Luther - Kirche
Von der Kirche und den sieben Zeichen, an denen man sie erkennt
(Martin Luther: Von den Conciliis und Kirchen, zitiert nach Walch, 2. Ausgabe, Bd. 16, Sp. 2269-2290, Rechtschreibung angepasst)
Wohlan, hintangesetzt mancherlei Schriften und Teilung des Worts Kirche, wollen wir diesmal einfältiglich bei dem Kinderglauben bleiben, der da sagt: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen.“ Da deutet der Glaube klärlich, was die Kirche sei, nämlich, eine Gemeinschaft der Heiligen, das ist, ein Haufe oder Sammlung solcher Leute, die Christen und heilig sind; das heißt ein christlicher heiliger Haufe oder Kirche. Aber dies Wort „Kirche“ ist bei uns zumal undeutsch, und gibt den Sinn oder Gedanken nicht, den man aus dem Artikel nehmen muss.
Denn Apost. 19,39.40. heißt der Kanzler Ecclesiam die Gemeine oder das Volk, so zu Hauf auf den Markt gelaufen war, und spricht: „Man mag's in einer ordent-lichen Gemeine ausrichten.“ Item, da er das gesagt, ließ er die Gemeine gehen. An diesen und mehr Orten heißt Ecclesia oder Kirche nichts anders, denn ein versammelt Volk, ob sie wohl Heiden und nicht Christen waren, gleichwie die Ratsherren fordern ihre Gemeine aufs Rathaus. Nun sind in der Welt mancherlei Völker, aber die Christen sind ein besonder berufen Volk, und heißen nicht schlecht Ecclesia, Kirche oder Volk, sondern Sancta, Catholica, Christiana, das ist, ein christlich heilig Volk, das da glaubt an Christum, darum es ein christlich Volk heißt, und hat den Heiligen Geist, der sie täglich heiliget, nicht allein durch die Vergebung der Sünden, so Christus ihnen erworben hat (wie die Antinomer närren), sondern auch durch Abtun, Ausfegen und Töten der Sünden, davon sie heißen ein heilig Volk. Und ist nun „heilige christliche Kirche“ so viel, als ein Volk, das Christen und heilig ist, oder wie man auch zu reden pfleget, die heilige Christenheit; item, die ganze Christenheit. Im alten Testament heißt es Gottes Volk. (…..)
Wohlan, der Kinderglaube lehret uns (wie gesagt), dass ein christlich heilig Volk auf Erden sein und bleiben müsse bis an der Welt Ende. Denn es ist ein Artikel des Glaubens, der nicht kann aufhören, bis da kommt, das er glaubet; wie Christus verheißt (Matth. 28,20.): „Ich bin bei euch bis zur Welt Ende.“ Wobei will oder kann doch ein armer, irriger Mensch merken, wo solch christlich heilig Volk in der Welt ist? Es soll ja in diesem Leben und auf Erden sein; denn es glaubt wohl, dass ein himmlisch Wesen und ewiges Leben kommen werde, es hat's aber noch nicht; darum muss es noch in diesem Leben und in dieser Welt sein und bleiben bis zur Welt Ende. Denn es spricht: Ich glaube ein ander Leben; damit bekennet es, dass es noch nicht sei in demselben Leben, sondern glaubt, hofft, und liebet's, als sein recht Vaterland und Leben, muss dieweil im Elende bleiben und harren, wie man singet im Liede vom Heiligen Geist: „Wenn wir heimfahrn aus diesem Elende, Kyrieleis.“ Davon ist zu reden.
Bei welchen Zeichen die christliche Kirche zu erkennen sei.
