DAS ACHTUNDDREISSIGSTE KAPITEL. (1.B./38.K.)

 

DAS UNCHRISTLICHE LEBEN IST EINE URSACHE

FALSCHER, VERFÜHRERISCHER LEHRE,

VERSTOCKUNG UND VERBLENDUNG,

UND VON DER EWIGEN GNADENWAHL.

 

Inhalt.

1) Gottes Wort und Sakrament sollen ein heiliges Leben in uns wirken. 2) Ein unchristliches Leben vertreibt das Licht der reinen Lehre, 3) und bringet den Menschen in Verstockung, wie Pharao, 4) und die Juden, zur gerechten Strafe der Verachtung Gottes. 5) Da entzieht Gott sein Licht denen, die es hassen, 6) und verstockt die, so seine Gnade von sich stoßen. 7) Wird gezeigt, wie die Gnadenwahl geschehen sei? 8) Viele Christen stoßen Gottes Wort von sich. 9) Und weil sie Christo nicht folgen, bleiben sie in Finsternis. 10) Aus ungöttlichem Leben ist aller Irrtum und Ketzerei entstanden. 11) Werden wir Christo folgen, so wird die Lehre rein bleiben, 12) und alles Gezänk und Ketzereien werden hin-fallen. 13) Ahabs Gottlosigkeit war Ursache seiner Verführung; 14) Denn Unbuß-fertigkeit wird mit Verblendung gestraft.

 

Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch; wandelt im Licht, dieweil ihr das Licht habt, dass euch die Finsternis nicht überfalle. Joh. 12,35.

 

Weil Christus und der Glaube mit dem ungöttlichen Leben verleugnet und fast ausgerottet wird, was soll uns denn seine Lehre? Denn seine Lehre, Wort und Sakrament wird uns darum gegeben, dass dieselbe in ein heiliges Leben soll verwandelt werden, und dass aus dem Wort und Sakrament ein neugeborner, heiliger, geistlicher Mensch werden solle, als eine gute Frucht aus einem edlen Samen. Und der heißt dann ein Christ, der aus dem Geist, Wort und Sakrament neu geboren ist, als aus Christo, der an Christum glaubt und in Christo lebt. Denn wie ein Kind von seinem Vater gezeuget wird, also ein Christ aus Gott und Christo durch den Glauben.

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2. Dieweil wir aber nicht wollen Christi Lehre ins Leben verwandeln, sondern mit dem Leben dawider sein; wie können wir denn aus Gott geboren sein, und was soll uns denn seine Lehre? Was soll uns denn sein Licht, so wir in Finsternis wandeln wollen? Darum weichet das Licht hinweg, und dann muß Finsternis kommen, falsche Lehre, Irrtum und Verführung. Davor hat uns der Herr gewar-net, da er spricht: Liebe Kindlein, wandelt im Licht, dieweil ihr es habet, dass euch die Finsternis nicht überfalle, das ist Irrtum, Verführung, Verstockung, Finsternis und Verblendung. Wie solche Verstockung überfallen hat den Pharao, die Juden, den Julianus, welcher dennoch zuletzt, durch seine Strafe, in seinem Gewissen überzeugt ward, dass der gekreuzigte Christus noch lebe, und ein wahrer Gott sei, darum sprach er: Du hast endlich überwunden, du Galiläer! Besser wäre es gewesen, er hätte gesagt: Erbarme dich! aber das konnte er nicht sagen, wegen seiner Verstockung; er hatte Christi Gnade verachtet und verleugnet, darum ward sie ihm nicht.

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3. Solche Verstockung ist die rechte Finsternis, so diejenigen endlich überfällt, die in dem Licht nicht wandeln wollen; und ist eine rechte Strafe derer, welche die Wahrheit lästern, wie Pharao tat: Wer ist der Herr, deß Stimme ich gehorchen muß? Ich weiß nichts von dem Herrn, 2 Mos. 5,2. Darum mußte er desselben Gewalt fühlen, und Gott bewies seine Macht und Stärke an ihm, und statuierte an ihm ein Exempel, machte ihn zum Schauspiel und Spektakel der ganzen Welt, auf dass man erfahren sollte, was ein Mensch gegen Gott vermöge.

