DAS SIEBENTE KAPITEL. (2.B./7.K.)

 

DIE BUSSE RECHT ZU VERSTEHEN, IST NOTWENDIG ZU WISSEN DER UNTERSCHIED DES ALTEN UND NEUEN MENSCHEN. ODER, WIE ADAM IN UNS STERBEN, UND CHRISTUS IN UNS LEBEN SOLL; ODER, WIE DER ALTE MENSCH IN UNS STERBEN, UND DER NEUE LEBEN SOLL.

 

Inhalt.

1) In einem Christen sind zwei widerwärtige Menschen, Adam und Christus. Jener muß sterben, dieser soll leben. 2) Da gilts Wachen, Beten, Kämpfen, 3) dass du die Welt in dir überwindest. 4) Lebet Adam in dir, so bist du nicht Gottes Kind, 5) sondern ein Kind und Behausung des Teufels. 6) Diese Erkenntnis lehret uns, dass wir von Natur in Adam alle gleich böse, und in Christo alle gleich gut sind, 7) und ist eine Arznei wider die geistliche Hoffart.

 

Wir wissen, dass unser alter Mensch mit Christo gekreuziget ist, dass der sündliche Leib aufhöre, dass wir hinfort der Sünde nicht mehr dienen.

Röm. 6,6.

 

Ein jeder Christ ist zweifach, und befinden sich in ihm zweierlei widerwärtige Menschen mit ihren Früchten, wie aus folgender Tafel zu sehen:

 

Adam.    Christus.

 

Alter Mensch.    Neuer Mensch.

 

Äußerlicher Mensch.    Innerlicher Mensch.

 

Alte Geburt.    Neue Geburt.

 

Fleisch.    Geist.

 

Natur.    Gnade.

 

Vernunft.    Glaube.

 

Finsternis.    Licht.

 

Baum des Todes.    Baum des Lebens.

 

Böse Früchte.    Gute Früchte.

 

Sünde.    Gerechtigkeit.

 

Verdammnis.    Seligkeit.

 

Tod.    Leben.

 

Alt Jerusalem.    Neu Jerusalem.

 

Reich des Teufels.    Reich Gottes.

 

Schlangensame.    Gottes Same.

 

Natürlicher Mensch.    Geistlicher Mensch.

 

Irdisches Bild.    Himmlisches Bild.

 

Dies bezeugt erstlich die heilige Schrift, darnach die Erfahrung. Die heilige Schrift redet vielfältig vom alten und neuen, vom innerlichen und äußerlichen Menschen, Eph. 4,22.24. Kol. 3,9.10. 2 Kor. 4,16. Item, dass der Geist Gottes in uns sei, Röm. 8,11. 1 Kor. 3,16. und Kap. 6,19. 2 Kor. 5,5. Eph. 1,13. Item, dass Christus in uns sei, Gal. 2,20. 2 Kor. 13,5. Zum andern bezeuget es die Erfahrung, näm-lich: der Kampf des Fleisches und Geistes auch in den Heiligen, Röm. 7,23. und die Früchte des Fleisches und Geistes, Gal. 5,19.22. Derowegen hieran im Geringsten nicht zu zweifeln, vielweniger bei Christen einiger Streit davon sein soll. Denn dies ist das Fundament der ganzen Schrift, und die rechte Erkenntnis des Menschen. Hierauf ist die Buße gegründet, dass Adam in uns sterben, und Christus in uns leben soll. Denn wenn Adam in uns stirbt, so stirbt und geht mit unter alles, was aus Adam ist, der alte Mensch, der äußerliche Mensch, die alte Geburt, Fleisch, Natur, Vernunft, Finsternis, Baum des Todes, böse Früchte, die Sünde, Tod, Verdammnis, Schlangensame, natürlicher Mensch, irdisches Bild, das alte Jerusalem, Reich des Teufels. Wenn aber Adam in uns lebt, so lebt und herrschet im Menschen der alte Mensch, die alte Geburt, Fleisch, Natur, Ver-nunft, Finsternis, Baum des Todes, die bösen Früchte, die Sünde, das alte Jerusalem, und das Reich des Teufels. Das gehört alles in die Verdammnis und unter den ewigen Fluch. Lebet aber Christus in uns, so lebt und herrschet in uns der neue Mensch, der innerliche Mensch, die neue Geburt, Geist, Gnade, Glau-be, Licht, Baum des Lebens, gute Früchte, Gerechtigkeit, Leben, Seligkeit, Gottes Same, geistlicher Mensch, himmlisches Bild, neues Jerusalem, und das Reich Gottes. Das gehört alles unter den Segen und in die Seligkeit. Da hat nun ein jeder Christ mit sich selbst genug zu tun, so lange er lebt, dass er den alten Adam nicht lasse in sich leben und herrschen, sondern den neuen Adam, wel-cher ist Christus.