Erstlich ist dies christliche heilige Volk dabei zu erkennen, wo es hat das heilige Gottes Wort. Wiewohl dasselbe ungleich zugehet, wie St. Paulus sagt (1 Kor. 3,12.13.): Etliche haben's ganz rein, etliche nicht ganz rein. Die, so es rein haben, heißen die, so Gold, Silber, Edelsteine auf den Grund bauen; die es unrein haben, heißen die, so Heu, Stroh, Holz auf den Grund bauen, doch durchs Feuer selig werden, davon auch droben gesagt ist mehr denn genug. Dies ist das Hauptstück und das hohe Hauptheiligtum, davon das christliche Volk heilig heißet. Denn Gottes Wort ist heilig und heiliget alles, was es rühret, ja es ist Gottes Heiligkeit selbst, Röm. 1,16.: „Es ist Gottes Kraft, die selig machet alle, die daran glauben“; und 1 Tim. 4,5.: „Es wird alles heilig durchs Wort und Gebet.“ Denn der Heilige Geist führet es selbst, und salbet oder heiliget die Kirche, das ist, das christliche heilige Volk damit, und nicht mit dem Chresem des Papsts, damit er Finger, Kleider, Röcke, Kelch und Steine salbet oder heiliget. Denn dieselben Stücke lernen nimmermehr Gott lieben, glauben, loben, fromm sein. Schmücken mögen sie den Madensack, darnach zerreißen und verfaulen mit Chresem und Heiligkeit, so viel dran ist, samt dem Madensack. Aber dies Heilig-tum ist das rechte Heiligtum, die rechte Salbe, so zum ewigen Leben salbet, wenn du schon keine Papstkrone noch Bischofshut haben kannst, sondern bloß, nacktes Leibes leben und sterben müssest; gleichwie die Kindlein (und wir alle) nacket und ohn allen Schmuck getauft werden. Wir reden aber von dem äußer-lichen Wort, durch Menschen, als durch dich und mich, mündlich gepredigt. Denn solches hat Christus hinter sich gelassen, als ein äußerlich Zeichen, dabei man sollte erkennen seine Kirche, oder sein christlich heilig Volk in der Welt. Auch reden wir von solchem mündlichen Wort, da es mit Ernst geglaubt, und öffentlich bekannt wird vor der Welt, wie er spricht (Matth. 10,32.33. Luc. 12,8.): „Wer mich bekennet vor den Leuten, den will ich bekennen vor meinem Vater und seinen Engeln.“ Denn viel sind, die es wohl wissen heimlich, aber wollen's nicht be-kennen. Viel haben's, die aber nicht dran glauben oder darnach tun. Denn wenig sind ihr, die dran glauben und darnach tun. Wie die Gleichnis von dem Samen Matth. 13,4. sagt, dass es vier Teil Ackers wohl kriege und habe, aber allein das vierte Teil, der feine gute Acker, Frucht bringet in Geduld.
Wo du nun solch Wort hörest oder siehest predigen, glauben, bekennen und darnach tun, da habe keinen Zweifel, dass gewisslich daselbst sein muss eine rechte Ecclesia sancta catholica, ein christlich heilig Volk (1 Petr. 2,9.), wenn ihrer gleich sehr wenig sind. Denn Gottes Wort gehet nicht ledig ab, Jes. 55,11., son-dern muss zum wenigsten ein Vierteil oder Stück vom Acker haben. Und wenn sonst kein Zeichen wäre, denn dies allein, so wäre es dennoch genugsam zu weisen, dass daselbst müsste sein ein christlich heilig Volk. Denn Gottes Wort kann nicht ohne Gottes Volk sein. Wiederum, Gottes Volk kann nicht ohne Gottes Wort sein. Wer wollte es sonst predigen oder predigen hören, wo kein Volk Gottes da wäre? Und was könnte oder wollte Gottes Volk glauben, wo Gottes Wort nicht da wäre?
Und dies ist das Stück, so alle Wunder tut, alles zurecht bringt, alles erhält, alles ausrichtet, alles tut, alle Teufel austreibet, als, Wallfahrtsteufel, Ablassteufel, Bullenteufel, Brüderschaftsteufel, Heiligenteufel, Messeteufel, Fegfeuerteufel, Klösterteufel, Pfaffenteufel, Rottenteufel, Aufruhrteufel, Ketzerteufel, alle Papsts-teufel, auch Antinomerteufel; doch nicht ohne Geschrei und Gezerre, wie er in den armen Menschen zeigt, Marc. 1,23.26. und 9,26. Nein, er muss ein Geschrei und Reißen hinter sich lassen, wenn er ausfahren soll, wie man siehet am Emser, Ecke, Rotzleffel, Schmid, Wezel, Tölpel, Knebel, Filtz, Rültz, Säu, Esel und der-gleichen seinen Schreiern und Schreibern, die sind alle des Teufels Maul und Glieder, durch welche er so schreiet und reißet; hilft ihnen aber nicht, er muss heraus, und kann die Kraft des Worts nicht leiden. Denn sie selbst bekennen, dass es wohl Gottes Wort und die heilige Schrift sei, aber aus den Vätern und Concilien kann man's besser haben. Die lass fahren; ist genug, dass wir wissen, wie das Hauptstück, Hauptheiligtum feget, hält, nähret, stärkt, und schützt die Kirche, wie St. Augustinus auch sagt: Ecclesia verbo Dei generatur, alitur, nutritur, roboratur. Wer aber die sind, so es verfolgen und verdammen, die nennen sich selbst durch ihre eigenen Früchte.
