das wir beschauet haben, und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens.“ S. Conc. Form, Erkl. Art. 8. S. 1052 ff. „Als erstlich: Weil in Christo jene unterschiedliche Naturen an ihren natürlichen Wesen und Eigenschaften un-verwandelt, und unvermischt sein und bleiben, und aber der beiden Naturen nur eine einige Person ist; so wird dasselbige, was gleich nur einer Natur Eigenschaft ist, nicht der Natur allein, als abgesondert, sondern der ganzen Person, welche zugleich Gott und Mensch ist (sie werde genannt Gott oder Mensch), zuge-schrieben.“ Aber in hoc genere, das ist, in solcher Weise zu reden, folget nicht, was der Person zugeschrieben wird, dass dasselbe zugleich beider Naturen Eigenschaft sei; sondern wird unterschiedlich erkläret, nach welcher Natur ein jedes der Person zugeschrieben wird. Also ist Gottes Sohn geboren aus dem Samen David nach dem Fleisch, Röm. 1. Item, Christus ist getötet nach dem Fleisch, und hat für uns gelitten im oder am Fleisch, 1 Ptr. 3 u. 4. Weil aber unter den Worten, da gesagt wird (es werde der ganzen Person zugeschrieben, was einer Natur eigen ist), die heimliche und öffentliche Sakramentierer ihren schändlichen Irrtum verbergen, dass sie wohl die ganze Person nennen, aber gleichwohl nur bloß die eine Natur darunter verstehen, und die andere Natur gänzlich ausschließen, als hätte die bloße menschliche Natur für uns gelitten, wie denn Doctor Luther in seinem großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl, von des Zwingels Alloeosi geschrieben; (S. 21) wollen wir Doctor Luthers eigene Worte hie setzen, damit die Kirche Gottes wider solchen Irrtum zum besten verwahret werden möge; seine Worte lauten also: „Das heißet Zwingel Alloeosin, wenn etwas von der Gottheit Christi gesagt wird, das doch der Menschheit zustehet, oder wiederum: Als Luc. 24: Musste nicht Christus leiden, und also zu seiner Herrlichkeit eingehen. Hie gaukelt er, dass Christus für die menschliche Natur genommen werde. Hüte dich, hüte dich, sage ich, für der Alloeosi. sie ist des Teufels Larven, denn sie richtet zuletzt einen solchen Christum zu, nach dem ich nicht gerne wollte ein Christ sein, nämlich, dass Christus hinfort nicht mehr sei, noch tue mit seinem Leiden und Leben, denn ein ander schlechter Heiliger. Denn wenn ich das glaube, dass allein die menschliche Natur für mich gelitten hat, so ist mir der Christus ein schlechter Heiland, so bedarf er wohl selbst eines Heilands; Summa, es ist unsäglich, was der Teufel mit der alloeosi suchet“ Und bald hernach: „Ob die alte Wettermacherin, die Frau Vernunft, der Alloeosis Großmutter, sagen würde: Ja, die Gottheit kann nicht leiden, noch sterben; sollt du antworten: das ist wahr, aber dennoch, weil Gottheit und Menschheit in Christo eine Person ist, so gibt die Schrift, um solcher persönlicher Einigkeit willen, auch der Gottheit alles, was der Menschheit widerfahret, und wiederum; und ist auch also in der Wahrheit; denn das musst du ja sagen: die Person (zeigt Christum) leidet, stirbt; nun ist die Person wahrhaftiger Gott, darum ist recht geredet: Gottes Sohn leidet. Denn obwohl das eine Stück, (dass ich so rede) als die Gottheit, nicht leidet, so leidet dennoch die Person, welche Gott ist, am andern Stück, als an der Menschheit: Denn in der Wahrheit ist Gottes Sohn für uns gekreuzigt, das ist die Person, die Gott ist; denn sie ist, Sie (sage ich) die Person ist gekreuzigt, nach der Menschheit.