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4. Also, da die Juden nicht hören wollten, schlug sie Gott mit Blindheit und Ver-stockung, wie ihnen Moses lange zuvor geweissaget hatte, dass es ihnen also gehen würde, 5 Mos. 26,28. und Kap. 32,20. Wirst du meiner Stimme nicht gehorchen, so will ich dich mit Blindheit schlagen und Rasen des Herzens. Die wird hernach in das Werk gesetzt, Jes. 6,9. Daraus wir sehen, dass solche Ver-stockung eine gerechte Strafe sei des Unglaubens und der Verachtung Gottes und seiner Wahrheit, wie St. Paulus 2 Thess. 2,10.11.12. ausdrücklich bezeuget, da er spricht: Darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben wollen an-nehmen, dass sie selig würden, wird ihnen Gott kräftigen Irrtum senden, dass sie den Lügen glauben, auf dass gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glau-ben, sondern Lust haben zur Ungerechtigkeit. Da hören wir, aus welchen Ur-sachen solche Verblendung und Verführung verhängt werde.

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5. Und zwar, wem Gott seine angebotene Gnade entzieht, der ist genug geschla-gen, und kann nicht wieder aufkommen; so ging es dem Pharao und Julianus. Wem Gott sein Licht entzieht, der muß wohl in Finsternis bleiben. Er entziehet aber niemand sein Licht, außer denen, die nicht im Licht wandeln wollen; er ent-zieht niemand seine Gnade, außer denen, die dieselbe von sich stoßen.

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6. Daher freilich St. Paulus Röm. 9,18. spricht: Er erbarmet sich, welcher er will, und verstocket, welche er will. Er will sich aber über alle erbarmen, so seine Barmherzigkeit annehmen, und will diejenigen verstocken, so die angebotene Gnade lästern und von sich stoßen, wie St. Paulus ausdrücklich zu den Juden spricht: Ap. Gesch. 13,46. Weil ihr das Wort von euch stosset, und euch selbst nicht wert achtet des ewigen Lebens, so wenden wir uns zu den Heiden. Die Heiden aber wurden froh, preiseten das Wort, und wurden gläubig, so viel ihrer zum ewigen Leben verordnet waren, d. i. so viel ihrer das Wort der Gnaden, als das Mittel zum Glauben, nicht haben von sich gestoßen. Denn weil das die Juden taten, haben sie nicht können gläubig werden. Denn Gott hat niemand zum Le-ben verordnet, der sein Wort von sich stößt.

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7. Die Gnadenwahl und Verordnung zum Leben ist in Christo geschehen, mit diesem Anhang: dass Gott seine Gnade allein anbiete durch das Evangelium, und welche dasselbe annehmen, die sind zum ewigen Leben verordnet; die es aber von sich stoßen, die achten sich selbst nicht wert des ewigen Lebens, spricht St. Paulus, d. i. sie machen es selber, dass sie nicht wert sein des ewigen Lebens, und schließen sich von der allgemeinen Gnade aus, tilgen ihre Namen aus dem Buch des Lebens, d. i. aus Christo, durch ihre Halsstarrigkeit, wodurch sie das Wort Gottes von sich wegstoßen, darum können sie nicht gläubig wer-den.

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8. Nun aber stoßen die nicht allein Gottes Wort von sich, so die Lehre von Christo nicht wollen annehmen, wie die Juden und Türken, sondern auch die, so nicht in Christi Fußstapfen wollen wandeln, und sein heiliges Leben annehmen, und im Licht nicht wandeln wollen, sondern in der Finsternis. Darum entzieht ihnen Gott auch das Licht seines Wortes und der reinen Lehre. Denn er spricht: Joh. 8,12. Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolget, der wird nicht wandeln in Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.

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9. Daraus folget nun, wer Christo in seinem Leben nicht folget, der muß in Finsternis wandeln, d. i. in Irrtum geraten, verführet, verstocket und verblendet werden. Sehet die Hoffärtigsten, Prächtigsten, Herrlichsten, Weisesten, Ge-lehrtesten, Mächtigsten dieser Welt an, wie sie in Irrtum geraten, verführet und verblendet werden, was ist die Ursache? Sie leben nicht in Christo, folgen ihm nicht im Leben, darum können sie das Licht des Lebens nicht haben.

