John Knox - Kirche

 

John Knox über Wesen und Kennzeichen der Kirche:

 

Von der Kirche.

 

Wie wir an einen Gott, Vater, Sohn und heiligen Geist glauben, so glauben wir auch auf das Festeste, dass von Anbeginn gewesen ist, noch ist, und bis zum Ende der Welt sein wird eine Kirche, d. h. eine Gesellschaft und Menge von durch Gott erwählter Menschen, welche ihn recht verehren und lieben, durch treuen Glauben an Jesum Christum, der das alleinige Haupt dieser selben Kirche ist, welch auch der Leib und die Braut Christi ist. Diese Kirche ist katholisch, d. h. allgemein, weil sie enthält die Auserwählten aus allen Zeiten, allen Reichen, Völkern und Zungen, mögen sie nun aus den Juden oder aus den Heiden sein, welche Gemeinschaft mit Gott dem Vater und mit seinem Sohne Jesu Christo haben durch die Heiligung seines heiligen Geistes; und deshalb wird sie genannt die Gemeinschaft nicht der Unheiligen, sondern der Heiligen, welche Bürger des neuen Jerusalems sind, den Genuss der unschätzbarsten Wohltaten haben, nämlich eines Gottes, eines Herrn Jesu, eines Glaubens und einer Taufe, außer welcher Kirche es weder Leben, noch ewige Seligkeit gibt. Und deshalb ver-abscheuen wir im höchsten Grade die Lästerung derer, welche behaupten, dass Menschen, die der Gerechtigkeit und Tugend gemäß leben, selig werden würden, was für eine Religion sie auch immer bekennen möchten. Denn wie außer Christo Jesu kein Leben und Heil ist, so soll daran auch Niemand Teil haben, es seien denn diejenigen, welche der Vater seinem Sohne Jesum Christum gegeben hat, und diese kommen in der Zeit zu ihm, bekennen seine Lehre, und glauben an ihn (wir meinen die Kinder mit den gläubigen Eltern). Diese Kirche ist unsicht-bar, Gott allein bekannt, welcher allein die kennt, die er erwählt hat, und welcher allein auch (wie gesagt) die Erwählten bewahrt, die Gestorbenen (gewöhnlich die triumphierende Kirche genannt) wie die, welche noch leben und gegen Sünde und Satan kämpfen und auch in Zukunft leben werden.

 

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Von den Kennzeichen, durch welche die wahre Kirche 

von der falschen sich unterscheidet, 

und wer der Richter über die Lehre sein soll.

 

Weil Satan von Anbeginn sich bemüht hat, seine verderbliche Synagoge unter dem Titel der Kirche Gottes zu verbergen, und hat entflammt die Herzen grau-samer Mörder, zu verfolgen, zu quälen und zu ängstigen die wahre Kirche und die Glieder derselben, wie Kain den Abel, Ismael den Isaak, Esau den Jakob und die ganze Priesterschaft der Juden Jesum Christum selbst und seine Apostel nach ihm verfolgt haben, so ist es durchaus nötig, dass die wahre Kirche von der schändlichen Synagoge unterschieden werde durch klare und vollkommen deutliche Kennzeichen, damit wir nicht betrogen werden und zu unsrer eigenen Verdammnis die eine für die andre nehmen und uns zu ihr halten. Die Kenn-zeichen, Merkmale und sicheren Unterscheidungszeichen, durch welche die unbefleckte Braut Jesu Christi von der schrecklichen Hure, der Kirche der Übeltäter, unterschieden werden kann, sind, wie wir bekennen, weder das Alter, angemaßter Titel, ununterbrochene Sukzession, ein bestimmter Ort, noch die Menge Derer, welche einen Irrtum billigen, denn Kain war durch Alter und Titel dem Abel und Seth voraus, Jerusalem hatte Vorrechte vor allen Orten der Erde, wo auch die Priester waren, die in grader Linie von Aaron herkamen, und eine größere Menge folgte den Schriftgelehrten, Pharisäern und Priestern, als aufrichtig an Jesum Christum glaubten und seiner Lehre zustimmten, und doch, wie wir überzeugt sind, wird kein Mensch von gesundem Urteil behaupten, dass irgend welche von den eben Genannten die Kirche Gottes waren. Die Kenn-zeichen der wahren Kirche Gottes, glauben, bekennen und behaupten wir deshalb, sind zuerst die lautere Predigt des Wortes Gottes, in welchem Gott sich selbst uns geoffenbart hat, wie es die Schriften der Apostel und Propheten bezeugen; zweitens die rechte Verwaltung der Sakramente Jesu Christi, welche mit dem Worte und den Verheißungen Gottes verbunden sind, um dieselben in unseren Herzen zu befestigen und zu bestätigen, und endlich die recht ver-waltete kirchliche Zucht, wie Gottes Wort sie vorschreibt, wodurch das Laster unterdrückt und die Tugend gepflegt wird. Wo nun diese eben genannten Zeichen gefunden werden und in irgend einer Zeit fortdauern (mag die Anzahl auch nicht mehr als zwei oder drei sein), da ist ohne allen Zweifel die wahre Kirche Christi, welcher seiner Verheißung nach mitten unter ihnen ist, nicht unter dem großen Haufen im Allgemeinen (von welchem wir oben gesprochen haben), sondern im Besondren unter Solchen, wie sie in Korinth, Galatien, Ephesos und anderen Orten sich befanden, wo der Dienst am Worte durch Paulus eingerichtet war und welche von ihm die wahre Kirche Gottes genannt wurden. Und solche Kirchen bekennen wir, die Einwohner des Königreiches Schottland, die wir Jesum Christum bekennen, in unsern Städten, Burgen und Ortschaften hergestellt zu haben. Denn die Lehre, welche in unsern Kirchen gelehrt wird, ist in dem ge-schriebenen Worte Gottes enthalten, nämlich in den Büchern des Alten und Neuen Testamentes. Auf diese Bücher, welche von Alters her als kanonisch betrachtet sind, stützen wir uns und behaupten, dass Alles, was dem Menschen zu seiner Seligkeit zu glauben notwendig ist, in ihnen ausgesprochen ist, die Auslegung derselben bekennen wir, kommt weder einem Privatmanne, noch einer öffentlichen Person zu, noch auch irgend einer besonderen Kirche, welche persönliche oder örtliche Vorzüge und Vorrechte vor den anderen hätte, sondern sie gebührt allein dem heiligen Geiste, durch welchen auch die Schrift geschrie-ben ist. Wenn daher Streit entsteht wegen des rechten Verständnisses einer Stelle oder eines Ausspruchs der Schrift oder wegen der Abschaffung eines Missbrauches in der Kirche Gottes, so müssen wir nicht sowohl darauf sehen, was Menschen vor uns gelehrt oder getan haben, sondern auf das, was der Heilige Geist in dem Ganzen der Schrift einmütig redet, und auf das, was Jesus Christus selbst getan und zu tun befohlen hat. Denn das wird allgemein aner-kannt, dass der Geist Gottes, der ein Geist der Einheit ist, in keinem Stücke sich selbst widerspricht. Wenn daher die Auslegung, Aufstellung und Meinung (sentence) eines Gelehrten, einer Kirche oder eines Konzils mit dem klaren Worte Gottes streitet, welches an einem andren Orte der Schrift geschrieben steht, so ist es gewiss, dass die Meinung jener nicht das rechte Verständnis und die Meinung des heiligen Geistes ist, auch wenn Konzilien, Königreiche und Völker jene Meinungen angenommen und gebilligt hätten. Denn wir dürfen keine Auslegung annehmen und zulassen, welche geradezu einem Hauptstücke des Glaubens oder einem andren klaren Worte der Schrift oder auch der Regel der Liebe entgegen ist.

