DAS SIEBENUNDDREISSIGSTE KAPITEL. (2.B./37.K.)
GRUND UND URSACHE, DASS GOTT UNSER GEBET
GEWISS UND GNÄDIG ERHÖRE.
Inhalt.
1) Die Treue und Güte Gottes ist unser Trost im Kreuz. 2) Denn Gott ist selbst das wesentliche Leben, und aller lebendigen Dinge Leben. 3) Des Menschen Leben ist edler, als anderer sichtbaren Kreaturen, der Engel noch edler, Christi das edelste, 4) Nun leuchtet Gottes Gütigkeit aus allen Kreaturen, als dem Buch der Natur; 5) seine Gnade aber ist in der heiligen Schrift geoffenbaret, 6) damit wir wüßten, wie gut und gnädig Gott sei; 7) und damit wir an ihn glauben, ihn lieben und anrufen möchten. 8) 9) 10) In Christo ist uns alle Güte und Gnade Gottes geschenkt, 11) und zu uns auf Erden gekommen, uns zum Glauben und Gebet zu erwecken. 12) Die Hauptgründe, dass Gott unser Gebet gewißlich erhöre, sind: 13) 1. Gottes höchste Güte und Freundlichkeit, 14) da er bereit ist, uns alles, auch sich selbst zu geben. 15) 2. Gottes Wahrheit und teure Ver-heißung. 16) 3. Sein erbarmendes Vaterherz. 17) 4. Die Fürbitte Jesu Christi, 18) die er auf Erden getan, und nun auch im Himmel tut. 19) 5. Das Zeugnis des heiligen Geistes in uns. 20) 6. Die Inwohnung Gottes und Christi durch den Glauben. 21) 7. Weil der heilige Geist selbst das Gebet wirket. 22) 8. Weil Gott nicht vergeßlich ist, wie ein Mensch. 23) 24) Einwurf: Ich habe oft gebetet, und Gott erhöret mich nicht. 25) Antwort: 1. Das Gebet wird allezeit erhöret. 26) 2. Wo nicht nach unserm Willen, doch nach unserer Seligkeit; wo nicht am Leibe, doch an der Seele. 27) Darum laß dir an Gottes Gnade genügen. 28) 3. Wo nicht in diesem, doch gewiß in jenem Leben. 29) Hier ist die Saatzeit, dort die ewige Ernte.
Denn du, Herr! bist gut und gnädig, von großer Güte, allen, die dich anru-fen. Vernimm, Herr! mein Gebet, und merke auf die Stimme meines Flehens. In der Not rufe ich dich an, du wollest mich erhören. Ps. 86,5.6.7.
Es sagt der Prophet Klagl. Jer. 3,22. seq. Die Güte des Herrn ists, dass wir nicht gar aus sind. Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Mor-gen neu, und seine Treue ist groß. Der Herr ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen.
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2. Allhie tröstet uns der heilige Geist in unserm Kreuz, dass uns Gottes Güte und Barmherzigkeit erhalte, sonst würden wir bald aus sein. Wie Gott eine Ver-wechselung des Lichts und Finsternis im natürlichen Leben gemacht, also auch im geistlichen Leben. Da ist Finsternis und Licht, Traurigkeit und Freude, wie in der Natur. Also muß das Licht immer wieder aufgehen in der Finsternis, und Freude den frommen Herzen, Ps. 97,11. Denn die Güte Gottes ists, die alle Menschen im Leben und im Gedeihen erhält; in Gott leben, weben und sind wir, Ap. Gesch. 17,28. Gott ist ein Ursprung und Brunnen des Lebens und alles Guten; das beweisen seine Werke. Denn eine jede Wirkung beweiset ihren Ursprung. Weil Gott alle lebendige Dinge gemacht hat, so muß er selbst das Leben sein; weil er alle Dinge gut gemacht hat, so muß er selbst die Liebe sein. Darum er genannt wird ein lebendiger Gott, (du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn, sagt St. Petrus Matth. 16,16.) nicht allein von dem Wesen, darum, dass er für sich lebe, sondern von der Wirkung, dass er alle Dinge lebendig mache, und im Leben erhalte, allen Dingen Leben und Odem gebe, Ap. Gesch. 17,25. Ps. 104,27. Dan. 5,23. Du hast die toten Götzen gelobet, aber den Gott, der deinen Odem und alle deine Wege in seiner Hand hat, hast du nicht geehret, Jer. 2,13. Mich, die lebendige Quelle verlassen sie, und graben ihnen hie und da Brunnen, die kein Wasser geben, 5 Mos. 30,20. Ich bin dein Leben, und die Länge deiner Tage, Ps. 27,1. Der Herr ist meines Lebens Kraft. Daraus folget, dass Gott aller lebendigen Dinge Leben ist, dass er das Leben in allen wirkt und erhält, und es fließt aus Gott, als die Wärme aus der Sonne, davon nicht allein der Mensch, sondern auch alle Kreaturen leben, wie St. Paulus spricht: Röm. 11,36. Von ihm, in ihm und durch ihn sind alle Dinge, ihm sei Ehre und Macht in Ewigkeit, Amen, Kol. 3,11. Alles und in allen Christus.
