Fünftes Hauptstück
Das fünfte Hauptstück.
1066. WEIL DIE TAUFE NICHT WIEDERHOLET WERDEN DARF, IST DENN KEIN ANDER SAKRAMENT, DAMIT DIEJENIGEN, WELCHE GESÜNDIGET HABEN, IHREN GLAUBEN WIEDERUM STÄRKEN MÖCHTEN?
Ja: zu dem Ende haben wir das heilige Abendmahl.
1067. WOHER HEISSETS EIN ABEND- ODER NACHTMAHL?
Nicht, dass es notwendig zu Abend müsste gehalten werden, sondern weil der Herr dasselbe erstlich zu Abend oder in der Nacht, da er verraten worden, eingesetzet hat.
1068. WIE HEISST ES SONST MEHR?
Das Sakrament des Altars, der Tisch des Herrn, das Sakrament des Leibes und Blutes Christi, die heilige Kommunion, auch an einigen Orten die Messe.
1069. WARUM HEISSETS DAS SAKRAMENT DES ALTARS?
Weil von alten Zeiten her dasselbe gemeiniglich auf den steinernen Tischen in den Kirchen pflegte gehalten zu werden, welche die Alten mit dem Namen Altäre nenneten, jedoch, dass solche nicht zu einigem Opfer gemeinet wären. Indessen stehet in christlicher Freiheit, sich derselben steinernen Altäre ohne Aberglauben, oder gemeiner Tische zu gebrauchen.
1070. WOHER HEISSETS DER TISCH DES HERRN? 1 KOR. 10,21.
Weil in solchem himmlischen Mahl uns der Herr gleichsam als an seinem Tische bewirtet, speiset und tränket.
1071. WARUM WIRD ES AUCH GENENNET EIN SAKRAMENT DES LEIBES UND BLUTES CHRISTI?
Weil solche Güter in dem Sakrament wahrhaftig gegeben werden.
1072. WARUM HEISSETS DIE KOMMUNION?
Weil darinnen alle Christen einerlei himmlischer Speise genießen, und ihre Gemeinschaft unter sich damit bekräftigen, 1 Kor. 10,17.
1073. WAS HAT ES ABER FÜR EINE BEWANDTNIS MIT DEM NAMEN DER MESSE?
Weil solcher Name von den Alten solcher heiligen Handlung gegeben worden, so wird er noch einiger Orten, und von der Augsburgischen Confession selbst gebraucht; jedoch in ganz anderem Verstand, als von den Römisch-Päpstischen die Messe gehalten und verstanden wird.
1074. WAS HABEN WIR DENN VON DER PÄPSTISCHEN MESSE ZU HALTEN?
Dass solche vor Gottes Augen ein Greuel sei, darinnen göttliche Einsetzung schrecklich verkehret wird: 1. weil die Messe als ein Versöhnopfer geachtet wird, ungeachtet nicht mehr als ein einiges Versöhnopfer ist, da sich Christus nur Einmal geopfert hat, und nicht vonnöten ist, dass er ferner geopfert werde: 2. dass die wesentliche Verwandlung des Brots in den Leib, und des Weins in das Blut Christi gelehret und vorgegeben wird, als ob vermöchte ein bloßer Mensch seines Schöpfers Leib zu machen: 3. dass der Priester entweder allein das Sakrament empfähet, oder den andern nur den einen Teil desselben, das Brot, reichet, und also jenes verstümmelt: 4. dass dabei die Heiligen um ihre Fürbitte und Verdienste angerufen werden: 5. dass solcher Handlung sonderbare Kraft zugeschrieben wird, gleich als ob solche Gegenwärtigen und Abwesenden, Gesunden und Kranken, Lebendigen und Toten in dem Fegfeuer, Reisenden, und in allerhand andern dergleichen Angelegenheiten helfen könnte: alles außer und wider die Schrift, nach welcher das heilige Abendmahl allein zu geistlichem Gebrauch, der Vergebung der Sünden und Stärkung des Glaubens, eingesetzt ist.
S. oben Fr. 580.
1075. WAS IST DENN DAS SAKRAMENT DES ALTARS?
Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christo selbst eingesetzt.
1076. WO STEHET DAS GESCHRIEBEN?
So schreiben die heil. Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und St. Paulus: Unser Herr Jesus Christus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brachs, und gabs seinen Jüngern, und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis. Desselbigen gleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte, und gab ihnen den, und sprach: Nehmet hin, und trinket alle daraus; dieser Kelch ist das Neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, so oft ihrs trinket, zu meinem Gedächtnis.
1077. WAS HABEN WIR BEI SOLCHEN WORTEN DER EINSETZUNG ZU MERKEN?
Dass sie diejenigen Worte seien, woraus insgesamt die Lehre von dem heil. Sakrament zu lernen sei. Denn was das sechste Kapitel Johannis anlanget, obwohl daselbsten einige fast gleichlautende Reden angetroffen werden, so handelt doch solches nicht eigentlich von dem heiligen Abendmahl, als welches zu der Zeit noch nicht eingesetzet gewesen: jedoch können wir daraus, weil es handelt von der geistlichen Genießung, lernen, was die Frucht des gläubigen Gebrauchs des Sakraments sei; sodann, dass in solchen Worten bei dem Buchstaben geblieben, und ohne Not keine Figur gemacht werden müsse.
1078. WARUM BLEIBEN WIR BEI DEM BUCHSTABEN?
Nicht nur darum, weil die allgemeine Regel will, dass in der Schrift von dem einfältigen Buchstaben ohne dringende Not nicht abgewichen werden müsse, sondern auch, weil es Testaments-Worte sind, und man in den letzten Willens-Verordnungen sich mit Fleiß deutlicher Reden befleißet: auch die Evangelisten und Apostel, die die Worte einmütig beschrieben, sich nirgend anders erklären, dass sie einen andern als den buchstäblichen Verstand gemeinet haben wollten. Daher beruhet unser Gewissen sicherlich auf dem Buchstaben, dergleichen Sicherheit und Gewissheit bei dem figürlichen Verstand nicht ist.
1079. WER HAT DENN DAS HEIL. ABENDMAHL EINGESETZET?
Unser lieber Heiland Christus.
1080. WIE HABEN WIR IHN ABER IN SOLCHER EINSETZUNG ANZUSEHEN?
Als einen allmächtigen Gott, der gar wohl leisten kann, was er versprochen hat, obs auch unserer Vernunft unglaublich und unmöglich scheinen würde; als unseren Herrn, bei dessen seiner Verordnung wir genau und unaussetzlich bleiben müssen; als einen allweisen Lehrer, welcher wohl gewusst, wie er verständlich reden sollte; als einen gütigen Heiland, der uns nicht mit Fleiß durch zweifelhafte, verblümte, figürliche und verschraubte Reden würde in Gefahr des Irrtums haben stürzen wollen.
1081. WANN HAT ER SOLCHES SAKRAMENT EINGESETZT?
In der Nacht, da er verraten ward, demnach zu der Zeit, da er mit Todesgedanken umging, und also dieses letzte Zeugnis seiner Liebe uns hinterlassen wollte.
1082. WER HAT DAS HEIL. ABENDMAHL AUSZUSPENDEN?
Weil es ein Siegel des göttlichen Worts und göttliches Geheimnis ist, so gehöret es den Predigern zu, dasselbige auszuteilen. Ist auch ordentlicher Weise bei demselben kein solcher Notfall, wie sich bei der Taufe oft und leicht begeben kann.
1 Kor. 4,1: Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener, und Haushalter über Gottes Geheimnisse.
1083. FÜR WEN HAT ABER DER HERR SOLCHES ABENDMAHL EINGESETZT?
Wie er seinen Leib für alle Menschen gegeben, und sein Blut für alle vergossen, so ist niemand von dem heil. Abendmahl bloßerdings ausgeschlossen, wo er nur der Natur nach zu seiner Selbstprüfung tüchtig ist, und in göttliche Ordnung sich vorher schicket.
1084. MAG DENN DAS HEIL. ABENDMAHL EBEN SO WOHL AUCH KINDERN GEREICHET WERDEN, WIE IHNEN DIE TAUFE GEGEBEN WIRD?
Nein, weil sie sich noch nicht zu prüfen vermögen, welches Paulus bei dem heil. Abendmahl erfordert, dergleichen Befehl wir bei der Taufe nicht also haben.