“ Und abermals bald hernach: „Wo die Alloeosis soll bestehen, wie sie Zwingel führet, so wird Christus zwei Personen müssen sein, eine göttliche und eine menschliche, weil er die Sprüche vom Leiden allein auf die menschliche Natur zeucht, und allerdings von der Gottheit wendet; denn wo die Werke geteilet, und gesondert werden, da muss auch die Person zertrennet werden, weil alle Werke oder Leiden, nicht den Naturen, sondern der Person zugeeignet werden. Denn die Person ist’s, die alles tut und leidet, eines nach dieser Natur, das andre nach jener Natur, wie das alles die Gelehrten wohl wissen; darum halten wir unsern Herrn Christum für Gott und Mensch in einer Person, non confundendo naturas, nec dividendo personam, dass wir die Naturen nicht mengen, und die Person auch nicht trennen (tom. II. Witteb. fol. 188).“. (S. 22) Item, Doctor Luther von den Conciliis, und Kirchen: „Wir Christen müssen wissen, wo Gott nicht mit in der Waage ist, und das Gewichte gibt; so sinken wir mit unsrer Schüssel zu Grunde. Das meine ich also: Wo es nicht sollte heißen: Gott ist für uns gestorben, sondern allein ein Mensch; so sind wir verloren: Aber wenn Gottes Tod, und Gott gestorben, in der Waagschüssel liegt, so sinket er unter, und wir fahren empor, als eine leichte, ledige Schüssel, aber er kann auch wohl wieder empor fahren, oder aus seiner Schüssel springen, er konnte aber nicht in die Schüssel sitzen, er musste uns gleich ein Mensch werden, dass es heißen konnte: Gott gestorben, Gottes Marter, Gottes Blut, Gottes Tod; denn Gott in seiner Natur kann nicht sterben: Aber nun Gott und Mensch vereiniget ist in einer Person, so heißets recht: Gottes Tod, wenn der Mensch stirbt, der mit Gott ein Ding oder eine Person ist.“ Bis dahin Lutherus. Daraus offenbar, dass es unrecht geredet sei, wenn gesagt, oder geschrieben wird, dass hievor gesetzte Reden (Gott hat gelitten, Gott ist gestorben) allein Praedicatio verbalis, das ist, allein bloße Worte, und nicht mit der Tat also sei: Denn unser einfältiger christlicher Glaube weiset aus, dass der Sohn Gottes, so Mensch worden, für uns gelitten, gestorben, und mit seinem Blute uns erlöset habe.“
* 25. Welche ist die andere Art der Mittheilung der Eigenschaften?
Die andere Art betrifft die Verrichtungen des Amtes Christi, wo „die Person nicht handelt oder wirket, in, mit, durch, oder nach einer Natur allein, sondern in, nach, mit, und durch beide Naturen, oder wie das Concilium Chalcedonense redet, eine Natur wirket mit Gemeinschaft der andern, was einer jeden Eigenschaft ist.“ Conc. Form. Erkl. S. 1056.
* 26. Welche Stellen in der h. Schrift gehören hierher?
Die, welche bezeugen, dass Christus sei unser Mittler, Erlöser, König, Hoher-priester, Haupt, Hirte etc., nicht nach einer Natur allein, es sei die göttliche oder die menschliche, sondern nach beiden Naturen.
* 27. Beweis' das aus der Schrift?
Die Schrift nennt Christum bald nach der göttlichen, bald nach der menschlichen Natur unsern Erlöser; damit sie zeige, dass Christo das Werk der Erlösung nach beiden Naturen zukomme, als: (S. 23) Jerem. 23,6. u. 33,16. „Und dies wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: Herr (Jehovah), der unsere Gerechtigkeit ist.“ Joh. 3,8. „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ 1 Mos. 3,15. „Des Weibes Same soll dir den Kopf zertreten.“ Luc. 9,56. „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.“ 1 Timoth. 2, 5, 6. „Denn es ist Ein Gott, und Ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus Christus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.“
* 28. Welche ist nun die dritte Art der Mittheilung der Eigenschaften?
Die dritte Art hat es zu tun mit denj. Aussprüchen der Schrift, welche gewaltig zeugen, „dass die menschliche Natur in Christo, darum weil sie mit der göttlichen Natur persönlich vereinigt ist, neben und über ihre natürliche, wesentliche, und in ihr selbst bleibende menschliche Eigenschaften auch sonderliche, hohe, große, übernatürliche, unerforschliche, unaussprechliche und himmlische Vorzüge an göttlicher Majestät und Herrlichkeit, Kraft und Gewalt, über alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser, sondern auch in der zukünftigen Welt empfan-gen habe.“ Conc. Form. Erkl. Art. 8. S. 1057.
