DAS SECHSTE KAPITEL. (5.B./1.T./6.K.)

 

VOM WAHREN SELIGMACHENDEN GLAUBEN.

 

Inhalt.

1) Des Glaubens Same ist Gottes Wort. 2) Der Glaube ist eine Gabe Christi, Frucht des Geistes, ein Werk Gottes. 3) Erkennet und bekennet den einigen wahren Gott in drei Personen. 4) Setzet alle Kreaturen zurück, und hänget allein an Gott. 5) Suchet alle seine Seligkeit allein bei Christo, 6) als dem Gnadenthron, mit aller Zuversicht. 7) Der Glaube macht in Christo vollkommen gerecht; 8) und bringet Frieden, Ruhe und Freiheit dem Herzen. 9) Überwindet Welt und Teufel. 10) Vereiniget sich mit Christo und vermag in ihm alles. 11) Besitzet alle Gnaden-güter in Christo. 12) Und macht uns unserer Seligkeit gewiß. 13) Glaube erlanget den Segen, trotz aller Welt Fluch und Verfolgung. 14) Er erneuert den ganzen Menschen, wirket ein neues Leben aus Christo. 15) Auch der Schwache ist Gott angenehm, doch wächset er in Christo. 16) Der Glaube tröstet in aller Trübsal; 17) und bewahret vor dem Gift falscher Lehre.

 

Des Glaubens Same ist Gottes Wort, aus welchem der Glaube wächst und sei-nen Ursprung nimmt (wie die erste Verheißung im Paradies den Glauben gewir-ket hat) wie der Herr spricht: Joh. 17,20. Ich bitte nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden. Und Röm. 10,14. Wie sollen sie glauben, von dem sie nichts gehöret haben.

----------

2. Daher die Epistel an die Heb. 12,2. den Herrn Jesum nennet den Anfänger und Vollender des Glaubens. Und St. Paulus nennet den Glauben eine Frucht des heiligen Geistes, Gal. 5,22. Und der Herr, Joh. 6,29. ein Werk Gottes in uns, dadurch unser Herz, Verstand und Wille kräftiglich zu Gott geneigt und gezogen wird, ihn recht zu erkennen, zu lieben, zu ehren, anzubeten und zu preisen.

----------

3. Vor allen Dingen aber erkennet und bekennet der wahre Glaube den einigen wahren Gott in dreien unterschiedenen Personen, und die heilige Dreifaltigkeit in einem einigen göttlichen Wesen, ohne welches Erkenntnis kein wahrer Glaube sein kann; und ergibt sich gar der Gnade und Barmherzigkeit des Vaters, der herzlichen getreuen Liebe des Sohnes, und der gnädigen Regierung des heiligen Geistes; hält sich an Gottes Verheißung, Wahrheit und Allmacht, wider und über alle Vernunft.

----------

4. Der Glaube schließt alle Kreaturen aus, (denn er hanget an keinen sichtbaren Dingen,) und reiniget die Seele von allem irdischen vergänglichen Wesen, und führet sie über alle Vernunft, Natur und Kreatur, dass sie daran nicht hangen bleibet, sonst kann sie nicht selig werden, weil in allen irdischen vergänglichen Kreaturen keine Seligkeit ist. Hinwieder aber, weil die Seligkeit allein aus Gott kommt, so muß auch die Seele an keiner Kreatur hangen, sondern bloß allein an Gott. Darum schließet der Glaube alles aus, was Gott nicht selbst ist. Daher be-kennen wir, dass wir allein durch den Glauben selig werden. Röm. 3,28.

----------

5. Darum hat uns nun der allmächtige, gnädige, himmlische Vater seinen einge-bornen Sohn zu einem Seligmacher gegeben, und ihn darum lassen Mensch werden, und ihm den Namen Jesus gegeben, dass er sein Volk sollte selig ma-chen von ihren Sünden, Matth. 1,21. und hat seines einigen Sohnes nicht ver-schonet, sondern denselben für uns dahin gegeben, Röm. 8,32. dass wir durch seinen Tod erlöset und versöhnet, und durch seine Auferstehung gerecht wür-den, weil Sünde, Tod, Teufel, Hölle, Fluch und Verdammnis durch ihn überwun-den und von uns weggenommen, und uns der himmlische Vater befohlen, an denselben seinen Sohn, unsern Seligmacher, zu glauben, Matth. 17,5. weil sonst in keinem andern Heil, auch kein anderer Name den Menschen gegeben ist, in welchem sie sollten selig werden, Ap. Gesch. 4,12. Darum ist das des Glaubens Art und Eigenschaft, dass er die Seligkeit bei niemand anders suchet, denn allein bei dem Seligmacher Christo Jesu.

