Melanchthon - Buße

 

Melanchthon in der Augsburgischen Konfession:

 

Der XII. Artikel: Von der Buße

 

Von der Buße wird gelehret, daß diejenigen, so nach der Taufe gesündigt haben, zu aller Zeit, so sie zur Buße kommen, mögen Vergebung der Sünden erlangen, und ihnen die Absolution von der Kirche nicht soll geweigert werden. Und ist wahre rechte Buße eigentlich Reu und Leid oder Schrecken haben über die Sünde, und doch daneben gläuben an das Evangelium und Absolution, daß die Sünde vergeben und durch Christum Gnad erworben sei, welcher Glaube wie-derum das Herz tröstet und zufrieden macht. Darnach soll auch Besserung folgen, und daß man von Sünden lasse; denn dies sollen die Früchte der Buße sein wie Johannes spricht Matth.3: Wirket rechtschaffene Frucht der Buß. Hie werden verworfen die, so lehren, daß diejenigen, so einst seind fromm worden, nicht wieder fallen mugen. Dagegen auch werden verdammt die Novatiani, welche die Absolution denen, so nach der Tauf gesündigt hatten, weigerten. Auch werden die verworfen, so nicht lehren, daß man durch Glauben Vergebung der Sünde erlange, sondern durch unser Genugtun.

 

Melanchthon in der Apologie zur Augsburgischen Konfession:

 

Artikel XII. Von der Buße.

 

In dem zwölften Artikel lassen ihnen die Widersacher den ersten Teil gefallen, da wir sagen, daß alle diejenigen, so nach der Taufe in Sünde fallen, Vergebung der Sünden erlange, zu welcher Zeit und wie oft sie sich bekehren. Den andern Teil verwerfen und verdammen sie, da wir sagen, die Buße habe zwei Stücke, contritionem, und fidem, das ist, zur Buße gehören diese zwei, ein reuig, zer-schlagen Herz und der Glaube, daß ich glaube, daß ich Vergebung der Sünden durch Christum erlange. Da höre man nun, wozu die Widersacher nein sagen! Da dürfen sie unverschämt verneinen, daß der Glaube nicht ein Stück der Buße sei. Was sollen wir nun hier, allergnädigster Herr Kaiser, gegen diese Leute tun? Gewiß ist's, daß wir durch den Glauben Vergebung der Sünden erlangen. Dieses Wort ist nicht unser Wort, sondern die Stimme und Wort Jesu Christi, unsers Heilandes. Das klare Wort Christi nun verdammen diese Meister der Konfutation, darum können wir in keinem Wege in die Konfutation willigen. Wir wollen, ob Gott will, die klaren Worte des Evangelii, die heilige göttlich Wahrheit und das selige Wort, darin aller Trost und Seligkeit steht, nicht verleugnen. Denn dieses also verneinen, daß wir durch den Glauben Vergebung der Sünden erlangen, was wäre das anders, denn das Blut Christi und seinen Tod lästern und schänden? Darum bitten wir, allergnädigster Herr Kaiser, daß Ew. Kaiserliche Majestät in dieser großen, höchsten, allerwichtigsten Sache, welche unsere eigene Seele und Gewissen, welche auch den ganzen Christenglauben, das ganze Evange-lium, die Erkenntnis Christi und das Höchste, Größte nicht allein in diesem vergänglichen, sondern auch künftigem Leben, ja unser aller ewiges Genesen und Verderben vor Gott belangt, gnädiglich und mit Fleiß hören und erkennen. Es sollen alle Gottesfürchtigen, frommen und ehrbaren Leute nicht anders befinden denn daß wir in dieser Sache die göttliche Wahrheit und eitel heilsamen, hochnötigsten, tröstlichsten Unterricht der Gewissen gelehrt haben und lehren lassen, daran allen frommen Herzen der ganzen christlichen Kirche das Merk-lichste und Größte, ja all ihr Heil und Wohlfahrt gelegen, ohne welchen Unterricht kein Predigtamt, keine christliche Kirche sein noch bleiben kann. Es sollen alle Gottesfürchtigen befinden, daß diese Lehre der Unsern von der Buße das Evangelium und reinen Verstand wieder an den Tag gebracht hat, und daß dadurch viel schädliche, häßliche Irrtümer abgetan, wie denn durch der Scho-lastiker und Kanonisten Bücher diese Lehre, was doch rechte Buße sei oder nicht sei, gar unterdrückt war. Und ehe wir zur Sache greifen, müssen wir dieses anzeigen: Es werden alle ehrbaren, redlichen, gelehrten Leute hohen und niedern Standes, auch die Theologen selbst bekennen müssen, und ohne Zweifel auch die Feinde werden von ihrem eigenen Herzen überzeugt, daß zuvor und ehe denn Doktor Luther geschrieben hat, eitel dunkle, verworrene Schriften und Bücher von der Buße vorhanden gewesen sind. Wie man sieht bei den Sententiarien, da unzählige unnütze Fragen sind, welche noch keine Theologi selbst haben genugsam können erörtern. Viel weniger hat das Volk aus ihren Predigten und verwirrten Büchern von der Buße eine Summa fassen mögen oder merken, was doch zu wahrer Buße vornehmlich gehört, wie oder durch was Weise ein Herz und Gewissen Ruhe und Frieden suchen müßte, und Trotz, es trete noch einer hervor, der aus ihren Büchern einen einigen Menschen unter-richte, wann gewiß die Sünden vergeben sind. Lieber Herr Gott, wie sieht man da Blindheit! Wie wissen sie so gar nichts davon, wie sind ihre Schriften eitel Nacht, eitel Finsternis! Sie bringen Fragen vor, ob in attritione oder contritione Verge-bung der Sünden geschehe, und so die Sünde vergeben wird um der Reue oder Kontrition willen, was dann der Absolution vonnöten sei; Und so die Sünden schon vergeben sind, was dann die Gewalt der Schlüssel vonnöten sei. Und da ängsten sie sich und zerbrechen sich den Kopf darüber und machen die Gewalt der Schlüssel gar zunichte. Etliche unter ihnen erdichten und sagen, durch die Gewalt der Schlüssel werde nicht vergeben die Schuld vor Gott, sondern die ewige Pein werde dadurch verwandelt in zeitliche; und machen also aus der Absolution, aus der Gewalt der Schlüssel, dadurch wir Trost und Leben erwarten sollen, eine solche Gewalt, dadurch uns nur Strafe aufgelegt werde. Die andern wollen klüger sein, die sagen, daß durch die Gewalt der Schlüssel Sünden vergeben werden vor den Leuten oder vor der christlichen Gemeinde, aber nicht vor Gott. Das ist auch fast ein schädlicher Irrtum; denn so die Gewalt der Schlüssel, welche von Gott gegeben ist, uns nicht tröstet vor Gott, wodurch will denn das Gewissen zur Ruhe kommen? Darüber so lehren und schreiben sie noch ungeschickter und verwirrter Ding; sie lehren, man könne durch Reue Gnade verdienen, und wenn sie da gefragt werden, warum denn Saul und Judas und dergleichen nicht Gnade verdient haben, in welchen gar eine schrecklich Kontrition gewesen ist; auf diese Frage sollten sie antworten, daß es Judas und Saul am Evangelio und Glauben gefehlt hätte, daß Judas sich nicht getröstet hat durchs Evangelium und hat nicht geglaubt; denn der Glaube unterscheidet die Reue Petri und Judä. Aber die Widersacher gedenken des Evangelii und Glaubens gar nicht, sondern des Gesetzes; sagen, Judas habe Gott nicht geliebt, sondern habe sich vor der Strafe gefürchtet. Ist aber das nicht ungewiß und ungeschickt von der Buße gelehrt? Denn wann will ein erschrocken Gewissen, sonderlich in den rechten großen Ängsten, welche in Psalmen und Propheten beschrieben werden, wissen, ob es Gott aus Liebe als seinen Gott fürchtet, oder ob er seinen Zorn und ewige Verdammnis flieht und haßt? Es mögen diejenigen von diesen großen Ängsten nicht viel erfahren haben, dieweil sie also mit Worten spielen und nach ihren Träumen Unterschied machen. Aber im Herzen, und wenn es zur Erfahrung kommt, findet sich's viel anders, und mit den schlechten Syllaben und Worten findet kein Gewissen Ruhe, wie die guten sanften, müßigen Sophisten träumen. Hier berufen wir uns auf die Erfahrung aller Gottesfürchtigen, auf alle redlichen, verständigen Leute, die auch gern die Wahrheit erkennten; die werden bekennen, daß die Widersacher in allen ihren Büchern nichts Recht-schaffenes gelehrt haben von der Buße, sondern eitel verworren, unnütz Geschwätz; und ist doch dies ein Hauptartikel der christlichen Lehre, von der Buße, von Vergebung der Sünden. Nun ist dieselbe Lehre von den Fragen, die jetzo erzählt, voll großer Irrtümer und Heuchelei, dadurch die rechte Lehre von Christo, von den Schlüsseln, vom Glauben zu unsäglichem Schaden der Gewissen unterdrückt gewesen. Weiter richten sie noch mehr Irrtümer an, wenn man von der Beichte reden soll; da lehren sie nichts, denn lange Register machen und Sünden erzählen und mehrenteils Sünden wider Menschengebote, und treiben hier die Leute, als sei solch Zählen de iure divino, das ist, von Gott geboten; und dieses wäre noch so hoch beschwerlich nicht, wenn sie nur auch recht von der Absolution und Glauben hätten gelehrt. Aber da fahren sie abermal vorüber und lassen den hohen Trost liegen und dichten, das Werk, beichten und reuen, mache fromm ex opere operato, ohne Christum, ohne Glauben. Das heißen rechte Juden. Das dritte Stück von diesem Spiel ist die satisfactio oder Genugtuung für die Sünde. Daselbst lehren sie noch ungeschickter, verwirrter, werfen das Hundert ins Tausend, daß daselbst nicht ein Tröpflein guten oder nötigen Trostes ein arm Gewissen finden möchte. Denn da erdichten sie ihnen selbst, daß die ewige Pein werde vor Gott verwandelt in Pein des Fegefeuers, und ein Teil der Pein werde vergeben und erlassen durch die Schlüssel, für einen Teil aber müsse man genugtun mit Werken. Darüber sagen sie weiter und nennen die Genugtuung opera supererogationis, das sind denn bei ihnen die kindischen närrischen Werke, als Wallfahrten, Rosenkränze und dergleichen, da kein Gebot Gottes von ist. Und weiter, wie sie die Pein des Fegefeuers ablaufen und lösen mit ihrem Genugtun, also haben sie noch weiter ein Fündlein erdacht, dieselben Genugtuungen für das Fegefeuer auch abzulösen, welches denn ein recht genießlicher, reicher Kauf und großer Jahrmarkt geworden. Denn sie haben unverschämt ihren Ablaß verkauft und gesagt, wer Ablaß löse, der kaufe sich also ab, da er sonst müßte genugtun; Und die Kretscherei, den Jahrmarkt, habe sie unverschämt getrieben, nicht allein daß sie den Lebendigen Ablaß verkauft, sondern auch für die Toten hat man Ablaß müssen kaufen. Darüber haben sie auch den schrecklichen Mißbrauch der Messe eingeführt, daß sie die Toten haben mit Messehalten erlösen wollen, und unter solchen Teufelslehren ist unterdrückt gewesen die ganze christliche Lehre vom Glauben, von Christo, wie wir dadurch sollen getröstet werden. Darum merken und verstehen hier alle ehrbaren, redlichen, ehrliebenden, verständigen Leute, geschweige denn Christen, daß ganz hoch vonnöten gewesen ist, solche ungöttliche Lehre der Sophisten und Kanonisten von der Buße zu tadeln. Denn dieselbe ihre Lehre ist öffentlich falsch, unrecht, wider die klaren Worte Christi, wider alle Schrift der Apostel, wider die ganze Heilige Schrift und Väter, und sind das ihre Irrtümer:

 

I. Daß uns Gott muß die Sünde vergeben, so wir gute Werke tun, auch außerhalb der Gnade.

II. Daß wir durch die Attrition oder Reue Gnade verdienen.

III. Daß unsere Sünde auszulöschen genug sei, wenn ich die Sünde an mir selbst hasse und schelte.

IV. Daß wir durch unsere Reue, nicht um des Glaubens willen an Christum, Vergebung der Sünden erlangen.

V. Daß die Gewalt der Schlüssel verleihe Vergebung der Sünden nicht vor Gott, sondern vor der Kirche oder den Leuten.

VI. Daß durch die Gewalt der Schlüssel nicht allein die Sünden vergeben werden, sondern dieselbe Gewalt sei darum eingesetzt, daß sie die ewige Pein verwandle in zeitliche, und daß sie den Gewissen etliche Genugtuungen auflege und Gottesdienste und satisfactiones aufrichte, dazu die Gewissen vor Gott verpflichte und verbinde.

VII. Daß da Erzählen und eigentlich Rechnen aller Sünden von Gott geboten sei.

VIII. Daß satisfactiones, welche doch von Menschen aufgesetzt, not seien, zu bezahlen die Pein oder auch die Schuld; denn wiewohl man in der Schule die satisfactiones allein für die Pein abrechnet, so versteht doch männiglich, daß man dadurch Vergebung der Schuld verdiene.

IX. Daß wir aus Empfangung des Sakraments der Buße, ex opere operato, wenn das Herz gleich nicht dabei ist, ohne den Glauben an Christum, Gnade erlangen.

X. Daß aus der Gewalt der Schlüssel durch den Ablaß die Seelen aus dem Fegefeuer erlöst werden.

XI. Daß in Reservatfällen nicht die Strafe der canonum, sondern die Schuld der Sünden vor Gott durch den Papst möge reserviert werden in denen, die sich wahrhaft zu Gott bekehren.

