DAS ZWEITE KAPITEL. (4.B./1.T./2.K.)
VOM ANDERN TAGWERK GOTTES, VOM HIMMEL.
WIE DER HIMMEL EIN ZEUGE GOTTES IST,
UND DER SCHÖNEN WOHNUNG DER SELIGEN.
Inhalt.
1) Der Himmel ist eine Feste zwischen dem Wasser; 2) ein klarer und unver-gänglicher Körper, der durch seine Runde seinen Einfluß gleich austeilet; 3) ein subtiler und reiner Körper. 4) Der Himmel ist 1. ein herrlicher Zeuge Gottes. 5) Der Himmel ist rein und beständig; Gott und die himmlische Wohnung noch mehr. 6) Die Höhe und Weite des Himmels zeuget von der unermeßlichen Ge-walt und Weisheit Gottes. 7) Die Zirkel-Runde des Himmels bedeutet die Ewig-keit Gottes. 8) Die unaussprechliche Runde desselben, die Allgegenwart Gottes. 9) Der Himmel ist allenthalben oben, und Gott erfüllet alles zugleich. 10) Die Feste des Himmels bedeutet die Wahrheit Gottes und seines Wortes. Gottes Wort trägt den Himmel. 11) Sollte er dir seine Zusage nicht halten? 12) 2. Dieser sichtbare Himmel soll dich führen zu dem verborgenen Himmel der Seligen. 13) 3. Ja in dein eigenes Herz und Seele, die soll Gottes Himmel sein. 14) 4. Endlich zu dem neuen Himmel, den Gott schaffen, und da er alles sein wird.
Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen dem Wasser, und Gott nennete die Feste Himmel, 1 Mos. 1,6.8. Du wölbest es oben mit Wasser, und fährest auf den Wolken, als auf einem Wagen, und gehest auf den Fittichen des Windes, Ps. 104,6. Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündiget seiner Hände Werk, Ps. 19,1.
Obwohl viel Disputierens unter den Theologen und Philosophen, von der Materie und Substanz des Himmels ist, so wollen wir uns doch daran genügen lassen, dass Gott der Herr spricht: Es sei eine Feste zwischen dem Wasser. Welches im Buch Hiob erkläret wird: Wirst du den Himmel mit ihm ausbreiten, der fest ist wie ein gegossener Spiegel? Hiob 37,18.
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2. Daraus nicht unfüglich könnte geschlossen werden, dass die Feste zwischen dem Wasser, d.i. der Himmel aus Wasser gemacht sei, welches das hebräische Wort Schamajim andeutet. Doch wollen wir hie mit niemanden zanken, und sagen: Dass uns die Ordnung der Elemente zu erkennen gibt, dass der Himmel sei das allerbeständigste, reineste, subtileste, klareste, lauterste Wesen der großen Welt, oder der Wasser und Luft, geschieden von aller elementarischen Grobheit, ein durchscheinender, klarer, unvergänglicher Körper, welcher von wegen der Reinigkeit keiner Verderbnis unterworfen. Denn er ist von derselben abgeschieden, darum kann keine Verderbnis darein fallen, und kann sich mit der Unreinigkeit nimmermehr vermengen. Denn es sind zwei widerwärtige Naturen. Er ist voller wunderbarlicher Kräfte, alle untere Dinge zu regieren, und durch die Hand des Allmächtigen gestellt in die allerzierlichste überaus räumlichste Form der unbegreiflichen Runde; auf dass nicht allein in dieser Zirkelrunde die weite Ausbreitung der Luft; auch die Wasser- und Erdkugel beschlossen und gehalten werden, also, dass kein Element von seiner Stätte weichen mag, um welcher Ursache willen der Himmel das Firmament oder die Feste genannt wird; sondern dass er auch allen Elementen seinen Einfluß durch die Runde gleich austeilen könnte.
