DAS ACHTE KAPITEL. (2.B./8.K.)

 

WIE FREUNDLICH UNS GOTT ZUR BUSSE LOCKET,

UND WARUM DIE BUSSE NICHT ZU VERSÄUMEN IST.

 

Inhalt.

1) Gott hat die Bekehrung auf mancherlei Weise abgebildet. 2) Sonderlich sind die zwei Gleichnisse vom verlornen Schafe und Sohne tröstlich. 3) Da wird abge-malet 1. das unbekehrte Herz des Sünders. 4) 2. Das reuende Herz des bußferti-gen Sünders. 5) 3. Das erbarmende Vaterherz Gottes. 6) Sieben Ursachen sollen uns zur Buße bewegen: 7) 1. Gottes Barmherzigkeit. 8) 2. Christi Freundlichkeit. 9) 3. Die Drohung der zeitlichen Strafe, 10) (denn dem Zorn Gottes kann nie-mand entfliehen). 11) 4. Der zeitliche Tod. 12) 5. Das jüngste Gericht. 13) 6. Die ewige Höllenpein. 14) 7. Die Freude des ewigen Lebens.

 

Also, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut. Luk. 15,10.

 

Es hat der vielgetreue und gnädige Gott die Bekehrung der Menschen, und die wahre Buße und mancherlei Weise und Art uns in seinem Wort vorgebildet, un-sere harte und steinerne Herzen dadurch zu erweichen, und zu bekehren von der Welt, von uns selbst, vom Satan zu Gott, Ap. Gesch. 26,18.

----------

2. Unter andern aber sind die beiden Gleichnisse, Luk. 15. vom verlornen Schäf-lein und vom verlornen Sohn so tröstlich und so herzbrechend, dass sie nicht wohl ohne Tränen können gründlich und innerlich betrachtet werden. Denn der Herr Jesus darinnen abmalet dreierlei Herzen: 1) Das unbekehrte Herz des Sün-ders. 2) Das reuende Herz des bußfertigen Sünders. 3) Das erbarmende Vater-herz Gottes.

----------

3. Erstlich, das unbekehrte Herz des Sünders malt er ab in dem Bilde eines un-geratenen Sohnes, der sein Gut und Erbteil durchgebracht, und endlich anfängt zu darben, und mit den Schweinen die Trebern zu fressen. Welches nichts anders bedeutet, als uns ungeratene Kinder und sündige Menschen, die wir unser himmlisches Erbgut durch die Sünde verloren hatten, nämlich, Gerechtig-keit, Heiligkeit, Unschuld, und das schöne Bild Gottes, nach welchem wir ge-schaffen, Eph. 4,24. dadurch wir in die schwere Dienstbarkeit der Sünde, des Teufels und Todes geraten sind; auch in allen Menschenwerken und Gesetzen, so durch die Trebern bedeutet sein, weder Ruhe, Trost und Hilfe finden können, sondern ewigen Hungers sterben müßten, wenn wir nicht zurückdächten an die Gnade des Vaters.

----------

4. 2) Das reuende, bußfertige Herz hat er in diesen Worten abgemalt: Luk. 15,17. Da schlug er in sich, und sprach: Wie viele Taglöhner hat mein Vater, die Brot die Fülle haben, und ich verderbe im Hunger? Ich will mich aufmachen, und zu meinem Vater gehen, und zu ihm sagen: Vater! ich habe gesündiget im Himmel und vor dir. In diesen Worten ist herrlich abgemalet die wahre Buße, 1) die göttliche Reue: Er schlug in sich, er betrachtete sein Elend, dass er aus einem Kinde Gottes ein Vieh und unflätiges Schwein geworden, irdisch, viehisch, tierisch, bestialisch. Er erinnert sich aber seines Ursprungs, woher er kommen, gedenket an seinen Vater, und reuet ihn, bekennet seine Sünde und spricht: Vater! ich habe gesündiget im Himmel und vor dir; ich habe Gott und Menschen beleidigt. Erkennet auch seine Unwürdigkeit: Ich bin nicht wert, dass ich dein Sohn heiße. 2) Der Glaube, als das andere Stück der Buße, ist darinnen abge-malet, dass er sich aufmacht, und zum Vater gehet, und hat die Zuversicht, wenn ihn ja der Vater nicht wollte für seinen Sohn annehmen, so werde er ihn als einen Knecht und Taglöhner halten. Denn er spricht: Ich bin nicht wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu deinem Taglöhner. Und hoffet gewiß, der Vater werde ihm solches nicht versagen, sondern aus Gnaden sich über ihn erbarmen.

