Das dreiundzwanzigste Kapitel. 

(Von der Vereinigung mit Christo.) 

 

Wie die Bekehrten durch die Wiedergeburt Gottes Kinder werden, also werden sie in den Herrn Christum eingepfropft und gemacht zu seines geistlichen Leibes Gliedmaßen.

 

589. Der Herr Christus hat einen natürlichen menschlichen Leib, den er aus der Jungfrau Maria an sich genommen, mit welchem er gen Himmel gefahren und Stephano und andern Heiligen erschienen ist, auch mit demselben am jüngsten Tage vor allen Menschen sichtbarlich erscheinen wird, Ap. Gesch. 1,11. Es werden aber die Gläubigen und die Versammlung derselben sein Leib genannt, Röm. 12,4.5., dass gleicherweise, als ein Mensch in seinem Leib viel Glieder hat, also wir viele ein Leib sind in Christo; 1 Kor. 6,15: „wisset ihr nicht, dass eure Leiber Christi Glieder sind?“

 

Dabei ist zu betrachten. 1) dass der Herr Christus mit einem gläubigen Menschen eine nahe Vereinigung habe, 2) wie solche Verbündnis geschehe.

 

590. Das erste: dass der Herr Christus mit einem gläubigen Menschen eine nahe Vereinigung habe, das wird zum Teil mit deutlichen klaren Worten, zum Teil mit schönen Bildern und Gleichnissen angedeutet. Mit klaren Worten: Joh. 6,56: „wer mein Fleisch isset und trinkt mein Blut, der bleibet in mir und ich in ihm“; Joh. 14,20: „an demselben Tage werdet ihr erkennen, dass ihr in mir seid und ich in euch“; 1 Kor. 6,16: „wer dem Herrn anhanget, der ist ein Geist mit ihm“; Gal. 2,20: „ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir“; Eph. 5,30: „wir sind Glieder seines (Christi) Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein“; 1 Joh. 3,24: „wer seine Gebot hält, der bleibet in ihm und er in ihm“; Kap. 4,13: „daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat“. Dazu gehört der Spruch Petri 2 Epist. 1,4: „uns ist die teure und allergrößeste Verheißung geschenkt, dass wir teilhaftig werden der göttlichen Natur“.

 

591. Hernach wird solches auch mit Gleichnissen und Bildern angedeutet, ge-nommen 1) von einem Haus, und von dem, der darin wohnt; Joh. 14,23: „wer mich liebet, der wird mein Wort halten und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“; Ephes. 3,17: „Christus wohnet durch den Glauben in euren Herzen“.

2) von Gott und dem Tempel, darin er wohnt; 1 Korinth. 3,16: „wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnet?“ 2 Kor. 6,16: „ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie denn Gott spricht: ich will in ihnen wohnen und in ihnen wandeln“.

3) von dem Menschen und seinem Kleid, Gal. 3,27: „wie viel euer getauft sind, die haben Christum angezogen“.

4) von dem Ehestand und nahen Verbündnis zwischen Mann und Weib; Ephes. 5,25: „ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebet hat die Gemeine“; v. 31.32: „es wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen und werden zwei ein Fleisch sein. Das Geheimnis ist groß, ich sage aber von Christo und der Gemeine“. Dahin geht des Herrn Christi Gleichnis Matth. 22,2.: „das Himmelreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohn Hoch-zeit machte“. Welches Gott gebraucht hat Hos. 2,19.20: „ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit und will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit, ja im Glauben will ich mich mit dir verloben“.

5) von dem Baum und seinen Zweigen oder Ästen; Joh. 15,5: „ich bin der Wein-stock, ihr seid die Reben; wer in mir bleibet und ich in ihm, der bringet viel Frucht, denn ohn mich könnt ihr nichts tun“; Röm. 11,17: „da du ein wilder Ölbaum warest, bist du eingepfropfet und teilhaftig worden der Wurzel und des Safts im Ölbaum“; v. 24: „so du aus dem Ölbaum, der von Natur wild war, bist ausge-hauen und wider die Natur in den guten Ölbaum gepfropfet etc.“

6) von dem Leib und seinen Gliedern; 1 Kor. 12,12: „gleichwie ein Leib ist und hat doch viel Glieder, alle Glieder aber eines Leibes, wiewohl ihrer viel sind, sind sie doch ein Leib; also auch Christus“; Eph. 5,23: „Christus ist das Haupt der Ge-meine und er ist seines Leibes Heiland“.

