Lieder: Gewissheit der Vergebung
1.
Weg, mein Herz, mit den Gedanken
Als ob du verstoßen wärst!
Bleib in Gottes Wort und Schranken
Da du anders reden hörst.
Bist du bös und ungerecht,
Ei, so ist Gott fromm und schlecht;
Hast du Zorn und Tod verdienet,
Sinke nicht, Gott ist versühnet.
2.
Du bist wie die andern alle
Angesteckt mit Sündengift,
Welches Adam mit dem Falle
Samt der Schlangen hat gestift’.
Aber so du kehrst zu Gott
Und dich besserst, hat’s nicht Not:
Sei getrost, Gott wird dein Flehen
Und Abbitten nicht verschmähen.
3.
Er ist ja kein Bär noch Leue,
Der sich nur nach Blute sehnt;
Sein Herz ist zu lauter Treue
Und zur Sanftmut angewöhnt.
Gott hat einen Vatersinn,
Unser Jammer jammert ihn,
Unser Unglück ist sein Schmerze,
Unser Sterben kränkt sein Herze.
4.
„So wahrhaftig, als ich lebe,
Will ich keines Menschen Tod,
Sondern dass er sich ergebe
An mich aus dem Sündenkot.“
Gottes Freud ist’s, wenn auf Erd
Ein Verirrter wiederkehrt,
Will nicht, dass aus seiner Herde
Das Geringst’ entzogen werde.
5.
Kein Hirt kann so fleißig gehen
Nach dem Schaf, das sich verläuft;
Solltst du Gottes Herze sehen,
Wie sich da der Kummer häuft,
Wie es dürstet, lechzt und brennt
Nach dem, der sich abgetrennt
Von ihm und auch von den Seinen,
Würdest du vor Liebe weinen.
6.
Gott der liebt nicht nur die Frommen,
Die in seinem Hause seind,
Sondern auch die ihm genommen
Durch den grimmen Seelenfeind,
Der dort in der Höllen sitzt,
Und der Menschenherz erhitzt
Wider den der, wenn sich reget
Sein Fuß, alle Welt beweget.
7.
Dennoch bleibt in Liebesflammen
Sein Verlangen allzeit groß,
Ruft und locket uns zusammen
In den weiten Himmelsschoß.
Wer sich nun da stellet ein,
Suchet frei und los zu sein
Aus des Satans Reich und Rachen,
Der macht Gott und Engel lachen.
8.
Gott und alles Heer hoch droben,
Dem der Himmel schweigen muss,
Wenn sie ihren Schöpfer loben,
Jauchzen über unsre Buß;
Aber was gesündigt ist,
Das verdeckt er, und vergisst
Wie wir ihn beleidigt haben,
Alles, alles ist vergraben.
9.
Kein See kann sich so ergießen,
Kein Grund mag so grundlos sein,
Kein Strom so gewaltig fließen,
Gegen Gott ist alles klein,
Gegen Gott und seiner Huld,
Die er über unsre Schuld
Alle Tage lässet schweben
Durch das ganze Sündenleben.
10.
Nun, so ruh und sei zufrieden,
Seele, die du traurig bist!
Was willt du dich viel ermüden,
Da es nicht vonnöten ist?
Deiner Sünden großes Meer,
Wie dir’s scheinet, ist nicht mehr,
(Gegen Gottes Herz zu sagen)
Als was wir mit Fingern tragen.
11.
Wären tausend Welt zu finden
Von dem Höchsten zugericht’,
Und du hättest alle Sünden
Die darinnen sind verricht’,
Wär es viel, doch lange nicht
So viel, dass das volle Licht
Seiner Gnaden hier auf Erden
Dadurch könnt erlöschet werden.
12.
Mein Gott, öffne mir die Pforten
Solcher Wohlgewogenheit,
Lass mich allzeit aller Orten
Schmecken deine Süßigkeit!
Liebe mich und treib mich an,
Dass ich dich so gut ich kann
Wiederum umfang und liebe,
Und ja nun nicht mehr betrübe.
Paul Gerhardt +1676.
Mel.: Zion klagt mit Angst und Schmerzen.
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1.
Schwing dich auf zu deinem Gott,
Du betrübte Seele!
Warum liegst du Gott zum Spott
In der Schwermutshöhle?
Merkst du nicht des Satans List?
Er will durch sein Kämpfen
Deinen Trost, den Jesus Christ
Dir erworben, dämpfen.
2.
Schüttle deinen Kopf und sprich:
„Fleuch du alte Schlange,
Was erneurst du deinen Stich,
Machst mich angst und bange?