----------

6. Diese unsere Seligkeit wird durch den Namen Jesu beschrieben, dass er uns von Sünden selig mache; deswegen so erlanget der Glaube allein in Christo, aus seinem heiligen Verdienst und Bezahlung, Vergebung der Sünden, suchet auch dieselbe bei keinem andern, im Himmel und auf Erden, weil kein anderer für unsere Sünden gestorben, und weil sein Tod eine vollkommene Bezahlung, Lösegeld und Versöhnung ist für aller Welt Sünden. Daher Gott, der himmlische Vater, alle seine Gnade und Barmherzigkeit gegen uns arme Sünder, in unsern Herrn Jesum Christum geleget hat, und denselben allen armen Sündern vorge-stellet, zu einem Gnadenthron, durch den Glauben in seinem Blute, Röm. 3,25. Er ist allein der Sitz und Thron der Gnaden. Darum ist der Glaube ein freudiger Zutritt zu dem Gnadenstuhl, auf dass wir Barmherzigkeit und Hilfe finden, Hebr. 4,16. Darum ist er eine starke Zuversicht und Herzhaftigkeit; wie der Herr spricht zu dem Gichtbrüchigen: Sei getrost, mein Sohn! Matth. 9,2.

----------

7. Daher macht auch der Glaube gerecht, weil er Christum ergreift mit seiner ganzen Person und Amt, Verdienst, Erlösung, Gerechtigkeit und Heiligkeit, machet ihm denselben zu eigen, zieht ihn an, als ein Kleid des Heils und Rock der Gerechtigkeit, Jes. 61,10. Denn er ist uns von Gott gemacht zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und Erlösung, 1 Kor. 1,30. Und also und auf die Weise macht der Glaube gerecht in Christo, und so werden wir in Christo nicht allein gerecht, sondern die Gerechtigkeit selbst, 2 Kor. 5,21. das ist, vollkommen gerecht, weil Christi Gerechtigkeit vollkommen ist, sein Verdienst ist vollkommen, die Bezahlung ist vollkommen, die Erlösung ist vollkommen und ist ewig, die Versöhnung ist vollkommen, und ist alles unser durch den Glauben, weil diese vollkommene Gerechtigkeit dem Glauben zugerechnet wird, Phil. 3,9. Röm. 4,6.

----------

8. Darum ist auch der Glaube ein sanfter Seelenfrieden und Ruhe, ruhet allein in Christi Verdienst und seinen heiligen Wunden, stillet das böse Gewissen, wel-ches die Sünde beunruhiget, Matth. 11,28. Röm. 5,1. Vertreibt alle Furcht und Angst, und macht die Seele frei von der Anklage des Gesetzes und des Teufels, weil der Satan überwunden, und dem anklagenden Gesetze genug geschehen; erlediget die Seele von allen Menschensatzungen, weil allein in Christo alle Seligkeit ist, und Christus den Gläubigen alles ist. Denn wenn uns der Sohn frei gemacht hat, so sind wir recht frei von Sünden, Tod, Teufel, Hölle und Welt, und können solche den Gläubigen nicht schaden, Joh. 8,36.

----------

9. Daher ist nun der Glaube der Sieg über die Welt; denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat, 1 Joh. 5,4. seid getrost, spricht unser Erlöser: Joh. 16,33. Ich habe die Welt überwunden. Diese Überwindung und Sieg über Sünde, Tod, Teufel, Hölle und Welt, ist unser eigen durch den Glauben, wie St. Paulus sagt: 1 Kor. 15,57. Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat in Christo Jesu unserm Herrn. Darum kann einem Gläubigen die ganze Welt nicht schaden, mit aller ihrer Macht, Gewalt und List, und muß ihn in Christo, seinem Siegesfürsten, passieren lassen. Denn er ist aus Gott geboren, und ist über alle Welt. Denn wer da glaubt, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist, der ist aus Gott geboren, und überwindet die Welt, hat die Welt unter seinen Füßen, und tritt in Christo der alten Schlange auf den Kopf, gehet auf Löwen und Ottern, Ps. 91,13. auf Schlangen und Scor-pion, und hat Gewalt über alle Macht des Feindes, Luk. 10,19. Siehe, es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir, Joh. 14,30. Wir überwinden alles in dem, der uns geliebt hat, Röm. 8,37.

----------

10. Denn der Glaube vereiniget die gläubige Seele mit Christo, Hos. 2,20. Im Glauben will ich mich mit dir vertrauen. Und 1 Kor. 6,17. Wer dem Herrn an-hanget, wird ein Geist mit ihm. Ja ein Leib, ein Fleisch und Blut, Eph. 5,23.30. Alsdann vermag der Glaube alles in Christo, und dem Gläubigen sind alle Dinge möglich, Mark. 9,23. und alle himmlischen und ewigen Güter werden durch den Glauben, und hohe Verbündnis der gläubigen Seele mit Christo, des christgläu-bigen Menschen eigen, und er hat sie mit Christo gemein. Darum lebet, herr-schet, überwindet Christus in seinen Gläubigen. Obwohl Sünde, Teufel und Welt wider einen Gläubigen streiten, so heißt es doch: seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke, ziehet an den Harnisch Gottes, ergreifet den Schild des Glaubens etc. Eph. 6,10.11. Denn der in uns ist, der ist größer, als der in der Welt ist, 1 Joh. 4,4.