 

592. Das andere: wie diese Vereinigung geschehe. Nicht geschieht sie durch eine wesentliche Verwandlung des natürlichen, von Adam und den leiblichen Eltern empfangenen Leibes in den Leib des Herrn Christi, dass ein Mensch von ihm selber sagen möchte: ich bin Christus, noch von seinem Leib, er sei himmlisch und nicht aus Adam, denn

1) haben wir hiervon keine Nachricht in heiliger Schrift.

2) bezeugt die heilige Schrift, dieses sei allein ein geistliches Verbündnis; Eph. 3,17: „Christus wohnt durch den Glauben in unserm Herzen“; 1 Kor. 6,17: „wer dem Herrn anhangt, der ist ein Geist mit ihm“. Wie nun der Glaube geistlich ist, also macht er kein leibliches Verbündnis; wie die Christen, so durch einen Geist zu einem Leib getauft und zu einem Geist getränkt sind (1 Kor. 12,13.), unter einander allein geistlich, nicht aber leiblich vereinigt werden, also werden die Gläubigen auch mit Christo ein Geist, aber nicht ein Leib.

 

594. 3) werden solche Dinge von des Herrn Christi Leib gesagt, die von keines wiedergebornen und gläubigen Menschen Leib mögen gesagt werden. Als

a. Christi Leib ist von dem Sohn Gottes persönlich angenommen, dass das Wort Fleisch worden ist, Joh. 1,14.; derselbe Mensch selber ist der Herr vom Himmel, 1 Kor. 15,47.; alle Fülle der Gottheit wohnt in Christo, Kol. 2,9. Nun ist aber kein Wiedergeborner, weder Petrus noch Paulus, Maria oder Johannes, von dem Gottessohn persönlich angenommen, keiner ist der Herr vom Himmel, in keinem wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig etc.

b. Christi Leib ist für uns alle dahin gegeben, Luk. 22,19. Weder Petri noch Pauli Leib ist für uns gegeben.

c. Christi Leib ist unsterblich, Röm. 6,9: „denn wir wissen, dass Christus, von den Toten erwecket, hinfort nicht stirbt, der Tod wird hinfort nicht über ihn herrschen“. Aller wiedergebornen Menschen Leiber sind sterblich.

d. Christi Leib ist verklärt, Phil. 3,21.; der Wiedergebornen Leiber sind nichtig und in diesem Leben nicht verklärt.

e. Christi Leib sitzt zur rechten Hand Gottes, Mark. 16,19., der Wiedergebornen Leiber sitzen nicht zur Rechten Gottes.

f. der Heiligen Leiber werden am jüngsten Tag gleich werden dem verklärten Leib Christi, Phil. 3,21. Der Heiligen Leiber werden am jüngsten Tag nicht ihnen selber gleich werden etc. Darum sind die Leiber der Wiedergebornen nicht der wesent-liche Leib Christi noch in der Vereinigung mit ihm seiner Substanz und Wesens teilhaftig worden.

 

595. 4) so werden von den Leibern der wiedergebornen Menschen solche Dinge ausgeredet, die man von Christi Leib nicht sagen kann; als

a. der Menschen Leib ist mit Sünden behaftet, die Sünde wohnt darin, Röm. 7,17.20.23. Christi Leib ist mit keiner Sünde behaftet, sie wohnt nicht darin.

b. der Menschen Leib ist einem stetigen Streit des Geistes und des Fleisches unterworfen, dass sie nicht können tun, was sie wollen, Gal. 5,17. Christi Leib ist solchem Streit nicht unterworfen, er kann tun, was er will.

c. der Menschen Leib wird zu Staub und Erden, 1 Mose 3,19. Christi Leib kann nicht zu Staub und Erde werden, nachdem es unmöglich ist, dass er sollte vom Tod gehalten werden und die Verwesung sehen, Ps. 16,10. Ap. Gesch. 2,24.27.31.

d. des Menschen Leib wird in die Erde gelegt verweslich, in Unehre, in Schwach-heit und als ein natürlicher Leib, 1 Kor. 15,42.ff. Des Herrn Christi Leib kann, nachdem er zu seiner Herrlichkeit eingegangen, nicht in die Erde gelegt werden, viel weniger wird er befunden in Unehre, in Schwachheit und als ein natürlicher Leib. Darum sind die Leiber der Wiedergebornen nicht der wesentliche Leib Christi noch in der Vereinigung mit ihm seiner Substanz und Wesens teilhaftig worden.