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2. Da gilts Wachen, Fasten, Beten, Kämpfen, Streiten, und wie St. Paulus spricht: sich selbst prüfen, und versuchen, ob Christus in uns sei, 2 Kor. 13,5. ja dass wir mit Furcht und Zittern schaffen, dass wir selig werden, Phil. 2,12. dass wir durch die enge Pforte eingehen, und den schmalen Weg in Christo wandeln, Matth. 7,13. welcher ist, sich selbst hassen, verleugnen, absagen allem dem, das man hat, Luk. 9,23. Kap. 14,26. und der Sünde absterben, Röm. 6,2. Welches nicht mit lachendem Munde und Zärtelung des Fleisches zugeht, wie die zarten Heili-gen meinen, sondern mit innerlicher Traurigkeit, Reue und Leid, mit innerlichem Heulen und Weinen, wie der 6., 38. und andere Bußpsalmen bezeugen. Welches St. Paulus nennet, das Fleisch kreuzigen samt den Lüsten und Begierden, Gal. 5,24. Wenn dies geschieht, so lebt Christus in dir, und du in Christo, so herrscht und siegt Christus in dir durch den Glauben, Gal. 2,20. Darum St. Johannes spricht: Der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet, 1 Joh. 5,4.

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3. Du mußt aber die Welt nicht außer dir, sondern in dir überwinden; denn die Welt ist nicht außer dir, sondern in dir. Was ist die Welt anders, als Augenlust, Fleischeslust und hoffärtiges Leben? Das ist in dir; darum ist die Welt in dir, und du mußt dieselbe in dir überwinden. So heißt du alsdann und bist ein Kind Gottes. Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt. So bist du ein Kind des Lichts, ein Glied Christi, ein Tempel des heiligen Geistes, ein Schäflein Christi, ein guter Baum, der von sich selbst, ohne Gebot, ohne Gesetz, ohne Zwang, mit Lust, Liebe und Freude, gute Früchte bringet, Eph. 5,9.30. 1 Kor. 6,19. Joh. 10,27. Matth. 12,33. Kap. 7,17.

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4. Lebest du aber in Adam, und herrschet Adam in dir, so bist du nicht ein Kind Gottes, noch aus Gott neu geboren, sondern, indem du von der Welt überwun-den bist, und der Fürst dieser Welt in dir herrschet, durch Hoffart, eigene Ehre, Eigenliebe, bist du ein Kind des Teufels, Joh. 8,44. Denn welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder, Röm. 8,14. Also, die der Satan treibt, die sind des Satans Kinder, ja Glieder des Teufels, Kinder der Finsternis, Behausung der bösen Geister, das scheußliche Babylon, voller unreinen, abscheulichen Tiere, wie solches Jes. 13,21. Off. 18,2. Ezech. 8,10.11. ist vorgebildet; da der Prophet Ezechiel im Geist in den Tempel zu Jerusalem eingeführt ist, und unter andern zweierlei denkwürdige Sachen gesehen hat: 1) Allerlei Gestalt kriechender Würmer und abscheulicher Tiere, und allerlei Götzen und Gräuel des Hauses Israel, gemalet an der Wand rings umher. 2) Darnach (welches noch ärger ist) siebenzig Männer aus den Ältesten von Israel, welche denselbigen Bildern und Tieren geräuchert und geopfert haben.