* 29. Bringe mir aus der heiligen Schrift klare Beweise, mit welchen du dies bekräftigest?
Matth. 11,27. „Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater.“ Matth. 28,18. „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel u. auf Erden.“ Joh. 3,34. „Denn Gott gibt den Geist (dem Sohne) nicht nach dem Maaß.“ Joh. 5,27. „Der Vater hat dem Sohne Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum, dass er des Menschen Sohn ist“ Eph. 1,20.21. „Gott hat Jesum Christum von den Toten auferwecket und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel, über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.“ Daniel 7,13.14. „Ich sah in diesem Gesicht des Nachts, und siehe es kam einer in des Himmels Wolken, wie eines Menschen Sohn, bis zu dem Alten, und ward vor denselbigen gebracht: (S. 24) der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker, Leute u. Zungen dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergehet, und sein Königreich hat kein Ende.“ S. Conc. Form. Erkl. Art. 8. S. 1060 ff. „Indem wir denn nichts neues von uns selber erdenken, sondern nehmen an, und erholen die Erklärungen, so die alte rechtgläubige Kirchen aus gutem Grunde der heiligen Schrift hiervon gegeben hat, nämlich, dass solche göttliche Kraft, Leben, Gewalt, Majestät und Herrlichkeit der angenommenen menschlichen Natur in Christo gegeben sei, nicht also, wie der Vater dem Sohne nach der göttlichen Natur sein Wesen und alle göttliche Eigenschaften von Ewigkeit mitgeteilt hat, daher er eines Wesens mit dem Vater, und Gott gleich ist: Denn Christus ist allein nach der göttlichen Natur dem Vater gleich, aber nach der angenommenen menschlichen Natur, ist er unter Gott. Daraus offenbar, dass wir keine confusionem, exaequationem, abolitionem das ist, keine Vermischung, Vergleichung oder Abtilgung der Naturen in Christo machen. So ist auch die Kraft lebendig zu machen, nicht also in dem Fleisch Christi, wie in seiner göttlichen Natur, nämlich als eine wesentliche Eigenschaft.“ „Es ist auch solche Communication, oder Mittheilung nicht geschehen durch eine wesentliche oder natürliche Ausgießung der Eigen-schaften der göttlichen Natur in die menschliche, also, dass Christus Menschheit solche für sich selbst, und solche von dem göttlichen Wesen abgesondert hätte; oder als hätte dadurch die menschliche Natur in Christo, ihre natürliche, wesentliche Eigenschaften gar abgelegt, und wäre nunmehr entweder in die Gottheit verwandelt, oder derselben mit solchen mitgeteilten Eigenschaften, in und für sich selbst, derselben gleich worden, oder dass nunmehr beider Naturen einerlei oder gar gleiche, natürliche, wesentliche Eigenschaften und Wirkungen sein sollten: denn solche u. dergleichen irrige Lehren sind in den alten bewährten Conciliis aus Grund der Schrift, billig verworfen und verdammt: Nullo enim modo vel facienda vel admittenda est, aut conversio, aut confusio, aut exaequatio, sive naturarum in Christo, sive essentialium proprietatum, das ist, denn auf keinerlei Weise soll gehalten oder zugelassen werden, Verkehrung, Vermischung oder Vergleichung der Naturen in Christo, oder derselben wesentlichen Eigenschaften. Wie wir denn auch die Worte (realis communicatio, oder realiter communicirt, das ist, die Mitteilung oder Gemeinschaft, so mit der Tat und Wahrheit geschieht) niemals von einer physica communicatione vel essentiali transfusione, das ist, von (S. 25) einer wesentlichen, natürlichen Gemeinschaft oder Ausgießung, dadurch die Naturen in ihrem Wesen, und derselbigen wesentlichen Eigen-schaften vermenget, verstanden; wie etliche solche Worte und Reden arglistig und boshaftig, die reine Lehre damit verdächtig zu machen, wider ihr eigen