DAS DRITTE KAPITEL. (5.B./1.T./3.K.)

 

VON DEN GEISTLICHEN ÜBUNGEN 

DES NEUEN INWENDIGEN MENSCHEN.

 

Inhalt.

1) Des neuen Menschen Übungen bestehen in Erkenntnis Gottes, Christi, sein selbst etc., und Betrachtung göttlicher Wohltaten etc. 2) Und das ist ihm eitel Lust und Freude, da er des Herrn Freundlichkeit schmecket.

 

Des neuen Menschen innerliche und geistliche Übungen bestehen vornehmlich in der wahren lebendigen Erkenntnis Gottes, in der Liebe Jesu Christi, in Be-trachtung seines allerheiligsten Verdienstes, in des heil. Geistes süßem und lieblichem Trost, in der Betrachtung der Liebe und Gnadenwerke Gottes, so uns in der Schöpfung und Erhaltung aller Kreaturen vor Augen gestellet werden, daraus Gottes Allmacht, Weisheit und Liebe leuchtet. Es betrachtet die gläubige Seele die Freundlichkeit Gottes, so seine göttliche Allmacht uns erzeiget, in Anordnung des starken Schutzes und holdseligen Beiwohnung der heiligen Engel, bittet Gott darum, und danket ihm. Bedenket oft die hohe Weisheit und Vorsichtigkeit Gottes, dadurch er alle Dinge regieret; danket Gott, dass er ihn aus Gnaden zu seinem Kinde in Christo erwählet hat; bedenket oft die Schönheit des Bildes Gottes, darnach der Mensch anfänglich geschaffen, dazu er nun durch den heil. Geist täglich erneuert wird. Betrachtet oft die Abscheulichkeit der Erb-sünde, darinnen wir empfangen und geboren sind, und bittet, Gott wolle ihn davon reinigen, und vor Sünden behüten; bedenket auch oft der menschlichen Kräfte Unvermögen und seine eigene Nichtigkeit, dass er lauter Nichts ist ohne Gottes Gnade. Fürchtet sich auch vor den Drohungen Gottes in seinem Wort und heiligen Gesetz, tröstet sich aber wieder mit den gnädigen Verheißungen des heiligen Evangelii von Vergebung der Sünden durch das Blut und Tod Christi erworben. Er lebet auch in stetiger Reue und Leid über die Sünde, tut von Her-zen Buße; er freuet sich der Gerechtigkeit in Christo durch den Glauben, übet Liebe und Barmherzigkeit gegen seinen Nächsten, übet sich in allen guten Wer-ken, zu Gottes Ehre und des Nächsten Wohlfahrt. Bedenket oft den Gnaden-bund, so Gott mit uns in der heiligen Taufe gemacht. Gebrauchet oft das heilige Abendmahl, und gedenket des heiligen Todes des Herrn, und danket ihm für den teuren Schatz seines Leibes und Blutes im Abendmahl, dadurch er uns seiner Liebe und unserer Erlösung versichert. Er freuet sich der Gemeinschaft der heiligen christlichen Kirche, über welche der Herr zum Haupte gesetzt ist, von dessen Fülle alle seine Glieder empfangen. Höret fleißig und andächtig Gottes Wort, und übet sich darin, rufet Gott an im Namen Christi Jesu, danket und lobet seinen Namen. Bittet Gott stets um Vergebung der Sünden, um Vermehrung des Glaubens, um Geduld im Kreuz, um Demut, um die göttliche Liebe, um Abwen-dung allerlei wohlverdienten Strafe, um Beistand in allen Anfechtungen, um die gnädige Beiwohnung Gottes, um Trost, Friede und Freude des Herzens, um das ewige Leben und zukünftige Herrlichkeit. Dieses alles erfordert ein andächtig, Gott ergebenes Herz, welches sanft in Christo und des heil. Geistes Trost ruhet. Und kann demnach nicht fehlen, ein solches Herz muß viel geistliche Gaben empfangen, Erleuchtung, Gnade, Trost, Leben, Stärke, Kraft, Friede und Freude, wie St. Paulus Eph. 1,3. Gott herzlich danket, dass er die Gläubigen gesegnet hätte mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern nach dem Reichtum seiner Gnade, welche uns reichlich widerfahren ist, in allerlei Weisheit und Klug-heit.

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2. Es soll aber niemand gedenken, dass solche Übung ein Gesetz, Zwang oder mühselige Arbeit sein müsse, sondern es ist den Gläubigen eine Lust und Freu-de, und begreift oft eine einige Andacht und Seufzer alle solche Stücke in sich, und führet sie zu Gott, und der heil. Geist, der himmlische Lehrmeister, lehret es ohne alle Mühe und Arbeit, und erinnert uns alles in einem Blick, und erleuchtet unsern Verstand ganz schnell ohne alle Mühe, wie 2 Kor. 4,6. geschrieben ist: Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis herfür leuchten, hat einen hellen Schein in unser Herz gegeben, dass durch uns (durch die Predigt des Evangelii) entstünde die Erleuchtung von der Erkenntnis der Klarheit in dem Angesicht Jesu Christi. Das ist, gleich wie Mosis Angesicht, welches schrecklich leuchtete, 2 Kor. 3,13. Furcht brachte, also bringet das Angesicht Christi Freude und Erleuchtung in der Klarheit und Erkenntnis Gottes. Dies ist die himmlische Salbung, die uns ohne Mühe alles lehret, 1 Joh. 2,27. Und dies ist so leicht, dass eine jede gläu-bige Seele, die nur ihre Andacht zu Gott ernstlich wendet, solches empfinden, sehen und schmecken kann, wie freundlich der Herr ist, Ps. 34,9. Wie teuer ist deine Güte (sagt der 36. Ps. v. 8.), dass Menschenkinder unterm Schatten deiner Flügel trauen? Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses, du tränkest sie mit Wollust als mit einem Strom. Denn bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Von dieser geistlichen Speise und Trank des neuen Menschen wollen wir weiter im fünften Kapitel reden, wenn wir zuvor vom Wort Gottes geredet haben.

 

Hieher gehört das Gebet, vornen im 1. Buch, Kap. 3.

 

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