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3. Darum, was das Wesen des Himmels anlangt, so sehet die Erde an, wie schwarz, grob, dick sie ist, dass nichts Gröbers sein kann; darnach siehe das Wasser an, wie viel subtiler, lauterer, klarer, reiner ist es, denn die Erde. Denn je weniger Erde damit vermischet, je reiner es ist, also, dass man etliche Ellen tief hinein sehen mag. Siehe die Luft an, die ist abermals mehr geläutert, denn das Wasser, und ist gar durchsichtiger, unbegreiflicher, denn das Wasser so lauter und rein, dass man gar nichts an ihr siehet. Jetzt gedenke nun, wie ungleich diese Körper gegen einander sind, die Erde gegen dem Wasser, und das Wasser gegen der Luft, wie ein großer Unterschied ist zwischen ihnen des Wesens hal-ben? Jetzt bedenke nun den Körper des Himmels. Der ist über die Luft, und das klareste, lauterste Wesen, und je reiner das Wesen, je mehr Kraft ist in dem-selben.
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4. Sollte nun dies wunderschöne, reine, lautere Wesen des Himmels mit allen seinen Eigenschaften nicht 1. ein herrlicher Zeuge Gottes sein? Was ist der Himmel und die Zierde der ganzen Kreatur, sagt ein alter Scribent, anders, denn ein Spiegel, in welchem da leuchtet des höchsten Werkmeisters Meisterstück.
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5. Denn, so Gott der Allmächtige so ein reines, lauteres, beständiges Wesen geschaffen, welches wir doch in dieser Blödigkeit unsers Verstandes nicht aus-gründen können; was muß er denn selbst für ein reines, lauteres, ewiges, geist-liches, unerforschliches, unausdenkliches, unaussprechliches Wesen sein? Und so er den sterblichen Kreaturen so einen schönen Himmel geschaffen, in wel-chem sie eingeschlossen und erhalten werden; was wird er denn den untötlichen, unsterblichen Kreaturen für ein schönes Haus und Wohnung erbauet haben? Wir wissen, so unser irdisch Haus dieser Hütten zerbrochen wird, dass wir einen Bau haben, von Gott erbauet, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel, und wir sehnen uns nach unserer Wohnung, die vom Himmel ist, 2 Kor. 5,1.2.
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6. Was bedeutet die große Höhe und Weite des Himmels, dagegen die Erde ein Pünktlein ist, denn die unausdenkliche, unermeßliche große Gewalt und Weisheit Gottes? So viel höher der Himmel ist, denn die Erde, so viel sind meine Gedan-ken höher, denn eure Gedanken, und meine Wege höher, denn eure Wege, Jes. 55,9. davon im 4. Kapitel weitläufiger.
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7. Was bedeutet die große Zirkelrunde des Himmels mehr, denn die Ewigkeit Gottes? Denn wie in einem Zirkel weder Anfang noch Ende ist, also ist auch in Gott weder Anfang noch Ende.
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8. Was bedeutet die unaussprechliche Runde des Himmels anders, denn die Allgegenwart Gottes? Denn so der Himmel alles umschließt, und mit unermeß-licher Weite alles hält, hebt und trägt, wie sollte Gott nicht alles umschließen, halten, heben und tragen? Wer misset die Wasser mit der Faust, und fasset den Himmel mit der Spanne, und begreift die Erde mit einem Dreiling, und wieget die Berge mit einem Gewicht, und die Hügel mit einer Wage? Jes. 40,12.
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9. In einem Zirkel ist nichts unten noch oben, sondern alles zugleich unten und oben; also erfüllet Gott zugleich alles. Er erfüllet Himmel und Erden, und ist nicht weit von einem jeglichen unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir, Ap. Gesch. 17,28. Und ob gleich unter uns auch Menschen und viel andere Krea-turen Gottes sein, wie die Runde der Erde bezeuget; so hat es doch Gott der Herr also geordnet, dass allenthalben der Himmel oben ist, und alles muß gegen den Himmel über sich sehen und stehen? Welches die unermeßliche Weite des zirkelrunden Himmels macht. Sir. 43,13. spricht von der Runde des Himmels: Er hat den Himmel fein rund gemacht, und seine Hände haben ihn ausgebreitet.
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10. Was ist die Feste des Himmels anders, denn die ewige beständige Wahrheit Gottes und seines Worts? Denn wer hält den Himmel, dass er nicht falle? Wel-ches sind die Säulen, die ihn tragen? Oder woran hanget er? Nirgend, denn an der Gewalt des Worts Gottes. Die Säulen des Himmels zittern, und entsetzen sich vor seinem Schelten, er hält seinen Stuhl, und breitet die Wolken davor, Hiob 26,9.11.