Gewissen verkehret haben: sondern allein der verbali communicationi, das ist, dieser Lehre entgegengesetzt haben, da solche Leute fürgegeben, dass es nur eine Phrasis, und Modus loquendi, das ist, mehr nicht, denn bloße Worte, Titel und Name sei, darauf sie auch so hart gedrungen, dass sie von keiner andern Gemeinschaft wissen wollen. Derowegen zu wahrhaftiger Erklärung der Majestät Christi wir solche Worte (de reali communicatione) gebraucht, und damit anzei-gen wollen, dass solche Gemeinschaft mit der Tat und Wahrheit, doch ohne alle Vermischung der Naturen, und ihrer wesentlichen Eigenschaften, geschehen sei.“ „So halten und lehren wir nun mit der alten rechtgläubigen Kirchen, wie dieselbige diese Lehre aus der Schrift erkläret hat, dass die menschliche Natur in Christo solche Majestät empfangen habe, nach der Art der persönlichen Vereinigung, nämlich, weil die ganze Fülle der Gottheit in Christo wohnet (Kol. 2,9) nicht wie in andern heiligen Menschen, oder Engeln, sondern leibhaftig, als in ihrem eigenen Leibe, dass sie mit aller ihrer Majestät, Kraft, Herrlichkeit und Wirkung, in der angenommenen menschlichen Natur freiwillig, wenn und wie er will, leuchtet: In, mit, und durch dieselbige, seine göttliche Kraft, Herrlichkeit und Wirkung beweiset, erzeiget und verrichtet, wie die Seele im Leibe, und das Feuer in einem glühenden Eisen tut (denn durch solche Gleichnisse, wie droben auch vermeldet, hat die ganze alte Kirche diese Lehre erkläret); solches ist zur Zeit der Niedrigung verborgen, und hinterhalten worden: Aber jetzund nach abgelegter knechtischer Gestalt, geschieht solches völlig, gewaltig und öffentlich vor allen Heiligen im Himmel und Erden, und werden auch wir in jenem Leben solche seine Herrlichkeit von Angesicht zu Angesicht schauen. Joh. 17.“
+ 30. Wie ist nun diese Mittheilung beschaffen?
Sie ist wahrhaftig und wirklich, und durch sie hat die menschliche Natur göttliche Majestät empfangen, aus Grund der persönlichen Vereinigung. Denn da in Christo die ganze Fülle der Gottheit wohnet, nicht wie in den heiligen Menschen und Engeln, sondern leibhaftig, als in ihrem eigenen Leibe: so ist diese mensch-liche Natur mit aller göttlichen Majestät, Kraft und Herrlichkeit wahrhaftig und wesentlich versehen: und das Wort (S. 26) oder der Sohn Gottes übt, wirkt und vollbringt in ihr, mit ihr und durch sie seine göttliche Kraft, Majestät und Wirksamkeit.
* 31. Bezeichnet denn nicht die heil. Schrift im Besondern einige göttliche Eigen-schaften, welche in und durch die angenommene Menschheit ganz vorzüglich hindurch leuchten?
Ja; denn obgleich die ganze Fülle der Gottheit in der angenommenen mensch-lichen Natur wohnet, als im eigenen Tempel, Koloss. 2,9., so bezeichnet dennoch die heil. Schrift einige göttliche Eigenschaften, welche durch die menschliche Natur ganz vorzüglich ihre Wirkungen offenbaren. Als welche sind:
1. Die Allmacht. Matth. 28,18. „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Hebr. 2,8. „Alles Hast du untergetan zu seinen Füßen. In dem, dass er ihm alles hat untergetan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht untertan sei.“ –
2. Die Allwissenheit. Koloss. 2,3. „In Christo liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.“ Joh. 2,25. „Er bedurfte nicht, dass Jemand Zeugnis gäbe von einem Menschen, denn Er wusste wohl, was im Menschen war.“
3. Die Gewalt, lebendig zu machen. Joh. 6,51. „Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt“ 1. Korinth. 15,45. „Der erste Mensch, Adam, ist gemacht zu einer lebendigen Seele; der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist (Anm.: Luther hat hier nicht treu genug übersetzt; darum ist seine Übersetzung hier übergangen.)