----------

5. 3) Das Vaterherz ist also abgemalet: 1) Da er noch ferne von dannen war, sahe ihn der Vater. Ach! die gnädigen Augen des Vaters, wie sehen sie nach den verlornen Kindern, das ist die vorkommende und vorlaufende Gnade, Ps. 79,8. Jes. 30,18.19. Ps. 32,8. 2) Jammert ihn, ist die erwartende Gnade. 3) Läuft und fällt ihm um den Hals, ist die aufnehmende Gnade. 4) Küsset ihn, ist die trösten-de Gnade, Jes. 66,13. 5) Bringet das beste Kleid her, das ist Christus und seine Gerechtigkeit, ist die rechtfertigende Gnade, Röm. 8,33. 6) Ein Fingerreif an seine Hand, ist der heilige Geist, der Trauring der Kindschaft, die vermählende Gnade, Gal. 4,6. Eph. 1,5. 7) Schuhe an seine Füße, ist ein neuer heiliger Wan-del in Christo durch den heiligen Geist und Gottes Kraft und Macht, das ist die erhaltende Gnade, 1 Petr. 1,5. Ps. 84,12. 8) Bringet ein gemästetes Kalb her etc. ist das Gastmahl und Freude der Engel; das ist, die erfreuende, lebendig-machende und krönende Gnade, Jes. 65,13. Ps. 63,4. und Ps. 103,4.

----------

6. Wie könnte uns doch Gott freundlicher zur Buße locken? Wollen wir demnach der fürnehmsten Ursachen, die uns zur Buße bewegen sollen, betrachten. Deren sind aber fürnehmlich sieben: 1) Die große Barmherzigkeit Gottes. 2) Christi Freundlichkeit und teures Verdienst. 3) Die schreckende Strafe und Drohung, 4) Der Tod. 5) Das jüngste Gericht. 6) Die Hölle. 7) Die ewige Freude.

----------

1) Gottes Barmherzigkeit.

7) 5 Mos. 4,29. seq. Wenn du den Herrn, deinen Gott, suchen wirst, so wirst du ihn finden, wo du ihn wirst von ganzem Herzen und von ganzer Seele suchen. Wenn du geängstiget sein wirst, und dich treffen werden alle diese Dinge in den letzten Tagen, so wirst du dich bekehren zu dem Herrn deinem Gott, und seiner Stimme gehorchen. Denn der Herr, dein Gott, ist ein barmherziger Gott, er wird dich nicht verlassen noch verderben; wird auch nicht vergessen des Bundes, den er deinen Vätern geschworen hat. Ach dies gnädige Vaterherz soll uns billig zur Buße locken; unsere Sünden können so viel nicht sein, es ist viel mehr Gnade bei dem Herrn, wie Ps. 130,7. spricht: Bei dem Herrn ist die Gnade und viel Ver-gebung bei ihm, und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden. Die Sünde kann so groß nicht sein, Gottes Barmherzigkeit ist noch größer: Ps. 51,3. Tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Unsere Sünden können so greulich nicht sein, Gott kann sie schneeweiß machen, Jes. 1,18. Wenn eure Sünden gleich blutrot wären, sollen sie schneeweiß werden, Ps. 51,9. Besprenge mich mit Ysopen, dass ich rein werde. Wasche mich, dass ich schneeweiß werde. Unsere Sünden können so mancherlei nicht sein, der Reichtum der Gna-de Gottes ist noch überschwenglicher, Eph. 2,7. denn er ist barmherzig, gnädig, geduldig, von großer Gnade und Treue, und vergibt Übertretung, Missetat und Sünde, 2 Mos. 34,6.7. Unsere Sünde kann so mächtig und stark nicht sein, Gott kann sie dämpfen und in die Tiefe des Meeres werfen, wie Pharao mit allem seinem Heer, Micha 7,19. Unsere Sünde kann so schädlich und giftig nicht sein, Gott kann sie heilen: Ezech. 33,12. Wenn sich der Gottlose bekehret, solls ihm nicht schaden, dass er ist gottlos gewesen.

----------

2) Christi Freundlichkeit.