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3. Wiewohl nun alle Kreaturen aus Gott ihr Leben nehmen, so hats doch der Mensch in einem höhern Grad. Der Mensch hat das edelste Leben unter allen irdischen Kreaturen, wegen der vernünftigen Seele, so in ihm wohnet. Darnach der Engel Leben ist noch edler und in höherem Grad, als des Menschen, weil Gottes Herrlichkeit in ihnen leuchtet. Daher sie genannt werden Engel seiner Kraft, 2 Thess. 1,7. Denn sie sind keiner Eitelkeit und Veränderung unterworfen, wie der Mensch. Darnach Christus unser Herr, der hat das alleredelste Leben, dieweil er wahrer Gott, und das Leben selbst ist. Er ist wahrhaftiger Gott und das ewige Leben, 1 Joh. 5,20. und hat das Leben im höchsten Grad. Gott von Gott, Licht von Licht, wahrer Gott von dem wahren Gott.
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4. Wie nun das Leben aus Gott ist: also alle Gütigkeit und Güte ist in Gott, und aus Gott; denn er ist das ewige Gut. Und alles, was gut ist und gut heißt, ist aus diesem Brunnen geflossen; darum haben alle Kreaturen ein Tröpflein der Gütig-keit Gottes, womit sie ihren Schöpfer bezeugen, gleich als redeten sie mit uns, und zum Exempel spräche der Weinstock zu uns: Siehe Mensch, die Süßigkeit habe ich von meinem Schöpfer, damit ich dir dein Herz erfreue. Und das Brot spräche zu uns: Sehet, diese Kraft zu sättigen habe ich von meinem und eurem Schöpfer etc. Das höchste Gut hat alle Kreaturen mit dem Tröpflein seiner Gütig-keit besprenget, sagt St. Augustinus, zu dem Ende, dass es dem Menschen sollte zu gute kommen, Ps. 65,12. Du krönest das Jahr mit deinem Gut, und deine Fußstapfen triefen vom Fette.
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5. Was nun in der Natur Gottes Gütigkeit heißt, das heißt in der Schrift Gottes Gnade. Jenes geht den Leib an, dieses die Seele. Wie nun Gott in dem großen Buche der Natur auf tausenderlei Weise seine Gütigkeit geoffenbaret, und dem Menschen zu erkennen gegeben, also in dem Buch der heiligen Schrift hat er unzähliger Weise seine Gnade und Liebe geoffenbaret, welches alles in Christo Jesu erfüllet ist. Denn in Christo ist zusammengefaßt alle Güte und Liebe im Himmel und auf Erden, darin ist alles.
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6. Was nun gut und übergut ist, das teilet sich gerne selbst mit, sonst könnte es nicht gut sein. Denn wie wüßte man sonst, ob es gut wäre, wenn sichs nicht zu erkennen gäbe. Also hätte niemand gewußt, wie gut und gnädig Gott wäre, wenn er seine Güte und Gnade nicht geoffenbaret und mitgeteilt hätte. Wer hätte ge-wußt, wer Christus wäre, wenn er seine Liebe nicht an uns bewiesen?
