DAS NEUNTE KAPITEL. (5.B./1.T./9.K.)

 

VOM NEUEN LEBEN,

FRÜCHTEN DER GERECHTIGKEIT

UND GUTEN WERKEN.

 

Inhalt.

1) Wer durch den Glauben an Christum gerecht worden, der fängt an ein gott-seliges Leben zu führen, 1. denn er ist nun eine neue Kreatur. 2) 2. Der Grund aber des neuen Lebens ist Christi Tod und Auferstehung. 3) 3. Gottes Geist wirket es, daher die Früchte des Geistes. 4) 4. Derselbe schreibt Gottes Gesetz ins Herz, mit Lust Gutes zu tun. 5) 5. Aus Christo dem Haupt fließen göttliche Lebenskräfte, 6) 6. daran alle Gläubigen Teil haben, auch die einfältigsten Leute. 7) 7. Ein Christ muß den Antrieb des guten und bösen Geistes wohl unterschei-den, und Gott für seine Gnade danken; 8) 8. seiner Gaben sich nicht erheben noch rühmen, weil alles Gottes ist. 9) 9. Doch belohnet Gott das Gute, (ob es wohl sein und nicht unser ist,) 10) 10. um Christi willen; beides die innerlichen, 11) als auch die äußerlichen guten Werke. 12) 11. Hieher gehöret das Kreuz, ohne welches kein neues Leben ist.

 

Nachdem ein Mensch gläubig worden, und mit dem heiligen Geist begabt und versiegelt, und durch den Glauben an ihn Vergebung der Sünden und die Ge-rechtigkeit erlangt, und durch den heiligen Geist geheiliget; so ist er nun 1) eine neue Kreatur worden, und neu geboren zum Kinde Gottes, ist im Geist seines Gemüts erneuert zum Ebenbilde Gottes, so fängt er auch ein anders, neues, gottseliges, christliches Leben an, und läßt fahren das alte, ungöttliche, adami-sche, viehische, sündliche und gottlose Leben und Wesen. Denn er ist nun ein neuer Mensch worden, und hat einen neuen Geist bekommen, welcher in ihm wirket und lebet, und ist der böse Geist, welcher zu allem Bösen treibt, ausge-trieben. Läßt demnach ein solcher neuer Mensch sich nicht mehr vom bösen Geist treiben, sondern wiederstrebt demselben, wie St. Paulus sagt: Eph. 2,3.4.5.10. Ihr habt weiland in Sünden gewandelt, nach dem Lauf dieser Welt, nach dem Fürsten, der in der Luft herrschet, nach dem Geist, der sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens, in den Lüsten des Fleisches, und tatet den Willen des Fleisches und der Vernunft. Aber Gott, der da reich ist von Barm-herzigkeit, durch seine große Liebe, dadurch er uns geliebet hat, da wir tot waren in Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, zu welchen uns Gott ja vorbereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen. In diesem Spruch unterscheidet St. Paulus das alte Leben von dem neuen, und spricht: Das alte Leben wirket der böse Geist in den Ungläubigen, das neue Leben aber wirket Gott in uns. Und Tit. 2,14. spricht St. Paulus: Der Herr Christus hat sich selbst für uns gegeben, auf dass er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit, und reinigte ihm selbst ein Volk zum Eigentum, das da fleißig wäre zu guten Werken. Da hören wir, warum und wozu wir erlöset sind, was da sein soll die Frucht unserer Erlösung, nämlich ein neues Leben. Und abermal: Einer ist gestorben für alle, auf dass, die da leben, nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist, 2 Kor. 5,15.

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2. 2) So lernet nun das Fundament, Anfang und Ursprung eines neuen Lebens, das da sei die Erlösung Christi, seine Auferstehung, wie Röm. 4,6. steht: Gleich-wie Christus ist auferstanden von den Toten, also sollen wir auch in einem neuen Leben wandeln. Wer nun das nicht tut, der lästert und verleugnet den heiligen Tod und die Auferstehung Christi, und läßt denselben an ihm unfruchtbar und kraftlos sein. So ist nun das neue Leben nichts anders, als eine Wirkung und Frucht der Auferstehung Christi in den Gläubigen, denn Christus lebt in ihnen, wie St. Paulus sagt: Gal. 2,20. Was ich jetzt lebe, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes. Ich lebe, doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Da unter-scheidet er sein eigenes Leben, und Christi Leben in ihm. Solches wiederholet er auch, 2 Kor. 13,5. Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben seid, prüfet euch selbst, oder erkennet ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist, es sei denn, dass ihr untüchtig seid. Allhier hören wir, dass das neue Leben sei ein Le-ben des Glaubens, durch welchen Christus in uns lebt und wohnt.