4. Die Gewalt, Sünden zu vergeben, und Gericht zu halten. Matth. 9,6. Marc. 2,10. Luc. 5,24. „Auf dass ihr aber wisset, dass des Menschen Sohn Macht habe, auf Erden die Sünden zu vergeben, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Stehe auf, hebe dein Bett auf und gehe heim.“ (S. 27) Joh. 5,27. „Der Vater hat dem Sohne Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum, dass er des Menschen Sohn ist.“
5. Die göttliche Verehrung. Philipp. 2,9-11. „Gott hat Christum erhöhet, und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist: Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Kniee, die im Himmel und auf Erden, und unter der Erde sind; Und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes des Vaters.“ Hebr. 1,6. „Es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.“
6. Die Allgegenwart. Matth. 18,20. „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ Matth. 28,20. „Siehe ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ Eph. 1,22.23. „Und hat alle Dinge unter seine Füße getan, und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeine über Alles, Welche da ist sein Leib, nämlich die Fülle des, der Alles in Allen erfüllet.“ Eph. 4,10. „Der hinunter gefahren ist, das ist derselbige, der aufgefahren ist über alle Himmel, dass er Alles erfüllte.“ S. Conc. Form. Erklärung. Art. 8. S. 1064. „Derowegen verstehen wir solche Zeugnisse der Schrift, so von der Majestät reden, zu welcher die menschliche Natur in Christo erhöhet ist, nicht also, dass solche göttliche Majestät, welche der göttlichen Natur des Sohnes Gottes eigen ist, in der Person des Menschen Sohns, schlecht nur allein nach seiner göttlichen Natur zugeschrieben soll werden, oder dass dieselbige Majestät in der mensch-lichen Natur Christi allein dergestalt sein sollte, dass seine menschliche Natur von derselben allein den bloßen Titel und Namen, per phrasin et modum loquendi, das ist, allein mit Worten, aber mit der Tat und Wahrheit ganz und gar keine Gemeinschaft mit ihr haben sollte. Denn auf solche Weise (weil Gott ein geistlich, unzertrennt Wesen, und dennoch allenthalben und in allen Kreaturen ist, und in welchen er ist, sonderlich aber in den Gläubigen und Heiligen, wohnet, daselbsten solche seine Majestät mit und bei sich hat) auch mit Wahrheit gesagt werden möchte, dass in allen Kreaturen, in welchen Gott ist, sonderlich aber in den Gläubigen und Heiligen, in welchen Gott wohnet, alle Fülle der Gottheit leibhaftig wohne, alle Schätze der Weisheit und des Erkenntnis verborgen, alle Gewalt im Himmel und auf Erden ge- (S. 28) geben werde, weil ihnen der heilige Geist, der alle Gewalt hat, gegeben wird; dergestalt denn zwischen Christo nach seiner menschlichen Natur, und den andern heiligen Menschen kein Unterscheid gemacht, und also Christus seiner Majestät, so er vor allen Kreaturen als ein Mensch, oder nach seiner menschlichen Natur empfangen hat, beraubet. Denn sonst keine Kreatur, weder Mensch noch Engel, sagen kann oder soll: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden (Matth. 28,18), so doch Gott mit aller Fülle seiner Gottheit, die er allenthalben bei sich hat, in den Heiligen ist; aber nicht leibhaftig in ihnen wohnet, oder persönlich mit ihnen vereiniget ist, wie in Christo; denn aus solcher persönlichen Vereinigung kommt’s, dass Christus auch nach seiner menschlichen Natur spricht Matth. 28,18: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Item Joh. 13,3: Da Christus wusste, dass ihm der Vater alles in seine Hand gegeben hatte. Item Koloss. 2,9: In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Item Ps. 8,6: Mit Preis und Ehren hast du ihn gekrönt, und hast ihn gesetzt über die Werke deiner Hände; alles hast du untertan zu seinen Füßen: in dem, dass er ihm Alles hat untertan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht untertan sei, Hebr. 2,7.8. Ausgenommen, der ihm alles untertan hat, 1Korinth. 15,27.