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7. Warum hat sich Gott aber geoffenbaret, dass er gut, gnädig und barmherzig sei? Darum, dass wir an ihn glauben, ihn über alle Dinge lieben, und ihn in allen Nöten anrufen sollen. Und durch die Offenbarung hat er unser Gebet erwecket und ins Herz pflanzen wollen. Denn wie soll man anrufen, den man nicht kennet? Röm. 10,14. Nehmet auch ein Exempel von Mose, 2. Mos. 33,19.20.21. als er wollte Gottes Angesicht sehen, darauf sprach der Herr: Mein Angesicht kann kein Mensch sehen, und lebendig bleiben, d.i. in meinem unbegreiflichen Wesen. Aber das will ich tun: Ich will dich auf einen Felsen stellen, und vor dir übergehen, und vor dir hergehen lassen alle meine Güte (nicht ein Tröpflein meiner Güte, oder einen Teil davon, wie du in allen Kreaturen siehest, sondern alle meine Güte sollst du sehen und empfinden), so wirst du mir hinten nachsehen, d. i. du wirst aus meinen Werken mich erkennen lernen. Als nun Gott der Herr in den Wolken hernieder kam, und alle seine Güte und Herrlichkeit vor Mose ging, rief Moses: Herr, Herr Gott, barmherzig und gnädig, geduldig, von großer Güte und Treue, der du Missetat und Sünde vergibst, und barmherzig bist in tausend Glied, vor welchem niemand unschuldig ist, 2. Mos. 34,6. Sehet, sobald nur Moses die Güte Gottes empfand, schrie und betete er also.
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8. So hat nun der allmächtige Gott seine Güte, Gnade, Liebe und Treue den Menschen geoffenbaret, und eben sowohl vor uns lassen übergehen, wie vor Mose, auf dass wir auch also rufen und beten sollen, wie Moses. Ja, sprichst du, wie ist denn solches geschehen? Wenn sich Gott mir auch also offenbarete, wie Mosi? Antwort: Es ist in Christo geschehen, in demselben hat Gott alle seine Güte lassen vor uns übergehen sichtbarlich. Denn wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes Gottes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit, Joh. 1,14.
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9. Wenn wir nun das bedenken, was Christus für uns getan, so möchten wir wohl rufen: Herr, Herr Gott, barmherzig und gnädig, geduldig, von großer Gnade und Treue.
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10. Da sehen wir, wie das Vorbild erfüllet ist, und wie Gott in den Wolken vom Himmel gekommen, und seine Güte vor uns lassen übergehen in Christo, seiner heiligen Menschwerdung.
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11. Als Paulus und Barnabas zu Athen unter den Heiden große Wunder taten, sprachen die Leute unter einander: Die Götter sind vom Himmel kommen, und Menschen worden, Ap. Gesch. 14,11. Das war ihr Urteil. Also ist alle Güte und Gnade Gottes in Christi von ihm zu uns auf Erden gekommen, zu dem Ende, auf dass uns Gott zu sich locke, unsern Glauben und Gebet erwecke. Denn Gott teilet uns seine Güte und Gnade mit durchs Gebet.
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12. Hiebei sollen wir nun etliche Hauptgründe merken, dass Gott unser Gebet ge-wiß erhöre.
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13. 1) Es ist das Gebet von einer solchen Art, dass es einen gütigen Menschen leicht beweget, ja von einer solchen Art, dass es auch oft einen harten Menschen beweget, wie Luk. 18,4.5. von der Witwe und ungerechten Richter geschrieben ist. Da bewegt die Witwe endlich den harten Richter durch ihr öfteres Gebet. Denn das Gebet, weil es aus dem Geist kommt, ist eine Stärke der Seele, da-durch manchem das Herz oft eingenommen und bewogen wird. Dieweil denn nun Gott nicht ein harter Gott ist, sondern die höchste Gelindigkeit, die zarteste Freundlichkeit, die höchste Geduld, die edelste Sanftmut, die brünstigste Liebe, und in Summa: Gott alle Tugend im höchsten Grade ist, so kanns nicht fehlen, ja es ist unmöglich, dass er nicht sollte durch ein herzliches Gebet bewogen wer-den. Denn wenn das nicht geschähe, so wäre er nicht die höchste Freundlichkeit und die edelste Gütigkeit. Darum, so wahrhaftig als Gott die höchste Freundlich-keit und Gütigkeit ist, so wahr wird er auch durch ein herzliches Gebet am aller-besten bewogen.