 

Daß wir nun den Gewissen hülfen aus den unzähligen Stricken und verworrenen Netzen der Sophisten, so sagen wir, die Buße oder Bekehrung habe zwei Stücke, contritionem und fidem. So nun jemand will das dritte Stück dazusetzen, nämlich die Früchte der Buße und Bekehrung, welche sind gute Werken, so folgen sollen und müssen, mit dem will ich nicht groß fechten. Wenn wir aber de contritione, das ist, von rechter Reue, reden, schneiden wir ab die unzähligen unnützen Fragen, da sie Fragen vorgeben, wann wir aus der Liebe Gottes, item, wann wir aus Furcht der Strafe Reue haben. Denn es sind allein bloße Worte und vergebliche Geschwätze derjenigen, die nicht erfahren haben, wie einem er-schrockenen Gewissen zu Sinne ist. Wir sagen, daß contritio oder rechte Reue das sei, wenn das Gewissen erschreckt wird und seine Sünde und den großen Zorn Gottes über die Sünde anhebt zu fühlen, und ist ihm leid, daß es gesündigt hat. Und dieselbe contritio geht also zu, wenn unsere Sünde durch Gottes Wort gestraft wird. Denn in diesen zwei Stücken steht die Summa des Evangelii. Erstlich sagt es: Bessert euch! Und macht jedermann zu Sündern. Zum andern bietet's an Vergebung der Sünden, das ewige Leben, Seligkeit, alles Heil und den Heiligen Geist durch Christum, durch welchen wir neugeboren werden. Also faßt auch die Summa des Evangelii Christus, das er Lucä am letzten sagt: „zu predigen in meinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Heiden“. Und von dem Schrecken und Angst des Gewissens redet die Schrift im 38. Psalm: „Denn meine Missetaten sind über mein Haupt gegangen; wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden.“ Und im 6. Psalm: „Herr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach! Heile mich, Herr; denn meine Gebeine sind erschrocken, und meine Seele ist sehr erschrocken usw. Ach du Herr, wie lange!“ Und Jes. 38: „Ich sprach: Nun muß ich zur Höllen Pforten fahren, da ich länger zu leben gedachte usw. Ich dachte: Möchte ich bis morgen leben; aber er zerbrach mir alle meine Gebeine wie ein Löwe.“ Item: „Meine Augen wollten mir brechen; Herr, ich leide Not!“ usw. In denselben Ängsten fühlt das Gewissen Gottes Zorn und Ernst wider die Sünde, welches gar eine unbekannte Sache ist solchen müßigen und fleischlichen Leuten wie den Sophisten und ihresgleichen. Denn da merkt erst das Gewissen, was die Sünde für ein großer Ungehorsam gegen Gott ist, da drückt erst recht das Gewissen der schreckliche Zorn Gottes, und es ist unmöglich der menschlichen Natur, denselben zu tragen, wenn sie nicht durch Gottes Wort würde aufgerichtet. Also sagt Paulus: „Durch das Gesetz bin ich dem Gesetz gestorben.“ Denn das Gesetz klagt allein die Gewissen an, gebietet, was man tun solle, und erschreckt sie. Und da reden die Widersacher nicht ein Wort vom Glauben, lehren also kein Wort vom Evangelio noch von Christo, sondern eitel Gesetzlehre und sagen, daß die Leute mit solchem Schmerz, Reue und Leid, mit solchen Ängsten Gnade verdienen, doch wo sie aus Liebe Gottes Reue haben oder Gott lieben. Lieber Herr Gott, was ist doch das für eine Predigt für die Gewissen, denen Trosts vonnöten ist! Wie können wir doch dann Gott lieben, wenn wir in so hohen, großen Ängsten und unsäglichem Kampf stecken, wenn wir so großen, schrecklichen Gottes Ernst und Zorn fühlen, welcher sich da stärker fühlt, denn kein Mensch auf Erden nachsagen oder reden kann? Was lehren doch solche Prediger und Doctores anders denn eitel Verzweiflung, die in so großen Ängsten einem armen Gewissen kein Evangelium, keinen Trost, allein das Gesetz predigen? Wir aber setzen das andere Stück der Buße dazu, nämlich den Glauben an Christum, und sagen, daß in solchem Schrecken den Gewissen soll vorgehalten werden das Evangelium von Christo, in welchem verheißen ist Vergebung der Sünden aus Gnaden durch Christum. Und solche Gewissen sollen glauben, daß ihnen um Christus willen Sünden vergeben werden. Der-selbe Glaube richtet wieder auf, tröstet und macht wieder lebendig und fröhlich solche zerschlagene Herzen; wie Paulus zu den Röm. 5 sagt: „So wir nun gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott.“ Derselbe Glaube zeigt recht an den Unterschied unter der Reue Judä und Petri, Sauls und Davids. Und darum ist Judä und Sauls Reue nicht nütze gewesen; denn da ist nicht Glaube gewesen, der sich gehalten hätte an die Verheißung Gottes durch Christum. Dagegen sind Davids und St. Peters Reue rechtschaffen gewesen; denn da ist der Glaube gewesen, welcher gefaßt hat die Zusage Gottes, welche anbietet Vergebung der Sünden durch Christum. Denn eigentlich ist in keinem Herzen einige Liebe Gottes, es sei denn, daß wir erst Gott versöhnt werden durch Christum. Denn Gottes Gesetz oder das erste Gebot kann ohne Christum niemand erfüllen noch halten; wie Paulus zu den Ephesern, 2,18; 3,12, sagt: „Durch Christum haben wir einen Zutritt zu Gott.“ Und der Glaube kämpft das ganze Leben durch wider die Sünde und wird durch mancherlei Anfechtungen probiert und nimmt zu. Wo nun der Glaube ist, da folgt denn erst die Liebe Gottes, wie wir hier oben gesagt. Und das heißt also recht gelehrt, was timor filialis sei, nämlich ein solches Fürchten und Erschrecken vor Gott, da dennoch der Glaube an Christum uns wiederum tröstet. Servilis timor autem, knechtische Furcht, ist Furcht ohne Glauben, da wird eitel Zorn und Verzweiflung. Die Gewalt nun der Schüssel, die verkündigt uns durch die Absolution das Evangelium. Denn das Wort der Absolution verkündigt mir Frieden und ist das Evangelium selbst. Darum wenn wir vom Glauben reden, wollen wir die Absolution mitbegriffen haben. Denn der Glaube ist aus dem Gehör, und wenn ich die Absolution höre, das ist, die Zusage göttlicher Gnade oder das Evangelium, so wird mein Herz und Gewissen getröstet. Und dieweil Gott durch das Wort wahrlich neu Leben und Trost ins Herz gibt, so werden auch durch die Gewalt der Schlüssel wahr-haftig hier auf Erden die Sünden losgezählt, also daß sie vor Gott im Himmel los sind, wie der Spruch lautet;: „Wer euch höret, der höret mich.“ Darum sollen wir das Wort der Absolution nicht weniger achten noch glauben, denn wenn wir Gottes klare Stimme vom Himmel hörten, und die Absolution, das selige, tröstliche Wort, sollte billig das Sakrament der Buße heißen, wie denn auch etliche Scholastici, welche gelehrter denn die andern gewesen, davon reden. Und derselbe Glaube an das Wort soll für und für gestärkt werden durch Predigthören, durch Lesen, durch Brauch der Sakramente. Denn das sind die Siegel und Zeichen des Bundes und der Gnade in neuen Testament; das sind Zeichen der Versöhnung und Vergebung der Sünden. Denn sie bieten an Vergebung der Sünden, wie denn klar zeugen die Worte im Abendmahl: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird“ usw. „Das ist der Kelch des neuen Testaments“ usw. Also wird auch der Glaube gestärkt durch das Wort der Absolution, durch die Prediger des Evangelii, durch Empfangung des Sakra-ments, damit er in solchen Schrecken und Ängsten des Gewissens nicht untergehe. Das ist eine klare, gewisse, richtige Lehre von der Buße; dadurch kann man verstehen und wissen, was die Schlüssel sind oder nicht sind, was die Sakramente nütze sind, was Christi Wohltat ist, warum und wie Christus unser Mittler ist. Dieweil aber die Widersacher verdammen, daß wir die zwei Teile der Buße gesetzt haben, so müssen wir anzeigen, daß nicht wir, sondern die Schrift diese zwei Stücke der Buße oder Bekehrung also ausdrückt. Christus sagt Matthäi 11: „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken.“ Da sind zwei Stücke: die Last oder die Bürde, da Christus von redet, das ist, der Jammer, das große Erschrecken vor Gottes Zorn im Herzen; zum andern das Kommen zu Christo, denn das Kommen ist nichts anderes, denn glauben, daß um Christus willen uns Sünden vergeben werden, und daß wir durch den Heiligen Geist neugeboren und lebendig werden. Darum müssen diese zwei die vornehmsten Stücke in der Buße sein: die Reue und der Glaube. Und Marci am 1. sagt Christus: „Tut Buße und glaubet dem Evangelio!“ Für das erste macht er uns zu Sündern und schreckt uns. Zum andern tröstet er uns und verkündigt Vergebung der Sünden. Denn dem Evangelio glauben heißt nicht allein die Historien des Evangelii glauben, welchen Glauben auch die Teufel haben, sondern heißt eigentlich glauben, daß uns durch Christum Sünden ver-geben sind; denn denselben Glauben predigt uns das Evangelium. Da seht ihr auch die zwei Stücke: die Reue oder das Schrecken des Gewissens, da er sagt: „Tut Buße!“ und den Glauben, das er sagt: „Glaubet dem Evangelio!“ Ob nun jemand wollte sagen, Christus begreift auch die Früchte des Buße, das ganze neue Leben, das fechten wir nicht groß an. Es ist uns hier genug, daß die Schrift diese zwei Stücke vornehmlich ausdrückt: Reue und Glauben. Paulus in allen Episteln, sooft er handelt, wie wir bekehrt werden, faßt er diese zwei Stücke zusammen: Sterben des alten Menschen, das ist, Reue, Erschrecken vor Gottes Zorn und Gericht, und dagegen Erneuerung durch den Glauben. Denn durch den Glauben werden wir getröstet und wieder zum Leben gebracht und errettet von Tod und Hölle. Von diesen zwei Stücken redet er klar Röm. 6,2.4.11: „Daß wir der Sünde gestorben sind“, das geschieht durch Reue und Schrecken; „und wiederum sollen wir mit Christo auferstehen“, das geschieht, so wir durch den Glauben wiederum Trost und Leben erlangen. Und dieweil Glaube soll Trost und Frieden im Gewissen bringen laut des Spruchs Röm. 5,1: „So wir gerecht sind worden durch den Glauben, haben wir Frieden“, folgt, daß zuvor Schrecken und Angst im Gewissen ist. Also gehen Reue und Glaube nebeneinander. Wiewohl, was ist not, viel Sprüche oder Zeugnisse der Schrift einzuführen, so die ganze Schrift der Sprüche voll ist? Als im 118. Psalm: „Der Herr züchtigt mich wohl, aber er gibt mich dem Tode nicht.“ Und im 119. Psalm: „Meine Seele vergehet vor Grämen; richte mich auf nach deinen Worten!“ Erstlich sagt er von Schrecken oder von der Reue. Im andern Stück des Verses zeigt er klar an, wie ein reuig arm Gewissen wieder getröstet wird, nämlich durch das Wort Gottes, welches Gnade anbietet und wieder erquickt. Item 1 Sam. 2: „Der Herr tötet und macht lebendig; er führt in die Hölle und wieder heraus“ Da werden auch die zwei Stücke berührt: Reue und Glaube. Item Jesaja am 28.: „Der Herr wird zürnen, daß er sein Werk tue, welches doch nicht sein Werk ist.“ Er sagt: Gott werde schrecken, wiewohl dasselbe nicht Gottes Werk sei; denn Gottes eigen Werk ist, lebendig machen. Andere Werke, als Schrecken, Töten, sind nicht Gottes eigene Werke. Denn Gott macht allein lebendig, und wenn er schreckt, tut er's darum, daß sein seliger Trost uns desto angenehmer und süßer werde; denn sichere und fleischliche Herzen, die Gottes Zorn und ihre Sünde nicht fühlen, achten keines Trosts. Auf die Weise pflegt die Heilige Schrift die zwei Stücke bei-einander zu setzen, erstlich das Schrecken, danach den Trost, daß sie anzeige, daß diese zwei Stücke zu einer rechten Buße oder Bekehrung gehören, erstlich herzliche Reue, danach Glaube, der das Gewissen wieder aufrichte. Und ist je gewiß also, daß nicht wohl möglich ist, von der Sache klarer oder richtiger zu reden. So wissen wir fürwahr, daß Gott in seinen Christen, in der Kirche, also wirkt. Dies sind nun die vornehmsten zwei Werke, dadurch Gott in den Seinen wirkt. Von den zwei Stücken redet die ganze Schrift: erstlich, daß er unsere Herzen erschreckt und uns die Sünde zeigt; zum andern, daß er wiederum uns tröstet, aufrichtet und lebendig macht. Darum führt auch die ganze Schrift diese zweierlei Lehre: Eine ist das Gesetz, welche uns zeigt unsern Jammer, straft die Sünde. Die andere Lehre ist das Evangelium; denn Gottes Verheißung, da er Gnade zusagt durch Christum, und die Verheißung der Gnade wird von Adam her durch die ganze Schrift immer wiederholt. Denn erstlich ist die Verheißung der Gnade oder das erste Evangelium Adam zugesagt: „Ich will Feindschaft setzen“ usw. Hernach sind Abraham und andern Patriarchen von demselben Christo Verheißungen geschehen, welche dann die Propheten hernach gepre-digt; Und zuletzt ist dieselbe Verheißung der Gnade durch Christum selbst, als er nun gekommen war, gepredigt unter den Juden und endlich durch die Apostel unter die Heiden in alle Welt ausgebreitet. Denn durch den Glauben an das Evangelium oder an die Zusage von Christo sind alle Patriarchen, alle Heiligen von Anbeginn der Welt gerecht vor Gott geworden und nicht um ihrer Reue oder Leids oder einerlei Werke willen. Und die Exempel, wie die Heiligen sind fromm geworden, zeigen auch die obgedachten zwei Stücke an, nämlich das Gesetz und Evangelium. Denn Adam, als er gefallen war, wird er erst gestraft, daß sein Gewissen erschrickt und in große Ängste kommt; dasselbe ist die rechte Reue oder contritio. Hernach sagt ihm Gott Gnade und Heil zu durch den gebenedeiten Samen, das ist, Christum, durch welchen der Tod, die Sünde und des Teufels Reich sollte zerbrochen werden; da bietet er ihm wieder an Gnade und Verge-bung der Sünden. Das sind die zwei Stücke. Denn wiewohl Gott hernach Adam Strafe auflegt, so verdient er doch durch die Strafe nicht Vergebung der Sünden. Und von derselben aufgelegten Strafe wollen wir hernach sagen. Also wird David vom Propheten Nathan hart angeredet und erschreckt, daß er spricht und bekennt: „Ich habe vor dem Herrn gesündigt.