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5. Siehe, o Mensch! da ist dein altes adamisches, viehisches, tierisches Herz abgemalet; denn wenn du in den Tempel deines Herzens gehen wirst, so wirst du erstlich sehen eine große Menge abscheulicher Tiere, Bilder und Götzen, welche in deinen adamischen Gedanken und Gedächtnis geschrieben sein; darnach, welches ärger ist, da solche Gräuel aus deinem Herzen billig sollten vertrieben, und von dir heiße Tränen darüber vergossen werden, dass du ein solch unreines Haus voller böser Würmer bist, die du durch Buße und Tötung des Fleisches erwürgen solltest, so liebst du dieselben noch, dienest ihnen, opferst ihnen, be-lustigest dich in denselben, und denkest nicht, daß dein Herr Christus durch solche Gräuel aus deinem Herzen vertrieben wird, und keine Statt in dir haben kann, und du dich also des höchsten ewigen Guts selbst beraubest, des heiligen Geistes und aller seiner Gaben. Du trauerst, wenn du etwas tust, daraus dir ein großes Unheil entsteht, oder wenn du etwas Liebes verlierest; warum trauerst du denn nicht, wenn du Christum aus deinem Herzen verlierest und vertreibest, und dein Leib und Seele eine Behausung der bösen Geister wird?

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6. Aus diesem allem verstehest du nun, was Adam und Christus sei, wie die-selben beide in dir sein und leben. Dazu gehört auch diese Erkenntnis: 1) Daß wir von Natur in Adam alle gleich sein, keiner besser, als der andere. Denn wir sind alle gleich durch und durch verdorben und vergiftet an Leib und Seele, wie St. Paulus spricht: Röm. 3,23. Es ist hie kein Unterschied, nicht allein unter Juden und Heiden, sondern auch unter allen Menschen. Es ist keiner unter uns besser vor Gott, als der ärgste Mensch und Übeltäter. Obgleich die Bosheit nicht bei allen ausbricht, so richtet doch Gott alle Menschen nach dem Herzen und vergifteten Brunnen. Es ist auch keine Sünde so groß, die ein Mensch nicht be-ginge von Natur, wenn ihn Gottes Gnade nicht erhielte. Denn von Natur können wir nichts anders, als sündigen auf das allerschrecklichste, Jer. 13,23. Daß wir es aber nicht tun, das haben wir nicht unsern Kräften oder Klugheit zu danken, sondern der Gnade Gottes, die uns vor Sünden bewahret, 1 Mos. 20,6. Das soll uns dienen zur Demut und Gottesfurcht, daß keiner den andern verachte, und nicht sicher sei. 2) Gleichwie wir aber in Adam von Natur alle gleich böse sein, und ist kein Unterschied, was die verderbte Natur anlanget; also sind wir auch in Christo gleich gut und fromm gemacht. Denn es hat vor Gott keiner eine andere oder bessere Gerechtigkeit, als der andere. Christus ist unser aller Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung, 1 Kor. 1,30. Kap. 6,11. und ist in Christo keiner besser denn der andere, gleichwie auch in Adam. Denn gleichwie wir in Adam von Natur alle ein Mensch und ein Leib sein, aufs höchste vergiftet und verdorben, also sind alle Gläubigen in Christo ein Mensch, ein Leib, aufs höchste geheiliget und gereiniget durch den Glauben und das Blut Christi.

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7. Dies ist eine Arznei wider die geistliche Hoffart, daß sich keiner vor Gott höher und besser halte, als der andere, ob er gleich mehr Gaben hat. Denn gleichwie die Gerechtigkeit und Seligkeit eitel Gnade ist, so sind auch alle Gaben eitel Gnade und ein fremdes Gut. Diesen Grund der Gnade Gottes erkenne, so wird dich die Gnade nicht lassen stolz sein, oder stolz machen, sondern wird dich geistlich arm machen, und wirst dich selbst in deiner Armut und Elend recht er-kennen, und Christum in dem großen Reichtum seiner Gnade über alle Men-schen.

 

Gebet um ein neues Leben.

 

Hilf mir, o Jesu! durch deine göttliche Kraft den alten Adam kreuzigen, samt den Lüsten und Begierden, daß der sündliche Leib aufhöre, und ich hinfort nicht mehr der Welt und den Sünden, sondern dir allein diene in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die dir gefällig ist mein Leben lang, ja in alle Ewigkeit, Amen.

 

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