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14. Taulerus spricht: „Gott ist ja so jach nach uns, und eilet so sehr nach uns, und tut gleich, als wollte ihm sein göttlich Wesen gar zerbrechen, und zu nichte werden an ihm selber, dass er uns offenbare allen Abgrund seiner Gottheit, und die Fülle seines Wesens, und seiner Natur. Da eilet Gott zu, dass es also unser eigen sei, wie es sein eigen ist. Item: Wir sind zu unermeßlichen großen und ewigen Dingen geschaffen, berufen und geladen, und nimmt das Gott sehr übel von uns an, dass wir uns an kleinen, nichtigen, verfänglichen Dingen begnügen lassen, denn er ist bereit, uns alles zu geben, auch sich selbst. Item: Gott will und mag von rechter Liebe wegen uns nichts abschlagen, noch versagen, ja er kommt zuvor unserm Gebet, und gehet uns entgegen und bittet, dass wir seine Freunde sein sollen, und ist tausendmal williger zu geben, denn wir zu nehmen, bereiter zu geben, denn wir zu bitten.“
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15. 2) So erforderts Gottes Wahrheit und teure Verheißung, Ps. 50.15. Rufe mich an, so will ich dich erhören, Ps. 86,5. Der Herr ist gut und gnädig, von großer Güte, allen, die ihn anrufen, Ps. 145,18. Der Herr ist nahe allen, die ihn mit Ernst anrufen. Der Herr ist gut; ists noch zu wenig, so ist er von großer Güte; gegen wen? Gegen alle, die ihn anrufen. Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, und höret ihr Schreien, und hilft ihnen. Jes. 65,24. Joh. 16,23. Matth. 7,7.8. Bittet; lassets dabei nicht bleiben: Suchet; lassets dabei nicht bewenden: Klopfet an. Denn wer da bittet, der empfähet, und wer da suchet, der findet, und wer da anklopfet, dem wird aufgetan, Mark. 11,24. Alles, was ihr bitten werdet in eurem Gebet, glaubet nur, dass ihrs empfangen werdet, so wirds euch werden, Luk. 11,9. Dies muß Gott halten, oder er wäre nicht der, der sich in seinem Wort ge-offenbart hat. Und damit uns Gott erhören, und seine Güte uns vielfältig mitteilen möge, so hat er uns befohlen, viel und oft, ja ohne Unterlaß zu beten, Luk. 18,1. 1 Thess. 5,17.
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16. 3) So bekräftiget auch das allerfreundlichste Vaterherz Gottes. Luk. 11,11.13. Wo ist ein Kind oder Sohn, der den Vater bittet ums Brot, der ihm einen Stein dafür biete? So denn ihr, die ihr arg seid, könnet euern Kindern gute Gaben geben, vielmehr wird der Vater im Himmel den heiligen Geist geben denen, die ihn darum bitten. Ist er nicht der rechte Vater über alles, das Kinder heißt, im Himmel und auf Erden? Eph. 3,15. 2 Kor. 1,3. nennet St. Paulus Gott den Herrn einen Vater der Barmherzigkeit, und einen Gott des Trostes. Sollte ein Mensch barmherzig sein, und der, der ein barmherziges Herz gemachet hat, sollte selbst unbarmherzig sein? Sollte Gott ein Vaterherz geschaffen haben, und sollte selbst kein Vaterherz haben? Warum hätte sich Gott diesen Namen gegeben, wenn er nicht ein gnädiges Vaterherz hätte? So muß er nun gnädiglich erhören, oder muß seinen Namen Vater verlieren. Jes. 63,16. Du bist ja unser Vater, von Alters her ist das dein Name. Jer. 31,9. Ich bin Israels Vater, so ist Ephraim mein erstge-borner Sohn. Ja, das Mutterherz ist also geschaffen, dass es sich über den Sohn ihres Leibes erbarmet, Jes. 49,15. Wie sollte er selbst nicht ein erbarmendes Herz haben? Wie sollte er sich nicht unserer erbarmen, und unser Gebet er-hören, wenn wir so kläglich rufen und schreien? Sehet, wenn die Kinder krank sind und weinen, wie bricht der Mutter das Herz? Eben also vielmehr Gott dem Herrn auch, wie er selbst spricht: Jer. 31,20. Darum bricht mir mein Herz gegen ihm, ich muß mich sein erbarmen.
