DAS DREIUNDZWANZIGSTE KAPITEL. (4.B./2.T./23.K.)

 

AUS DER ORDNUNG DER KREATUREN LERNEN WIR,

DASS DER MENSCH GOTTES EBENBILD SEI.

 

Inhalt.

1) Die Ordnung in den Kreaturen, da immer eine Gott mehr nachahmet, denn die andere, überzeugt uns, 2) dass der Mensch, das Ende aller Kreaturen, anfangs vollkommen nach Gottes Ebenbild geschaffen sein müsse.

 

Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.

1 Mos. 1,26.

 

Es ist eine gewisse Ordnung in den Kreaturen, und viele unterschiedliche Grade, dadurch sie Gott etlichermaßen nachfolgen und nachahmen, eine mehr, die andere minder. Die lebendigen Kreaturen, und die empfindlichen oder fühlenden Kreaturen ahmen Gott mehr nach, denn die unempfindlichen, die vernünftigen mehr, denn die unvernünftigen. Derowegen, weil wir augenscheinlich sehen, dass eine Ordnung in den Kreaturen ist, da immer eine Gott mehr nachahmet, denn die andere, von der geringsten Kreatur bis zu der edelsten, der Mensch aber die edelste Kreatur ist; derohalben so muß auch im Menschen sein der höchste Grad, Gott gleich zu sein; denn im Menschen ist das Ende aller Krea-turen.

----------

2. Derowegen muß auch der Mensch anfänglich ein vollkommenes Gleichnis oder Ebenbild Gottes gewesen sein; denn sonst wäre die Ordnung der Kreaturen vergeblich, da immer eine die andere in der Nachahmung Gottes übertrifft. Denn Gott hat in allen Kreaturen ein Zeichen eingebildet, oder ein Fußstapfen, daraus man den Schöpfer spüren mag. Gleichwie man ein Siegel in Wachs drücket; also hat Gott etwas in allen Kreaturen gelassen, wiewohl unvollkommen. Im Men-schen aber hat er anfänglich sein ganzes Siegel rein ausgedrückt, dass man sein Bild ganz siehet, welches man nicht siehet an andern Kreaturen, sondern nur etwas davon. Darum lehret uns die Ordnung der Kreaturen, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild vollkommen geschaffen sei. Dieweil aber Gott geistlich ist, und ein verständiges Gemüte, gerecht und heilig; derowegen muß auch sein Bild im Menschen also sein; daraus folgt, dass der Mensch muß eine geistliche Seele und ein verständiges Gemüt haben, darinnen anfänglich Gottes Ebenbild ge-leuchtet.

 

Gebet um Erneuerung des göttlichen Ebenbilds. (Siehe im ersten Buch Kap. 1.)

 

- Zum nächsten Kapitel -