8. Wie freundlich auch unser Herr Jesus Christus die Sünder aufgenommen, be-zeuget er, Matth. 9,12.13. da er spricht: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin kommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten; und Luk. 19,10. Des Menschen Sohn ist kommen, zu suchen und selig zu machen, das verloren ist. Von dieser holdseligen Freundlichkeit haben die Propheten geweissaget, Ezech. 34,2. seq. Wehe euch Hirten, die ihr das Verlorne nicht suchet, sondern strenge und hart über sie herrschet. Meine Schafe sind zerstreuet, als die keinen Hirten haben. Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen, und sie suchen, wie ein Hirt seine Schafe suchet, wenn sie von der Herde verirret sein. Ich will das Verlorene suchen, und das Verirrte wieder bringen, das Verwundete heilen, des Schwachen warten, Jes. 40,11. Er wird seine Herde weiden, wie ein Hirte; er wird die Lämmer in seine Arme sammeln, und in seinem Busen tragen. Nicht allein aber Christi Freundlichkeit locket dich zur Buße, sondern auch seine herzliche Traurigkeit, und sein heilig vergossenes Blut rufet dir. 1) Bedenke, wie er sein Leben nicht hat gegeben für den Himmel noch für die Erde, sondern für deine Seele; und du willst durch deine Unbuß-fertigkeit mutwillig diesen Schatz verlieren? 2) Bedenke, dass du mit keinem andern Lösegeld hast können erlöset werden, als durch das Blut Christi, 1 Petr. 1,19. Warum willst du dich dieser höchsten und teuersten Bezahlung verlustig machen? 3) Bedenke doch, wovon dich dein Herr Christus erlöset, nämlich vom Teufel und von der argen bösen Welt, von deinen Sünden; noch hast du Lust, dem Teufel ferner zu dienen. 4) Bedenke doch, dass dir Christi Verdienst ohne Buße nichts nütze, ja dass du Christi Blut mit Füßen tretest, und den Geist der Gnaden schmähest, Hebr. 10,29. 5) Bedenke, wie sauer du deinem Erlöser worden bist, wie er geweint, getrauert, gezittert, gezaget, Hebr. 5,7. wie schreck-lich er um deiner Sünde willen verwundet, Jes. 53,5. wie ein Wurm, Ps. 22,7. und Fluch am Holz worden, Gal. 3,13. O ein sehr trauriges Schauspiel! Und o ein er-bärmlicher Bußspiegel!

----------

3) Die Drohung der zeitlichen Strafe.

9. Ps. 7,12.13.14. Gott ist ein rechter Richter, und ein Gott, der täglich drohet. Will man sich nicht bekehren, so hat er sein Schwert gewetzet, und seinen Bogen gespannet, und zielet, und hat darauf geleget tödliches Geschoß; seine Pfeile hat er zugerichtet zu verderben.

10. Denn dem Zorne und Rache Gottes kann kein Mensch entfliehen, Amos 9,2.3.8. Wenn sie gleich in dem Himmel stiegen, will ich sie herabstürzen. Wenn sie sich gleich verbärgen im Grunde des Meers, will ich doch den Schlangen be-fehlen, die sie sollen daselbst stechen. Siehe, die Augen des Herrn sehen auf ein sündiges Königreich, dass ich es vom Erdboden vertilge, Zeph. 1,17.18. Ihr Blut soll vergossen werden wie Staub, und ihr Leib soll werden wie Kot. Denn ihr Sil-ber und Gold soll sie nicht erretten am Tage meines Zorns, sondern das ganze Land soll durch das Feuer meines Eifers verzehret werden. Solche schreckliche Drohungen sollen uns zur Buße treiben. Buße wendet große Landstrafen ab, ja den Untergang eines Volks, Stadt und Landes, wie zu Ninive, Jon. 3,5. Jer. 18,7. Plötzlich rede ich wider ein Volk, dass ich ausrotten und vertilgen will, v. 8. Wenn sichs aber bekehret, so soll mich auch gereuen die Strafe.

----------

4) Der Tod.

11. Darum hat Gott die Stunde des Todes verborgen, dass wir täglich und alle Stunden Buße tun, und eine jede Stunde für die letzte halten sollen. Bernhardus sagt: Das ganze Leben des Menschen ist ihm zur Buße gegeben, und ist nichts anders, als ein tägliches Kreuz und Pein, wie Ps. 38,18. stehet: Siehe, ich bin zu Leiden gemacht, und meine Plage ist alle Morgen da, Ps. 73,14. Gott hat dir seine Gnade verheißen, aber den morgenden Tag hat er dir nicht zugesagt: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und darnach das Gericht, Hebr. 9,27. Sir. 7,40. Bedenke das Ende, so wirst du nimmermehr sündigen. Denn wie dich Gott findet, so wird er dich richten. Darum sollst du in deinem Leben also sein, wie du wünschest zu sein in deinem Tode. Bedenke, wo die sein, die vor wenigen Jahren in fleischlichen Lüsten und Freuden gelebt. Jetzt sind sie an ihrem Orte, und erwarten das letzte Urteil. Darum gehet aus von ihnen, mein Volk, dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünde, auf dass ihr nicht empfahet etwas von ihrer Plage, Offenb. 18,4.