1 Kor. 11,28: Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brot, und trinke von diesem Kelch.
1085. WAS GEHÖRET DENN ZU DEM HEIL. ABENDMAHL?
Zu jeglichem Sakrament, und also auch zu diesem gehören zwei Stücke, ein irdisches oder sichtbares, und ein himmlisches und unsichtbares.
1086. WAS IST DAS IRDISCHE, SICHTBARE?
Brot und Wein.
1087. WAS SOLL ES FÜR BROT SEIN?
Es ist uns keine gewisse Art des Brots vorgeschrieben, und also alles frei gelassen, was wahrhaftiges natürliches Brot ist; daher die von Alters gebräuchlichen, und zu dem Gebrauch der Kranken vornehmlich dienlichen Hostien und kleine Brödlein, weil sie eben so wohl wahrhaftig Brot, und aus Wasser und Mehl gebacken, nicht zu verwerfen sind, sondern aus christlicher Freiheit wohl mögen gebrauchet werden.
1088. WAS SOLL ES FÜR WEIN SEIN?
Rechter natürlicher Wein, das Gewächs des Weinstocks, Luk. 22,18. Sonsten ist weder wegen Art noch Farbe einiger Unterschied wegen des Gebrauchs zu dem heil. Sakrament.
1089. MUSS ER ABER MIT WASSER GEMISCHET SEIN?
Obs wohl sein kann, dass der Herr nach Art des Jüdischen Landes mit Wasser vermischten Wein gehabt und gebrauchet, haben wir doch keinen Befehl deswegen, ob wir uns wohl kein Gewissen darüber machen, wofern in dem Wein auch Wasser wäre.
1090. WARUM HAT DER HERR SOLCHE IRDISCHE MITTEL UND ZEICHEN VERORDNET?
Weil 1. nicht nur diese Arten Speise und Tranks leicht aller Orten zu haben, und fast die allgemeinsten sind, sondern auch 2. weil sie die vornehmsten, dadurch der Leib gestärket und erquicket wird (A), daher nicht unbillig zu Mitteln der geistlichen Stärkung und Erquickung der Seelen gebraucht werden möchten. 3. Weil sich Speis und Trank am genauesten mit unseren Leibern vereiniget, und sich demnach dieses Mittel am füglichsten schicket zu dem Sakrament unserer genauen Vereinigung mit Christo. 4. Weil das Brot, aus vielen Körnlein gemahlen und gebacken, sodann der Wein, aus vielen Beerlein gekeltert, die füglichsten Vorbilder sind der brüderlichen Gemeinschaft der Christen unter einander (B).
(A)
Ps. 104,15: Dass der Wein erfreue des Menschen Herz, und seine Gestalt schön werde vom Öle, und das Brot des Menschen Herz stärke.
(B)
1 Kor. 10,17: Ein Brot ist es, so sind wir viele Ein Leib, dieweil wir alle Eines Brots teilhaftig sind.
1091. MUSS DENN NOTWENDIG AUCH DER WEIN EMPFANGEN WERDEN?
Ja, dieweil uns Christen von der Einsetzung unsers Heilandes abzutreten nicht erlaubet, von dem Herrn aber der Kelch sowohl als das Brot verordnet, von den Aposteln genossen, von der ersten Kirche behalten, und das Blut des Herrn nicht mit dem Brot zu essen, sondern mit dem Wein zu trinken befohlen ist. Daher es unverantwortlich ist, dass die Papisten den Laien den gesegneten Kelch entziehen.
1092. EMPFANGEN WIR ABER NICHTS ANDERS, ALS NUR BROT UND WEIN?
Ja freilich: es ist noch das Himmlische dabei, dass wir mit dem Brot den Leib Christi, mit dem Wein sein Blut genießen.
1093. WAS IST SOLCHES FÜR EIN LEIB CHRISTI?
Kein figürlicher oder nur bedeuteter Leib, sondern der wahre wesentliche Leib Christi, welchen er von der Jungfrau Maria an sich genommen, darinnen gelebet, gestorben, auferstanden ist, und ihn noch an sich hat: denn er ist derjenige, welchen er für uns gegeben hat.
1094. WIE SOLLEN WIR SOLCHEN LEIB ANSEHEN?
So, dass er uns nicht nur der Kraft, sondern dem Wesen nach gegeben werde. Doch dass er ein solcher Leib ist, der, ob er wohl menschlich ist, dennoch voll göttlicher Kraft ist, und die ganze Fülle der Gottheit bei ihm wohnen hat; daher demselben möglich ist, was andern Leibern nicht möglich wäre. Und zwar ein solcher Leib, der ob er wohl weiland für uns geopfert, jetzo aber in der Herrlichkeit ist, werde er uns doch so gereichet wie er für uns war dahin gegeben worden.
1095. WAS ISTS ABER FÜR EIN BLUT?
Kein figürliches, sondern das wesentliche Blut Christi, welches er gehabt, und für uns vergossen; daher ein heiliges Opferblut, ein Blut, welches Gottes eigen ist, Apg. 20,28. 1 Joh. 1,7.
1096. KÖNNEN WIR ABER SEHEN ODER SCHMECKEN, DASS WIR SOLCHE GÜTER EMPFANGEN?
Nein, denn sie mögen mit den Sinnen nicht begriffen werden.
1097. WOHER WISSEN WIR ABER, DASS WIR SIE EMPFANGEN?
Aus des Herrn Mund, da er sagt: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; Das ist der Kelch des Neuen Testaments in meinem Blut, das für euch vergossen wird.
1098. WERDEN DENN DIE WORTE DER EINSETZUNG VON ALLEN CHRISTEN AUF EINERLEI WEISE VERSTANDEN?
Nein, sondern es verstehen sie die Papisten anders, anders die Reformierten, anders die Evangelischen.
1099. WIE VERSTEHEN DIE PAPISTEN SOLCHE WORTE?
Nach einer Verwandlung, dass das Brot und der Wein durch die Worte, so gesprochen werden, ganz verwandelt und zunichte, hingegen aus demselben der Leib und Blut Christi werde, also, dass nichts als die bloße Farbe, Gestalt, Geschmack und Geruch von dem Brot und Wein übrig bleibe, und doch nicht mehr Brot und Wein, sondern der wahre Leib und das wahre Blut Christi vorhanden sei.
1100. IST SOLCHES DER RECHTE VERSTAND DER WORTE?
Nein: denn 1. ist er gekünstelt, und weichet von der Einfalt des Buchstabens ab. 2. Nennet St. Paulus das Brot noch Brot, nachdem es gesegnet ist (A). 3. So ist das Brot nicht verwandelt in den Leib des Herrn, sondern ist seine Gemeinschaft (B), welches nicht wäre, wo es sich darein verwandelt hätte. 4. So ists wider die Natur der Sakramente, dass das Irdische in das Himmlische verwandelt werde, sondern sie werden mit einander vereiniget, wie in der Taufe zu sehen. 5. Würde damit der Mensch seinen Schöpfer machen, auch würden Christo täglich viel tausend neue Leiber gemacht, und empfingen die Kommunikanten nicht sowohl den Leib des Herrn, aus Maria geboren, als aus Brot gemacht. 6. Weil das Brot von Würmern oder Tieren verzehret, und der Wein zu Essig werden kann, welches von dem unzerstörlichen Leib und Blut des Herrn auch nicht zu gedenken ist.
(A)
1 Kor. 11,26: So oft ihr von diesem Brot esset. V. 27: Welcher nun unwürdig von diesem Brot isset. V. 28: Also esse er von diesem Brot.
(B)
1 Kor. 10,16: Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?
1101. WIE VERSTEHEN ES ABER DIE REFORMIERTEN?
So, dass der Leib und das Blut Christi dem Wesen nach allein droben in dem Himmel, auf Erden aber allein Brot und Wein zugegen sei: diese aber seien das Gedächtnis des Leibes und Blutes Christi, dabei der Glaube sich derselben erinnere, und also ihrer auf eine geistliche figürliche Weise teilhaftig werde.