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3. 3) Weil wir auch, da wir gläubig worden sind, mit dem heiligen Geist versiegelt sein, so ist derselbe auch kräftig in uns, denn er ist das Pfand unsers Erlösers, Eph. 1,14. und erinnert uns stets unserer Hoffnung und unsers Berufs zur ewigen Herrlichkeit, gibt auch Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind, Röm. 8,16. Denn er ist ein Geist der Kindschaft, ein Geist des Sohns Gottes. Darum lehret er uns rufen: Abba, lieber Vater! Wer nun den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein. Darum sind die Gottes Kinder, die der Geist Gottes treibet. Und die erste Bewegung und Getrieb des Geistes Gottes ist das Gebet, welches, ob es wohl anfänglich schwach ist, so hilft doch der heilige Geist unserer Schwachheit, und vertritt uns bei Gott mit unaussprechlichem Seufzen. Darauf folgen denn die Früchte des Geistes, Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit etc., Gal. 5,22. Dieses sind beide innerliche und äußerliche Werke des heiligen Geistes nach der ersten und andern Tafel des Gesetzes Gottes.

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4. 4) Und also richtet der heilige Geist das Gesetz Gottes wieder auf in uns, und schreibt dasselbe wiederum als Gottes Finger in die Tafel unsers Herzens, nicht mit Zwang und Furcht, wie Moses, sondern in Gnade und Liebe. Darum sind das allein gute Werke, die ohne Zwang im Glauben und in der Liebe geschehen, wie 1 Kor. 16,14. geschrieben steht: Lasset alles in der Liebe geschehen. Und aber-mal Kol. 3,7. Alles, was ihr tut, das tut alles im Namen unsers Herrn Jesu Christi, und danket Gott und dem Vater durch ihn. Da befiehlt St. Paulus, dass alle unsere Werke im Glauben geschehen sollen, frei, aus lauter Liebe, ohne eigen Gesuch, Ruhm oder Nutzen.

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5. 5) So lehret uns auch St. Paulus, Eph. 1,22.23. daß Christus das Haupt ist der Gemeine, welche ist sein Leib, nämlich die Fülle deß, der alles in allen erfüllet, d. i. gleichwie das Haupt den ganzen Leib regieret, mit Leben und Stärke erfüllet, also Christus alle Gläubigen. Darum wirket nun das Haupt in den Gliedern, und erfüllet dieselben mit Gnade, Trost, Licht, Leben, Kraft, Friede, Freude, Erkennt-nis, Liebe, Glauben, Geduld, Barmherzigkeit, Sanftmut, Demut, Hoffnung, Be-ständigkeit, Gehorsam, Weisheit, Wahrheit, Mäßigkeit; also, dass ein gläubiges Herz und wahres Glied Christi nicht lange fragen darf, was es tun soll, sondern der Geist Gottes und die Liebe Christi sagt und lehrt es ihn, wie St. Paulus spricht: Tit. 2,11.12. Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Men-schen, und züchtiget uns, dass wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen und die fleischlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt.

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6. 6) Dies geht nun alle Gläubige an, so mit Christi Namen genennet sein, welche dem Herrn Christo durch den Glauben und die heilige Taufe einverleibt sein, dass sie in Christo leben und wandeln sollen, hohe und niedrige Personen, große und kleine, gelehrte und ungelehrte, Mann und Weib, alt und jung. Ja, Gott gibt oft einfältigen Leuten, so dem heiligen Geist nicht widerstreben, sondern sich fürchten vor Gottes Wort, mehr Gnade, christlich zu leben, denn großen ansehn-lichen Leuten vor der Welt, die der Untugend, Hoffart, Geiz, Wollust, Vermessen-heit, Zorn, Rachgier, Ungeduld, weltlicher Klugheit, Spitzfindigkeit, großer Kunst, eigener Ehre und Ruhm voll sein, und die Einfältigen verachten.

