Luther - Schöpfung

 

Der große Katechismus Dr. Martin Luthers

nach der Fassung des deutschen Konkordienbuches ( Dresden 1580 )

 

Luthers Lehre von der Schöpfung im Großen Katechismus:

 

Der erste Artikel

Ich glaube an Gott den Vater, allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden

 

Da ist aufs allerkürzeste gemalt und vorgebildet, was Gottes des Vaters Wesen, Wille, Tun und Werk sei. Denn weil die zehn Gebote haben vorgehalten, man solle nicht mehr denn Einen Gott haben, möchte man nun fragen: Was ist denn Gott für ein Mann? Was tut er? Wie kann man ihn preisen oder abmalen und beschreiben, dass man ihn kenne? Das lehrt nun dieser und folgende Artikel; also dass der Glaube nichts anders ist denn eine Antwort und Bekenntnis der Christen, auf das erste Gebot gestellt. Als wenn man ein junges Kind fragte: Lieber, was hast du für einen Gott? Was weißt du von ihm? dass es könnte sagen: Das ist mein Gott: zum ersten der Vater, der Himmel und Erde geschaffen hat. Außer diesem einigen halte ich nichts für Gott, denn sonst keiner ist, der Himmel und Erde schaffen könnte. Für die Gelehrten aber und die etwas läuftig sind, kann man die Artikel alle drei weit ausstreichen und teilen in so viel Stücke, als es Worte sind. Aber jetzt für die jungen Schüler sei genug, das Nötigste anzuzeigen, nämlich, wie gesagt, dass dieser Artikel belangt die Schöpfung, dass man stehe auf dem Wort „Schöpfer Himmels und Erden“. Was ist nun gesagt oder was meinst du mit dem Wort: Ich glaube an Gott Vater, allmächtigen, Schöpfer etc.? Antwort: Das meine und glaube ich, dass ich Gottes Geschöpf bin, das ist, dass er mir gegeben hat und ohne Unterlass erhält Leib, Seele und Leben, Gliedmaßen klein und groß, alle Sinne, Vernunft und Verstand, und so fortan Essen und Trinken, Kleider, Nahrung, Weib und Kind, Gesinde, Haus und Hof etc., dazu alle Kreatur zu Nutz und Notdurft des Lebens dienen lässt, Sonne, Mond und Sterne am Himmel, Tag und Nacht, Luft, Feuer, Wasser, Erde und was sie trägt und vermag, Vogel, Fisch, Tier, Getreide und allerlei Gewächs. Item was mehr leibliche und zeitliche Güter sind: gut Regiment, Friede, Sicherheit. Also dass man aus diesem Artikel lerne, dass unser keiner das Leben noch alles, was jetzt aufgezählt ist und aufgezählt mag werden, von sich selbst hat noch erhalten kann, wie klein und gering es ist; denn es alles gefasst ist in das Wort „Schöpfer“. Darüber bekennen wir auch, dass Gott der Vater nicht allein solches alles, was wir haben und vor Augen sehen, uns gegeben hat, sondern auch täglich vor allem Übel und Unglück behütet und beschützt, allerlei Fährlichkeit und Unfall abwendet, und solches alles aus lauter Liebe und Güte, durch uns unverdient, als ein freundlicher Vater, der für uns sorgt, dass uns kein Leid widerfahre. Aber davon weiter zu sagen gehört in die andern zwei Stücke dieses Artikels, da man spricht: Vater, allmächtigen. Hieraus will sich nun selbst schließen und folgen: Weil uns das alles, so wir vermögen, dazu was im Himmel und Erde ist, täglich von Gott gegeben, erhalten und bewahrt wird, so sind wir ja schuldig, ihn darum ohne Unterlass zu lieben, loben und danken und kürzlich ihm ganz und gar damit zu dienen, wie er durch die zehn Gebote fordert und befohlen hat. Hier wäre nun viel zu sagen, wenn mans sollte ausstreichen wie wenig ihrer sind, die diesen Artikel glauben. Denn wir gehen alle überhin, hörens und sagens, sehen aber und bedenken nicht, was uns die Worte vortragen. Denn wo wirs von Herzen glaubten, würden wir auch darnach tun und nicht so stolz hergehen, trotzen und uns brüsten, als hätten wir das Leben, Reichtum, Gewalt und Ehre etc. von uns selbst, dass man uns fürchten und dienen müsste, wie die unselige, verkehrte Welt tut, die in ihrer Blindheit ersoffen ist, aller Güter und Gaben Gottes allein zu ihrer Hoffart, Geiz, Lust und Wohltagen missbraucht und Gott nicht einmal ansähe, dass sie ihm dankte oder für einen Herrn und Schöpfer erkennte. Darum sollte uns dieser Artikel alle demütigen und erschrecken, wo wirs glaubten. Denn wir sündigen täglich mit Augen, Ohren, Händen, Leib und Seele, Geld und Gut und mit allem, das wir haben, sonderlich diejenigen, so noch wider Gottes Wort fechten. Doch haben die Christen den Vorteil, dass sie sich des schuldig erkennen, ihm dafür zu dienen und gehorsam zu sein. Derhalben sollen wir diesen Artikel täglich üben, einprägen und uns erinnern in allem, was uns vor Augen kommt und Gutes widerfährt; und wo wir aus Nöten und Fähr-lichkeiten kommen, wie uns Gott solches alles gibt und tut, dass wir daran spüren und sehen sein väterliches Herz und überschwengliche Liebe gegen uns, davon würde das Herz erwarmen und entzündet werden, dankbar zu sein und aller solcher Güter zu Gottes Ehren und Lob zu brauchen. Also haben wir aufs kürzeste die Meinung dieses Artikels, soviel den Einfältigsten erstlich not ist zu lernen, beide, was wir von Gott haben und empfangen und was wir dafür schuldig sind; welches gar eine große, treffliche Erkenntnis ist, aber ein viel höherer Schatz. Denn da sehen wir, wie sich der Vater uns gegeben hat samt allen Kreaturen und aufs allerreichlichste in diesem Leben versorget, ohne dass er uns sonst auch mit unaussprechlichen ewigen Gütern durch seinen Sohn und heiligen Geist überschüttet, wie wir hören werden.