DAS VIERZEHNTE KAPITEL. (5.B./2.T./14.K.)
DES MENSCHEN HÖCHSTE SELIGKEIT UND ENDE IST,
MIT GOTT VEREINIGET WERDEN.
Inhalt.
1) Die gläubigen Seelen kann nichts ersättigen, als Gott selbst. 2) Der allein schmecket ihnen, und dies ist der Anfang des ewigen Lebens, da wird Gott alles in allem sein. 3) Darum vereinige dich hier mit Gott, so bleibst du mit ihm ewig vereiniget.
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Daß die Seelen der Gottesfürchtigen nicht können ersättiget werden, sie haben denn Gott selbst, bezeuget David Ps. 17,15. Und dass weder Himmel noch Erde nütze sei, wo die Seele Gott den Herrn nicht selbst besitze, singet David Ps. 73,25. Ob wir nun zwar einen geringen Anfang dieser Seligkeit in diesem Leben erfahren, so ist es doch ein feiner Beweis unserer Vereinigung mit dem höchsten Gut. Hievon zeuget die geistliche Freude und der Geschmack der göttlichen Süßigkeit, welcher hin und wieder in den Psalmen und Propheten beschrieben und gerühmet wird.
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2. Wahrlich, es schmecket den andächtigen Herzen, welche sich Gott ergeben haben, außer Gott nichts, es ist ihnen ohne Gott alles ungeschmackt, bitter und tot. Darum haben die heiligen Seelen ein Verlangen zu den lebendigen Brunnen, die da in das ewige Leben fließen, nach der grünen Weide, welche außer Christo nirgend an keinem Ort gefunden wird. Dieses ist ein Bild, ja ein Anfang des ewigen Lebens, in welchem Gott alles in allem sein wird, 1 Kor. 15,28. Er wird sein unsere Wohnung, unsere Speise, unsere Genüge und Kleid, unsere Liebe, unsere Ergötzung, unsere Lieblichkeit, unsere Ruhe, unsere Weisheit, unser Ruhm, unser Leben, alsdann wird offenbar werden die Herrlichkeit der Kinder Gottes, die jetzt verborgen ist, denn wir werden den Herrn sehen, wie er ist, spricht der Apostel, 1 Joh. 3,2. Wer will aber erzählen das Wesen Gottes, oder die wesentliche Güte Gottes, welche ist alle und unendliche Gütigkeit? Das Sehen Gottes ist die Genießung Gottes, Gott sehen wie er ist, heißet der ganzen Fülle teilhaftig werden, und erfüllet werden mit der unermeßlichen und unend-lichen Gütigkeit Gottes, welche Fülle wir in dem Herrn Christo erkennen und umfahen, schmecken, und mit allen Auserwählten und heiligen Engeln preisen werden, erfüllet mit der Herrlichkeit Christi, und mit der Freude des H. Geistes in alle Ewigkeit. Aber hievon haben wir genugsam geredet oben im 7. Kapitel.
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3. Darum, liebe Seele, bereite dich, dass dein Herz sei Gottes Wohnung, ver-einige dich mit Gott in diesem Leben; laß deine Augen nicht schlafen, noch deine Augenlieder schlummern, bis du eine Stätte findest für den Herrn deinen Gott, Ps. 132,4.5. Denn wer durch wahrhaftige Bekehrung zu Gott vereiniget wird mit Gott, in diesem sterblichen Leben, bis die Seele abscheidet, der wird vereiniget bleiben mit Gott im unsterblichen Leben in alle Ewigkeit. Denn Gott wird selber in den Auserwählten und Seligen wohnen, und sie mit ewiger Seligkeit und unge-trenntem Licht, Glanz und Herrlichkeit erfüllen. In Summa: Die Seele, die da vom Leibe abscheidet, wenn sie mit Gott vereiniget worden, die wird in alle Ewigkeit mit Gott vereiniget bleiben.
Gebet, siehe im zweiten Buch, Kap. 27.