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7. 7) Wenn nun ein frommer Christ zu allem Guten durch den Geist Gottes ange-trieben wird, so kann er bald merken den Unterschied, zwischen den Bewegun-gen des heiligen Geistes und des bösen Geistes, des alten und neuen Men-schen, des Geistes dieser Welt, und des Geistes, der aus Gott ist, wie St. Paulus sagt: 1 Kor. 2,12. Wir haben nicht empfangen den Geist dieser Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist. Und zwar es gebühret einem jeden Christen, diesen Unterschied zu merken, auf dass er Gottes Werk und Gnade in ihm selbst erkenne, Gott dafür danke, um Ver-mehrung und Erhaltung der Gaben Gottes in aller Demut bitte, dass ihm Gott wolle Kraft geben, stark zu werden am inwendigen Menschen, und durch die Liebe eingewurzelt, gegründet und erfüllet werde mit allerlei Gottesfülle, Eph. 3,16.17.

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8. 8) Daraus denn folgt, dass sich kein Christgläubiger seiner Gaben und seiner Werke erhebt, sich derselben nicht rühmet, kein Verdienst in denselben suchet; denn er weiß, dass es alles lauter Gnade Gottes ist, und alles, was er tut, sind Gnadenwerke Gottes in ihm. Darum gebühret ihm keine Ehre davon, sondern Gott allein die Ehre, wie St. Paulus sagt: 1 Kor. 15,10. Nicht ich, sondern Gottes Gnade, die in mir ist, die hat es gemacht, will er sagen, dass ich vielmehr ge-arbeitet habe; wie uns auch der Herr selber lehret: Luk. 17,9.10. Wenn ein Herr seinem Knecht etwas befiehlt, danket er auch demselben Knechte, dass er getan hat, was ihm befohlen war? Ich meine es nicht; also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren. Da ist alles Vertrauen, Ruhm und Verdienst den Werken abgeschnitten. Denn wir sind vorhin mehr schuldig, was können wir mehr verdienen? So ist auch das Vermögen nicht unser, sondern Gottes. Denn gleichwie eine Rebe am Weinstock seine Kraft und Saft aus dem Weinstock an sich zieht, so er grünen und Frucht tragen soll, und wenn er ab-geschnitten wird, so verdorret er: also auch ihr, spricht der Herr, könnet keine Frucht bringen, ihr bleibet denn in mir, denn ohne mich könnet ihr nichts tun, Joh. 15,4.5. Darum soll und muß alles Gute, so je durch uns geschieht, Gott allein zugeschrieben, und ihm allein die Ehre gegeben werden, Ps. 115,1. Nicht uns, Herr! nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre, 1 Chron. 30,14. Alles, was wir haben ausgerichtet, das hast du uns gegeben. Und St. Paulus, 1 Kor. 15,10. Von Gottes Gnade bin ich, was ich bin, Phil. 2,13. Gott ist, der da wirket beide das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen: Phil. 1,6. Der in uns hat angefangen das gute Werk, der wird es auch vollführen.

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9. 9) So wir denn nichts verdienen, warum haben denn die Werke die Verheißung der Belohnung? Antwort: Die Belohnung ist reich und groß, wie Gott der Herr sagt zu Abraham: 1 Mos. 15,1. Ich bin dein Schild und dein großer Lohn. Ich bin der allmächtige Gott, wandele vor mir, und sei fromm. Weil aber der liebe Gott mit seiner Gnade alles in uns wirket, was wir Gutes tun, so schenket er uns aus Gnaden, was er in uns wirket, und belohnts, als hätten wir es getan. Der Gläubi-ge aber erkennet solches wohl, und gibt Gott die Ehre und den Ruhm wieder, und nicht ihm selber. Darum bittet St. Paulus, Phil. 1,11. dass sie mögen erfüllet werden mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum geschehen in euch, spricht er, zur Ehre und Lobe Gottes. Und Matth. 5,16. lehret uns Christus, dass durch unsere guten Werke Gott unser Vater im Himmel gepriesen werde, und nennet es ein Licht, so wir sollen leuchten lassen vor den Menschen. Darum auch Gott der Herr durch den Propheten Jer. 9,23.24. allen eigenen Ruhm ver-boten, es sei Ruhm der Weisheit, Reichtum oder Stärke; wer sich aber rühmen will, der rühme sich deß, dass er mich kenne, dass ich der Herr bin, der Barm-herzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übet auf Erden, denn solches gefällt mir, spricht der Herr. Von den Almosen spricht der Herr, Matth. 6,3. dass wir sie mit so einfältigem Herzen, ohne alle eigene Ehre und Ruhm, geben sollen, dass auch die linke Hand nicht wissen solle, was die rechte tut. So hat sich auch kein Mensch seiner Gaben zu rühmen. Denn sie sind nicht sein eigen, sondern er hat sie von Gott empfangen, und dieselben wirket der heilige Geist Gottes, und teilet einem jeden seines zu, nachdem er will, 1 Kor. 12,11.