1102. IST DIES DER RECHTE VERSTAND?
Nein, auch dieses kann die Meinung des Herrn nicht sein. Denn 1. ist auch solcher Verstand wider die Art der Testaments-Worte verkünstelt, und wird aus dem ist der Kraft nach ein bedeutet gemacht. 2. Der Herr sagt nicht: Dieses ist das Gedenkmahl oder die Kraft meines Leibes, sondern: Das ist mein Leib. 3. So nennet der Apostel das Brot die Gemeinschaft des Leibes Christi (A), welcher also damit vereiniget sein muss: da nach jener Auslegung nicht das Brot, sondern der Glaube die Gemeinschaft des Leibes Christi sein würde. 4. Wo wir Christum in dem heiligen Abendmahl nicht anders als mit dem bloßen Glauben empfingen, so würde dasselbe vergebens und ohne Nutzen eingesetzt sein, alldieweil solches geistliche Genießen immerfort auch außer dem heiligen Sakrament geschiehet, welches der Weisheit unsers Heilandes nicht gemäß ist. 5. Hätten wir nicht mehr in dem heiligen Sakrament, als die lieben Altväter bei ihrem Osterlamm mit viel deutlicherer Bedeutung gehabt, als welche auch dabei der geistlichen Wohltaten Christi in dem Glauben teilhaftig worden sind: welches der Art beider Testamente entgegen stehet, weil in dem Alten der Schatten, in dem Neuen aber das Wesen der Güter anzutreffen ist.
(A)
1 Kor. 10,16. S. oben Fr. 1100.
1103. WELCHES IST DER RECHTE VERSTAND SOLCHER WORTE?
Derjenige, welchen unsere Kirche einfältig lehret: dass wir wahrhaftig in dem heil. Abendmahl Brot empfahen, welches uns Geschmack, Gesicht und Geruch lehret, aber dass zugleich aus Kraft der Einsetzung Christi mit dem Brot uns zu essen wahrhaftig dargereichet werde der wesentliche Leib Christi, und mit dem Wein das wahrhaftige Blut Christi, ob wir wohl davon nichts sehen noch schmecken.
1104. WOHER SIND WIR VERSICHERT, DASS DIESES DER WAHRE VERSTAND SEI?
Weil 1. dieses die Einfalt des Buchstabens in den Worten der Einsetzung ist, wo man sie verstehet, wie man auch in dem gemeinen Leben dergleichen Arten zu reden aufs einfältigste zu verstehen pflegt: Das ist eine herrliche Arzenei, und dergleichen. 2. Sonderlich, weil Paulus das Brot die Gemeinschaft des Leibes Christi nennet, 1 Kor. 10,16; dahero Brot und Wein vorhanden, und in genauester Gemeinschaft vereiniget sein müssen. 3. Bringet solches auch die Art der Sakramente mit sich, da allezeit das Irdische und Himmlische beisammen, und mit einander vereiniget zu sein pflegen.
1105. WANN IST ABER DER LEIB UND DAS BLUT CHRISTI MIT SOLCHEM BROT UND WEIN VEREINIGT?
Allein in dem Gebrauche, und so lange diese heilige Handlung währet, da solches Sakrament gegeben und genossen wird: nicht aber außer dem Gebrauch. Deswegen es bloßes Brot ist, was außer dem heil. Abendmahl herumgetragen wird, auch nicht ohne Abgötterei, als wäre es der Leib Christi, angebetet werden mag.
1106. WAS GEHÖREN FÜR HANDLUNGEN ZU DEM HEIL. ABENDMAHL?
Zweierlei: was der Prediger zu tun hat, und was den Kommunikanten zukommt.
1107. WAS HAT DER PREDIGER ZU TUN?
Was Christus getan hat, von dem es heißet, dass er das Brot 1. genommen, 2. gesegnet, 3. gebrochen, 4. den Jüngern gegeben, und 5. gesprochen hat: Das ist mein Leib.
1108. WELCHES SIND ABER UNTER DIESEN DIE NÖTIGSTEN HANDLUNGEN?
Das Segnen und das Geben, als welche nicht unterlassen werden können, und dahin die anderen alle sich beziehen.
1109. GEHÖRET DENN NICHT AUCH DAS BRECHEN DAZU?
Sofern Brechen auch Austeilen heißet, so ists nötig: aber das eigentliche Brechen ist von der Notwendigkeit nicht, weil es allein nach Jüdischem Gebrauch, und der Art ihres Brots geschehen ist.
1110. WOHER HAT DAS SEGNEN SEINE KRAFT?
Aus dem Wort und der Einsetzung des Herrn, so noch kräftig ist, so oft seine Ordnung gehalten wird, dasjenige zu leisten, was Er in dem Sakrament zu geben zugesaget hat.
1111. WAS SIND DIE HANDLUNGEN, SO DEN KOMMUNIKANTEN ZUKOMMEN?
Was den Aposteln befohlen war, dass sie nämlich 1. nehmen, 2. essen und trinken sollen.
1112. SOLL MANS MIT DER HAND ODER MUND NEHMEN?
Es ist keines ausdrücklich befohlen, stehet also in christlicher Freiheit nach jeglicher Kirche Gewohnheit.
1113. WAS ISTS ABER FÜR EIN ESSEN?
Durchaus nicht ein natürliches leibliches Essen, zu natürlicher Speisung des Leibes, gleich als würde der Leib Christi zerbissen, in dem Magen verdauet, und in unseres Leibes Nahrung verwandelt: welche Gedanken ferne von uns sein sollen. Jedennoch ists ein wahrhaftiges Essen, dass wir auch mit dem leiblichen Munde nicht nur das Brot und den Wein, sondern auch den Leib und Blut des Herrn empfangen und genießen, zu unserer geistlichen Speise unsers innern Menschen, mit dem sich Christus in solcher Speise vereiniget.
1114. WIE GEHETS MIT SOLCHEM ESSEN UND TRINKEN HER?
Solches ist uns unbegreiflich, und also nicht weiter zu ergrübeln, was uns nicht offenbaret, noch hingegen göttliche Allmacht oder Wahrheit in Zweifel zu ziehen, was dieselbe zugesaget hat.
1115. ISTS ABER MÖGLICH, DASS CHRISTI LEIB AN SO VIEL ORTEN ZUGEGEN SEI, UND GENOSSEN WERDE?
Wie es möglich sei, ist nicht not, dass wirs verstehen, denn es ist ein Geheimnis, das über die Vernunft ist: indessen glauben wir dem Wort dessen, der die Wahrheit ist und nicht lügen kann.
Eph. 3,20: Gott kann überschwänglich tun, über alles, das wir bitten oder verstehen.
1116. WAS NUTZET DENN SOLCH ESSEN UND TRINKEN?
Das zeigen uns diese Worte an: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Nämlich, dass uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird. Denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.
1117. WIE VIELERLEI IST ALSO VORNEHMLICH DER NUTZEN DES HEIL. ABENDMAHLS?
Dreierlei: Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit.
1118. WIRD DENN VERGEBUNG DER SÜNDEN IN DEM HEIL. ABENDMAHL DARGEREICHET?
Ja: denn der Herr befiehlet deswegen zu trinken, weil es vergossen sei für viele zur Vergebung der Sünden, Matth. 26,28. Weil nun dieses die Ursach ist, warum wirs trinken sollen, so muss solche Vergebung auch in dem heiligen Abendmahl gereichet werden. Auch sind ohnedas der Leib und das Blut Christi solche Dinge, die zu unserer Vergebung dahin gegeben sind: deswegen auch die Vergebung sich darvon nicht trennen lässet.
1119. WAS ISTS ABER FÜR EIN LEBEN, WELCHES WIR IN DEM HEIL. ABENDMAHL EMPFANGEN?
Nicht das leibliche, sondern das geistliche Leben, damit wir in Gott und Gott in uns lebet, darzu der Mensch erstlich erschaffen gewesen, welches wir aber durch den Sündenfall verloren, und in der Taufe wieder bekommen haben. Weil es aber oft in dem Leben durch die Sünde und des alten Adams Trägheit schwach wird, so bedarf es, dass es in dem heil. Abendmahl gestärket werde.