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11. Siehe, kann Gottes Wort den Himmel also befestigen, und er sollte dir seine Zusage nicht halten? Hält und träget Gott den Himmel durch sein kräftiges Wort, Hebr. 1,3. und er sollte dich nicht können erhalten, heben und tragen?
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12. Es soll dich aber dieser vergängliche Himmel höher führen, 2. zu dem ver-borgenen Himmel. 1 Kön. 8,27. da das lieblichste Wesen, da Freude ist die Fülle, Ps. 16,11. welches St. Paulus das Paradies und den dritten Himmel nennet, 2 Kor. 12,2. und die Herrlichkeit, in welche unser lieber Herr Jesus Christus aufge-nommen worden, 1 Tim. 3,16. welches der Herr nennet seines Vaters Haus, da er uns die Stätte bereitet, Joh. 14,2. Welcher auch genennet wird aller Himmel Himmel, 1 Kön. 8,27.
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13. Ja, es soll dich dieser vergängliche äußerliche Himmel 3. in dich selbst führen, in dein eigen Herz und Seele. Da hat auch Gott seinen Himmel, in wel-chem er wohnet. So spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnet, deß Name heilig ist: Der ich wohne in der Höhe und im Heiligtum, und in denen, so zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke das Herz der Gedemütigten, und den Geist der Zerschlagenen, Jes. 57,15. Siehe, da ist Gott mit seinem ganzen Reich in dir, wie davon genugsam im 3. Buch gemeldet ist.
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14. 4) Letztlich so soll dich dieser äußerliche Himmel führen zu dem neuen Himmel, von welchem St. Petrus spricht: Wir warten eines neuen Himmels und einer neuen Erde, nach seiner Verheißung, in welchen Gerechtigkeit wohnet, 2 Petr. 3,13. Denn obgleich der Himmel also schön und rein von Gott gemacht, dass keine Verderbung darein fallen kann, dennoch so sind die Himmel vor Gott nicht rein, Hiob 15,15. Darum auch endlich die Himmel vergehen werden, wie 2 Petr. 3,10. und Ps. 102,27. stehet: Die Himmel werden vergehen und alle ver-alten, wie ein Gewand, sie werden verwandelt werden, wie ein Kleid, wenn du sie verwandeln wirst. Darum spricht St. Johannes: Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde verging. Und der auf dem Stuhl saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu, Offenb. 21,1. und der Pro-phet spricht: Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken soll, Jes. 65,17. Was wird das für eine schöne Stadt Gottes sein, das himmlische Jerusalem, welcher Baumeister ist Gott? Wer will es uns sagen, weil es kein Auge gesehen, kein Ohr gehöret, und in keines Menschen Herzen kommen, was Gott bereitet hat denen, so ihn lieb haben? 1 Kor. 2,9. Darum der heilige Evangelist Johannes das neue, himmli-sche Jerusalem beschreibet durch solche Dinge, so aus der Natur genommen, und in der Natur die köstlichsten sind, als da er sagt Offenb. Joh. 21,11, seq. Die Stadt sei als ein durchscheinend Gold, der Grund von Edelgesteinen, die Tore von Perlen, und sei voll Licht, Klarheit und Herrlichkeit Gottes, die sie erleuchtet anstatt der Sonne und des Lichts. In diesem neuen Himmel wird Gott alles in allem sein, 1 Kor. 15,28.
Gebet um himmlischen Sinn, und um den seligen Himmel.
Dieweil, o großer Gott! die Himmel deine Ehre erzählen, und die Feste deiner Hände Werk verkündigen; so laß auch mich, wenn ich die Größe, Höhe, Weite, Runde und Klarheit derselben anschaue, daraus deine Herrlichkeit, Weisheit, Wahrheit und dergleichen erkennen, und trachten nach dem, das droben ist, dass ich dein Himmel werde, und wenn Himmel und Erde vergehen, in den neu-en Himmel komme, den mir Jesus erworben hat, Amen.