“ „Wir glauben, lehren und bekennen aber keines-wegs, eine solche Ausgießung der Majestät Gottes, und aller derselbigen Eigenschaften in die menschliche Natur Christi, dadurch die göttliche Natur geschwächt, oder etwas von dem ihren einem andern übergebe, dass sie nicht für sich selbst behielte, oder, dass die menschliche Natur in ihrer Substanz und Wesen göttliche Majestät empfangen haben sollte, von der Natur und Wesen des Sohnes Gottes abgesondert oder unterschieden, als wenn aus einem Gefäß in das andere Wasser, Wein oder Öl gegossen würde. Denn die menschliche Natur, wie auch keine andere Kreatur, weder im Himmel noch auf Erden, solchergestalt der Allmächtigkeit Gottes fähig ist, dass sie für sich selbst ein allmächtig Wesen würde, oder allmächtige Eigenschaften an und für sich selbst hätte, dadurch die menschliche Natur in Christo geleugnet und in die Gottheit ganz und gar verwandelt: welches unserm Christlichen Glauben auch, aller Propheten und Apostel Lehr zuwider.“ „Sondern wir glauben, lehren und bekennen, dass Gott der Vater seinen Geist Christo, seinem geliebten Sohn, nach der angenommenen Menschheit also gegeben (darum er denn auch Messias, das ist, der Gesalbte, genannt wird), dass er nicht mit der Maaß, wie (S. 29) die andern Heiligen, desselbigen Gaben empfangen habe; denn auf Christo dem Herrn, nach seiner angenommenen menschlichen Natur (weil er nach der Gottheit mit dem heiligen Geist eines Wesens ist) ruhet der Geist der Weisheit, und des Verstands, des Raths, der Stärke, und des Erkenntnis, nicht also, dass er daher, als ein Mensch, nur etliche Dinge wüsste und vermöchte, wie andere Heiligen durch Gottes Geist, welcher allein erschaffene Gaben in ihnen wirket, wissen und vermögen: Sondern weil Christus nach der Gottheit, die andere Person in der heiligen Dreifaltigkeit ist, und von ihm, wie auch vom Vater, der Heilige Geist ausgehet, und also sein, und des Vaters eigner Geist ist und bleibet in alle Ewigkeit, von dem Sohne Gottes nicht abgesondert; so ist Christo nach dem Fleisch, so mit dem Sohne Gottes persönlich vereinigt ist, die ganze Fülle des Geistes (wie die Patres sagen) durch solche persönliche Vereinigung mitgeteilt (Koloss. 1,9), welche sich freiwillig mit aller Kraft darin, damit und dadurch beweiset und erzeiget, dass er nicht nur etliches wisse, und etliches nicht wisse, etliches vermöge und etliches nicht vermöge, sondern er weiß und vermag alles; auf welchen der Vater ohne Maaß den Geist der Weisheit und Kraft ausgegossen, dass er, als Mensch, durch solche persönliche Vereinigung, alles Erkenntnis, alle Gewalt mit der Tat und Wahrheit empfangen hat. Und also sind alle Schätze der Weisheit in ihm verborgen, und ist ihm alle Gewalt gegeben, und er ist gesetzt zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes.“
* 32. Hat denn aber Christus nach seiner menschlichen Natur diese mitgeteilte göttliche Majestät immer ausgeübt und gebraucht?
Obgleich Christus die mitgeteilte göttliche Majestät, nach der angenommenen menschlichen Natur, gleich in seiner Empfängnis, und im Mutterleibe gehabt, dieselbe auch nicht verloren oder abgelegt hat: so hat er sich doch, wie der Apostel Philipp. 2,7 zeuget, derselben geäußert, und sie, wie Dr. Luther lehret, im Stande seiner Erniedrigung heimlich gehalten, und nicht allezeit, sondern wenn er gewollt, gebraucht. Concord. Form. Erkl. Art. 8. S. 1049.
* 33. Befindet sich denn Christus noch jetzt in diesem Zustande der Ent-äußerung?
Nein: denn nachdem er nicht schlecht, wie ein anderer Heiliger, gen Himmel, sondern wie der Apostel zeuget, über alle Himmel gefahren ist, dass er alles erfülle, Ephes. 4,10., so regiert er schon deshalb, nicht allein als Gott, sondern auch als (S. 30) Mensch allenthalben gegenwärtig, von einem Meer zum andern, und bis an der Welt Ende, wie einst die Propheten von ihm geweissagt haben, und die Apostel bezeugen, dass Christus allenthalben mit ihnen gewirkt habe. Marc. 16,20. Concord. Form. Erkl. Art. 8. S. 1049.