1120. WAS GEHÖRET ZU SOLCHEM GEISTLICHEN LEBEN?
Alle Kräfte des innern Menschen, Glaube, Liebe, Hoffnung, Geduld, Gebet, guter Vorsatz und dergleichen: und also, dass wir das Leben in dem heil. Abendmahl empfangen, heißet so viel, dass alle solche Güter dadurch bei uns gestärket werden durch die lebendig machende Kraft dieser himmlischen Speise.
Joh. 6,51: Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen; wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. V. 55-57: Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. Wer mein Fleisch isset, und trinket mein Blut, der bleibet in mir, und ich in ihm. Wie mich gesandt hat der lebendige Vater, und ich lebe um des Vaters willen: also, wer mich isset, der wird auch leben um meinetwillen.
1121. WIE WIRD DENN DER GLAUBE GESTÄRKET?
Durch die Kraft solcher himmlischen Speise und Trankes: sodann durch die Betrachtung des Leidens und Todes Christi, welche uns in dem heil. Abendmahl vor die Augen gemalet werden: und weil wir der Versöhnung des himmlischen Vaters daraus ganz versichert sind, da er uns selbst das für uns bezahlte Lösegeld reichen lässet.
1122. WIE WIRD DIE LIEBE GEGEN GOTT DARINNEN GESTÄRKET?
Durch die Vereinigung mit unserem Heiland, der nichts als lauter Liebe ist: sodann durch Betrachtung der unaussprechlichen Liebe Christi gegen uns, welche sich in solchem Sakrament hervortut: darinnen die gläubige Seele sich herzlich ergötzet, die Süßigkeit solcher Liebe schmecket, und zu brünstiger Gegenliebe entzündet wird.
1123. WIE WIRD DIE LIEBE GEGEN DEN NÄCHSTEN GESTÄRKET?
Abermal aus Kraft dieser seligen Speise und Tranks, und Erwägung, dass alle Nebenmenschen Einer Liebe mit uns von unserm lieben Heiland gewürdiget, und zu einerlei Gnade und Gütern berufen sind worden.
1 Kor. 10,17. S. Fr. 1000.
1124. WIE WIRD DIE HOFFNUNG GESTÄRKET?
Aus Kraft der himmlischen Speise und Tranks, und Betrachtung, dass Gott, der das Größte, seinen Sohn, bereits für uns gegeben, in allem andern uns auch nichts versagen könne oder werde, Röm. 8,32: Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
1125. WIE WIRD DIE GEDULD GESTÄRKET?
Durch die genaue Vereinigung mit unserem Heiland, welcher all sein Leiden mit Geduld an sich selbst überwunden, und also auch in seinen Gliedern, mit denen er sich vereiniget, unzweifentlich überwinden wird: sodann aus Betrachtung des Leidens Christi selbst, zu dessen Gleichförmigkeit wir berufen, und gleicher Herrlichkeit, wo wir ihm folgen, vertröstet sind.
1126. WIE WIRD DIE ANDACHT ZUM GEBET GESTÄRKET?
Weil der Herr, wo er einziehet, auch seinen Geist mit sich bringt, welcher ein Geist des Gebets ist, und weil wir den zum Fürbitter haben, welcher bei uns seine Wohnung genommen.
1127. WIE WIRD UNSERE BESTÄNDIGKEIT GESTÄRKET?
Weil wir aus der Vereinigung mit Christo neue Kräfte erlangen, Gutes zu tun, und die Versicherung haben, dass wir in ihm alles vermögen, der uns stark machet, Phil. 4,13.
1128. WAS ISTS FÜR EINE SELIGKEIT, DIE WIR IN DEM HEILIGEN ABENDMAHL EMPFANGEN?
Sowohl die Seligkeit in dem Reich der Gnaden, als die noch hie erwartete und dort offenbarte Seligkeit in dem Reich der Herrlichkeit: dero uns auch dieses Sakrament versichert, als in welchem wir empfangen den Leib und Blut desjenigen, der bereits in solchem Reich der Herrlichkeit regieret, und aus demselben solche himmlische Speise und Trank darreichet, damit aber unsere Seele und Leib heiligen will, zu gleicher Herrlichkeit dermaleins zu kommen.
Joh. 6,54: Wer mein Fleisch isset, und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben; und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken.
1129. ERLANGEN ABER ALLE KOMMUNIKANTEN DIESEN NUTZEN?
Sie empfangen zwar alle den wahren Leib und Blut Christi, sie seien würdig oder unwürdig, weil das wahre Sakrament nicht an unserem Glauben oder Unglauben, sondern an Christi Einsetzung hänget: aber die Unwürdigen, welche hinzugehen, erlangen den obgedachten Nutzen nicht, indem auch darzu die geistliche Genießung gehöret, sondern empfangen solche teuren himmlischen Güter zu ihrem schweren Gericht.
1 Kor. 11,29: Welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selber das Gericht, damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn.
1130. WIE KANN ABER ESSEN UND TRINKEN SOLCHE GROSSE DINGE TUN?
Essen und Trinken tuts freilich nicht, sondern die Worte, so da stehen: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Welche Worte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken als das Hauptstück im Sakrament, und wer denselbigen Worten glaubt, der hat, was sie sagen, und wie sie lauten, nämlich Vergebung der Sünden.
1131. TUT DENN LEIBLICHES ESSEN UND TRINKEN NICHTS ZU SOLCHEM NUTZEN?
Es ist zwar solches Essen und Trinken das Mittel, wodurch Gott uns solche teueren Güter gibet und versiegelt, aber es ist solches nicht die Kraft des Essens und Trinkens an sich selbst.
1132. WOHER KOMMT DENN DIE KRAFT?
Von Gottes Seiten aus seiner Verheißung und Einsetzung in seinem Wort; von Seiten des Menschen aber ists der Glaube.
1133. WIRD ABER DAMIT ALLEIN VERSTANDEN, DASS DER MENSCH EBEN GLAUBE, DASS SOLCHE WORTE DER EINSETZUNG WAHR SIND?
Nein, sondern es wird der oben beschriebene und lebendige tätige Glaube verstanden, welcher bei keinen andern als bußfertigen Menschen sich findet.
S. oben Fr. 416ff.
1134. WER EMPFÄHET DENN SOLCH SAKRAMENT WÜRDIGLICH?
Fasten und leiblich sich bereiten ist wohl eine feine äußerliche Zucht: aber der ist recht würdig und wohl geschickt, der den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Wer aber diesen Worten nicht glaubet, oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt. Denn das Wort: Für euch, erfordert eitel gläubige Herzen.
1135. WAS WIRD UNS IN SOLCHEN WORTEN GEZEIGET?
Eine äußerliche und innerliche Vorbereitung.
1136. WORINNEN BESTEHET DIE ÄUSSERLICHE VORBEREITUNG?
In Fasten und anderm leiblichen Bereiten, als da ist die äußerliche Demut und Zucht, in Kleidern, Geberden und dergleichen, welches bei der wahren Vorbereitung auch sein, oder vielmehr von selbsten daraus fließen soll.
1137. IST ABER DAS FASTEN SCHLECHTERDINGS NOTWENDIG?
Nein, denn wir haben dessen keinen Befehl; es ist aber nützlich, und zuweilen nötig, zu einer Beihilfe der Andacht, bei denen, die sich dadurch zum Gebet und Betrachtungen geschickter finden.
1138. IST ABER SOLCHES ZUR WAHREN VORBEREITUNG GENUG?
Nein, sondern es bleibet eine äußerliche Zucht, die uns an sich selbst Gott nicht gefällig macht.
1139. WORINNEN BESTEHET DENN DIE KRAFT DER INNERLICHEN UND WAHREN VORBEREITUNG?
In dem lebendigen Glauben.
1140. WAS IST DENN NACH ST. PAULI AUSSAGE ZU WÜRDIGER VORBEREITUNG NÖTIG?
Die Prüfung seiner selbst, wie er sagt 1 Kor. 11,28: Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brot, und trinke von diesem Kelch.
1141. WAS HEISSET ABER SICH SELBST PRÜFEN?
Es heißet, fleißig in sich selbst gehen, und nachdenken, wie wir mit Gott und mit den Nebenmenschen stehen.
1142. WAS HABEN WIR EIGENTLICH AN UNS ZU PRÜFEN?
Den Glauben, und was vor demselben hergehen, und auf denselben folgen muss, daran er auch zu erkennen ist.