“ Das ist nun die Reue. Hernach hört er das Evangelium und die Absolution: „Der Herr hat deine Sünde wegge-nommen, du sollst nicht sterben.“ Als David das Wort glaubt, empfängt sein Herz wieder Trost, Licht und Leben. Und wiewohl ihm auch die Strafe wird aufgelegt, so verdient er doch durch die Strafe nicht Vergebung der Sünden. Und es sind auch wohl Exempel, da solche sonderliche Strafen nicht dazugetan werden, sondern diese zwei Stücke gehören allzeit vornehmlich zu einer rechten Buße: erstlich, daß unser Gewissen die Sünde erkenne und erschrecke; zum andern, daß wir der göttlichen Zusage glauben. Als Luk. 7 kommt das arme, sündige Weib zu Christo und weint bitterlich. Das Weinen zeigt die Reue an. Hernach hört sie das Evangelium: „Deine Sünden sind dir vergeben; dein Glaube hat dir geholfen; gehe hin in Frieden.“ Das ist nun das andere, vornehmste Stück der Buße, nämlich der Glaube, der sie wieder tröstet. Aus diesem können hier alle christlichen Leser merken, daß wir nicht unnötige Disputationes einführen, sondern klar, richtig und eigentlich die Stücke der Buße setzen, ohne welche die Sünden nicht können vergeben werden, ohne welche niemand vor Gott fromm, heilig oder neugeboren wird. Die Früchte aber und guten Werke, item Geduld, daß wir gern leiden Kreuz und Strafe, was Gott dem alten Adam auflegt, das alles folgt, wenn also erst durch den Glauben die Sünde vergeben ist und wir neugeboren sind. Und wir haben diese zwei Stücke klar gesetzt, damit der Glaube an Christum, davon die Sophisten, Kanonisten alle geschwiegen, auch einmal gelehrt werde, damit man auch desto klarer sehen möge, was der Glaube sei oder nicht sei, wenn er also gegen das große Schrecken und Angst gehalten wird. Dieweil aber die Widersacher diesen klaren, gewissen, trefflichsten Artikel ohne alle Scheu und Scham namhaftig verdammen, da wir sagen, daß die Menschen Vergebung der Sünden erlange durch den Glauben an Christum, so wollen wir des etliche Gründe und Beweise setzen, aus welchen zu verstehen sei, daß wir Vergebung der Sünden nicht erlangen ex opere operato oder durch das getane Werk, durch Reue oder Leid usw., sondern allein durch den Glauben, da ein jeder für sich selbst glaubt, daß ihm die Sünden vergeben sind. Denn dieser Artikel ist der vornehmste und nötigste, darum wir mit den Widersachern streiten; welcher auch der nötigste ist allen Christen zu wissen. So wir aber hier oben im Artikel De iustificatione von demselben genugsam gesagt, so wollen wir desto kürzer hier dasselbe handeln. Die Widersacher, wenn sie vom Glauben reden, sagen sie, der Glaube müsse vor der Buße hergehen, und verstehen nicht den Glauben, welcher vor Gott gerecht macht, sondern den Glauben, durch welchen in genere, das ist, insgemein, geglaubt wird, daß ein Gott sei, daß eine Hölle sei usw. Wir reden aber darüber hinaus von einem Glauben, da ich für mich gewiß glaube, daß mir die Sünden vergeben sind um Christus willen. Von diesem Glauben streiten wir, der nach dem Schrecken folgen soll und muß, und das Gewissen trösten und das Herz in dem schweren Kampf und Angst wieder zu-frieden machen. Und das wollen wir, will's Gott, ewiglich verfechten und wider alle Pforten der Hölle erhalten, daß derselbe Glaube muß da sein, sollen jemand Sünden vergeben werden. Darum setzen wir dieses Stück auch zur Buße. Es kann auch die christliche Kirche nicht anders halten, denn daß Sünden vergeben werden durch solchen Glauben, wiewohl die Widersacher als die wütenden Hunde dawider bellen. Für das erste frage ich hier die Widersacher, ob es auch ein Stück der Buße sei, die Absolution hören oder empfangen. Denn wo sie die Absolution absondern von der Beichte, wie sie denn subtil sein wollen zu distinguieren, so wird niemand wissen oder sagen können, was die Beichte ohne die Absolution nütze sei. So sie aber die Absolution von der Beichte nicht ab-sondern, so müssen sie sagen, daß der Glaube an das Wort Christi sei ein Stück der Buße, so man die Absolution nicht empfangen kann denn allein durch den Glauben. Daß man aber das Wort der Absolution nicht empfangen kann denn allein durch den Glauben, ist zu beweisen aus Paulo, Röm. 4, da er sagt, daß die Verheißung Gottes niemand fassen kann denn allein durch den Glauben. Die Absolution aber ist nichts anderes denn das Evangelium, eine göttliche Zusage der Gnade und Huld Gottes usw. Darum kann man sie nicht haben noch er-langen denn allein durch den Glauben. Denn wie kann denjenigen das Wort der Absolution nütze werden, die sie nicht glauben? Die Absolution aber nicht glauben, was ist das anders, denn Gott Lügen strafen? Dieweil das Herz wankt, zweifelt, hält's für ungewiß, was Gott da zusagt. Darum steht 1 Joh. 5 geschrie-ben: „Wer Gott nicht glaubt, der lügenstraft ihn, denn er glaubt nicht dem Zeugnis, das Gott von seinem Sohne zeugt.“ Zum andern, so müssen je die Widersacher gewiß bekennen, daß die Vergebung der Sünden sei ein Stück oder, daß wir auf ihre Weise reden, sei finis, das Ende, oder terminus ad quem der ganzen Buße. Denn was hülfe Buße, wenn nicht Vergebung der Sünden erlangt würde? Darum dasjenige, dadurch Vergebung der Sünden erlangt wird, soll und muß je ein vornehmstes Stück der Buße sein. Eigentlich ist es aber wahr, klar und gewiß, wenngleich alle Teufel, alle Pforten der Hölle dawider schrieen, daß das Wort von der Vergebung der Sünden niemand fassen kann denn allein durch den Glauben. Röm. 3: „Welchen Gott hat vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben“ usw. Item Röm. 5: „Durch welchen wir auch einen Zutritt haben im Glauben zu dieser Gnade“ usw. Denn ein erschrocken Gewissen, das seine Sünde fühlt, merkt bald, daß Gottes Zorn mit unsern elenden Werken nicht zu versöhnen ist, sondern also kommt ein Gewissen recht zum Frieden, wenn es sich hält an den Mittler Christum und glaubt den göttlichen Zusagungen. Denn diejenigen verstehen nicht, was Vergebung der Sünden sei, oder wie man dieselbe erlangt, die da wähnen, die Herzen und Gewissen könnten gestillt werden ohne den Glauben an Christum. Petrus der Apostel führt ein den Spruch Jes. 49: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht zuschanden werden.“ Derhalben müssen die Heuchler vor Gott zuschanden werden, die da meinen, sie wollen Vergebung der Sünden erlangen durch ihre Werke, nicht um Christus willen. Und Petrus in den Geschichten der Apostel am 10. sagt: „Dem Jesu geben Zeugnis alle Propheten, daß diejenigen Vergebung der Sünden durch seinen Namen erlangen, so an ihn glauben.“ Er hätte nicht klarer reden können, denn daß er sagt: „durch seinen Namen“, und setzt dazu: „alle, die an ihn glauben“. Darum erlangen wir Vergebung der Sünden durch den Namen Christi, das ist, um Christus willen, nicht um unsers Verdienstes oder Werke willen, und das geschieht also, wenn wir glauben, daß uns Sünden vergeben werden um Christus willen. Die Widersacher schreien wohl, sie seien die christliche Kirche, und sie hielten, was die catholica, gemeine Kirche hält. Petrus aber, der Apostel, hier in unserer Sache und unserm höchsten Artikel rühmt auch eine catholica, gemeine Kirche, da er sagt: „Dem Jesu geben Zeugnis alle Propheten, daß wir Vergebung der Sünden erlangen durch seinen Namen.“ Ich meine je, wenn alle heiligen Propheten einträchtig zusammenstimmen (nachdem Gott auch einen einigen Propheten für einen Weltschatz achtet), solle je auch ein Dekret, eine Stimme und einträchtiger starker Beschluß sein der gemeinen, katholischen, christlichen, heiligen Kirche und billig dafürgehalten werden. Wir werden weder Papst, Bischof noch Kirche die Gewalt einräumen, wider aller Propheten einträchtige Stimme etwas zu halten oder zu beschließen. Dennoch hat Papst Leo X. diesen Artikel als irrig verdammen dürfen. Und die Widersacher ver-dammen dieses auch. Darum ist genug am Tag, was das für eine feine christliche Kirche sei, die nicht allein durch öffentliche, geschriebene Dekrete und Mandate diesen Artikel, nämlich daß wir Vergebung der Sünden ohne Werke, durch den Glauben an Christum erlangen, verdammen darf, sondern auch über dem Bekenntnis dieses Artikels unschuldig Blut verdammen und erwürgen. Sie dürfen Gebote ausgehen lassen, daß man fromme, redliche Leute, die also lehren, solle verjagen, und trachten ihnen durch allerlei Tyrannei, als die Bluthunde, nach Leib und Leben. Aber sie werden vielleicht sagen, sie hätten auch Lehrer für sich, Scotum, Gabrielem und dergleichen, die auch großen Namen haben, dazu auch die Sprüche der Väter, welche im Dekret verstümmelt angezogen. Ja, es ist wahr, sie heißen alle Lehrer und Skribenten, aber am Gesange kann man merken, welche Vögel es sind. Dieselben Skribenten haben nichts anderes denn Philosophie gelehrt und von Christo und Gottes Werk nichts gewußt; das be-weisen ihre Bücher klar. Derhalben lassen wir uns nicht irren, sondern wissen fürwahr, daß wir das Wort des heiligen Apostels Petri, als eines großen Doktors, fröhlich mögen halten gegen alle Sententiarios über einen Haufen, und wenn ihrer viel tausend wären. Denn Petrus sagt klar, es sei eine einträchtige Stimme aller Propheten, und dieselbe herrliche Predigt des hohen, großen Apostels hat Gott kräftig dasmal bestätigt durch Austeilung des Heiligen Geistes. Denn also sagt der Text: „Als Petrus noch redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die dem Wort zuhörten.“ Derhalben sollen die christlichen Gewissen das wohl merken, daß dieses Gottes Wort und Gebot ist, daß uns ohne Verdienst Sünden vergeben werden durch Christum, nicht um unserer Werke willen, und solch Gotteswort und -gebot ist ein rechter, starker, gewisser, unvergänglicher Trost wider alles Schrecken der Sünde, des Todes, wider alle Anfechtung und Verzweiflung, Qual und Angst des Gewissens. Da wissen die müßigen Sophisten wenig von, und die selige Predigt, das Evangelium, welche Vergebung der Sünden predigt durch den gebenedeiten Samen, das ist, Christum, ist von Anbeginn der Welt aller Patriarchen, aller frommen Könige, aller Propheten, aller Gläubigen größter Schatz und Trost gewesen; denn sie haben an denselben Christum geglaubt, da wir an glauben. Denn von Anfang der Welt ist kein Heiliger anders denn durch den Glauben desselben Evangelii selig geworden. Darum sagt auch Petrus, es sei eine einträchtige Stimme aller Propheten (und die Apostel predigen auch einträchtig gleich dasselbe), und zeigt an, daß die Propheten gleich als durch einen Mund geredet haben. Darüber sind die Zeugnisse der heiligen Väter. Denn Bernhardus sagt mit klaren Worten also: „Darum ist vor allen Dingen not zu wissen, daß wir Vergebung der Sünden nicht anders haben können denn durch Gottes Gnade; doch sollst du dieses dazusetzen, daß du das glaubst, daß auch dir, nicht allein andern, durch Christum Sünden vergeben werden. Das ist das Zeugnis des Heiligen Geistes inwendig in deinem Herzen, dir selbst sind deine Sünden vergeben. Denn also nennt's der Apostel, daß der Mensch ohne Ver-dienst gerecht wird, durch den Glauben.