----------

11. Darum ist der Glaube eine Substanz oder Wesen, Heb. 11,1. dass er alle Gnadengüter in Christo besitzet, und gewiß hat, und allbereits ein ungezweifelter Erbe ist der künftigen Güter der Herrlichkeit. Denn er hat die Kindschaft Gottes in Christo ererbet, Eph. 1,5. Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, Röm. 8,17. Und 1 Petr. 1,4. Neu geboren zu einem unbefleckten, unverwelklichen und unvergänglichen Erbe.

----------

12. Daraus sehen wir, dass uns der Glaube unserer Seligkeit gewiß machet. So gewiß als Christus Jesus für unsere Sünden gestorben, auferstanden, gen Himmel gefahren, und zur rechten Hand Gottes sitzet, ein Herr über alles; so gewiß hat er uns auch selig, gerecht, heilig gemacht, und alle himmlischen Güter erworben, sonst wäre er umsonst gestorben und auferstanden, Röm. 8,38. Ich bin gewiß, dass uns weder Leben noch Tod scheiden kann von der Liebe Gottes.

----------

13. Das ist nun der Segen, in welchem alle Völker auf Erden gesegnet werden; so kommt der Segen Abraham zu allen und auf alle, die da glauben. Röm. 4,16. 1 Mos. 22,18. Gelobt sei Gott, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern etc., Eph. 1,3. Darum kann der ganzen Welt Haß, Verfolgung und Fluch einem Gläubigen nicht schaden, denn er ist ein Gesegne-ter des Herrn und der Segen Gottes ruhet auf ihm.

----------

14. Hieraus ist offenbar, dass der Glaube den ganzen Menschen erneuere; denn er wirket Liebe, Hoffnung, Sanftmut, Demut, Geduld, Andacht, Gottesfurcht und ein ganzes neues Leben, welches neue Leben wir aus Christo schöpfen, weil wir in ihm gepfropfet sind, Joh. 15,2. der Glaube bringt ein stetiges Seufzen nach Christo, hungert und dürstet nach ihm, verschmähet die Welt, denn er hat das beste Teil erwählet; und wird der Mensch durch den Glauben eine neue Kreatur. Denn er erneuert das Ebenbild Gottes in uns, schmücket die Seele schön mit allen göttlichen Tugenden und himmlischen Kräften. Er gibt sich auch dem Nächsten ganz zu eigen, wie sich ihm Christus zu eigen gegeben hat, und spricht: Ich will meinem Nächsten wieder also werden, wie mir Christus worden ist, weil wir in Christo ein Leib sind, und allzusammen Glieder eines Haupts, Röm. 12,5. 1 Kor. 12,27. Dies ist aber nicht unsere Gerechtigkeit vor Gott, son-dern der Gerechtigkeit Frucht. Man muß den Baum erst pflanzen, ehe er Frucht trägt.

----------

15. Ob nun wohl der Glaube erst schwach wird, und anfänglich blöde ist, wie ein schwaches Kind, so ist doch der schwache Glaube Gott gar lieb und angenehm, weil er Christo unserm Herrn anhanget. Darum siehet Gott seine Schwachheit nicht an, beurteilet ihn auch nicht nach seiner Schwachheit, sondern nach Christo, an den er glaubt, um welches willen er ihn gnädig ansiehet, und ihm alle Schätze Christi mitteilet, reichet ihm die Hand, wie dem sinkenden Petro, wird auch gestärkt und vermehrt, wächset und nimmt zu in Christo, wie ein Kind, wenn es wohl ernähret wird.

----------

16. Es tröstet der Glaube unsere betrübte Seele in allem Kreuz und Trübsal. Denn ein gläubiger Christ ist vor Gott teuer und wert, weil er teuer erkauft ist, ob er gleich in der Welt viel leiden muß. Ps. 16,2.3. 1 Petr. 1,6.7. Christus hat ihm sein Reich beschieden, himmlische Ehre wider alle Verachtung der Welt, ewige Güter für zeitliche, ewigen Segen für den Fluch dieser Welt, ewige Freude für die Traurigkeit dieser Welt, ewiges Leben für den zeitlichen Tod, einen himmlischen verklärten Leib für den sündlichen sterblichen Leib, ewige Herrlichkeit für die Ver-achtung dieser Welt.

----------

17. Endlich, weil der Glaube allein an Christo hanget, so beschützet er die Seele vor aller falschen Lehre, Ketzerei und falschen Propheten, bewahret die Seele vor allen unrichtigen Meinungen, als das allerköstlichste Präservativ, so vor allem Gift bewahret, und widerlegt und verdammt alles Widerwärtige, so dem Glauben und Gottes Wort nicht ähnlich ist.

 

Gebet, siehe im ersten Buch, Kap. 5.

 

- Zum nächsten Kapitel -