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18. 4) Bestätigets auch die Vorbitte unsers Herrn Jesu Christi. Wie hat der Herr in den Tagen seines Wandels auf Erden für seine Kirche und für alle Gläubigen ge-betet? Wie befiehlt er sie dem himmlischen Vater? Joh. 17,1. seq.
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18. 1) Heiliger Vater! erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, dass sie eins sein, gleichwie wir, v. 11. 2) Heilige sie in deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit, v. 17. 3) Ich bitte, dass du sie, weil sie in der Welt sein, vor allem Übel bewahrest, v. 15. 4) Ich bitte für sie und für alle, die durch dein Wort an mich glauben werden, v. 20. 5) Vater, ich will, dass wo ich bin, auch die bei mir sein, die du mir gegeben hast, v. 24. 6) Ich bitte für sie, dass die Liebe, womit du mich liebest, sei in ihnen, und ich in ihnen, v. 26. Nicht allein in dieser Welt hat er für uns gebeten, sondern auch jetzo zur rechten Hand Gottes, Röm. 8,34. Hebr. 4,14.16. C. 7,26. C. 9,11. Weil wir denn einen Hohenpriester haben, Jesum, den Sohn Gottes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen, und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird.
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19. 5) Bestätiget es auch das Zeugnis des heiligen Geistes, der unserm Geist Zeugnis gibt, dass wir Gottes Kinder sein, Röm. 8,16. Es ist unmöglich, dass das Zeugnis des heiligen Geistes in unsern Herzen könne umsonst und verloren sein.
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20. 6) Weil Gott und Christus bei uns sein, ja durch den Glauben in uns wohnen will, wie sollte er denn unser Seufzen nicht wissen? Ps. 139,4. Es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr! nicht alles wissest, du verstehest meine Ge-danken von ferne. Du darfst nicht denken, Gott sei viele tausend Meilen Wegs von dir, und höre dein Gebet nicht. Er ist in dir, und du in ihm, Ap. Gesch. 17,28. Joh. 17,23. Item: Gott lebet und webet in dir, wie soll er denn dein Gebet nicht hören? Ps. 38,10. Gott! vor dir ist alle meine Begierde, und mein Seufzen ist dir nicht verborgen. Ps. 19,15. Laß dir wohlgefallen die Rede meines Mundes, und das Gespräch meines Herzens vor dir.
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21. 7) Weil der heilige Geist, welcher wahrer Gott ist, unser Gebet selbst in uns wirket. Der heilige Geist ist ein Geist des Gebets, Sach. 12,10. Ja, er seufzet in uns, Röm. 8,26. Wie sollte nun Gott nicht hören, wissen und sehen, was er selbst tut und wirket. Darum ist es unmöglich, dass ein Seufzer sollte verloren sein, der aus dem heiligen Geist kommt, und zu Gott gehet. Er kommt von Gott, und geht zu Gott. In Gott kann nichts verloren werden. Die Werke sind in Gott getan, und kommen ans Licht, Joh. 3,21.
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22. 8) So ist Gott nicht ein vergeßlicher Gott, wie ein Mensch. Wie Gott alle Wohltaten behält, wie einen Siegelring, und ein jeder Gläubiger vor ihm ist, wie ein Denkzettel, Mal. 3.16. also vergisset er auch des Gebets nicht. Bei Gott ist keine Vergessenheit des Guten, sondern eine Vergessenheit unserer Sünden; Gottes Gnade ist so groß, so überflüßig, dass er ihrer nimmermehr gedenket. Aber das Gute, das von ihm herkommt, das kann er nicht vergessen, oder er müßte seines Werks und seiner selbst vergessen. Nun kommt unser Gebet von dem heiligen Geist her. Sollte denn der heilige Geist vergessen das Gebet und Seufzen, so er selbst in uns gewirket hat? Es ist unmöglich, er wird ja seines eigenen Werkes nicht vergessen, das er in uns gewirket hat. Gott kann ja seines Wortes und Zusage nicht vergessen. Ich denke noch wohl daran, was ich ihm geredet habe, Jer. 31,20. Darum sagt Ps. 56,9. dass er unsere Tränen zähle, Ps. 111,9. Er verheißt, dass sein Bund ewiglich bleiben soll. Was ist sein Bund? Die Vergebung der Sünden, mit Christi Tod bestätiget, mit dem heiligen Geist versiegelt, Eph. 1,13.
