Melanchthon - Sakramente

 

Melanchthon in der Augsburgischen Konfession:

 

Der XIII. Artikel: Vom Gebrauch der Sacramente

 

Vom Brauch der Sacramenten wird gelehret, daß die Sacrament eingesetzt sind nicht allein darum, daß sie Zeichen sein, dabei man äußerlich die Christen kennen möge, sondern daß es Zeichen und Zeugnis sind göttliches Willens gegen uns, unsern Glauben dadurch zu erwecken und zu stärken, derhalben sie auch Glauben fordern und dann recht gebraucht werden, so mans im Glauben empfängt und den Glauben dadurch stärket.

 

Melanchthon in der Apologie der Augsburgischen Konfession:

 

Artikel XIII. Von den Sakramenten und ihrem rechten Gebrauch.

 

Im dreizehnten Artikel lassen ihnen die Widersacher gefallen, daß wir sagen, die Sakramente sind nicht schlechte Zeichen, dabei die Leute untereinander sich kennen, wie Losung im Krieg und Hoffarbe usw., sondern sind kräftige Zeichen und gewisse Zeugnisse göttlicher Gnade und Willens gegen uns, dadurch Gott unsere Herzen erinnert und stärkt, desto gewisser und fröhlicher zu glauben. Aber hier wollen sie haben, wir sollen auch bekennen, daß an der Zahl sieben Sakramente seien, nicht mehr noch weniger. Darauf sprechen wir, daß not sei, diese Zeremonien und Sakramente, die Gott eingesetzt hat durch sein Wort, wie viele und in was Zahl die sind, zu erhalten. Aber von dieser Zahl der sieben Sakramente befindet man, daß die Väter selbst nicht gleich gezählt haben; so sind auch diese sieben Zeremonien nicht alle gleich nötig. So wir Sakramente nennen die äußerlichen Zeichen und Zeremonien, die da haben Gottes Befehl und haben eine angeheftete göttliche Zusage der Gnade, so kann man bald schließen, was Sakramente seien. Denn Zeremonien und andere äußerliche Dinge, von Menschen eingesetzt, sind auf die Weise nicht Sakramente. Denn Menschen ohne Befehl haben nicht Gottes Gnade zu verheißen. Darum Zeichen, so ohne Gottes Befehl sind eingesetzt, die sind nicht Zeichen der Gnade, wiewohl sie den Kindern und groben Leuten sonst mögen eine Erinnerung bringen, als ein gemalt Kreuz. So sind nun rechte Sakramente die Taufe und das Nachtmahl des Herrn, die Absolution. Denn diese haben Gottes Befehl, haben auch Verheißung der Gnade, welche denn eigentlich gehört zum Neuen Testa-ment und ist das Neue Testament. Denn dazu sind die äußerlichen Zeichen eingesetzt, daß dadurch bewegt werden die Herzen, nämlich durchs Wort und äußerliche Zeichen zugleich, daß sie glauben, wenn wir getauft werden, wenn wir des Herrn Leib empfangen, daß Gott uns wahrlich gnädig sein will durch Christum; wie Paulus sagt: „Der Glaube ist aus dem Gehör.“ Wie aber das Wort in die Ohren geht, also ist das äußerliche Zeichen vor die Augen gestellt, um inwendig das Herz zu reizen und zu bewegen zum Glauben. Denn das Wort und äußerliche Zeichen wirken einerlei im Herzen, wie Augustinus ein fein Wort geredet hat. „Das Sakrament“, sagt er, „ist ein sichtlich Wort.“ Denn das äußerliche Zeichen ist das durchs Wort gepredigt wird; darum richtet beides einerlei aus. Aber die confirmatio und die letzte Ölung sind Zeremonien, welche von den alter Vätern hergekommen, welche auch die Kirche nie als für nötig zur Seligkeit geachtet hat. Denn sie haben nicht Gottes Befehl noch Gebot. Darum ist's wohl gut, dieselben zu unterscheiden von den obangezeigten, welche durch Gottes Wort eingesetzt und befohlen sind und eine angeheftete Zusage Gottes haben. Durch das Sakrament des Ordens oder Priesterschaft verstehen die Widersacher nicht das Predigtamt und das Amt, die Sakramente zu reichen und auszuteilen, sondern verstehen es von Priestern, die zu opfern geordnet seien. Gleich als müsse im Neuen Testament ein Priestertum sein, wie das levitische Priestertum gewesen, da die Priester für das Volk opfern und den andern Ver-gebung der Sünden erlangen. Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen. Denn wir haben im Neuen Testament nicht ein solch Priestertum, wie das levitische Priestertum war, wie die Epistel zu den Hebräern lehrt. Wo man aber das Sakrament des Ordens wollte nennen ein Sakrament von dem Predigtamt und Evangelio, so hätte es keine Beschwerung, die Ordination ein Sakrament zu nennen. Denn das Predigtamt hat Gott eingesetzt und geboten und hat herrliche Zusage Gottes, Röm. 1: „Das Evange-lium ist eine Kraft Gottes allen denjenigen, so daran glauben“ usw., Jes. 55: „Das Wort, das aus meinem Munde gehet, soll nicht wieder leer zu mir kommen, sondern tun, was mir gefällt.