 

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Die freien Gaben an die Kirche.

 

Obwohl das Wort Gottes lauter gepredigt, die Sakramente recht verwaltet und die Zucht gemäß dem Worte Gottes die sicheren und untrüglichen Zeichen der wahren Kirche sind, so meinen wir doch nicht, dass Jeder, der mit einer solchen Gemeinde verbunden ist, ein erwähltes Glied Jesu Christi sei. Denn wir be-kennen, dass Dornen, Disteln und Spreu mitten unter den Weizen gesäet werden, aufwachsen und in großem Überfluss daliegen mögen, d.h. der Ver-worfene mag wohl in die Gesellschaft der Erwählten treten und äußerlich mit ihnen die Wohltaten des Wortes und der Sakramente gebrauchen; aber da Solche nur für eine Zeit lang Bekenner mit dem Munde und nicht mit dem Herzen sind, so fallen sie zurück und beharren nicht bis ans Ende, und daher haben sie keine Frucht des Todes, der Auferstehung und Himmelfahrt Christi. Aber die-jenigen, welche aufrichtig mit den Herzen glauben und mit dem Munde den Herrn Jesus mutig bekennen (wie wir oben gesagt haben) werden auf das Zuver-sichtlichste folgende Gaben empfangen: 1) in diesem Leben Vergebung der Sünden, und zwar allein durch den Glauben an das Blut Jesu Christi, in der Art, dass, obgleich Sünde unaufhörlich zurückbleibt in unserm sterblichen Leibe, sie uns doch nicht zugerechnet wird, sondern vergeben und mit Christi Gerechtigkeit bedeckt ist. 2) Im allgemeinen Gericht wird jedem Manne und jedem Weibe Auferstehung des Fleisches verliehen werden, denn das Meer wird seine Toten heraus geben und die Erde diejenigen, die in ihr liegen, ja, der Ewige, unser Gott, wird seine Hand über den Staub ausstrecken und die Toten werden hervorgehen unverweslich, und zwar in der Substanz desselben Fleisches, das Jedermann jetzt hat, zu empfangen nach ihren Werken Herrlichkeit oder Strafe. Denn die-jenigen, welche jetzt in Eitelkeit, Grausamkeit, Schändlichkeit, Aberglauben oder Götzendienst hinleben, werden zu unauslöschlichem Feuer verurteilt werden, in welchem sie ewig gequält werden sollen, sowohl an ihren Leibern, als auch an ihren Seelen, welche sie jetzt dem Teufel hingeben, ihm zu allen Schlechtigkeiten zu dienen. Aber was diejenigen betrifft, welche im Gutestun verharren bis an’s Ende, Jesum Christum mutig bekennen, so werden seinem verklärten Leibe alle seine Auserwählten ähnlich sein, wenn er zum Gerichte wiederkommen und das Reich Gott dem Vater überantworten wird, welcher dann sein und immer bleiben wird Alles in Allen Gott gesegnet in Ewigkeit. Ihm nebst dem Sohne und dem heiligen Geiste sei Ehre und Preis jetzt und in Ewigkeit! Amen! Mache Dich auf, o Herr, und schlage Deine Feinde! lass fliehen vor Deinem Angesichte, die Deinen göttlichen Namen hassen! Gib aber Deinen Dienern Kraft, mit Mut zu reden Dein Wort, und lass alle Völker zu Deiner rechten Erkenntnis gelangen! 

 

 

( Aus dem schottischen Glaubensbekenntnis von 1560 wiedergegeben gemäß: Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche, Hrg. von Dr. J. W. Baum u. A. / X. Theil, Elberfeld 1862 / S. 476 – 493 / Rechtschreibung angepasst )