“ Diese Worte St. Bernhards streichen erst diese unsere Lehre recht heraus und setzen sie recht an das Licht. Denn er sagt, daß wir nicht allein insgemein glauben sollen, daß uns Sünden vergeben werden, sondern sagt, dieses muß dazugesetzt werden, daß ich für mich glaube, daß mir Sünden vergeben seien. Und lehrt darüber noch eigentlicher und klarer, wie wir inwendig im Herzen der Gnade, der Vergebung unserer Sünden gewiß werden, nämlich wenn die Herzen getröstet werden und gestillt inwendig durch diesen Trost. Wie aber nun, ihr Widersacher? Ist St. Bernhard auch ein Ketzer? Was wollt ihr doch mehr haben? Wollt ihr noch leugnen, daß wir Vergebung der Sünden erlangen durch den Glauben? Für das dritte sagen die Widersacher, daß die Sünde also vergeben werde, quia attritus vel contritus elicit actum dilectionis Dei; wenn wir uns aus der Vernunft vornehmen, Gott zu lieben, durch das Werk, sagen sie, erlangen wir Vergebung der Sünden. Das ist nichts anderes, denn das Evangelium und die göttlichen Verheißungen abtun und eitel Gesetz lehren; denn sie reden von eitel Gesetz und unsern Werken; denn das Gesetz fordert Liebe. Darum lehren sie vertrauen, daß wir Vergebung der Sünden erlangen durch solche Reue und unser Lieben. Was ist das anders, denn vertrauen auf unsere Werke, nicht auf die Zusage oder Verheißung von Christo? So nun das Gesetz genug ist, Vergebung der Sünden zu erlangen, was ist Christi, was ist des Evangelii vonnöten? Wir aber weisen die Gewissen ab von dem Gesetz, von ihren Werken auf das Evangelium und die Verheißung der Gnade. Denn das Evangelium, das bietet Christum an und eitel Gnade und heißt uns auf die Zu-sage vertrauen, daß wir um Christus willen versöhnt werden dem Vater, nicht um unserer Reue oder Liebe willen; denn es ist kein anderer Mittler oder Versöhner denn Christus. So können wir das Gesetz nicht erfüllen, wenn wir nicht erst durch Christum versöhnt sind; Und ob wir schon etwas Gutes tun, so müssen wir es doch dafürhalten, daß wir nicht um der Werke willen, sondern um Christus willen Vergebung der Sünden erlangen. Derhalben heißt das Christum geschmäht und das Evangelium abgetan, wenn jemand wollte halten, daß wir Vergebung der Sünden durch das Gesetz oder auf andere Weise denn durch den Glauben an Christum erlangen. Und dieses haben wir auch oben gehandelt De iustificatione, da wir gesagt haben, warum wir lehren, daß wir durch den Glauben gerecht werden und nicht durch die Liebe Gottes oder durch unsere Liebe gegen Gott. Derhalben, wenn die Widersacher lehren, daß wir durch Reue und Liebe Verge-bung der Sünden erlangen und darauf vertrauen, ist nichts anderes, denn das Gesetz lehren, welches sie dennoch nicht verstehen, was es für eine Liebe gegen Gott fordere, sondern sehen wie die Juden allein in das verdeckte Ange-sicht Mosis. Denn ich will gleich setzen, daß die Werke und die Liebe da seien; dennoch können weder Werke noch Liebe Gott versöhnen, oder als viel als Christus gelten, wie der Psalm sagt: „Du wollest nicht mit deinem Knechte in das Gericht gehen“ usw. Darum sollen wir die Ehre Christi nicht unsern Werken geben. Aus dieser Ursache streitet Paulus, daß wir nicht durch das Gesetz gerecht werden, und hält gegen das Gesetz die Zusage Gottes, die Verheißung der Gnade, welche um Christus willen uns gegeben wird. Da rückt uns Paulus herum und weist uns vom Gesetz auf die göttliche Verheißung; da will er, daß wir sollen auf Gott und seine Zusage sehen und den Herrn Christum für unsern Schatz halten; denn dieselbe Zusage wird vergeblich sein, so wir durch des Gesetzes Werke gerecht vor Gott werden, so wir durch unsere Gerechtigkeit Vergebung der Sünden verdienen. Nun ist es gewiß, daß Gott darum die Zusage tut, darum Christus auch gekommen ist, daß wir das Gesetz nicht halten noch erfüllen können. Darum müssen wir erst durch die Verheißung versöhnt werden, ehe wir das Gesetz erfüllen; die Verheißung aber kann man nicht fassen denn allein durch den Glauben. Darum alle diejenigen, so rechte Reue haben, ergrei-fen die Verheißung der Gnade durch den Glauben und glauben gewiß, daß wir dem Vater versöhnt werden durch Christum. Das ist auch die Meinung Pauli zu den Römern am 4.: „Darum erlangen wir Gnade durch den Glauben, daß die Verheißung fest stehe.“ Und zu den Galatern am 3.: „Die Schrift hat alles unter die Sünde beschlossen, daß die Verheißung Jesu Christi durch den Glauben werde gegeben den Gläubigen“, das ist, alle Menschen sind unter der Sünde und können nicht erlöst werden, sie ergreifen denn Vergebung der Sünden durch den Glauben. Darum müssen wir erst Vergebung der Sünden durch den Glauben erlangen, ehe wir das Gesetz erfüllen. Wiewohl, wie wir oben gesagt, aus dem Glauben die Liebe gewiß folgt, denn diejenigen, so glauben, empfangen den Heiligen Geist. Darum fangen sie an, dem Gesetz hold zu werden und dem-selben zu gehorchen. Wir wollten hier mehr Sprüche einführen, aber die Schrift ist deren allenthalben voll. Ich wollte es auch gern nicht zu lang machen, damit diese Sache desto klarer sei. Denn es hat gar keinen Zweifel, daß dieses Pauli Meinung sei, das wir Vergebung der Sünden erlange um Christus willen durch den Glauben, daß wir auch den Mittler setzen müssen gegen Gottes Zorn, nicht unsere Werke. Es sollen sich auch fromme, christliche Gewissen daran nichts irren, ob die Widersacher die klaren Sprüche Pauli fälschlich auslegen und unrecht deuten. Denn so einfältig, so gewiß und rein, so klar kann man nichts reden oder schreiben, man kann ihm mit Worten eine andere Nase machen. Wir sind aber des gewiß und wissen's fürwahr, daß die Meinung, die wir gesetzt, die rechte Meinung Pauli ist. So hat das auch keinen Zweifel, daß diese Lehre allein ein recht gewisser Trost ist, die Herzen und Gewissen in rechtem Kampf und in agone des Todes und Anfechtung zu stillen, zu trösten, wie es die Erfahrung gibt. Derhalben nur weit, weit von uns mit den pharisäischen Lehren der Widersacher, da sie sagen, daß wir Vergebung der Sünden nicht durch den Glauben erlangen, sondern daß wir sie verdienen müssen mit unsern Werken und mit unserer Liebe gegen Gott; item daß wir mit unsern Werken und Liebe sollen Gottes Zorn ver-söhnen! Denn es ist eine recht pharisäische Lehre, eine Lehre des Gesetzes, nicht des Evangelii, da sie lehren, daß der Mensch erst durch das Gesetz gerecht werde, ehe er durch Christum Gott versöhnt werde, so doch Christus sagt: „ohne mich könnt ihr nichts tun“; item: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Die Widersacher aber, die reden davon, als seien wir nicht Christi Reben, sondern Mosis. Denn sie wollen erst durchs Gesetz fromm und gerecht vor Gott werden und erst unsere Werke und Dilektion Gott opfern, ehe sie Reben am Weinstock Christi sind. Paulus aber, welcher freilich ein viel höherer Doktor ist denn die Widersacher, redet klar und streitet wiederum dies allein, daß niemand das Gesetz tun könne ohne Christum. Darum diejenigen, so die Sünde und Angst des Gewissens recht fühlen oder erfahren haben, die müssen sich an die Zusage der Gnade halten, daß sie durch den Glauben erst Gott versöhnt werden um Christus willen, ehe sie das Gesetz erfüllen. Dieses alles ist öffentlich und klar genug bei gottesfürchtigen Gewissen. Und hieraus werden Christen wohl verstehen, warum wir oben gesagt haben, daß wir allein durch den Glauben vor Gott gerecht werden, nicht durch unsere Werke oder Dilektion usw. Denn all unser Vermögen, alles Tun und Werk sind zu schwach, Gottes Zorn wegzunehmen und zu stillen; darum müssen wir Christum, den Mittler, darstellen. Endlich aber sollten die Widersacher bedenken: wann will doch ein arm Gewissen zu Frieden kommen und stille werden, so wir Gnade und Vergebung der Sünden darum erlangen, daß wir Gott liebhaben, oder daß wir das Gesetz erfüllen? Das Gesetz wird uns allzeit anklagen; denn kein Mensch erfüllt das Gesetz, wie Paulus sagt: „Das Gesetz richtet Zorn an.“ Es fragt Chrysostomus, so fragen auch die Sententarii, wie einer gewiß wird, daß ihm die Sünden vergeben seien. Es ist wahrlich wohl Fragens wert. Wohl dem, der da recht Antwort gibt! Auf diese allernötigste Frage ist nicht möglich zu antworten, es ist auch nicht möglich, das Gewissen in Anfechtung recht zu trösten oder zu stillen, man antworte denn auf diese Meinung. Es ist Gottes Beschluß, Gottes Befehl von Anbeginn der Welt her, daß uns durch den Glauben an den gebenedeiten Samen, das ist, durch den Glauben, um Christus willen, ohne Verdienst sollen Sünden vergeben werden. So jemand aber daran wankt oder zweifelt, der lügenstraft Gott in seiner Verheißung, wie Johannes sagt. Da sagen wir nun, daß ein Christ solches für gewiß als Gottes Befehl halten soll, und hält er's also, so ist er gewiß und fühlt Frieden und Trost. Die Wider-sacher, wenn sie lange predigen und lehren außer dieser Lehre, lassen sie die armen Gewissen im Zweifel stecken. Da ist nicht möglich, daß da sollte Ruhe sein, ein still oder friedlich Gewissen, wenn sie zweifeln, ob Gott gnädig sei. Denn so sie zweifeln, ob sie einen gnädigen Gott haben, ob sie recht tun, ob sie Vergebung der Sünden haben, wie können sie denn in dem Zweifel Gott anrufen, wie können sie gewiß sein, daß Gott ihr Gebet achte und erhöre? Also ist all ihr Leben ohne Glauben, und können Gott nicht recht dienen. Das ist's, das Paulus zu den Römern sagt: „Was nicht aus dem Glauben ist, das ist Sünde.“ Und dieweil sie in dem Zweifel allzeit und ewig stecken bleiben, so erfahren sie nimmer, was Gott, was Christus, was Glaube sei. Darüber geht's zuletzt also, daß sie in Verzweiflung, ohne Gott, ohne alle Gotteserkenntnis sterben. Eine solch schädliche Lehre führen die Widersacher, nämlich eine solche Lehre, dadurch das ganze Evangelium wird weggetan, Christus unterdrückt, die Leute in Herzeleid und Qual der Gewissen, endlich, wenn Anfechtungen kommen, in Verzweiflung geführt. Dieses wolle nun Kaiserliche Majestät gnädiglich betrach-ten und wohl aufsehen; es betrifft nicht Gold oder Silber, sondern Seelen und Gewissen. Auch wollen alle Ehrbaren, Verständigen hier wohl aufmerken, was diese Sache sei oder nicht sei. Hier mögen wir leiden, daß alle ehrbaren Leute urteilen, welcher Teil für die christlichen Gewissen das Nützlichste gelehrt habe, wir oder die Widersacher. Denn wahrlich soll man es dafürhalten, daß uns mit Zank und Zwiespalt nicht wohl ist. Und wenn es nicht die größten, aller-wichtigsten Ursachen hätte, nämlich unser aller Gewissen, Heil und Seele belangend, warum wir dieses müssen mit den Widersachern so heftig streiten, so wollten wir wohl schweigen. Aber nachdem sie das heilige Evangelium, alle klare Schrift der Apostel, die göttliche Wahrheit, verdammen, so können wir mit Gott und Gewissen diese selige Lehre und göttliche Wahrheit, daran wir endlich, wenn dies arme zeitliche Leben aufhört und aller Kreaturen Hilfe aus ist, den einigen, ewigen, höchsten Trost erwarten, nicht verleugnen, auch von dieser Sache in keinem Wege weichen, welche nicht unser allein ist, sondern der ganzen Christenheit, und belangt den höchsten Schatz, Jesum Christum. Wir haben nun angezeigt, aus was Ursachen wir die zwei Stücke der Buße gesetzt haben, nämlich die Reue und den Glauben. Und das haben wir darum auch getan, denn man findet allerlei Sprüche hin und wieder in Büchern der Widersacher von der Buße, welche sie aus Augustino und den andern alten Vätern stückweise, verstümmelt einführen, welche sie denn allenthalben dahin gedeutet und gestreckt haben, die Lehre vom Glauben ganz zu unterdrücken. Als diesen Spruch haben sie gesetzt: „Die Buße ist ein Schmerz, dadurch die Sünde gestraft wird.“ Item: „Die Buße ist, daß ich beweine die vorigen Sünden und die beklagten Sünden nicht wieder tue.“ In den Sprüchen wird des Glaubens gar nicht gedacht, und auch in ihren Schulen, da sie gleich solche Sprüche nach der Länge handeln, gedenken sie des Glaubens gar nicht. Darum, damit die Lehre vom Glauben desto bekannter würde, haben wir den Glauben für ein Stück der Buße gesetzt. Denn die Sprüche, die unsere Reue und unsere guten Werke lehren und des Glaubens gar nicht gedenken, die sind gefährlich. wie die Erfahrung gibt. Darum, wenn sie die große Fahr der Seelen und Gewissen bedacht hätten, sollten die Sententiarii und Kanonisten über ihr Dekret billig weislicher geschrie-ben haben. Denn so die Väter von dem andern Teil der Buße auch reden, nicht allein von einem Teil, sondern von beiden, von der Reue und vom Glauben, so sollten sie beiden beieinander gesetzt haben. Denn Tertullianus auch redet gar tröstlich vom Glauben, und sonderlich preist er den göttlichen Eid, davon der Prophet redet: „Als wahr ich lebe, sagt der Herr, will ich nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe.“ Dieweil Gott schwört, sagt er, er wolle nicht den Tod des Sünders, so erfordert er gewiß den Glauben, daß wir seinem Eid und Schwören glauben sollen, daß er uns die Sünden vergeben wolle. Gottes Zusagen sollen ohnedies bei uns aufs höchste angesehen und geachtet sein. Nun ist die Zusage mit einem Eid bestätigt. Darum so jemand hält, daß ihm die Sünden nicht vergeben werden, der lügenstraft Gott, welches die größte Gotteslästerung ist. Denn also sagt Tertullianus: Invitat praemio ad salutem, iurans etiam, etc.; das ist: „Gott lockt uns zu unserm eigenen Heil mit seinem eigenen Eide, daß man ihm glaube. O wohl denen, um derentwillen Gott schwört! O wehe uns elenden Leuten, wenn wir auch dem göttlichen Eide nicht glauben!“ Und hier müssen wir wissen, daß der Glaube gewiß dafürhalten soll, daß uns Gott aus Gnaden Sünde vergibt um Christus willen, nicht um unserer Werke willen, um Beichte oder Genugtuns willen. Denn alsbald wir uns auf Werke gründen, werden wir ungewiß. Denn ein erschrocken Gewissen merkt bald, daß seine besten Werke nichts wert seien gegen Gott. Darum sagt Ambrosius ein fein Wort von der Buße: „Wir müssen Buße tun und auch glauben, daß uns Gnade widerfahre, doch also, daß wir der Gnade hoffen aus dem Glauben; denn der Glaube wartet und erlangt, wie aus einer Handschrift, Gnade.“ Item: „Der Glaube ist eben das, dadurch die Sünden bedeckt werden.“ Darum sind klare Sprüche in den Büchern der Väter nicht allein von Werken, sondern auch vom Glauben. Aber die Widersacher, so sie nicht verstehen die rechte Art der Buße, verstehen auch der Väter Sprüche nicht, klauben sie heraus etliche verstümmelt von einem Teil der Buße, nämlich von der Reue und von den Wer-ken; Und was vom Glauben geredet ist, da laufen sie überhin.