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10. 10) Von den Belohnungen aber aller guten Werken sollen wir lernen, dass sie um des Herrn Christi willen, an welchen wir glauben, belohnt werden, (so wohl gefällt Gott dem Herrn der Glaube) und denn, weil solche zu Gottes Ehre ge-schehen. Es sind aber zweierlei gute Werke, welche Verheißung der Belohnung haben. Die innerlichen guten Werke sind Gottseligkeit, davon St. Paulus sagt: 1 Tim. 4,8. Die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze, und hat die Verheißung dieses und des ewigen Lebens; das ist, sie wird zeitlich und ewig belohnet. Wel-che schöne Verheißung hat die Furcht Gottes! Ps. 111,10. Sir. 1,16. Welchen schönen Lohn und Verheißung haben die Barmherzigen, Friedfertigen, Sanft-mütigen, etc. Matth. 5,5.7.9. Welchen schönen Lohn hat der wahre Gottesdienst, Ps. 27,4. Ps. 84,2. Welche schöne Verheißung hat das Gebet, Ps. 50,15. Ps. 145,18. Joh. 16,23. Luk. 11,9. Welche schöne Verheißung hat das öffentliche Bekenntnis des Namens Christi: Matth. 10,32. Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Welche schöne Verheißung haben die, so um Christi willen verfolget werden, Matth. 5,10. St. Paulus sagt: 2 Tim. 4,8. Ihm sei die Krone der Gerechtigkeit beigelegt, Matth. 19,29. Wer um meines Namens willen verlässet Häuser, Äcker, Brüder, Schwestern etc. der wird es hundertfältig nehmen, und das ewige Leben ererben, 2 Tim. 2,11. Sterben wir mit ihm, so werden wir mit ihm leben, Röm. 8,18. Dieser Zeit Leiden ist nicht wert der Herrlichkeit, so an uns soll geoffenbaret werden.

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11. Die äußerlichen guten Werke aber haben diese Verheißung: Matth. 10,42. Wer diesen Geringsten mit einem Becher kalten Wassers tränket, wahrlich ich sage euch, es wird ihm nicht unbelohnet bleiben, Ps. 41,1. Jes. 58,7.8. Dan. 4,24. Im Matth. 25,21. wird zu dem Knechte, der sein Pfund wohl hatte angelegt, und damit gewuchert, das ist, Gutes getan hatte, gesagt: Du frommer und ge-treuer Knecht, du bist im Geringsten getreu gewesen, das ist, du hast meine Güter wohl ausgeteilet, ich will dich über viel setzen, gehe ein zu deines Herrn Freude, Gal. 6,9. Zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören, 2 Kor. 9,6. Wer kärglich säet, wird kärglich einernten, wer im Segen säet, wird im Segen einernten, das ist, reichlich, Luk. 14,13.14. Lade die Armen, die dich nicht wieder laden können, es wird dir vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten, Matth. 25,35. Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeiset etc.

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12. 11) Hieher gehöret das Kreuz Christi, welches ist die Verleugnung seiner selbst, der Haß seines eigenen Lebens, der angebornen Untugend, Luk. 14,26. Das ist, die Kreuzigung seines eigenen Fleisches, ohne welches niemand Christum angehöret, Gal. 5,24. ohne welche auch der neue Mensch nicht kann hervorkommen.

 

Gebet, siehe vorne pag. 197.

 

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