“ Wenn man das Sakrament des Ordens also ver-stehen wollte, so möchte man auch das Auflegen der Hände ein Sakrament nennen. Denn die Kirche hat Gottes Befehl, daß sie soll Prediger und Diakonos bestellen. Dieweil nun solches sehr tröstlich ist, so wir wissen, daß Gott durch Menschen und diejenigen, so von Menschen gewählt sind, predigen und wirken will, so ist's gut, daß man solche Wahl hoch rühme und ehre, sonderlich wider die teuflischen Anabaptisten, welche solche Wahl samt dem Predigtamt und leib-lichen Wort verachten und lästern. Aber der eheliche Stand ist nicht erst ein-gesetzt im Neuen Testament, sondern bald als das menschliche Geschlecht erst geschaffen ist. Und er ist auch durch Gott befohlen und geboten. Er hat auch göttliche Zusagungen, welche wohl nicht eigentlich zum Neuen Testament gehören, sondern mehr das leibliche Leben angehen. Darum so es jemand will ein Sakrament nennen, fechten wir dies nicht hoch an. Es soll aber gleichwohl abgesondert werden von den vorigen zwei, welche eigentlich Zeichen und Siegel sind des Neuen Testaments. Denn so der Ehestand allein darum sollte ein Sakrament heißen, daß Gott denselben eingesetzt und befohlen hat, so müßten die andern Ämter und Stände auch Sakramente genannt werden, die auch in Gottes Wort und Befehl gehen, als Obrigkeit oder Magistrat usw. Und endlich, so man alle Dinge wollte mit so herrlichem Titel Sakramente nennen, darum daß sie Gottes Wort und Befehl haben, so sollte man billig vor allen andern das Gebet ein Sakrament nennen. Denn da ist ein starker Gottesbefehl und viel herrliche göttliche Zusage. Es hätte auch wohl Ursache. Denn wenn man dem Gebet so großen Titel gäbe, würden die Leute zum Gebet gereizt. Auch könnte man die Almosen unter die Sakrament rechnen; item das Kreuz und die Trübsale der Christen, denn die haben auch Gottes Zusage. Doch wird kein verständiger Mann großen Zank darüber machen, ob sieben oder mehr Sakramente gezählt werden, doch so fern, daß Gottes Wort und Befehl nicht abgebrochen werde. Das ist aber mehr vonnöten zu disputieren und zu wissen, was der rechte Gebrauch der Sakramente sei. Da müssen wir frei verdammen den ganzen Haufen der scholasticorum und ihren Irrtum strafen, da sie lehren, daß die-jenigen, so die Sakramente schlechthin gebrauchen, wenn sie nicht obicem setzen, ex opere operato Gottes Gnade erlangen, wennschon das Herz alsdann keinen guten Gedanken hat. Das ist aber stracks ein jüdischer Irrtum, so sie halten, daß wir sollten durch ein Werk und äußerliche Zeremonie gerecht und heilig werden ohne Glauben, und wenn das Herz schon nicht dabei ist; und diese schädliche Lehre wird doch gepredigt und gelehrt weit und breit, durchaus und überall im ganzen Papstreich und in des Papsts Kirchen. Paulus schreit dawider und sagt, daß Abraham sei vor Gott gerecht geworden nicht durch die Be-schneidung, sondern die Beschneidung sei ein Zeichen gewesen, den Glauben zu üben und zu stärken. Darum sagen wir auch, daß zum rechten Gebrauch der Sakramente der Glaube gehöre, der da glaube der göttlichen Zusage und zugesagte Gnade empfange, welche durch Sakramente und Wort wird ange-boten. Und dies ist ein gewisser, rechter Gebrauch der heiligen Sakramente, da sich ein Herz und ein Gewissen auf wagen und verlassen mag. Denn die göttliche Zusage kann niemand fassen denn allein durch den Glauben. Und die Sakramente sind äußerliche Zeichen und Siegel der Verheißung. Darum zum rechten Gebrauch derselben gehört Glaube. Als wenn ich das Sakrament des Leibes und Blutes Christi empfange, sagt Christus klar: „Das ist das Neue Testament.“ Da soll ich gewiß glauben, daß mir Gnade und Vergebung der Sünden, welche in Neuen Testament verheißen ist, widerfahre. Und solches soll ich empfangen im Glauben und damit trösten mein erschrocken, blöd Gewissen und stehen darauf gewiß, daß Gottes Wort und Zusagen nicht fehlen, sondern so gewiß und noch gewisser seien, als ob Gott mir eine neue Stimme oder neu Wunderzeichen vom Himmel ließe geben, dadurch mir würde Gnade zugesagt. Was hülfen aber Wunderzeichen, wenn nicht Glaube da wäre? Und wir reden hier vom Glauben, da ich selbst gewiß für mich glaube, daß mir die Sünden vergeben sind; nicht allein vom fide generali, da ich glaube, daß ein Gott sei. Derselbe rechte Gebrauch der Sakramente tröstet recht und erquickt die Ge-wissen. Was aber die häßliche, schändliche, ungöttliche Lehre vom opere operato, da sie gelehrt, daß, wenn ich der Sakramente gebrauche, so macht das getane Werk mich vor Gott fromm und erlangt mir Gnade, obgleich das Herz keinen guten Gedanken dazu hat, für Mißbrauch und Irrtum eingeführt, kann niemand genug nachdenken, schreiben noch sagen. Denn daher ist auch der unsägliche, unzählige, greuliche Mißbrauch der Messe gekommen. Und sie können keinen Tüttel noch Buchstaben aus den alten Vätern anzeigen, dadurch der Scholaster Opinion bewiesen werde. Ja, Augustinus sagt stracks dawider, daß der Glaube im Gebrauch des Sakraments, nicht das Sakrament vor Gott uns fromm mache.