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23. Ja, sprichst du, ist das wahr, warum erhöret mich denn Gott nicht, und gibt mir meine Bitte? Ich habe auch oft gebetet, gerufen, und geseufzet, werde gleich-wohl nicht erhöret.
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24. Und das siehet man vielfältig vor Augen, dass einer oft lange um ein Ding bittet, bekommt es gleichwohl nicht, wird, unserem Ansehen nach, nicht erhöret. Wo bleiben doch diese Gründe der gewissen Erhörung? Und dies ist eine schwere Anfechtung, die oft manches arme Herz kränket und irre macht. Aber merke darauf diese beständige Antwort:
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25. Das Gebet wird 1) allewege erhöret, und ist unmöglich, dass er nicht sollte erhöret werden, aus vorerzählten Hauptgründen, welche sind wahrhaftig, fest und gewiß, a) So gewiß, als Gott ein freundlicher Gott ist. b) So gewiß, als Gott wahr-haftig ist in seinen Verheißungen, ja die ewige Wahrheit selbst ist. c) So gewiß, als Gott das barmherzigste Vaterherz hat. d) So gewiß, als Christus unser Mittler ist. e) So gewiß, als Gott und Christus in uns wohnen. Daran soll kein gläubiges Herz zweifeln.
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26. Dass aber Gott uns nicht alsbald gibt, was wir bitten und haben wollen, dero-halben uns dünket, wir werden nicht erhört, das kommt 2) daher, a) dass uns Gott nicht allezeit erhöret, nach unserm Willen, sondern nach unserer Seligkeit, b) Dass sich Gott hat vorbehalten, ob er uns dasjenige, darum wir bitten, will geben an unserm Leibe, oder an unserer Seele. Wenn wir nun um ein zeitliches Gut bitten, Gott der Herr aber erkennt, dass es uns nicht nützlich und selig ist, so gibt er es uns nicht am Leibe und zeitlichen Gütern, sondern an der Seele und geistlichen Gütern; und bekommen wir also gleichwohl das, um was wir bitten, geistlich an der Seele, ja mehr als wir bitten. Denn so viel die Seele edler und besser ist, als der Leib, und die geistlichen Güter, als die irdischen, so viel besser ist es auch, wenn uns Gott dasjenige, was wir äußerlich und leiblich bitten, an der Seele und geistlichen Gütern zulegt. Gott erfüllet unser Gebet an dem, daran am meisten gelegen, nämlich an der Seele. Ist doch am Leibe nicht das meiste gelegen, wenn nur der Seele geholfen wird. Leget dir Gott eine leibliche Krank-heit auf, und du bittest, Gott wolle dich gesund machen, so wird das Gebet erhöret und fehlet nicht. Gibt er dir nicht Gesundheit des Leibes, so gibt er dir Gesundheit der Seele, die besser ist. Wolltest du nicht lieber eine gesunde Seele haben, als einen gesunden Leib? Was hälfe dir ein gesunder Leib, wenn die Seele ungesund, das ist, unglaublich wäre, und müßte des ewigen Todes ster-ben? Ist aber die Seele gesund, so können wir mit David sagen: Herr! wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erden, wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, Ps. 73,25. Und mit dem kranken Hiob: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, Hiob 19,25. Darum war der Seele geholfen. Darum achtet der liebe David die himmlischen Güter höher, als das Zeitliche. Ps. 119,72. Dein Wort ist mir lieber, denn viel tausend Stück Gold und Silber.