 

Von der Beichte und Genugtuung.

 

Gottesfürchtige, ehrbare, fromme, christliche Leute können hier wohl merken, daß viel daran gelegen ist, daß man de poenitentia, von der Reue und dem Glauben, eine rechte, gewisse Lehre in der Kirche habe und erhalte. Denn der große Betrug vom Ablaß usw., item, die ungeschickte Lehre der Sophisten hat uns genug gewitzigt, was großen Unrats und Fährlichkeit daraus entsteht, wenn man hier fehlschlägt. Wie hat manch fromm Gewissen unter dem Papsttum hier so mit großer Arbeit den rechten Weg gesucht und unter solcher Finsternis nicht gefunden! Darum haben wir allezeit großen Fleiß gehabt, von diesem Stück klar, gewiß, richtig zu lehren. Von der Beichte und Genugtuung haben wir nicht besonders gezankt. Denn die Beichte behalten wir auch um der Absolution willen, welche ist Gottes Wort, dadurch uns die Gewalt der Schlüssel losspricht von Sünden. Darum wäre es wider Gott, die Absolution auch der Kirche also abtun usw. Diejenigen, so die Absolution verachten, die wissen nicht, was Vergebung der Sünden ist, oder was die Gewalt der Schlüssel ist. Von dem Erzählen aber der Sünden haben wir oben in unserm Bekenntnis gesagt, daß wir halten, es sei von Gott nicht geboten. Denn daß sie sagen, ein jeglicher Richter muß erst die Sachen und Gebrechen hören, ehe er das Urteil spreche, also müssen erst die Sünden erzählt werden usw. das tut nichts zur Sache. Denn die Absolution ist schlecht der Befehl loszusprechen, und ist nicht ein neu Gericht, Sünde zu erforschen. Denn Gott ist der Richter, der hat den Aposteln nicht das Richteramt, sondern die Gnadenexekution befohlen, diejenigen loszusprechen, so es begehren, und sie entbinden auch und absolvieren von Sünden, die uns nicht einfallen. Darum ist die Absolution eine Stimme des Evangelii, dadurch wir Trost empfangen, und ist nicht ein Urteil oder Gesetz. Und es ist närrisch und kindisch genug bei Verständigen, den Spruch Salomonis, da er am 27. sagt: Diligenter cognosce vultum pecoris tui, das ist: „Habe acht auf deine Schafe“ usw., an dem Ort von der Beichte oder Absolution einzuführen. Denn Salomo redet da gar nicht von der Beichte, sondern gibt ein Gebot den Hausvätern, daß sie sollen mit dem Ihren zufrieden sein und sich fremdes Guts enthalten, und befiehlt mit dem Wort, ein jeder solle seines Viehes und Güter fleißig wahr-nehmen; doch soll er aus Geiz Gottesfurcht, Gottes Gebot und Wort nicht vergessen. Aber die Widersacher machen aus der Schrift Schwarz und Weiß, wann und wie sie wollen, wider alle natürliche Art der klaren Worte an dem Ort: Cognosce vultum pecoris etc. Da muß cognoscere Beichtehören heißen. „Vieh“ oder „Schafe“ muß da Menschen heißen. Stabulum, achten wir, heißt auch eine Schule, da solche Doctores und Oratores innen sind. Aber ihnen geschieht recht, die also die Heilige Schrift, alle guten Künste verachten, daß sie so grob in der Grammatika fehlen. Wenn jemand an dem Ort je Lust hätte, einen Hausvater, davon Salomo redet, mit einem Seelenhirten zu vergleichen, so müßte vultus da nicht arcana conscientiae, sondern den äußerlichen Wandel bedeuten. Aber ich lasse das fahren. Es wird an etlichen Orten in Psalmen gedacht des Worts confessio, als in 32. Psalm: „Ich will dem Herrn meine Übertretung bekennen wider mich.“ Dasselbe Beichten und Bekennen, das Gott geschieht, ist die Reue selbst. Denn wenn wir Gott beichten, so müssen wir im Herzen uns für Sünder erkennen, nicht allein mit dem Munde, wie die Heuchler die Worte allein nach-reden. So ist diese Beichte, die Gott geschieht, eine solche Reue im Herzen, da ich Gottes Ernst und Zorn fühle, Gott recht gebe, daß er billig zürnt, daß er auch mit unserm Verdienst nicht könne versöhnt werden, und da wir doch Barm-herzigkeit suchen, nachdem Gott hat Gnade in Christo zugesagt. Also ist das eine Beichte im 51. Psalm: „An dir allein hab' ich gesündigt, daß du recht erfunden werdest, wenn du gerichtet wirst.“ Das ist: Ich bekenne mich einen Sünder, und daß ich verdient habe ewigen Zorn, und kann mit meinen Werken noch mit meinem Verdienst deinen Zorn nicht stillen. Darum sage ich, daß du gerecht bist und billig uns strafst. Ich gebe dir recht, obwohl die Heuchler dich richten, du seiest unrecht, daß du ihr Verdienst und gute Werke nicht ansiehst. Ja, ich weiß, daß meine Werke vor deinem Urteil nicht bestehen, sondern also werden wir gerecht, so du uns für gerecht schätzest durch deine Barmherzigkeit. Es möchte etwa auch einer den Spruch Jakobi anziehen: „Bekennet einander eure Sünden.“ Er redet aber da nicht von der Beichte, die dem Priester geschieht usw., sondern redet von einem Versöhnen und Bekennen, wenn ich sonst mich mit meinem Nächsten versöhne. Es müssen auch die Widersacher gar viel ihre eigenen Lehrer verdammen, so sie wollen sagen, daß Erzählung der Sünden müsse geschehen und von Gott geboten sei. Denn wiewohl wir die Beichte auch behalten und sagen, es sei nicht unnütz, daß man die Jugend und unerfahrene Leute auch frage, damit sie desto besser mögen unterrichtet werden: doch ist das alles also zu mäßigen, damit die Gewissen nicht gefangen werden, welche nimmer können zufrieden sein, solange sie in dem Wahn sind, daß man vor Gott schuldig sei, die Sünden zu erzählen. Derhalben ist das Wort der Widersacher, da sie sagen, daß zur Seligkeit not sei eine ganz reine Beichte, da keine Sünde verschwiegen wird usw., ganz falsch. Denn solche Beichte ist unmöglich. O Herr Gott, wie jämmerlich haben sie manch fromm Gewissen geplagt und gequält damit, da sie gelehrt, die Beichte müsse ganz rein sein und keine Sünde ungebeichtet bleiben! Denn wie kann ein Mensch immer gewiß werden, wann er ganz rein gebeichtet habe? Die Väter gedenken auch der Beichte, aber sie reden nicht von Erzählung der heimlichen Sünden, sondern von einer Zeremonie einer öffentlichen Buße. Denn vorzeiten hat man diejenigen, so in öffentlichen Lastern gewesen, nicht wieder angenommen in der Kirche ohne eine öffentliche Zeremonie und Strafe; derhalben so mußten sie den Priestern ihre Sünden namhaftig beichten, daß nach der Größe der Übertretung die satisfactiones konnten aufgelegt werden. Daß ganze Ding aber ist nicht gleich gewesen dem Sündererzählen, davon wir reden. Denn dieselbe Beichte und Bekenntnis geschah nicht darum, daß ohne dieselbe Beichte Vergebung der Sünden vor Gott nicht geschehen kann, sondern daß man ihnen keine äußerliche Strafe könnte auflegen, man wüßte denn die Sünde. Und von der äußerlichen Zere-monie der öffentlichen Buße ist auch das Wort satisfactio oder Genugtuung hergekommen. Denn die Väter wollten diejenigen, so in öffentlichen Lastern erfunden, nicht wider annehmen ohne eine Strafe. Und dieses hatte viele Ursachen. Denn es diente zu einem Exempel, daß öffentlich Laster gestraft würden; wie auch die Glosse im Dekret sagt. So war es auch ungeschickt, daß man diejenigen, so in offene Laster gefallen waren, sollte bald unversucht zu dem Sakrament zulassen. Dieselben Zeremonien alle sind nun vorlängst abgekommen, und ist nicht not, daß man sie wieder aufrichte, denn sie tun gar nichts zu der Versöhnung vor Gott. Auch ist es der Väter Meinung in keinem Wege gewesen, daß die Menschen dadurch sollten Vergebung der Sünden erlangen; wiewohl solche äußerliche Zeremonien leichtlich die Unerfahrenen dahin bringen, daß sie meinen, sie hülfen etwas zur Seligkeit. Wer nun das lehrt oder hält, der lehrt und hält ganz jüdisch und heidnisch. Denn die Heiden haben auch gehabt etliche Reinigungen, da sie haben wollen wähnen, sie würden dadurch mit Gott versöhnt. Nun aber, so dieselbe Weise der öffentlichen Buße abgekommen ist, ist geblieben der Name satisfactio, und ist noch geblieben der Schatten des alten Brauchs, daß sie in den Beichte Genugtuung auflegen und nennen es opera non debita. Wir nennen es satisfactiones canonicas. Davon lehren wir, wie von Erzählung der Sünden, nämlich, daß dieselben öffentlichen Zeremonien von Gott nicht geboten sind, auch nicht not sind und nicht helfen zur Vergebung der Sünden. Denn diese Lehre muß vor allen Dingen erhalten werden und stehenbleiben, daß wir durch den Glauben Vergebung der Sünden erlange, nicht durch unsere Werke, die vor oder nach geschehen, wenn wir bekehrt oder neugeboren sind in Christo. Und wir haben vornehmlich aus dieser Ursache von den satisfactionibus geredet, damit niemand die Genugtuung also verstünde, daß dadurch die Lehre vom Glauben würde unterdrückt, als könnten wir durch unsere Werke Vergebung der Sünden verdienen. Denn der gefährliche Irrtum von satisfactionibus ist also eingerissen und bestätigt durch etliche ungeschickte Lehren, so die Widersacher schreiben, die Genugtuung sei ein solch Werk, dadurch der göttliche Zorn und Ungnade versöhnt werde. Jedoch bekennen die Widersacher selbst, daß die satisfactiones nicht losmachen die Schuld vor Gott, sondern sie erdichten, daß sie allein quitt und los machen die Pein oder Strafe. Denn so lehren sie, daß, wenn die Sünde vergeben wird, so wird die Schuld oder culpa ohne Mittel, allein durch Gott, vergeben; Und doch, dieweil er ein gerechter Gott ist, läßt er Sünde nicht ohne Strafe und verwandelt die ewige Strafe in eine zeitliche Strafe. Darüber lehren sie, daß ein Teil der zeitlichen Strafe erlassen werde durch die Gewalt der Schlüssel. Ein Teil aber soll durch die satisfactiones oder Genugtuungen bezahlt werden. Und man kann nicht verstehen, welches Teil der Strafe oder Pein erlassen werde durch die Gewalt der Schlüssel, sie wollten denn sagen, daß ein Teil der Pein des Fegefeuers erlassen werde, daraus folgen wollte, daß die satisfactiones allein dienten, zu erlösen die Pein des Fegefeuers. Und weiter sagen sie, die satisfactiones taugen vor Gott, wenn sie gleich von denjenigen geschehen, die in Todsünden gefallen sind; gleich als lasse sich Gott von denen versöhnen, die in Todsünden liegen und seine Feinde sind. Dieses alles sind eitel erträumte, erdichtete Lehren und Worte, ohne allen Grund der Schrift und wider alle Schriften der alten Väter. Auch redet Longo-bardus selbst nicht auf die Weise von den satisfactionibus. Die Scholastici haben wohl von Hörensagen gehabt, daß vorzeiten satisfactiones in der Kirche gewesen wären, und haben nicht bedacht, daß es eine äußerliche Zeremonie gewesen, da die publice poenitentes oder die Büßer sich gegen die Kirche erzeigen mußten mit einer Zeremonie, welche dazu war eingesetzt, erstlich zu einem Schrecken und Exempel, daran sich andere möchten stoßen, zum andern zu einer Probe, ob dieselben Sünder oder Büßer, so wieder Gnade begehrten, auch herzlich sich bekehrt hätten. In Summa, sie haben nicht gesehen, daß solche satisfactio eine äußerliche Zucht, Strafe und disciplina ist gewesen und ein solch Ding, wie eine andere weltliche Zucht, zu einer Scheu oder Furcht aufgerichtet. Darüber haben sie gelehrt, daß sie nicht allein zu einer Zucht, sondern auch Gott zu versöhnen dienten und not wären zur Seligkeit. Wie sie aber in vielen andern Stücken daß Reich Christi, welches geistlich ist, und der Welt Reich und äußerliche Zucht ineinandergekocht haben, also haben sie auch getan mit den satisfactionibus. Aber die Glossen in canonibus zeigen an etlichen vielen Orten an, daß dieselben satisfactiones allein zu einem Exempel vor der Kirche dienen sollen. Hier laßt uns aber sehen, wie die Widersacher solche ihre Träume gründen und beweisen in der Konfutation, welche sie Kaiserlicher Majestät zuletzt aufgehängt. Sie ziehen viele Sprüche der Schrift an, daß sie den Unerfahrenen einen Schein machen, als sei ihre Lehre von satisfactionibus in der Schrift gegründet, welche doch noch zu Longobardus' Zeiten unbekannt war. Sie bringen diese Sprüche hervor: „Tut Buße, bring Früchte der Buße!