DAS ACHTZEHNTE KAPITEL. (3.B./18.K.)
DIE WELT MIT IHREM VERGNÜGEN
TREIBET AUS DEN HEILIGEN GEIST,
UND FÜHRET EIN DEN WELTGEIST,
WELCHER DIE SEELE IHRER EDELN
UND HÖCHSTEN RUHE BERAUBET.
Inhalt.
1) Ein Christ muß alle Weltfreude meiden, und auch in der Gesellschaft stets zu Gott einkehren. 2) Die Weltliebe aber wird nicht besser getötet, als durch Kreuz und Anfechtung.
Enthaltet euch von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele strei-ten. 1 Petr. 2,11.
Die Weltkinder suchen Lust und Freude dieser Welt, die Kinder Gottes aber fürchten sich davor, als vor der Lockspeise des Teufels, dadurch sie von Gott, ihrem höchsten Gut, abgerissen werden. Willst du nun diesen edlen Schatz in deinem Herzen behalten, so hüte dich vor den Ursachen und Gelegenheiten, dadurch du dieses höchsten Guts beraubet wirst, nämlich vor der Gesellschaft und Vergnügen der Welt, so sie treibet in Worten und Werken, ja vor allem Werk, darin Gottes Lob und Ehre nicht ist. Mußt du aber ja Not halben wider deinen Willen dabei sein, so siehe zu, dass du allezeit bei dir selbst bleibest, mit einem wahren Einkehren in dein Herz zu Gott, so behältst du allezeit den heiligen Geist, Friede und Freude, wo du dich hinkehrest. Und so mag dir die Welt mit ihrer Üppigkeit nicht schaden. Also war die Königin Esther inwendig von Herzen de-mütig, ob sie wohl auswendig mit königlichem Schmuck gezieret war. Also war David klein in seinem Herzen, in seinem großen Reichtum, 2 Sam. 6,22. Joseph hatte ein keusches Herz in dem wollüstigen Hause seines Herrn, 1 Mos. 39,9. Also gibt der heilige Geist allezeit den Seinen die göttliche Furcht, die sie vor der Welt und ihrer Üppigkeit behütet, auf dass sie den innerlichen geistlichen Frieden nicht verlieren, noch die Ruhe ihrer Seelen. Dies ist die Furcht Gottes, die der Weisheit Anfang ist, Psalm 111,10. Sir. 1,16. Darum kehret sich ein gottesfürchti-ges Herz nicht zu der Welt, sondern wendet sich von der Welt zu Gott und suchet seine Lust, Ruhe, Friede und Freude allein in Gott. Denn das ist die Frucht der wahren Reue, nämlich ein Abkehren von allem, das nicht lauter Gott ist, oder dessen, deß Gott nicht eine Ursach ist, und ein wahres Einkehren zu dem lautern und wahren Gut, welches Gott ist und heißt. Denn so wir das nicht getan, son-dern unser Leben in der Üppigkeit verzehret haben, das soll uns unser Lebtage gereuen. So aber ein Mensch dasselbige tut, und wäre es noch so ein großer Sünder gewesen, so freuet sich Gott über ihn, und will nicht ansehen seine Sün-den, sondern seinen Glauben, wie er begehret gegen Gott zu sein, von Grund seines Herzens. So eine große Begierde hat Gott zu des Menschen Heil, wel-chem doch so oft widerstanden wird, damit, dass sie sich zu der Welt von Gott abwenden, und treiben also mit Gewalt Gott aus ihrem Herzen, der sie doch mit seiner süßen Gegenwart begehrt zu besitzen.
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2. Darum, so muß ein Mensch der Welt absterben, will er Gott leben. Dabei be-findet sichs, dass der meiste Teil der Welt Gottes Feind sei. Ach! wie sind wir Gott so manchen Tod schuldig, bis die böse Natur sterbe, inwendig und aus-wendig, bis dass ein göttlich und adelich Leben folge. Diese Tötung geschieht durch mancherlei Kreuz und Anfechtung, inwendig und auswendig, welche unserer vergifteten Natur Arznei sind, dieselbe von ihrem bösen Gift zu heilen, auf dass ein göttlich Leben in uns angefangen werde. Darum dieselben An-fechtungen höchst nötig und nützlich sein; und wenn sie überhin wären und ausgestanden, sollten wir sie billig alle wieder rufen, und bitten, dass sie möchten wieder kommen, auf dass das Böse in uns getötet, und Gottes Werk in uns gepflanzet werde. So lernest du das alleredelste Werk, nämlich der Welt abster-ben, in Liebe und Leid, und dasselbe in einem Stillschweigen und Hoffen, heim-lich, inwendig ohne alle Klage. Denn die also klagen mit Ungeduld, die bezeugen, dass sie der Welt nicht wollen absterben, das ist, dass sie wenig Gutes in ihnen haben, und wenig göttlichen Lichts in ihrer Seele. Denn Gott kann im Menschen nicht leben, so er nicht der Welt abstirbet, sintemalen je mehr man der verderb-ten Natur lebet und ihrer Lust, je weniger man Gott lebet und seinem Willen; und je weniger man der Natur lebet und ihrer Lust, je mehr man Gott lebet und sei-nem Willen. Summa, je mehr ihr dem Geist wollet leben, je mehr ihr der Natur und dem Fleisch müsset sterben.
Danksagung für die Sendung des heiligen Geistes. (Siehe im Paradiesgärtlein.)