2 Kor. 13,5: Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben seid, prüfet euch selbst.
1143. WAS SOLL DENN VOR DEM GLAUBEN HERGEHEN?
Herzliche Reue und Leid über die Sünde, weil ohne solche Reue und Leid kein wahrer Glaube sein kann, ja eben selbige Reue zu dem Glauben treibet.
1144. WAS SOLL ABER AUF DEN GLAUBEN FOLGEN?
Der herzliche und wirkliche Vorsatz der Besserung, und rechtschaffene Früchte der Buße: welche wiederum ein notwendig Kennzeichen des Glaubens sind.
1145. WAS GEHÖRET, UM EIGENTLICH UND AUFS EINFÄLTIGSTE VON DER SACHE ZU REDEN, ZU DER WAHREN VORBEREITUNG?
Drei Stücke: 1. Reue und Leid über die Sünde, 2. der wahre Glaube an Christum, und 3. der ernste Vorsatz der Besserung. Nach diesen dreien Stücken muss sich der Mensch prüfen.
1146. WAS HEISST DENN SOLCHE REUE UND LEID ÜBER DIE SÜNDE?
Nicht nur allein, dass der Mensch seine Beichte vor dem Pfarrer daher spreche, oder einige Gebete aus dem Buche lese, sondern dass er sein Gewissen forsche, wie er vor Gott bis dahin gewandelt habe: erwäge, was Gott in den zehn Geboten von ihm fordere, und woran es ihm diesfalls mangele: erinnere sich seiner sowohl Erbsünde und natürlichen Verderbnis, als auch wirklicher wider Gott und den Nebenmenschen begangenen Sünden, deren das Gewissen ihn überzeuget, wissend, dass noch viel mehrere übrig seien, die er nach allem Forschen nicht genugsam erkennen kann, Gott aber an ihm sehe: überlege dabei die großen göttlichen Guttaten, sonderlich, die er in dem Geistlichen von Gott empfangen, und deswegen sich seiner Gnade fleißiger und dankbarlicher hätte gebrauchen sollen: ziehe zu Herzen die schweren göttlichen Strafen, die er damit verschuldet und auf sich geladen, dass Gott gerechter Weise ihn in die Hölle stürzen könnte. Aus diesem wird und soll folgen eine herzliche Traurigkeit über solche seine Sünden, nicht nur, dass er damit sein Heil verscherzet, und Gottes Strafe auf sich gezogen, sondern vornehmlich, dass er einem so liebreichen Vater zuwider getan, seinem Heiland Christo sein Leiden so sauer gemacht, und den heiligen Geist betrübet habe; nicht weniger eine herzliche Scham vor dem Angesicht seines himmlischen Vaters und Furcht vor seinem Gericht, sodann eifriger Hass wider die Sünde, die ihn in dergleichen Elend stürze. Endlich, dass er sich vor seinem Gott demütige, solche seine Sünde bekenne, und um Gnade flehentlich bitte.
2 Kor. 7,9-11: Ihr seid göttlich betrübt worden, dass ihr von uns je keinen Schaden irgend worinnen nehmet; denn die göttliche Traurigkeit wirket zur Seligkeit eine Reue, die niemand gereuet; die Traurigkeit aber der Welt wirket den Tod. Siehe dasselbige, dass ihr göttlich seid betrübet worden, welchen Fleiß hat es in euch gewirket, darzu Verantwortung, Zorn, Furcht, Verlangen, Eifer, Rache.
Ps. 51,19: Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.
1147. IST ABER NIEMAND WÜRDIG, ALS BEI WELCHEM SOLCHE REUE IM HÖCHSTEN GRAD IST?
Weil auch solche Reue eine Wirkung des heiligen Geistes ist, können wir demselbigen nicht vorschreiben, in was Maß er sie uns geben solle, sondern müssen zwar mit allem Fleiß unser Leben und göttlichen Willen uns vorstellen: ob wir aber die verlangte Traurigkeit nicht in dem Grad fühlen, wie wir selbst zu mehrer Zerknirschung unsers Herzens verlangten, und darüber, dass wir sie nicht empfinden, betrübt werden, haben wir nicht zu zweifeln, dass doch solches Opfer Gott gefalle, nur dass es aufrichtig von Herzen gehe.
1148. WAS WIRD FERNER VERSTANDEN DURCH DEN GLAUBEN, SO ZU WÜRDIGER VORBEREITUNG ERFORDERT WIRD?
Dass der Mensch erkenne, wie nicht nur allein Gott willig sei, um Christi Verdiensts willen den Bußfertigen ihre Sünde zu vergeben, sondern dass auch solche göttliche Gnade ihn angehe, und ihm in der Taufe bereits geschenket sei, deswegen in göttlichem Wort allemal aufs neue angetragen werde; sonderlich, dass in solchem heiligen Abendmahl, nach welchem er Verlangen träget, der reiche Schatz der Gnade Gottes ihm geöffnet werde, aus derselben allen Trost und geistliche Stärkung zu seiner Seligkeit zu schöpfen. Auf welches er alles sein Vertrauen zu stellen hat.
1149. IST ABER DERJENIGE, WELCHER SOLCHEN GLAUBEN BEI SICH NICHT FÜHLET, OB ER WOHL DARNACH VERLANGEN TRÄGET, ZU DEM HEILIGEN ABENDMAHL UNWÜRDIG?
Wie der Glaube nicht alle Zeit empfindlich ist, sondern auch wahrhaftig sein kann, ob er gleich nicht gefühlet wird, also sind die Angefochtenen, welche ihren Glauben bei sich nicht fühlen, aber dessen Früchte bei sich finden, des heil. Abendmahls nicht unwürdig, noch davon abzuhalten, sondern vielmehr dahin zu weisen, dass sie durch solches Mittel in dem Glauben, so sich in dem Verlangen und andern Wirkungen hervortut, mögen gestärket werden.
S. oben Fr. 440. 441.
1150. WAS ISTS FÜR EIN VORSATZ, WELCHER AUCH ZU WÜRDIGER VORBEREITUNG GEHÖRT?
Dass der Kommunikant einen solchen Hass aus Betrachtung seiner Sünde wider dieselbe gefasset habe, dass er sich ernstlich vornimmet, durch göttliche Gnade allen Sünden mehr und mehr also abzusterben, dass er mit Willen nun und nimmermehr eine einige zu tun begehret: hingegen, dass er aus Erwägung göttlicher, ihm aufs neue widerfahrener Gnade eine solche Liebe zu seinem Gott fasse, dass, wie sein Heiland sich für ihn zum Opfer dargegeben, und jetzt seinen Leib und Blut zu seiner Speise und Trank geben wolle, er auch bereit sei, sich selbst Christo hinwider zu einem Opfer zu geben, nichts mehr zu tun, als was demselben gefällig sei, in heiliger Nachfolge seines Exempels das bis daher versäumte Gute nach Möglichkeit zu ersetzen, und alles um seinetwillen willig zu leiden.
1 Petr. 1,14.15: Als gehorsame Kinder, und stellet euch nicht gleichwie vorhin, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten lebtet, sondern nach dem, der euch berufen hat, und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem euren Wandel.
Eph. 8,1.2: So seid nun Gottes Nachfolger, als die lieben Kinder, und wandelt in der Liebe, gleichwie Christus uns hat geliebet, und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch.
1151. WAS GEHÖRET ABSONDERLICH ZU SOLCHEM VORSATZ?
Dass der Mensch allen denjenigen, von denen er beleidiget worden, von Herzen vergebe, sich an ihnen nicht zu rächen, sondern alles Gute dafür zu tun begehre, hingegen diejenigen zu versöhnen suche, und denen Erstattung tue, welche er beleidiget hat. Als welches ein Stück der nötigen Besserung und Frucht der erlangten Vergebung ist.
S. oben Fr. 898. 899.
1152. IST ABER SOLCHER VORSATZ SCHLECHTERDINGS NÖTIG?
Ja, sogar, dass weder Reue noch Glaube bei einem solchen Menschen sein kann, bei welchem solcher Vorsatz nicht ernstlich ist. Bleibet also der Mensch ohne solchen Vorsatz unbußfertig, und demnach unwürdig.