“ Item: „Begebet eure Gliedmaßen, zu dienen der Gerechtigkeit!“ Item, Christus hat gesagt: „Tut Buße!“ Item, Christus befiehlt den Aposteln, Buße zu predigen. Item, Petrus predigt Buße in Geschichten der Apostel am 2. Danach zeigen sie an etliche Sprüche der Väter und die Kanones und beschließen, es sollen die Genugtuungen in der Kirche wider das Evangelium, wider der Väter und Konzilien Dekrete, wider den Beschluß der heiligen Kirche nicht abgetan werden, sondern diejenigen, so Absolution erlangen, sollen ihre Buße und Satisfaktion, Genugtuung, so ihnen vom Priester aufgelegt, vollbringen. Gott wolle schänden und strafen solche verzweifelte Sophisten, die so verräterisch und böslich das heilige Evangelium auf ihre Träume deuten! Welchem frommen, ehrbaren Mann sollte nicht solch großer, öffentlicher Mißbrauch göttlichen Wortes im Herzen wehe tun? Christus spricht: „Tut Buße!“ Die Apostel predigen auch: „Tut Buße!“ Darum ist durch die Sprüche bewiesen, daß Gott Sünden nicht vergebe ohne um der erdichteten Satisfaktion willen? Wer hat die groben unverschämten Esel solche Dialektika gelehrt? Es ist aber nicht Dialektik noch Sophistik, sondern es sind Bubenstücke, mit Gottes Wort also zu spielen und so verdrießlichen Mutwillen zu treiben. Darum ziehen sie den Spruch als dunkel und verdeckt an aus dem Evangelio: „Tut Buße“ usw., daß, wenn die Unerfahrenen hören, daß dies Wort aus dem Evangelio wird wider uns angezogen, sie denken sollen, wir seien solche Leute, die gar nichts von der Buße halten. Mit solchen Bösewicht-stücken gehen sie mit uns um. Wiewohl sie wissen, daß wir recht von der Buße lehren, so wollen sie doch die Leute abschrecken und gern viele Leute wider uns erbittern, daß die Unerfahrenen schreien sollen: Kreuzige, kreuzige solche schädliche Ketzer, welche von der Buße nicht halten! Und werden also öffentlich als die Lügner hier überwunden. Aber wir trösten uns des und wissen's fürwahr, daß bei gottesfürchtigen, ja bei ehrbaren, frommen, redlichen Leuten solche unverschämte Lügen und Fälscherei der Heiligen Schrift doch nichts schaffen. So wird auch Gott der Herr, als wahr er ein lebendiger Gott ist, solche unverschämte Gotteslästerung und ungehörte Bosheit nicht lange leiden, sie werden sich gewiß am ersten und andern Gebot Gottes verbrennen. Und nachdem wir in unserer Konfession fast alle höchsten Artikel der ganzen christlichen Lehre begriffen haben, also daß über diese Sache keine größere, hochwichtigere Sache kann unter der Sonne sein, sollte man zu diesen hohen, allerwichtigsten Händeln, die ganze heilige, christliche Religion, Wohlfahrt und Einigkeit der ganzen christ-lichen Kirche und in aller Welt so viel unzählige Seelen und Gewissen jetzund dieser Zeit und bei unsern Nachkommen belangend, billig mit allem treuen, höchsten Fleiß Leute gesucht und auserlesen haben, die gottesfürchtiger, verständiger, erfahrener, tauglicher und redlicher wären, auch mehr treuen, guten Herzens und Sinnes zu gemeinem Nutzen, zur Einigkeit der Kirche, zur Wohlfahrt des Reichs trügen und erzeigten denn die losen, leichtfertigen Sophisten, so die Konfutation geschrieben haben. Und Ihr, Herr Kardinal Campegi, als der Verständige, dem diese Sache zu Rom vertraut, des Weisheit man rühmen will, wenn Ihr auch nichts denn des Papsts und Stuhls zu Rom Ehre wolltet achten oder ansehen, hättet hier besser sollen haushalten und diesem mit höchstem Fleiß vorkommen, daß in solcher so gar großen, trefflichen Sache durch die oder dergleichen Sophisten nicht eine solch ungeschickte confutatio wäre ge-schrieben, welche beide zu dieser Zeit und künftig bei den Nachkommen Euch nicht anders denn zu eitlem Spott, zur Verkleinerung eures Gerüchts und Namens, zu ewigem, unverwindlichem Schimpf und Schaden gereichen wird. Ihr Romanisten seht, daß diese die letzten Zeiten sind vor dem Jüngsten Tag, von welchen Christus warnt, daß viele Fährlichkeiten sollen vorfallen in der Kirche. Ihr nun, die ihr wollt Wächter, die Hirten und Häupter der Kirche genannt sein, sollt in dieser Zeit mit besonderem, treuem, höchstem Fleiß Aufsehen haben. Es sind viele Zeichen vor Augen schon, daß, wo ihr euch nicht ganz wohl in die Zeit und Sachen schickt und richtet, daß es mit dem ganzen römischen Stuhl und Wesen eine große, starke Veränderung gewinnen will. Und dürft euch in Sinn nicht nehmen, ja dürft nicht gedenken, daß ihr die Gemeinden und Kirchen allein mit dem Schwert und Gewalt wollt bei euch und dem römischen Stuhl erhalten. Denn gute Gewissen schreien nach der Wahrheit und rechtem Unterricht aus Gottes Wort, und denselben ist der Tod nicht so bitter, als bitter ihnen ist, wo sie etwa in einem Stücke zweifeln; darum müssen sie such, wo sie Unterricht finden. Wollt ihr die Kirche bei euch erhalten, so müßt ihr danach trachten, daß ihr recht lehren und predigen laßt; damit könnt ihr einen guten Willen und beständigen Gehorsam anrichten. Wir wollen hier wieder zur Sache kommen. Die Sprüche aus der Schrift, so angezogen von Widersachern, reden nicht von den Genugtuungen und Satisfaktionen, davon die Widersacher streiten. Darum ist es lauter Fälscherei der Schrift, daß sie Gottes Wort auf ihre Meinung deuten. Wir sagen, wo rechte Buße, Erneuerung des Heiligen Geistes, ist im Herzen, da folgen gewiß gute Früchte, gute Werke, und ist nicht möglich, daß ein Mensch sollte sich zu Gott bekehren, rechte Buße tun, herzliche Reue haben, und sollten nicht folgen gute Werke, gute Früchte. Denn ein Herz und Gewissen, das recht seinen Jammer und Sünde gefühlt hat, recht erschreckt ist, das wird nicht viele Wollüste der Welt achten oder suchen. Und wo der Glaube ist, da ist er Gott dankbar, achtet und liebt herzlich seine Gebote. Auch ist inwendig im Herzen gewißlich keine rechte Buße, wenn wir nicht äußerlich gute Werke, christliche Geduld erzeigen. Und also meinet's auch Johannes der Täufer, da er sagt: „Erzeiget rechte Früchte der Buße.“ Item Paulus, da er sagt zu den Römern am 6.: „Begebet eure Glieder zu Waffen der Gerechtigkeit“ usw. Und Christus, da er spricht: „Tut Buße!“ redet wahrlich von der ganzen Buße und von dem ganzen neuen Leben und seinen Früchten. Er redet nicht von den heuchlerischen Satisfaktionen, davon die Scholastici träumen und dürfen sagen, daß sie dann auch gelten vor Gott für die Strafe, wenn sie in Todsünden geschehen. Das sollte freilich ein köstlicher Gottesdienst sein! Auch so sind sonst viele Argumente und Gründe, daß die obangezeigten Sprüche der Schrift sich nicht reimen auf die Genugtuungen, davon die Scholastici reden. Sie erdichten und sagen, die satisfactiones seien Werke, die wir nicht schuldig seien. Die Heilige Schrift aber in den Sprüchen, so eingeführt, fordert solche Werke, die wir schuldig sind. Denn dieses Wort Christ, da er sagt: „Tut Buße!“ ist ein Wort des göttlichen Gebots. Item, die Widersacher schreiben, daß diejenigen, so da beichten, ob sie schon die aufgelegten satisfactiones nicht wollen annehmen, daß sie doch darum nicht sündigen, sondern werden im Fegefeuer müssen Strafe tragen und genugtun. Nun hat's je keinen Zweifel, daß diese Sprüche: „Tut Buße!“ usw., item Pauli: „Gebet eure Gliedmaßen, zu dienen der Gerechtigkeit“ und dergleichen Sprüche, seien Christi und der Apostel, die das Fegefeuer gar nichts, sondern allein dieses Leben angehen. Derhalben können sie nicht gestreckt werden zu den aufge-legten satisfactionibus, die ich mag annehmen oder nicht annehmen; denn Gottes Gebote sind uns nicht also frei heimgestellt usw. Zum dritten, so lehrt des Papsts Recht und Kanon, daß durch den Ablaß solche satisfactiones werden erlassen, cap. Quum ex eo, de poenitentiis. Aber der Ablaß macht niemand los von diesen Geboten: „Tut Buße, erzeiget rechte Früchte der Buße! usw.“ Darum ist es hell am Tage, daß man ganz ungeschickt die Sprüche der Schrift einführt von den satisfactionibus. Denn so die Strafen des Fegefeuers sind satisfactiones oder satispassiones, oder so die satisfactiones sind Quittierung der Pein des Fegefeuers, so müssen die obangezeigten Sprüche Christi und Pauli auch beweisen und probieren, daß die Seelen ins Fegefeuer fahren und daselbst Pein leiden. So nun das von Not folgt aus den Widersacher Opinion, so müssen die Sprüche alle neue Röcke anziehen und also ausgelegt werden: Facite fructus etc., „erzeiget rechte Früchte der Buße“, das ist: Leidet im Fegefeuer nach diesem Leben. Aber es ist verdrießlich, so von öffentlichem Irrtum der Wider-sacher mehr Worte zu machen. Denn man weiß fürwahr, daß die Schrift an den Orten redet von Werken, die wir schuldig sind, und von dem ganzen neuen Leben eines Christen usw., nicht von den erdichteten Werken, die wir nicht schuldig sind, davon die Widersacher reden. Und doch mit diesen Lügen verteidigen sie die Möncherei, das Kaufen und Verkaufen der Messen und unzählige unsere Traditionen, nämlich, daß es Werke seien, genugzutun für die Pön und Strafe, ob sie gleich für die Schuld gegen Gott nicht genugtun. So nun die Sprüche, aus der Schrift angezogen, gar nicht melden, daß durch die Werke, so wir nicht schuldig sind, die ewige Pein oder Fegefeuer bezahlt werden, so sagen die Widersacher ohne allen Grund, daß durch solche satisfactiones die Peinen des Fegefeuers abgelöst werden. So haben auch die Schlüssel nicht Befehl, Pein aufzulegen oder die Pein zum Teil, halb oder ganz, zu quittieren. Man liest solche Träume und Lügen nirgend in der Schrift. Christus redet von Vergebung der Sünden, da er sagt: „Was ihr auflöset“ usw. Wenn die Sünde vergeben ist, so ist auch der Tod weggenommen und das ewige Leben gegeben. Auch so redet der Text: „Was ihr auflöset“ usw., nicht von Strafe auflegen, sondern daß auf denjenigen die Sünden bleiben, die sich nicht bekehren. Wiewohl wir nun halten, daß nach der rechten Buße gute Früchte und Werke folgen sollen, Gott zu Lob und Dank, und von denselben guten Werken und Früchten haben wir Gottes Gebote, als von Fasten, Beten, Almosen usw.: so findet man doch nirgend in der Schrift, daß Gottes Zorn oder die ewigen Peinen sollten mögen abgelöst werden durch die Pein des Fegefeuers oder durch satisfactiones oder Genugtun, das ist, durch etliche Werke, die wir ohnedies nicht schuldig wären, oder daß die Gewalt der Schlüssel Befehl haben, Pein aufzu-legen oder einen Teil der Pein zu erlassen. Dasselbe sollten nun die Widersacher aus der Schrift beweisen; das werden sie wohl lassen. Darüber so ist es gewiß, daß Christus Tod eine Genugtuung ist nicht allein für die Schuld gegen Gott, sondern auch für den ewigen Tod, wie klar der Spruch Hoseas lautet: „Tod, ich will dein Tod sein.