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27. Ja, sprichst du, ich wollte gerne beides haben, gesunden Leib und eine ge-sunde Seele, zeitliche und ewige Güter. Ei, spricht Gott der Herr, laß dir an meiner Gnade genügen, 2. Kor. 12,9. St. Paulus wollte auch gerne, aber er be-kam dieselbe Antwort. Summa alles gläubige Gebet wird erhöret und erfüllet, wo nicht am Leibe, doch an der Seele.
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28. Zudem so hat sich Gott 3) auch dieses vorbehalten, ob er unser Gebet er-füllen wolle in diesem oder jenem Leben. Wenn du nun hie nicht bekommst, um was du bittest, so denke, es ist dir hie nicht nütze und selig; Gott sparet dir es aber bis in jenes Leben. Ist doch an diesem Leben nicht alles gelegen. Was dir hier Gott nicht gibt, dass wird er dir dort reichlich und tausendfältig geben. Denn, wie es unmöglich ist, dass Gott unser Gebet vergessen sollte, so ist es auch unmöglich, dass er es nicht sollte aus Gnaden belohnen. Geschiehet es nicht in diesem Leben, so wird es gewiß geschehen im ewigen Leben. So manches Gebet, so manche Gabe im ewigen Leben, denn da werden wir ernten ohne Aufhören, Gal. 6,9. Da wird er zu einer jeden gläubigen Seele sagen: Siehe, da hast du dein Gebet, das du zu mir geschicket hast, und da hast du das, darum du gebeten hast; für dein Gebet tausendfältige Gaben. Das sollen wir mit Geduld erwarten.
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29. Es wäre ein närrischer Ackersmann, wenn er kaum gesäet hätte, und wollte alsobald die Frucht haben, ginge und weinete: Ach! ich habe gesäet, und meine Augen sehen nichts wieder. Du Narr, kannst du die Zeit der Ernte nicht abwarten! Da wirst du deinen Samen und viele Früchte wieder bekommen. Also spricht mancher: Ach! ich habe nun so lange und viel gebetet, ich sehe gleichwohl nicht, dass etwas daraus werde, Gott will mich nicht erhören. Du Narr! du hast kaum gesäet, und willst allbereits ernten; kannst du nicht die Zeit der großen Ernte, des ewigen Lebens, erwarten? Was der Mensch hie säet, das wird er dort ernten, Gal. 6,7. Säest du hie viel Gebet und Tränen, einen edlen Samen, ei, du wirst dort mit Freuden tausendfach einernten, Ps. 126,5. Das muß erfüllet werden. Gott hat es geredet; erfüllet er es nun hie nicht, so muß es im ewigen Leben erfüllet werden. Also mancher, dem seine Kinder, Weib, gute Freunde sterben, weinet und heulet etc. Ach! lieber Freund, weißt du nicht, dass dies deine Sa-menzeit ist, du mußt ja erst säen und pflanzen, deine guten Freunde, ja deinen eigenen Leib, ehe du erntest. Warte, bis zur Zeit der großen Ernte, da werden die Schnitter, die heiligen Engel, deine Garben sammeln, und in die ewige Scheunen tragen, Matth. 13,30. Die Ernte ist nahe, und eilet herzu; da werden wir unser Gebet, Seufzen und Tränen, so wir vielfältig zu Gott geschickt haben, reichlich finden. Denn da werden wir an Gott alles haben, was wir immer hätten bitten, wünschen und begehren können. Und werden also alle Verheißungen Gottes, und diese unfehlbaren Hauptgründe in Ewigkeit in Christo Jesu wahr sein und bleiben, und an jedem Gläubigen, zu seiner ewigen Freude und Seligkeit, über-aus reichlich erfüllet werden, dass wir Gott dafür ewig rühmen und preisen werden.
Aufmunterungstrost wegen gewisser Erhörung.
Weil du, mein Herr und mein Gott! gut und gnädig bist, ja von großer Güte allen, die dich anrufen, so habe ich an deiner Erhörung nicht zu zweifeln, und liegt es nur an mir, dass ich nicht allein nach deinem Willen bete, sondern auch aus und in dem Geist, der mich selbsten vertritt mit unaussprechlichem Seufzen, und Zeugnis gibt meinem Geist, dass du mich erhören, und mir geben werdest, was mir nützlich und selig ist, in Zeit und Ewigkeit, Amen.