S. oben Fr. 429. 430. 431. 432.
1153. WIE WEIT SOLL SICH ABER DER VORSATZ ERSTRECKEN?
Vornehmlich auf die Sünden, dieselben zu lassen, welche man bisher in seiner Prüfung wahrgenommen, neben dem aber auch auf alle Sünden. Also dass, wo der Vorsatz bleibet, allen andern Sünden Urlaub zu geben, aber eine einige in sich künftig noch zu behalten, und in derselben fortzufahren, so würde ein solcher Mensch unbußfertig und unwürdig sein.
1154. AUF WIE LANG SOLL SOLCHER VORSATZ GEFASSET WERDEN?
Nicht allein auf einige wenige Tage, sondern auf das ganze Leben; soll anders der Vorsatz ernstlich sein.
1155. SOLL ES ABER ALLEIN BEI DEM BLOSSEN VORSATZ BLEIBEN?
Nein, wo der Vorsatz herzlich ist, trachtet man denselben nach allem Vermögen, das Gott darleihet, auch zu Werk zu richten.
1156. WAS SIND FÜR SONDERBARE HILFSMITTEL, SOLCHEN VORSATZ WERKSTELLIG ZU MACHEN?
Die tägliche Erinnerung und Erneuerung solches Vorsatzes, tägliche Untersuchung seines Gewissens, wie man solchem Vorsatz nachgekommen sei oder nicht, und innigliches Gebet, dass, der das Wollen gegeben, auch das Vollbringen gehen wolle.
1157. WO ABER EINER ALSO WÜRDIG IST, IST SOLCHES EINE EIGENE WÜRDIGKEIT?
Nein, sondern aus göttlicher Gnade wegen des Glaubens, der die Würdigkeit von Christo erlangt. Sonst würde Gott an unserer Reue, Glauben und Vorsatz Mangel genugsam finden.
1158. WAS IST UNSERE SCHULDIGKEIT BEI UND NACH EMPFANGENEM HEIL. ABENDMAHL?
Dass wir des Herrn gedenken (A), und seinen Tod verkündigen (B), mit herzlichem und gläubigem Preis seiner Wohltat, und heiliger Nachfolge seines Exempels.
(A)
Luk. 22,19: Das tut zu meinem Gedächtnis.
(B)
1 Kor. 11,26: So oft ihr von diesem Brot esset, und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis dass er kommt.
1159. WORINNEN BESTEHET VORNEHMLICH SOLCHES GEDÄCHTNIS UND VERKÜNDIGUNG?
In gläubiger Danksagung, Liebe Gottes, Liebe des Nächsten, und Geduld.
1160. WAS FÜR EINE DANKSAGUNG WIRD ERFORDERT?
Dass man in gläubiger Andacht die Hoheit der großen Wohltat, da unser Heiland uns Unwürdige so hoch gewürdiget, bei uns einzuziehen, und seine himmlischen Güter mitzubringen, betrachtet, darüber in dem Geist sich erfreut, in der Kirche, zu Haus, mit Mund und Herzen, Gesang und ganzem Leben solches rühmet und dankbarlich preiset: alles solches aus gläubiger Ergreifung der himmlischen Schätze in solchem Sakrament und deren eigener Kraft.
1161. WIE WIRD DIE LIEBE GOTTES ERFORDERT?
Dass aus Erwägung der unaussprechlichen Liebe Christi gegen uns, so in solchem heiligen Mahl hervorleuchtet, und kraft seiner Einwohnung, hinwiederum eine inbrünstige Gegenliebe gegen Gott in den Herzen gewirket werde, mit so viel ernstlicherm Hass gegen die Sünde, und Eifer, unsere Liebe in der Tat zu erzeigen.
1162. WAS ABER FÜR EINE LIEBE DES NÄCHSTEN?
Dass aus Erwägung der in Christo und von ihm gemeinsamen Güter und Vereinigung mit allen seinen Gliedern, der Kommunikant auch so viel inbrünstiger alle seine Nächsten, sonderlich aber seine Mitbrüder in Christo, zu lieben anfange, und ihnen die Früchte des Guten, so ihm sein Heiland erwiesen, dankbarlich zu erweisen, ihr Heil im Leiblichen und sonderlich im Geistlichen, nach Vermögen zu befördern, und in allem mit Willfährigkeit, Demut und Sanftmut zu begegnen, eifrig lasse sich angelegen sein.
1163. WAS GEHÖRET FÜR EINE GEDULD HIEZU?
Dass der Kommunikant aus Erwägung des Leidens und Kreuzes Christi, zu dem er sich in dem Sakrament aufs neue verbunden hat, sich entschließe, das gegenwärtige Leiden, so lang es Gott gefällig sei, willig zu tragen, und ins künftige auch alles gern aufzunehmen, was er ferner auflegen würde; alles im Vertrauen, dass sein Heiland es ihm tragen helfen werde.
1164. ISTS ABER MÖGLICH, GOTT SOLCHE FRÜCHTE ZU BRINGEN?
Ja, nicht aus unserer Kraft, sondern aus Kraft der himmlischen Güter selbst, die wir in dem heil. Abendmahl empfangen haben, und durch Christum, der dadurch in uns aufs neue zu leben angefangen hat.
1165. WIE OFT SOLL MAN DAS HEIL. ABENDMAHL GEBRAUCHEN?
Nicht nur einmal, wie man nur einmal getauft wird, sondern zu mehrmalen. Jedoch mag keine gewisse Zeit gesetzet werden, sondern solches ist der Notdurft und Andacht eines jeden zu überlassen, indem einer solcher Stärkung mehrmalen bedarf als der andere; auch einer zu einer Zeit ihrer mehr benötiget ist, als zur andern.
1 Kor. 11,25: Solches tut, so oft ihrs trinket, zu meinem Gedächtnis.
1166. WAS SOLL UNS ZU MEHRMALIGEM GEBRAUCH ANTREIBEN?
1. Des Herrn Befehl, der es nicht in unsere Willkür gestellet, sondern befohlen hat: Esset, trinket, und solches nicht um seines, sondern unsers Nutzen willen. 2. Seine Verheißung, da er uns so teuere Güter darinnen zu geben versprochen hat: also, dass derjenige, der sie nicht mehrmal gebrauchet, sie nicht erkennen noch glauben muss. 3. Unsere eigene Not, indem wir ja Sünde an uns haben, deren Vergebung und Abwendung göttlichen Zorns wir bedürftig sind: indem auch der Glaube und übrige geistliche Kräfte oft schwach sind, und Stärkung bedürfen, hingegen die Versuchungen und Anfechtungen des Teufels, der Welt und des Fleisches mächtig sind, dagegen wir bekräftiget zu werden nötig haben.
1167. SOLL UNS ABER NICHT VON SOLCHEM HEIL. MAHL ABHALTEN DIE BETRACHTUNG DESSEN HOHEIT, UND UNSERE SO NIEDRIGKEIT ALS UNWÜRDIGKEIT?
Nein: denn der Herr hat es eingesetzt, nicht, dass wirs allein in Gedanken hoch halten, sondern gebrauchen sollen, und es ist keine Demut, sondern ungläubige Verachtung, so man das nicht annehmen will, was uns Christus aus Liebe, uns würdiger zu machen, anbeut.
1168. SOLL UNS ABER DAVON ABHALTEN, DASS WIR WISSEN, DASS AUF DAS UNWÜRDIGE ESSEN UND TRINKEN SCHWERES GERICHT FOLGE?
Nein: solche Betrachtung soll uns darzu treiben, dass wir uns sorgfältig darzu prüfen und schicken, das heil. Sakrament würdiglich zu empfangen. Und wie der Zorn auf denen lieget, welche es unwürdig genießen, so lieget er auch auf denen, welche es verachten, und lieber in ihrer Unwürdigkeit bleiben, als die göttlich Gnade annehmen.
1169. IST DENN DIESES EINE GENUGSAME ENTSCHULDIGUNG, WENN MAN SORGE HAT, MAN MÖCHTE INS KÜNFTIGE WIEDERUM IN SÜNDE FALLEN?
Nein, sondern wir sollen uns aufs eifrigste auch ins künftige vor Sünden hüten, aber wissen, dass eben darzu das heil. Abendmahl uns auch neue Kraft gebe: sollen wir aber auch noch künftig aus Schwachheit sündigen, so waltet die göttliche Gnade noch über uns, uns zu erhalten, und wieder aufzurichten, so wohl nach empfangenem heil. Abendmahl, als vorher.