 

596. Es geschieht aber diese Vereinigung durch den Glauben, Ephes. 3,17: „Gott gebe euch, Christum zu wohnen durch den Glauben in euren Herzen“. In dem natürlichen menschlichen Leib werden die Glieder durch Bein und Adern zu-sammengefügt, Hiob 10,11.; damit geschieht eine leibliche Zusammenfügung, weil Bein und Adern leiblich sind, mit welchen die Glieder einander verbunden werden. Zwei Freunde werden einander verbunden und vereinigt durch die Liebe, so sie zu einander tragen, 1 Sam. 18,1.; dadurch geschieht keine leibliche Verbindung, sintemal die Liebe als das Band nicht leiblich ist. Zwei Eheleute werden ein Fleisch, 1 Mose 2,24., Matth. 19,5., Ephes. 5,31., nicht dass sie eine Person, eine Substanz und Wesen, oder in einander verwandelt werden, sondern sie werden durch eheliche Beiwohnung, Liebe und Treue zu einem Fleisch verbunden. Gleich also werden Christus und die wiedergebornen Christen mit einander verbunden durch den Glauben. Weil nun der Glaube als das Band nicht ein leibliches, noch dem Menschen wesentlich zustehendes Ding ist, also verursacht er auch nicht eine leibliche Verbindung zwischen Christo und dem Menschen. Weil aber der Glaube ein geistliches Band ist, so in einer guten Zuversicht und Vertrauen beruht, so verbindet er auch Christum und seine geistlichen Gliedmaßen geistlicher Weise, wie er auch selber geistlich ist, dass sie zusammen vereinigt sind; gleichwie ein Gefangener an seinem Erlöser (von dem er verstanden hat, wie er ihn habe losgekauft und wolle kommen, ihn aus dem Gefängnis zu holen,) mit stetigem Verlangen, Vertrauen und Hoffnung hangt, denselben in sein Herz geschlossen hat, mit ihm gleichsam schlafen geht und wieder aufsteht. Gleich also hanget ein christlich Herz an seinem Heiland mit stetigem Verlangen, Vertrauen und Hoffnung, schleusst ihn in sich, geht mit ihm schlafen, steht mit ihm auf und nimmt zu ihm in allem widerwärtigen Zufall seine Zuflucht und verknüpft sich ihm mit allen seinen Gedanken.

 

597. Solches erklärt die heil. Schrift gar fein mit dem Gleichnis des Ehestandes (1 Mose 2,24: „sie werden sein ein Fleisch“). Dahin hat Sct. Paulus gesehen 1 Kor. 6,16.17: „wisset ihr nicht, dass wer an der Hure hanget, der ist ein Leib mit ihr? Denn sie werden, spricht er, zwei in einem Fleisch sein. Wer aber dem Herrn anhanget, der ist ein Geist mit ihm“. Also beschreibt Hoseas die Vereinigung Gottes (und demnach auch Christi) mit seinen Gläubigen Kap. 2,19.20: „ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit, ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit, ja im Glauben will ich mich mit dir verloben“. Damit setzt Gott dies geistliche Verbündnis auf seiner Seite auf Ge-rechtigkeit, die er den Menschen gebe, auf Gnade und Barmherzigkeit, die er ihnen erweise; auf der Menschen Seite aber allein auf den Glauben, dass sie ihm zutrauen, wie er ihr bestes suche und wolle ihnen ewige Gnade und Barmherzig-keit erzeigen. Dies alles verursacht ein geistliches Verbündnis, keineswegs aber eine leibliche Vereinigung.

 

- Fortsetzung -