“ Was ist es denn für ein Greuel, zu sagen, daß Christi Tod genugtue für die Schuld gegen Gott, aber die Pein, so wir leiden, die erlöse uns vom ewigen Tode, also daß dies Wort des Propheten: „Tod, ich will dein Tod sein“ nicht Christo, sondern von unsern Werken, und dazu von elenden menschlichen Satzungen, die Gott nicht geboten hat, sollen verstanden werden! Und noch darüber dürfen sie sagen, daß dieselben Werke für den ewigen Tod genugtun, wenn sie gleich in Todsünden geschehen. Es muß billig einem frommen Herzen weh tun die ganz ungeschickte Rede der Widersacher. Denn wer es liest und bedenkt, dem müssen je herzlich weh tun solche öffentliche Teufelslehren, die der leidige Satan in die Welt gestreut hat, die rechte Lehre des Evangelii zu unterdrücken, damit niemand oder wenige möchten unterrichtet werden, was Gesetz oder Evangelium, was Buße oder Glaube oder was die Wohltaten Christi seien. Denn vom Gesetz sagen sie also: Gott hat unsere Schwachheit angesehen und hat dem Menschen ein Ziel und Maß gesetzt der Werke, welche er zu tun schuldig ist; das sind die Werke der zehn Gebote usw., daß er von dem übrigen, von den operibus supererogationis, das ist, von den Werken, die er nicht schuldig ist, möchte genugtun für seine Fehle und Sünden. Da erdichten sie ihnen selbst einen Traum, als vermöge oder könne ein Mensch also Gottes Gesetz erfüllen, daß er etwas mehr und übriges tue, denn das Gesetz erfordert, so doch die ganze Heilige Schrift zeugt, alle Propheten auch zeugen, daß Gottes Gesetz viel Höheres fordere, denn wir immer zu tun ver-mögen. Aber sie wollen wähnen, das Gesetz Gottes und Gott sei zufrieden mit äußerlichen Werken, und sehen nicht, wie das Gesetz fordert, daß wir Gott lieben sollen von ganzem Herzen usw. und aller bösen Lüste los sein. Darum ist kein Mensch auf Erden, der so viel tut, als das Gesetz erfordert. Darum ist's bei Verständigen ganz närrisch und kindisch anzusehen, daß sie erdichten wir können noch etwas mehr tun, denn das göttliche Gesetz erfordert. Denn wiewohl wir die armen, äußerlichen Werke tun können, die nicht Gott, sondern Menschen geboten haben, welche Paulus bettelische Satzungen nennt, so ist doch das ein närrisch, vergeblich Vertrauen, daß ich vertrauen wollte, ich hätte damit Gottes Gesetz erfüllt, ja mehr getan, denn Gott erfordert. Item, rechte Gebete und rechte Almosen, rechte Fasten, die sind von Gott geboten, und im Fall, da sie von Gott geboten sind in Gottes Gesetz, sondern haben eine Form nach menschlicher Wahl, so sind sie nichts denn Menschensatzungen, von welchen Christus sagt: „Sie dienen mir vergeblich mit Menschengeboten.“ Wie denn sind etliche gewisse Fasten, nicht dazu erfunden, das Fleisch zu zähmen, sondern damit Gott zu ehren und, wie Scotus sagt, des ewigen Todes los zu werden. Item, wie denn sind etliche Gebete, etliche gewisse Almosen, welche sollen ein Gottesdienst sein, welcher ex opere operato Gott versöhne und von ewiger Verdammnis erlöse. Denn sie sagen und lehren, daß solche Werke ex opere operato, das ist, durchs getane Werk, für die Sünde genugtun, und lehren, daß solche Satisfaktion gelte, obgleich einer in Todsünden liegt. Darüber sind noch Werke, die noch weniger göttlichen Befehl oder Gebot haben, als da sind Rosenkränze, Wall-fahrten, welche denn mancherlei sind. Denn etliche gehen in vollem Harnisch zu St. Jakob, etliche mit bloßen Füßen und dergleichen. Das nennt Christus ver-gebliche, unnütze Gottesdienste. Darum sind sie nicht nütze, Gott zu versöhnen, wie doch die Widersacher sagen, und dieselben Werke, als Wallfahrten, rühmen sie doch und achten's für große, köstliche Werke, nennen es opera super-erogationis, und, das schändlicher ist, das noch gotteslästerlicher ist, man gibt ihnen die Ehre, die Christi Tod und Blut allein gebührt, daß sie sollen das pretium, das ist, der Schatz, sein, damit wir von dem ewigen Tod erlöst sind. Pfui des leidigen Teufels, der Christus heiligen und teuren Tod so schmähen und lästern darf! Also werden dieselben Wallfahrten vorgezogen den rechten Werken, so in den zehn Geboten sind ausgedrückt, und wird also auf zweierlei Weise Gottes Gesetz verdunkelt: erstlich, daß sie wähnen, sie haben dem Gesetz genuggetan, so sie die äußerlichen Werke getan haben; zum andern, daß sie die elenden Menschensatzungen höher achten denn die Werke, so Gott geboten hat. Darüber wird auch unterdrückt die Lehre von der Buße und Gnade. Denn der ewige Tod und die Ängste der Hölle lassen sich nicht also quittieren, wie sie wähnen wollen. Man muß gar viel einen andern und größeren Schatz haben, dadurch wir vom Tode, ewigen Ängsten und Schmerzen erkauft werden, denn unsere Werke sind. Denn solche Werkheiligkeit ist ein müßig Ding, und die Werkheiligen schmecken nicht einmal, was der Tod ist, sondern wie Gottes Zorn nicht anders mag noch kann überwunden werden denn durch den Glauben an Christum, also wird auch der Tod überwunden allein durch Christum, wie Paulus sagt: „Gott sei Lob, der uns Sieg gibt durch Jesum Christum, unsern Herrn.“ Er sagt nicht: der uns Sieg gibt durch unsere Genugtuung. Die Widersacher reden sehr kalt und schläfrig von der Vergebung der Sünden gegen Gott und sehen nicht, daß Vergebung solcher Schuld und Erlösung von Gottes Zorn und ewigem Tods ein solch groß Ding ist, daß solches allein durch den einigen Mittler Christum und durch den Glauben an ihn erlangt wird. So nun der Tod und das Blut Christi die rechte Bezahlung ist für den ewigen Tod, und die Widersacher selbst bekennen, daß solche Werke der Satisfaktion Werke seien, die wir nicht schuldig sind, sondern Menschensatzungen, von welchen Christus Mat. am 15. sagt, daß es vergebliche Gottesdienste seien, so mögen wir frei auch aus ihren eigenen Worten schließen, daß solche satisfactiones nicht von Gott geboten sind, auch ewige Pein und Schuld oder Pein des Fegefeuers nicht ablösen. Es werden die Widersacher vielleicht uns hier vorwerfen, daß die Pein und Strafe eigentlich zur Buße gehöre. Denn Augustinus sagt, „die Buße sei eine Rache, Angst und Strafe über die Sünde“. Antwort: unsere Widersacher sind grobe Esel, daß sie die Worte Augustini, der da redet von der Reue und ganzen Buße, deuten auf die Zeremonie der Satisfaktion und weiter noch daran hängen, daß solche satisfactio soll verdienen Vergebung des ewigen Todes. Wir lehren auch, daß in der Buße Strafe der Sünden sei; denn die großen Schrecken, dadurch die Sünde in uns gerichtet wird, ist eine Strafe, viel größer und höher denn Wall-fahrten und dergleichen Gaukelspiel. Aber solch Schrecken geht die satis-factiones nicht an, so verdient es auch nicht Vergebung der Sünden oder des ewigen Todes, sondern wo wir nicht durch den Glauben getröstet würden, wäre solch Schrecken und Strafe eitel Sünde und Tod. Also lehrt Augustinus von der Strafe. Aber unsere Widersacher, die groben Esel, wissen gar nicht, was Buße oder Reue sei, sondern gehen mit ihrem Gaukelspiel um, mit Rosenkränzen, Wallfahrten und dergleichen. Aber da sprechen sie: Gott, da er ein gerechter Richter ist, muß die Sünde ohne Strafe nicht lassen. Ja, wahrlich straft er die Sünde, wenn er in solchem Schrecken die Gewissen so stark mit seinem Zorn drängt und ängstet, wie David im 6. Psalm sagt: „Herr, strafe mich nicht in deinem Grimm!“ Und Jeremias am 10. Kapitel: „Strafe mich, Herr, doch mit Gnaden, nicht in deinem Grimme, daß ich nicht vergehe.“ Da redet er wahrlich von großer, unsäglicher Angst, und die Widersacher selbst bekennen, die Reue könne so bitter und geschwind sein, daß die Satisfaktion nicht not sei. Darum ist die contritio oder Reue gewisser eine Pein denn die satisfactio. Darüber müssen die Heiligen den Tod, allerlei Kreuz und Trübsal tragen wie die andern; wie Petrus sagt 1 Pet. 4: „Es ist Zeit, das Gericht anzufangen an dem Hause Gottes.“ Und wiewohl dieselben Trübsale oft Pön und Strafe sind über die Sünde, so haben sie doch in den Christen eine andere Ursache, nämlich daß sie sollen die Christen treiben und üben, daß sie in Anfechtung merken ihren schwachen Glauben und lernen Gottes Hilfe und Trost suchen, wie Paulus von ihm selbst sagt 2 Kor 1: „Da wir über die Maßen beschweret waren und über Macht, also daß wir bei uns beschlossen hatten, wir müßten sterben, damit wir lerneten nicht auf uns vertrauen.“ Und Jesaias sagt: „Die Not und Angst, darin sie stecken und dich anrufen, ist ihnen eine Zucht“, das ist, die Trübsal ist die Kinderzucht, dadurch Gott übt die Heiligen. Item, die Trübsale auch schickt uns Gott zu, die Sünde in uns, so noch übrig ist, zu töten und zu dämpfen, daß wir im Geist erneuert werden; wie Paulus Röm. 8 sagt: „Der Leib ist tot um der Sünde willen“, das ist, er wird täglich mehr und mehr getötet um der Sünde willen, die noch im Fleisch übrig ist, und der Tod selbst dient dazu, daß er des sündlichen Fleisches ein Ende mache, und daß wir gar heilig und erneuert aufstehen von den Toten. Von diesen Trübsalen und Pönen werden wir nicht los durch die satisfactiones; derhalben kann man nicht sprechen, daß die satisfactiones gelten für solch Kreuz und Trübsal und zeitliche Strafen der Sünden wegnehmen. Denn dies ist gewiß, daß die Gewalt der Schlüssel niemand frei, los absolvieren kann vom Kreuz oder von andern gemeinen Trübsalen. Und so sie wollen, daß das Wort poenae, dadurch genuggetan wird, solle von gemeinen Trübsalen verstanden werden, wie lehren sie denn, man müsse im Fegefeuer genugtun? Sie werfen uns Exempel vor von Adam und David, welcher um seines Ehebruchs willen gestraft ist. Aus den Exempeln mache sie eine Regel, daß jegliche Sünde müsse ihre gewisse zeitliche Strafe haben, ehe die Sünden vergeben werden. Ich habe vorhin gesagt, daß die Christen Trübsal leiden, dadurch sie gezüchtigt werden, so leiden sie Schrecken im Gewissen, manchen Kampf und Anfechtung. Also legt unser Herrgott auch etliches Sündern eigene Pön und Strafe auf zu einem Exempel. Und mit den Pönen hat die Gewalt der Schlüssel nichts zu tun, sondern allein Gott hat sie aufzulegen und zu lösen, wie er will. Es folgt auch gar nicht, weil David eine eigene Strafe aufgelegt ist, daß darum über das gemeine Kreuz und Trübsal aller Christen noch eine Pein des Fegefeuers sei, da eine jegliche Sünde ihren Grad und Maß der Pein hat. Denn es ist nirgend in der Schrift zu finden, daß wir von ewiger Pein und Tod nicht sollten können erlöst werden denn durch solche Quittierung unsers Leidens und Genugtuns. Aber allenthalben zeugt die Schrift, daß wir Vergebung der Sünden ohne Verdienst erlangen durch Christum, und daß Christus allein die Sünde und den Tod überwunden hat. Darum sollen wir unser Verdienst nicht daran annähen und flicken. Und wiewohl Christen allerlei Pön, Strafe und Trübsal leiden müssen, so zeigt doch die Schrift an, daß solche uns aufgelegt werden, den alten Adam zu töten und zu demüti-gen, nicht damit uns von dem ewigen Tod zu lösen. Hiob wird entschuldigt in der Schrift, daß er nicht geplagt sei um einiger bösen Taten willen. Darum sind die Trübsale und Anfechtungen nicht allezeit göttlichen Zornes Zeichen, sondern man muß die Gewissen fleißig unterrichten, daß sie die Trübsale lernen gar viel anders ansehen, nämlich als Gnadenzeichen, daß sie nicht denken, Gott habe sie von sich gestoßen, wenn sie in Trübsalen sind. Man soll die andern rechten Früchte des Kreuzes ansehen, nämlich daß Gott uns angreift und darum ein fremd Werk tut, wie Jesaias sagt, damit er sein eigen Werk in uns haben möge; wie er denn davon eine lange, tröstliche Predigt macht im 28. Kapitel. Und da die Jünger fragten von dem Blinden, Joh. 9, sagt Christus, daß weder des Blinden Eltern noch er gesündigt habe, sondern Gottes Ehre und Werke müßten offen-bart werden. Und also sagt auch Jeremias der Prophet: „Diejenigen, so nicht schuld dran haben, sollen auch den Kelch trinken“ usw. Also sind die Propheten erwürgt, also ist Johannes Baptista getötet und andere Heilige. Darum sind die Trübsale nicht allzeit Strafen oder Pönen für die vorigen Sünden, sondern sind Gottes Werke zu unserm Nutz gerichtet, daß Gottes Stärke und Kraft in unserer Schwachheit desto klarer erkannt werde, wie er mitten im Tode helfen kann usw. Also sagt Paulus: „Gottes Kraft und Stärke läßt sich in Schwachheit erfahren und sehen.