1170. IST DIESES EINE GENUGSAME ENTSCHULDIGUNG, DASS MAN DIE VERGEBUNG DER SÜNDEN AUS DEM GÖTTLICHEN WORT UND DIE ABSOLUTION HABEN KÖNNE, UND ALSO DES HEILIGEN ABENDMAHLS NICHT BEDÜRFE?
Nein: denn Christus will keines seiner Gnadenmittel verachtet haben, und würde derjenige keinen Trost aus dem göttlichen Wort haben, welcher das heil. Sakrament verachtet und mutwillig auslässet.
1171. WO MAN ABER KEINEN HUNGER UND DURST DARNACH HAT, WIRD MAN JA ENTSCHULDIGET SEIN, DASS MAN SOLCHES HEILIGE ABENDMAHL NICHT GEBRAUCHE?
Nein: denn wie solcher Stand sehr gefährlich, sollen solche Leute vielmehr trachten, mit Erwägung der Gründe, die uns zu dessen Gebrauch bewegen sollen, solchen Hunger und Durst oder Verlangen bei sich zu erwecken, als davon zu bleiben, und damit immer kälter zu werden.
1172. KÖNNEN RECHTSPROZESSE EINEN DAVON ABHALTEN?
Wer eine rechte Sache hat, und solche mit christlicher Liebe und Sanftmut führet, ist daher nicht unwürdig des heil. Abendmahls: wer aber eine unrechte Sache hat, oder sie wider die Regel der Liebe, mit Feindschaft, Hass, Unbilligkeit führet, ist darzu unwürdig; und so lang er in diesem Stande bleibet, außer Gottes Gnade.
1173. SCHLIESSEN ABER FEINDSCHAFTEN DEN MENSCHEN VON DEM HEIL. SAKRAMENTE AUS?
Ja, aber auch ein solcher ist deswegen nicht entschuldiget, als welcher vielmehr verbunden wäre, seine Feindschaft, dabei er außer Gottes Gnade lebet, abzulegen, als deswegen sich des heiligen Liebesmahls zu enthalten.
1174. IST DENN NUN JEGLICHER CHRIST, DER SICH SELBST PRÜFEN UND DAS HEIL. ABENDMAHL HABEN KANN, SICH DESSELBEN ÖFTERS ZU GEBRAUCHEN SCHULDIG?
Ja: weil zu desselben würdigem Gebrauch nichts anders, als die wahre Buße gehöret, und aber ohne dieselbe keiner Gott gefallen kann, so muss er entweder in einem verdammlichen Stande stehen, daraus er trachten soll vörderlichst sich zu retten, oder er muss des heiligen Abendmahls fähig sein.
Von den Schlüsseln des Himmelreichs.
1175. WAS PFLEGET BEI UNSERER EVANGELISCHEN KIRCHE VOR DEM GEBRAUCH DES HEIL. ABENDMAHLS VORHER ZU GEHEN?
Die Beichte und Absolution.
1176. WIE VIELERLEI IST DIE BEICHTE?
Dreierlei: gegen Gott, gegen den Nebenmenschen, und gegen den Prediger.
1177. WELCHES IST DIE BEICHTE GEGEN GOTT?
Wo entweder eine ganze Gemeinde oder Ein Mensch, öffentlich oder absonderlich, alle seine oder gewisse absonderliche Sünden Gott dem Herrn bekennet, und ihn um Gnade bittet.
1178. WARUM IST SOLCHE VONNÖTEN?
Eine ganze Gemeinde tut ihr allgemeines Bekenntnis öffentlich in der gemeinen Beichte, oder über sonderbare Fälle und Ärgernisse, wo Gott mit denselben zum Zorn gereizet worden. Jeglicher Christ aber hat täglich nicht nur in dem Vater unser Gott um Verzeihung seiner Sünden anzurufen, sondern auch, so oft er mit einem absonderlichen Fehl und Sünde sich vergriffen, denselben Gott dem Herrn wehmütig zu bekennen, sonderlich aber, wo er seinen Bund mit Gott in dem heiligen Abendmahl erneuern will, nach der Forschung seines ganzen Lebens Gott dem Herrn sein Bekenntnis und Beichte zu tun.
Siehe Esra 9,4ff. 10,1ff. Neh. 9,2 ff. Jona 3,5 ff.
1179. IST ABER SOLCHE BEICHTE GEGEN GOTT NOTWENDIG?
Ja, sie ist so notwendig, dass, wer seine Sünde Gott nicht bekennen will, keine Gnade erlangen kann.
Ps. 32,3-5: Da ichs wollte verschweigen, verschmachteten mir meine Gebeine, durch mein täglich Heulen; denn deine Hand war Tag und Nacht schwer auf mir, dass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird, Sela. Darum bekenne ich dir meine Sünde, und verhehle meine Missetat nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretung bekennen; da vergabst du mir die Missetat meiner Sünde, Sela.
Spr. 28,13: Wer seine Missetat leugnet, dem wirds nicht gelingen; wer sie aber bekennet und lässet, der wird Barmherzigkeit erlangen.
1 Joh. 1,8.9: So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns; so wir aber unsere Sünde bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünde vergibt, und reiniget uns von aller Untugend.
1180. WELCHES IST DIE BEICHTE VOR DEM NEBENMENSCHEN?
Da wir dem von uns beleidigten oder geärgerten Nächsten unsere Sünde bekennen, und ihn um Verzeihung bitten. Dahin gehöret, dass diejenigen, welche die Gemeinde mit öffentlichen Ärgernissen betrübet, sich wiederum mit ihr durch öffentliches Bekenntnis versöhnen.
Jak. 5,16: Bekenne einer dem andern seine Sünde, und betet für einander.
1181. WELCHES IST DIE BEICHTE VOR DEM PREDIGER?
Die Kirchenbeichte, so bei uns üblich ist.
1182. WAS IST DIESE BEICHTE?
Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eines, dass man die Sünde bekenne; das andere, dass man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger empfahe, als von Gott selbst, und ja nicht daran zweifele, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.
1183. IST SOLCHE SCHLECHTERDINGS ZUR VERGEBUNG DER SÜNDEN NOTWENDIG?
Nein, dieweil wir dessen keinen ausdrücklichen Befehl haben: weil sie aber darzu dienlich ist, damit die Prediger den ihnen gegebenen Befehl, die Vergebung der Sünden den Bußfertigen zu verkündigen, desto besser zu Werk richten mögen, so ist sie von unserer evangelischen Kirche als eine nützliche Zeremonie behalten worden.
1184. WAS GEHÖRET DENN ZU DER BEICHTE?
Dass der Beichtende seine Sünde bekenne, und die Reue über dieselbe bezeuge: sodann, um die Vergebung bitte, mit gläubiger Berufung auf die Gnade Christi, und Versprechen des neuen Gehorsams. Daher solche Stücke billig in allen Beichtformeln sollten angedeutet werden.
1185. WELCHE SÜNDEN SOLL MAN BEKENNEN VOR DEM PREDIGER?
Insgemein aller Sünden sollen wir uns schuldig geben: insonderheit aber deren, so wir im Herzen fühlen, und uns beschweren, dieselbigen offenbaren, und deroselben Vergebung ansuchen und bitten.
1186. WARUM HAT MAN EINIGE SÜNDEN ABSONDERLICH ZU BEKENNEN?
Nicht aus sonderbarem göttlichen Gebot, und gleich als ob würde dasjenige nicht vergeben, was nicht absonderlich gebeichtet worden, wie von päpstischer Seite gelehret wird, sondern des großen Nutzens wegen, damit der Prediger seinem Beichtkind über solche Sünde mit so viel besserem Unterricht des Gewissens, heilsamem Rat und kräftigem Trost begegnen und zustatten kommen könne.
1187. STEHET MAN ABER NICHT IN GEFAHR, WO MAN EINEM PREDIGER SEINE ABSONDERLICHEN SÜNDEN BEKANNT HAT, DASS DIESELBEN DAMIT AUSKOMMEN MÖCHTEN?
