DAS SIEBZEHNTE KAPITEL. (4.B./2.T./17.K.)

 

DASS EIN CHRISTENMENSCH KEINE ENTSCHULDIGUNG HABE,

DASS ER GOTT NICHT GELIEBET,

ENTWEDER AUS UNVERMÖGEN,

ODER DASS ES ZU SCHWERE ARBEIT SEI.

 

Inhalt.

1) Die Natur lehret uns, dass Gott zu lieben sei, weil er das höchste Gut ist, und wir von ihm alles haben. 2) Derohalben ist kein Mensch entschuldiget, dass er Gott nicht geliebet. 3) Man saget nicht, dass er es aus eigenen Kräften könne; sondern, dass ihn auch die Natur seiner Schuldigkeit überzeuge.

 

Haben sie so viel mögen erkennen, dass sie die Kreaturen hoch achteten, warum haben sie nicht viel eher den Herrn derselben funden? B. Weish. 13,9. Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer. 1 Joh. 5,3.

 

Gott hat allen Menschen einen Willen eingeschaffen, und in demselbigen die Lie-be. Denn kein Mensch ist ohne Willen und ohne Liebe, und kann auch kein Wille ohne Liebe sein; denn was ich liebe, das will ich, und was ich nicht will, das liebe ich nicht. Und aber der Mensch auch von Natur verstehen kann, dass er das Allerbeste lieben soll; und weil Gott das allerbeste und höchste Gut ist, so er-kennet der Mensch natürlich, dass er Gott zu lieben schuldig ist, verstehet auch die Ursache, warum er Gott lieben solle, nämlich weil er von Gott alles hat, daher die natürliche Verbindlichkeit entspringet.

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2. Derohalben ist nun kein Mensch entschuldiget, dass er Gott nicht geliebet hat. Denn so die Hündlein und unvernünftigen Tiere die lieben, so ihnen Gutes tun, sollte denn der Mensch allein so grob sein, dass er den höchsten Wohltäter nicht lieben sollte? Röm. 12,9. Ferner, dieweil die Liebe so lieblich ist, dass sie nicht müde wird, dass ihr die Arbeit nicht schwer wird, und keine Traurigkeit und Schmerzen in der Liebe sein kann, sonst wäre es nicht Liebe, sondern Haß; ja, es kann kein Überdruß in der Liebe sein, sonst hörte sie auf, 1 Kor. 13,4. seq. Ja die Liebe treibet hinweg alle Schmerzen, Pein und Angst, ja die Liebe macht alle Arbeit leichter, ob sie noch so schwer ist. Denn Liebe ist süß, anmutig, voll Freu-de und Wonne. Derohalben ist hier kein Mensch entschuldiget, sondern wir wer-den alle überzeuget, dass wir Gott zu lieben schuldig sind, auch mit Lust und Freuden, weil die Liebe ist das allersüßeste, lieblichste und anmutigste Werk, das ein Mensch tun kann. Und daraus erkennen wir Gottes Freundlichkeit, dass er den Menschen nicht hat wollen verpflichten zu einem unerträglichen, schweren, schmerzhaften Gottesdienst, davon der Mensch krank, matt und müde werde, sondern zu einem lieblichen, süßen Gottesdienst, welcher allein in Gottes Liebe stehet; und ist derowegen schließlich kein Mensch entschuldiget, wenn er Gott nicht liebet.

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3. Dies Kapitel ist nicht also zu verstehen, als könnte der Mensch von Natur nach dem Fall aus eigenen Kräften Gott lieben; sondern es überzeuget uns nur in un-serm Herzen und Gewissen, dass ein Mensch ärger sei, denn ein unvernünftig Tier, wenn er Gott, seinen Liebhaber, nicht liebet; und was der Liebe Art sei, auf dass wir als Christen dadurch erwecket werden, die Freundlichkeit und Süßigkeit der Liebe zu erkennen und dieselbe zu üben, dazu uns nicht allein Gottes Wort, sondern auch die Natur ermahnet und überzeuget.

 

Gebet um Gnade, Gott herzlich zu lieben.

 

Lieber Vater, wenn du uns etwas Großes hättest geheißen, so sollten wir, unserer Schuldigkeit nach, es ja tun; wie vielmehr, wenn du sagest: Du sollst deinen Gott lieben. Ach wirke in mir, was du befiehlst, so werde ich mit Freuden laufen in dem Wege deiner Gebote, und dich von ganzem Herzen lieben, Amen.

 

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