----------

5) Das jüngste Gericht.

12. Denn nach dem Tode wird keine Zeit oder Raum zur Buße sein. Hie in die-sem Leben wird entweder das Leben ewig verloren oder ewig behalten. Die Bußfertigen kommen nicht ins Gericht; über die Unbußfertigen aber wird das schreckliche Urteil ergehen: Gehet hin, ihr Verfluchten! in das ewige Feuer, Matth. 25,41. Jetzo ist der Tag des Heils. 2 Kor. 6,2. Dort der Tag des Gerichts, Ps. 95,7.8. Heute, heute, so ihr seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht, dass ich nicht schwöre in meinem Zorn: Sie sollen nimmermehr zu meiner Ruhe kommen, Hebr. 3,7.8.11. 2 Kor. 5,10. Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl unsers Herrn Jesu Christi, auf dass ein jeder empfange, wie er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei Gutes oder Böses. Den Bußfertigen aber werden ihre Sünden zugedecket, Ps, 32,1. und gar vergessen, Ezech. 33,16. Daran erkenne du deine Sünden, auf dass sie Gott vergebe und vergesse.

----------

6) Ewige höllische Pein.

13. Da wird alle Barmherzigkeit Gottes aufhören, und wird heißen: Gedenke Sohn! dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Luk. 16,25. Jetzt lebst du nun nicht mehr, sondern bist ewig tot, und Gott ewig abgestorben. Aus der Hölle ist keine Erlösung Ps. 49,15. Wie kann dem Gutes widerfahren oder einiger Trost, der ewig gestorben ist? Hie ist allein die Gnadenzeit, dort werden die Verdammten also sterben, dass sie doch allezeit und ewig sterben. Alle Sinnen werden da gequält werden. Sehen durch die ewige Finsternis, Hören durch Zähnklappern und Heulen, Riechen durch Schwefelgestank, Schmecken des ewigen Todes Bitterkeit, Empfinden durch ewige Qual.

----------

7) Die Freude des ewigen Lebens.

14. Sollte der Mensch eine so kleine nichtige Freude nehmen für die ewige Freu-de? Kein Ungerechter wird da hinein gehen, der sich nicht mit viel heißen Tränen im Glauben gereiniget und gewaschen, und seine Kleider helle gemacht im Blute des Lammes, Offenb. 7,13.14. Draußen sind die Unreinen, die Hunde, die Zauberer, und die da liebhaben und tun die Lügen, Kap. 22,15. Der Verächter keiner wird dies Abendmahl schmecken, Luk. 14,24. Die höchste Freude des ewigen Lebens ist Gott sehen, 1 Joh. 3,2. Das Anschauen Gottes ist alles, und ewiger Lohn. Die Freude der Auserwählten ist Christum sehen: Ihr werdet mich wieder sehen, und euer Herz wird sich freuen, Joh. 16,22. Das Anschauen des Angesichts Gottes ist der Engel Freude und Leben; das Engelbrot, davon die Engel leben; ihre unsichtbare Speise, wie der Engel Raphael zu Tobia sprach: Ich esse unsichtbare Speise, die kein Mensch sehen kann, Tob. 12,19. Gleichwie nun Gott sehen alle Freude ist, so ist Gott nimmer sehen, die größte, höchste, ewige, und alle Pein und Qual.

 

Gebet um wahre Bekehrung.

 

Wie freundlich lockest du mich, mein Vater! zur Buße, wie laufet mir deine Gnade vor! wie jammert dich mein Elend! wie heilig umfassest du mich, wenn ich wieder zu dir komme! wie freuest du dich über meine Bekehrung! wie herrlich kleidest du mich mit dem Kleide des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit deines Sohns! wie kräftig erquickest und sättigest du meine Seele von den Gütern dei-nes Hauses, dass mir Gutes und Barmherzigkeit nachfolget mein Leben lang! Ach! laß mich dieses alles wohl und recht erkennen, und das angebotene Heil gläubig ergreifen, dass ich meine Seele errette und selig werde.

 

- Zum nächsten Kapitel -