Nein, indem der Prediger dieselben jemanden zu offenbaren nicht Macht hat, sondern sie, als nur allein Gott dem Herrn, in ihm, gebeichtet, bei sich behalten muss: wie hingegen das Beichtkind auch seinerseits, was mit ihm in solchem Vertrauen gehandelt worden, in geheim zu halten hat.
1188. MIT WAS HERZEN MUSS DENN SOLCHE BEICHTE VOR DEM PREDIGER GESCHEHEN, WO SIE GOTT GEFÄLLIG SEIN SOLL?
1. Mit wehmütigem und der Sünde wegen betrübtem Herzen (daher auch die fließenden Tränen niemand für übel zu deuten sind): 2. mit herzlicher Demut, als vor Gottes Angesicht, welche sich auch in äußerlichen Geberden und Kleidung hervor tun soll: 3. mit Andacht und Aufmerksamkeit, was man rede, daher auch die Beichtformeln also sollen beschaffen sein, dass sie sich auf die Person schicken: 4. mit wahrem Glauben und Vertrauen, in der Absolution die Vergebung der Sünden zu erlangen: 5. mit fleißiger Erwägung, dass man Gott ein neues Gelübde künftigen neuen Gehorsams ablege, dessen man auch stetig sich wieder erinnern müsse.
1189. WAS SIND DIE SCHLÜSSEL DES HIMMELREICHS?
Diejenige Gewalt, welche Christus seiner Kirche und dero Dienern gegeben hat, die Sünde zu vergeben oder zu behalten.
Matth. 16,19: Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein.
Joh. 20,21-23: Da sprach Jesus abermal zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das sagte, blies er sie an, und sprach zu ihnen: Nehmet hin den heiligen Geist; welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.
1190. WIE VIEL SIND SOLCHER SCHLÜSSEL?
Zween: der Löseschlüssel und der Bindeschlüssel.
1191. WAS IST DER LÖSESCHLÜSSEL?
Damit den Bußfertigen ihre Sünden vergeben werden.
1192. WEM IST SOLCHER ANVERTRAUET?
Der ganzen Gemeinde oder Kirche, die sich dessen gebraucht durch ihre berufenen Diener und Prediger, indem solches ein Stück ist der Predigt des Evangelii, die ihnen anvertrauet ist. In dem Notfall aber mag auch ein anderer gläubiger Christ die Vergebung der Sünden kräftig verkündigen.
1193. HAT ABER DER PREDIGER FÜR SICH SELBST MACHT, SÜNDE ZU VERGEBEN?
Nein, sondern allein aus Gottes Befehl, und also in dem Namen Gottes des Vaters, Sohnes und heiligen Geistes, und daher als Gottes Werkzeug. Darum er auch sich solcher Macht nicht anders zu gebrauchen hat, als nach göttlicher Ordnung, oder er überschreitet seinen Befehl, und richtet nichts aus.
1194. LIEGT ABER ETWAS AN DER PERSON UND WÜRDIGKEIT DES PREDIGERS?
Nein, sondern die Macht ist allein Gottes, daher die Würdigkeit oder Unwürdigkeit der Person nichts dazu tut, was allein in Gottes Namen geschiehet.
1195. WEM HAT MAN ABER DIE ABSOLUTION ZU ERTEILEN?
Den Bußfertigen, so viel man deren Buße aus der Beichte und anderen Kennzeichen abnehmen kann.
1196. WELCHE SÜNDEN SOLLEN VERGEBEN WERDEN?
Den Bußfertigen mögen alle Sünden von jeglichem Prediger vergeben werden, wie groß sie sein möchten.
1197. WIE VIELERLEI IST SOLCHE VERGEBUNG ODER ABSOLUTION?
Zweierlei, entweder öffentlich und insgemein, da die ganze Gemeinde (so viel nämlich in derselben bußfertig seien) insgemein, oder da einer absonderlich auf seine Beichte von Sünden los gesprochen wird.
1198. IST ABER AUCH DIE ABSOLUTION UND VERGEBUNG DES PREDIGERS KRÄFTIG?
Ja, wie es Christus versprochen hat, Joh. 20,23. S. bei Fr. 1189.
1199. KANNS NICHT GESCHEHEN, DASS EINEM SEINE SÜNDEN VOR GOTT UNVERGEBEN BLEIBEN, DEM DOCH VON DEM PREDIGER DIE ABSOLUTION GESPROCHEN WIRD?
Ja, solches geschiehet nur allzu oft: wenn nämlich der Mensch, so sich in seiner Beichte als einen bußfertigen Sünder darstellet, indessen in seinem Herzen unbußfertig ist, seine Sünden nicht von Herzen erkennt, noch zu lassen begehret, und weder Glauben noch eifrigen guten Vorsatz hat. Denn weil er sich als bußfertig, und also anders, als er in dem Herzen ist, darstellet, so wird ihm zwar die Absolution von dem Prediger, nach seinem Bekenntnis, und wie er sich anstellet, gesprochen, aber er wird wegen seiner Heuchelei und Unbußfertigkeit, durch die Absolution, welche er dem Prediger abgestohlen, vor Gott so gar seiner Sünden nicht frei, dass er vielmehr darinnen gebunden wird.
1200. IST DENN DIE ABSOLUTION NICHT KRÄFTIG?
Sie ist wohl an sich selbst kräftig, weil Gott in derselben dem Menschen die Vergebung wahrhaftig anbeut; aber weil er unbußfertig ist, und also den Glauben nicht hat, so kann er auch dasselbe nicht annehmen, noch ein solches Gut sich wirklich zueignen.
1201. WORAUS KANN MAN DENN VERSICHERT SEIN, DASS DIE EMPFANGENE ABSOLUTION GÜLTIG GEWESEN?
Allein aus dem Glauben, der allein die Vergebung annimmt: den Glauben aber hat man aus seinen Früchten zu erkennen.
1202. WAS IST DER BINDESCHLÜSSEL?
Damit den Unbußfertigen ihre Sünden behalten werden.
1203. WEM IST DERSELBE ANBEFOHLEN?
Der ganzen Kirche, welche sich darinnen wiederum ihrer berufenen Diener zu gebrauchen hat, die gleichwohl zu öffentlicher Ausschließung nicht anders, als in der Ordnung, die Christus vorgeschrieben, und mit Zuziehung der Kirche, zu verfahren haben.
Matth. 18,15-19: Sündiget dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Höret er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen; höret er dich nicht, so nimm noch einen oder zween zu dir, auf dass alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Munde. Höret er die nicht, so sage es der Gemeinde; höret er die Gemeinde nicht, so halte ihn als einen Heiden und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.
1204. WEM SOLLEN DENN SEINE SÜNDEN BEHALTEN WERDEN?
Den Unbußfertigen, welche sich durch die Vermahnung nicht wollen bessern lassen.
1205. WELCHE SÜNDEN SOLLEN BEHALTEN WERDEN?
Nicht die Schwachheits-, sondern die boshaftigen Sünden, sonderlich öffentliche Ärgernisse, darinnen der Sünder beharret.
1206. WIE VIELERLEI IST SOLCHES BINDEN?
Zweierlei: entweder insgemein, da göttliche Strafe und Zorn allen unbußfertigen hartnäckigen Sündern angezeigt wird, damit allezeit ihre Sünde aufs neue gebunden, und schwerer wird; oder absonderlich, dass ein ärgerlicher Sünder, so alle Vermahnungen in den Wind geschlagen, von der Gemeinschaft der geistlichen Güter abgesondert, und gar aus der Gemeine gestoßen wird.
Das Exempel des Blutschänders 1 Kor. 5.
1207. MAG AUCH EIN SOLCHER WIEDERUM ZU GNADEN ANGENOMMEN WERDEN?
Ja, wo er sich selbst bessert und Buße tut. Wozu man ihn denn allezeit zu locken und zu leiten hat.
1208. WOZU DIENET ABER SOLCHER BANN?
Dazu, dass 1. die göttlichen Güter, welche nur den Gläubigen und Bußfertigen gebühren, nicht mögen von solchen boshaftigen Sündern entheiliget: 2. sie hingegen durch solche Strafe ihrer schweren Sünden erinnert und zur Buße gelocket: 3. andere aber von dergleichen Sünden und Ärgernis abgeschrecket werden.