* 34. Dieser Behauptung scheint entgegen zu stehen, dass Christus gen Himmel gefahren ist und sitzet zur Rechten Gottes des Vaters?
Durchaus nicht. Denn Christus ist gen Himmel gefahren, dass er sitze zur Rechten des Vaters, und immerdar regiere und herrsche über alle Kreaturen, und das zwar (wie Dr. Luther spricht) nach Art und Weise der Rechten Gottes, welche nicht ein bestimmter und eingeschlossener Ort im Himmel ist, sondern die all-mächtige Kraft Gottes selbst, welche Himmel und Erde erfüllt, in welche Christus, nach seiner Menschheit, in der Tat und Wahrheit eingesetzt worden ist. Augsb. Conf. Art. 3. S.41. Concord. Form. Erkl. Art. 8. S. 1049.
+ 35. Was muss nun ferner in Christo betrachtet werden?
Nachdem wir bisher die Person Christi betrachtet haben, müssen wir nun auch den Blick auf sein Amt richten. Und dieses ist ein zwiefaches, das königliche nämlich und das hohepriesterliche.
+ 36. Was ist das hohepriesterliche Amt Christi?
Es ist das Amt, nach welchem Er sich Gott dem Vater, für die Sünden der ganzen Welt, und zwar nicht bloß für die Erbschuld, sondern auch für alle Tatsünden der Menschen, als ein Opfer, dargebracht, und uns aus jeglicher Gefangenschaft der Sünde, des Todes und des Teufels zur Freiheit seiner Kindschaft angenommen hat. Hebr. 9,12. „Christus ist nicht durch der Böcke oder Kälber Blut, sondern durch sein eigenes Blut einmal in das Heilige eingegangen, und hat eine ewige Erlösung erfunden“ Augsb. Conf. Art. 1. S. 40. „ – dass er ein Opfer wäre, nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle andere Sünde, und Gottes Zorn versühnt.“ Großer Katechism: Art. 2. S. 716. „Wenn man nun fraget: Was glaubst du im andern Artikel von Jesu Christo? Antwort aufs kürzte: Ich glaube, dass Jesus Christus wahrhaftiger Gottes Sohn sei mein Herr worden. Was ist nun das: ein Herr worden? Das ist’s, dass er mich erlöset hat (S. 31) von Sünd, vom Teufel, vom Tode und allem Unglück. Denn zuvor habe ich keinen Herrn noch König gehabt, sondern bin unter des Teufels Gewalt gefangen, zum Tode ver-dammt, in der Sünde und Blindheit verstrickt gewesen.“ „Das sei nun die Summa dieses Artikels, dass das Wörtlein Herr aufs einfältigste so viel heiße, als ein Erlöser, das ist, der uns vom Teufel zu Gott, vom Tode zum Leben, von Sünde zur Gerechtigkeit bracht hat, und dabei erhält.“
+ 37. Welches ist das königliche Amt Christi?
Es ist das Amt, nach welchem Christus gen Himmel gefahren, und das Regiment genommen hat sitzend zur Rechten des Vaters, dass ihm der Teufel und alle Gewalt muss untertan sein, und zun Füßen liegen, so lang bis er uns endlich am jüngsten Tage gar scheide und sondere von der bösen Welt, Teufel, Tod, Sünde, und mit ewigem Ruhme und Ehre uns kröne, wie der sel. Luther spricht im großen Katech. Art. 2. S. 718. Ps. 110, 2. „Der Herr wird das Zepter deines Reichs senden aus Zion. Herrsche unter deinen Feinden.“
+ 38. Wie ist das Reich Christi beschaffen?
Es ist geistlich und ewig. J o h. 18,36. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Luc. 1,33. „Und er wird ein König sein über das Haus Jacob ewiglich, und seines Königsreichs wird kein Ende sein.“
+ 39. Welche Wohltaten ergießen sich aus beiden Ämtern Christi auf uns?
1) Der Glaube. 2) Die Vergebung der Sünden. 3) Die Rechtfertigung. 4) Die Versöhnung mit Gott dem Vater. 5) Die ewige Errettung und Verherrlichung.