“ Darum sollen wir unsere Leiber opfern in Gottes Willen, unsern Ge-horsam und Geduld zu erzeigen, nicht von dem ewigen Tode oder ewiger Pein uns zu erlösen. Denn da hat Gott einen andern Schatz verordnet, nämlich den Tod seines Sohnes, unsers Herrn Christi. Und also legt St. Gregorius das Exempel Davids aus, da er sagt: „So Gott um derselben Sünde willen ihm gedräut hat, daß er also von seinem eigenen Sohn sollte gedemütigt werden, warum hat er denn solches ergehen lassen, da die Sünde schon vergeben war? Ist zu antworten, daß die Vergebung geschehen ist, daß der Mensch nicht verhindert würde, das ewige Leben zu empfangen. Die gedräute Strafe ist nichtsdestoweniger gefolgt, daß er ihn prüfte und in Demut behielte. Also hat auch Gott dem Menschen den natürlichen Tod aufgelegt und denselben auch, als die Sünde vergeben, nicht weggenommen, damit bewährt werden und geprüft diejenigen, welchen Sünde vergeben und sie geheiligt werden.“ Nun ist öffentlich, daß die Schlüssel diese gemeine Strafe, als Krieg, Teuerung und dergleichen Plagen, nicht wegnehmen; item, daß auch canonicae satisfactiones uns nicht losmachen von solchen Plagen, also daß unsere satisfactiones dafür helfen oder gelten sollten, wenn wir schon in Todsünden liegen. Auch bekennen die Wider-sacher selbst, daß sie die satisfactiones auflegen nicht für solche gemeine Plagen, sondern für das Fegefeuer. Darum sind ihre satisfactiones eitel er-dichtete Träume. Aber hier ziehen etliche den Spruch Pauli an 1 Kor. 11: „So wir uns selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet.“ Daraus schließen sie: so wir uns selbst Strafe auflegten, würde Gott gnädiger strafen. Antwort: Paulus redet von Besserung des ganzen Lebens, nicht von äußerlicher Strafe und Zeremonie, darum tut dieser Spruch nichts zur Satisfaktion. Denn was fragt Gott nach der Strafe ohne Besserung? Ja, es ist eine greuliche Gotteslästerung, daß man lehrt, unsere Satisfaktion lindert Gottes Strafe, wenn sie schon in Todsünden ge-schieht. Paulus redet von Reue und Glauben und von der ganzen Besserung, redet nicht von der äußerlichen Strafe allein. Darum kann man hieraus nicht mehr erzwingen denn: so wir uns bessern, so wende Gott seine Strafe ab. Das ist wahr und ist nützlich, tröstlich und not zu predigen, daß Gott die Strafe lindert, wenn wir uns bessern, wie er mit Ninive tat. Und also lehrt Jesaias im 1. Kapitel: „Wennschon eure Sünden blutrot sind, sollen sie dennoch ab und schneeweiß sein, wenn ihr euch bessert.“ Und diese Besserung steht nicht in der canonica satisfactione, sondern in andern Stücken der Buße, in Reue, im Glauben, in guten Werken, so folgen nach dem Glauben. Aber unsere Widersacher deuten diese tröstlichen Sprüche auf ihre Lügen und Gaukelspiel von der Satisfaktion. Daß aber die alten Lehrer und Väter der Satisfaktion gedenken, daß die Concilia von den satisfactionibus Canones gemacht, habe ich droben gesagt, es sei eine äußerliche Zeremonie gewesen, und ist der Väter Meinung nicht gewesen, daß dieselbe Zeremonie der Buße sollte ein Auslöschen sein der Schuld gegen Gott oder der Pein. Denn so etliche Väter gleich sind, die des Fegefeuers gedenken, so legen sie es doch selbst auf: ob es auch wäre, so sei es doch nicht Erlösung von ewigem Tod und Pein, welches Christus allein tut, sondern daß es ein Reinigen und Fegen sei (wie sie reden) der unvollkommenen Seelen. Also sagt Augustinus: „Die täglichen Sünden werden verbrannt und ausgelöscht, also schwacher Glaube gegen Gott und dergleichen“ usw. Man findet auch an etlichen Orten, daß die Väter das Wort satisfactio oder Genugtuung, welches ursprünglich von der Zeremonie der öffentlichen Pönitenz herkommt, wie ich gesagt, brauchen für rechte Reue und Tötung des alten Adams. Also sagt Augustinus: „Die rechte satisfactio oder Genugtuung ist, Ursachen der Sünden abschneiden, das ist, das Fleisch töten“ usw. item, „das Fleisch zähmen und kasteien; nicht daß ewiger Tod oder Pein damit quittiert werde, sondern daß uns das Fleisch nicht zu Sünden ziehen möge“. Also sagt Gregorius von Wiedergeben fremder Güter, daß es eine falsche Buße sei, wenn denjenigen nicht genug geschieht, deren Güter wir mit Unrecht innehaben. Denn den gereuet es nicht, daß er gestohlen hat, der noch immer stiehlt. Denn solange er fremd Gut innehat, so lange ist er ein Dieb oder Räuber. Dieselbe satisfactio gegen die, so einer schuldig ist, soll gegen dieselben geschehen, und von derselben civili satisfactione ist nicht not, hier zu disputieren. Item, die Väter schreiben, daß es genug sei, daß einmal im ganzen Leben geschehe die publica Pönitenz oder die öffentliche Buße, davon die canone satisfactionum gemacht sind. Daraus kann man merken, daß ihre Meinung nicht gewesen, daß dieselben Canones nötig sein sollten zur Verge-bung der Sünden. Denn ohne dieselben Zeremonien der öffentlichen Buße lehren sie sonst viel von der christlichen Buße, da sie der canones satisfactionum nicht gedenken. Die Esel so die Konfutation gestellt haben, sagen, es sei nicht zu leiden, daß man die satisfactiones wider das öffentliche Evangelium wolle abtun. Wir haben aber bisanher klar genug angezeigt, daß dieselben canonicae satisfactiones, das ist, solche Werke wie sie davon reden, so wir nicht schuldig sind, in der Schrift oder Evangelio nicht gegründet sind. So zeigt das die Sache an ihr selbst an. Dann wenn die satisfactiones Werke sind, die man nicht schuldig ist, warum sagen sie, wir lehren wider das klare Evangelium? Dann so im Evangelio stünde, daß die ewigen Pein und Tod weggenommen würden durch solche Werke, so wären es Werke, die man vor Gott zu tun schuldig wäre. Aber sie reden also, daß sie den Unerfahrenen einen Schein vor der Nase machen, und ziehen Sprüche der Heiligen Schrift an, welche von rechten christlichen Werken, die wir schuldig sind, reden, so sie doch ihr Genugtun gründen auf Werke, die wir nicht schuldig sind, und welche sie opera non debita nennen. Sie lehren und geben selbst nach in ihren Schulen, daß man ohne Todsünde solche Satisfaktionen könne nachlassen. Darum ist das falsch, daß sie sagen, das klare Evangelium gebiete, man müsse die satisfactiones halten. Weiter haben wir nun oft gesagt, daß rechtschaffene Buße ohne gute Werke und Früchte nicht sein könne, und was rechte gute Werke seien, lehren die zehn Gebote, nämlich Gott den Herrn wahrlich und von Herzen am höchsten groß achten, fürchten und lieben, ihn in Nöten fröhlich anrufen, ihm allezeit danken, sein Wort bekennen, dasselbe Wort hören, auch andere dadurch trösten, lehren, Eltern und Obrigkeit gehorsam sein, seines Amts und Berufs treulich warten, nicht bitter, nicht gehässig sein, nicht töten, sondern tröstlich, freundlich sein dem Nächsten, den Armen nach Vermögen helfen, nicht huren, nicht ehebrechen, sondern das Fleisch allenthalben im Zaum halten. Und das alles, nicht für den ewigen Tod oder ewige Pein genugzutun, welches Christo allein gebührt, sondern also zu tun, damit dem Teufel nicht Raum gegeben werde und Gott erzürnt und der Heilige Geist betrübt und geunehrt werde. Diese Früchte und guten Werke hat Gott geboten, haben auch ihre Belohnung, und um Gottes Ehre und göttlichen Gebots willen sollen sie auch geschehen. Daß aber die ewigen Peinen nicht anders erlassen werden denn allein durch Genugtun im Fegefeuer oder etliche gute Werke menschlicher Traditionen, da sagt die Heilige Schrift nirgend von. Durch den Ablaß werden etwa solche aufgelegte Buße und Satisfaktion quittiert den publice poenitentibus oder Büßern, daß die Leute nicht zu sehr beschwert werden. Haben nun Menschen Macht, die satisfactiones und aufgelegten Strafen oder Pönen zu erlassen, so ist solche satisfactio von Gott nicht geboten. Denn göttlichen Befehl und Gebot kann ein Mensch nicht abtun. Nachdem aber die alte Weise der öffentlichen Buße und Genugtuung ist vorlängst abgetan, welches die Bischöfe von einer Zeit auf die andere haben geschehen lassen, ist des Ablasses nicht vonnöten, und ist doch der Name indulgentia oder Ablaß in der Kirche geblieben. Gleichwie nun das Wort satisfactio ist anders verstanden denn für eine Kirchenordnung und Zeremonie, also hat man dies Wort Indulgenz oder Ablaß auch unrecht gedeutet und ausgelegt für solche Gnade und Ablaß, durch welchen die Seelen aus den Fegefeuer erlöset werden, so doch die ganze Gewalt der Schlüssel in der Kirche nicht weiter sich erstreckt denn allein hier auf Erden, wie der Text lautet: „Was du binden wirst auf Erden, das soll gebunden sein im Himmel; was du auflösen wirst auf Erden, das soll aufgelöst sein im Himmel.“ So ist die Gewalt der Schlüssel nicht eine solche Gewalt, sonderliche eigene Strafen oder Gottesdienst aufzurichten, sondern allein Sünden zu vergeben denjenigen, so sich bekehren, und zu bannen diejenigen, so sich nicht bekehren. Denn auflösen an dem Ort heißt Sünden vergeben, binden heißt Sünden nicht vergeben. Denn Christus redet von einem geistlichen Reich, und Gott hat befohlen, diejenigen, so sich bekehren, von Sünden zu entbinden, wie Paulus sagt: „Die Gewalt ist uns gegeben zu erbauen und nicht zu brechen.“ Darum ist auch die reservatio casuum, das ist, darin der Papst und die Bischöfe etliche Fälle vorbehalten, ein äußerlich, weltlich Ding. Denn sie behalten ihnen vor die Absolution a poena canonica, nicht von der Schuld gegen Gott. Darum lehren die Widersacher recht, da sie selbst bekennen und sagen, daß in der Todesstunde eine solche reservatio oder Vorbehaltung nicht solle hindern die rechte christliche Absolution. Hiermit haben wir die Summa unserer Lehre von der Buße angezeigt und wissen fürwahr, daß dieselbe christlich und frommen Herzen ganz nützlich ist und hoch vonnöten. Und so gottesfürchtige, fromme, ehrbare Leute diesen allerwichtigsten Handel nach Notdurft bedenken werden und diese unsere, ja Christi und der Apostel Lehre halten gegen so viele ungeschickte, verworrene, kindische Disputationen und Bücher der Widersacher, so werden sie befinden, daß sie das allerhöchste, nötigste Stück, nämlich vom Glauben an Christum, ohne welches niemand etwas Rechtschaffenes, Christ-liches lehren oder lernen mag, gar haben ausgelassen, dadurch allein die Gewissen mögen rechten Trost haben. Die werden auch sehen, daß die Wider-sacher viel aus eigenem Hirn erdichten von Verdienst der Attrition, von der Erzählung der Sünden, von Genugtuung, welches alles in der Schrift unge-gründet und weder oben noch unten anreicht, welches die Widersacher selbst nicht verstehen.