Ist dir doch der Kopf zerknickt,
Und ich bin durchs Leiden
Meines Heilands dir entzückt
In den Saal der Freuden.
3.
Wirfst du mir mein Sünd’gen für?
Wo hat Gott befohlen,
Dass mein Urteil über mir,
Ich bei dir soll holen?
Wer hat dir die Macht geschenkt,
Andre zu verdammen?
Der du selbst doch liegst versenkt
In der Höllen Flammen.“
4.
Hab ich was nicht recht getan,
Ist mir’s leid von Herzen;
Dahingegen nehm ich an
Christi Blut und Schmerzen.
Denn das ist die Ranzion
Meiner Missetaten:
Bring ich dies vor Gottes Thron,
Ist mir wohl geraten.
5.
Christi Unschuld ist mein Ruhm,
Sein Recht meine Krone,
Sein Verdienst mein Eigentum,
Da ich frei in wohne
Als in einem festen Schloss,
Das kein Feind kann fällen,
Brächt er gleich davor Geschoss
Und Gewalt der Höllen.
6.
Stürme, Teufel und du Tod!
Was könnt ihr mir schaden?
Deckt mich doch in meiner Not
Gott mit seiner Gnaden;
Der Gott, der mir seinen Sohn
Selbst verehrt aus Liebe,
Dass der ew’ge Spott und Hohn
Mich nicht dort betrübe.
7.
Schreie, tolle Welt, es sei
Mir Gott nicht gewogen,
Es sei lauter Täuscherei
Und im Grund erlogen:
Wäre mir Gott gram und feind,
Würd er seine Gaben,
Die mein eigen worden seind,
Wohl behalten haben?
8.
Denn, was ist im Himmelszelt,
Was im tiefen Meere,
Was ist Gutes in der Welt,
Da nicht mir gut wäre?
Weme brennt das Sternenlicht?
Wozu ist gegeben
Luft und Wasser? dient es nicht
Mir und meinem Leben?
9.
Weme wird das Erdreich nass
Von dem Tau und Regen?
Weme grünet Laub und Gras?
Weme füllt der Segen
Berg und Tale, Feld und Wald?
Wahrlich, mir zur Freude,
Dass ich meinen Aufenthalt
Hab und Leibesweide.
10.
Meine Seele lebt in mir
Durch die süßen Lehren,
So die Christen mit Begier
Alle Tage hören.
Gott eröffnet früh und spat
Meinen Geist und Sinnen,
Dass sie seines Geistes Gnad
In sich ziehen können.
11.
Was sind der Propheten Wort
Und Apostel Schreiben,
Denn ein Licht am dunkeln Ort
Fackeln, die vertreiben
Meines Herzens Finsternis,
Und in Glaubenssachen
Das Gewissen fein gewiss
Und recht grundfest machen.
12.
Nun auf diesen heil’gen Grund
Bau ich mein Gemüte,
Sehe, wie der Höllenhund
Zwar dawider wüte,
Gleichwohl muss er lassen stehn,
Was Gott aufgerichtet,
Aber schändlich muss vergehn,
Was er selber dichtet.
13.
Ich bin Gottes, Gott ist mein:
Wer ist, der uns scheide?
Dringt das liebe Kreuz herein
Mit dem bittern Leide,
Lass es dringen, kommt es doch
Von geliebten Händen,
Bricht und kriegt geschwind ein Loch,
Wenn es Gott will wenden.
14.
Kinder, die der Vater soll
Ziehn zu allem Guten,
Die gedeihen selten wohl
Ohne Zucht und Ruten;
Bin ich denn nun Gottes Kind,
Warum will ich fliehen,
Wenn er mich von meiner Sünd
Auf was Guts will ziehen?
15.
Es ist herzlich gut gemeint
Mit der Christen Plagen,
Wer hier zeitlich wohl geweint,
Darf nicht ewig klagen,
Sondern hat vollkommne Lust
Dort in Christi Garten,
Dem er einig recht bewusst,
Endlich zu gewarten.
16.
Gottes Kinder säen zwar
Traurig und mit Tränen,
Aber endlich bringt das Jahr,
Wonach sie sich sehnen.
Denn es kommt die Erntezeit
Da sie Garben machen,
Da wird all ihr Gram und Leid
Lauter Freud und Lachen.
17.
Ei so fass, o Christenherz,
Alle deine Schmerzen!
Wirf sie fröhlich hinterwärts,
Lass des Trostes Kerzen
Dich entzünden mehr und mehr!
Gib dem großen Namen
Deines Gottes Preis und Ehr,
Er wird helfen! Amen.
Paul Gerhardt +1676.
Mel.: Christus, der uns selig macht.