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10. Und was ist die Ursache so vieler Verführung und Irrtums, welche St. Paulus 2 Thess. 2,9. nennet Wirkung des Satans, und lügenhafte Kräfte? Derer werden noch immer mehr und mehr kommen, weil die ganze Welt Christo nicht folget im Leben. Denn was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmet Christus mit Belial? 2 Kor. 6,15. d. i. die reine Lehre und Licht der Erkenntnis Gottes bleibt nicht bei denen, die im Teufel leben, in Finsternis, in Hoffart, Geiz und Wollust. Denn wie sollte die reine göttliche Lehre da bleiben, wo so ein unreines, ungöttliches Leben geführt wird? Reine Lehre und ein unreines Leben stimmen nicht zusammen, haben keine Gemeinschaft.

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11. Wollen wir nun die Lehre erhalten, so müssen wir einen andern Weg gehen, und das unchristliche Leben fahren lassen, dem Herrn Christo nachfolgen, auf-wachen von Sünden, so wird uns Christus erleuchten, mit dem Licht des wahren Glaubens, Eph. 5,14. Derowegen, wer nicht in die Fußtapfen Christi tritt, in seine Liebe, Demut, Sanftmut, Geduld, Furcht Gottes, der muß verführt werden denn er gehet nicht auf dem Weg, der zur Wahrheit führet.

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12. Wenn wir allein in Christo lebten, und wandelten in der Liebe und Demut, und unsern ganzen Fleiß und Theologie dahin richteten, wie wir das Fleisch töteten, und in Christo lebten, wie Adam in uns sterben und Christus in uns leben sollte, wie wir uns selbst überwinden sollten, und dem Fleisch, Teufel und Welt obsie-gen möchten: so wäre so viel Gezänks nicht in der Lehre, und fielen alle Ketzereien von selbsten.

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13. Was war Ursache, dass vierhundert falsche Propheten den Achab verführten, und überredeten ihn, in Krieg zu ziehen? 1 Kön. 22,6. Antwort: Sein gottloses, tyrannisches Leben. Auf ein solches Leben folgte ein solches falsches Licht, dass er der Lügen glauben mußte zu seinem eigenen Verderben. Der wahre Prophet Micha sagte ihm die Wahrheit, er würde im Kriege umkommen, das wollte er nicht glauben; die falschen Propheten sagten: er würde mit Frieden wieder kommen, das waren Lügen, denen glaubte er; er kam aber so wieder, dass die Hunde das Blut leckten, wie er verdient hatte.

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14. Das mag heißen, wie St. Paulus 2 Kor. 4, 4. spricht: Dass der Gott dieser Welt der Ungläubigen Sinne verblendet, dass sie nicht sehen können das helle Licht des Evangelii. Ja, was ist das anders, was Gott Jes. 29,13,14. 1 Kor. 1,19. drohet allen Heuchlern, die Christum und seine Lehre im Munde führen, und mit der Tat verleugnen, als dass ihnen Gott falsche Propheten verhängen wolle, wie über Achab? Denn er spricht ja deutlich genug: Darum, dass sich dieses Volk mit dem Munde zu mir nahet, und mit den Lippen mich ehret, aber im Herzen weit von mir ist; so soll die Weisheit ihrer Weisen untergehen, und der Verstand ihrer Klugen verblendet werden; ihre Propheten und Seher wolle er verblenden, dass ihnen Gottes Wort sein sollte, wie ein versiegeltes Buch, ober wie einem, der nicht lesen könne v. 11.12. Und von den Juden spricht St. Paulus, 2 Kor. 3,16. dass ihnen eine Decke vor ihren Augen hange, dass sie in ihren eigenen Prophe-ten ihren Messias nicht finden noch sehen können: Wenn sie sich aber zum Herrn bekehrten, würde die Decke hinweggenommen etc.

 

Gebet um wahre Erleuchtung.

 

Herr Jesu Christe! bleib bei mir mit deinem Gnadenlicht, und laß mich dasselbe nimmermehr durch ein unchristliches Leben verlieren, sondern dir allein, und stets nachfolgen, damit ich das Licht des Lebens haben und behalten, und vor aller verführerischen Lehre, Verstockung und Verblendung verwahret werden möge, Amen.

 

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