Zum andern kennet man Gottes Volk oder das christliche heilige Volk an dem heiligen Sakrament der Taufe, wo es recht nach Christi Ordnung gelehret, geglaubt und gebraucht wird. Denn das ist auch ein öffentlich Zeichen und köstlich Heiligtum, dadurch Gottes Volk geheiliget wird. Denn es ist ein heiliges Bad der neuen Geburt durch den Heiligen Geist (Tit. 3,5.), darin wir baden, und vom Heiligen Geist gewaschen werden von Sünden und Tod, als in dem un-schuldigen, heiligen Blut des Lämmleins Gottes. Wo du solch Zeichen siehest, da wisse, dass gewisslich die Kirche oder das heilige christliche Volk da sein muss, unangesehen, ob dich der Papst nicht taufet, oder du nichts von seiner Heiligkeit und Gewalt wissest; gleichwie die jungen Kindlein nichts davon wissen, ohne dass, wenn sie erwachsen, werden sie leider von ihrer Taufe verführet, wie St. Petrus klagt, 2 Petr. 2,18.: reizen durch Unzucht diejenigen, so recht entronnen waren, und nun im Irrtum wandeln etc. Ja, es soll dich auch nicht irren, wer der Täufer sei. Denn die Taufe ist nicht des Täufers, noch ihm gegeben, sondern des Täuflings, der getauft wird, dem sie von Gott gestiftet und gegeben ist; gleichwie das Wort Gottes ist nicht des Predigers (er wolle denn selbst auch mit hören und glauben), sondern des Jüngers, der es höret und glaubet, demselben ist's gege-ben.
Zum dritten kennet man Gottes Volk oder ein christlich heilig Volk an dem heili-gen Sakrament des Altars, wo es recht nach Christi Einsetzung gereicht, ge-glaubt und empfangen wird. Denn es ist auch ein öffentlich Zeichen und teuer Heiligtum, von Christo hinter sich gelassen, dadurch sein Volk geheiliget wird, damit es sich auch übet und öffentlich bekennet, dass es Christen sei, wie es tut mit dem Wort und mit der Taufe. Und darfst hie auch nichts achten, ob der Papst nicht für dich Messe hält, dich weihet, firmelt oder salbet, oder Messgewand anzeucht. Du kannst's wohl ohne alle Kleider (wie in einem Bette krank) em-pfahen, ohne dass die äußerliche Zucht zwingt, sich züchtig und ehrlich zu decken; darfest auch hierin nichts fragen, ob du eine Platte hast oder gekresemet seiest; dazu nicht disputieren, ob du Mannsbilde oder Weibsbilde, jung oder alt seiest, so wenig du nach solchem allen fragest in der Taufe und Predigt; ist ge-nug, dass du geweihet und gekresemet seiest mit dem hohen, heiligen Kresem Gottes, des Worts Gottes und der Taufe, auch dieses Sakraments; da bist du hoch und herrlich genug gesalbet und priesterlich gekleidet.
Irre dich auch nicht, wie heilig der Mann, oder ob er zweiweibig sei oder nicht, der dir's reicht. Denn das Sakrament ist nicht deß, der es reichet, sondern deß, dem es gereicht wird. Ohn dass ers selbst auch mit nimmt. Alsdann ist er der einer, die es empfahen, und wird damit auch ihm gegeben. Wo du nun solch Sakrament siehest in rechtem Brauch gereicht, da wisse gewiss, dass Gottes Volk sei. Denn wie droben vom Wort gesagt: Wo Gottes Wort ist, da muss die Kirche sein; also auch, wo die Taufe und Sakrament sind, muss Gottes Volk sein, und wiederum. Denn solche Stücke Heiltums hat, gibt, übet, braucht, bekennet niemand, denn allein Gottes Volk, ob gleich etliche falsche und ungläubige Christen heimlich drunter sind; aber dieselben entheiligen nicht das Volk Gottes, sonderlich weil sie heimlich sind; denn die offenbarlichen leidet nicht unter sich die Kirche oder Gottes Volk, sondern strafet und heiliget sie auch; oder, wo sie nicht wollen, stösset sie aus durch den Bann von dem Heiligtum, und hält sie für Heiden, Matth. 18,17.
Zum vierten kennet man das Gottes Volk oder heilige Christen an den Schlüsseln, die sie öffentlich brauchen, das ist, wie Christus Matth. 18,15.16. setzt, wo ein Christ sündigt, dass derselbige solle gestrafet werden, und so er sich nicht bessert, soll er gebunden und verstoßen werden; bessert er sich, so soll er losgesprochen werden. Das sind die Schlüssel. Nun ist der Schlüssel Brauch zweierlei, öffentlich und sonderlich. Denn es sind etliche so blöde und verzagt im Gewissen, wenn sie schon nicht öffentlich verdammt sind, dass sie dennoch nicht können sich trösten, bis sie insonderheit vom Pfarrherrn eine Absolution kriegen. Wiederum, auch etliche so hart, dass sie auch im Herzen und vor dem Pfarrherrn ingeheim nicht wollen vergeben noch ablassen von Sünden. Darum muss der Schlüssel Brauch gehen auf allerlei Weise, öffentlich und sonderlich. Wo du nun siehest, dass man Sünde vergibt oder straft in etlichen Personen, es sei öffentlich oder sonderlich, da wisse, dass Gottes Volk da sei. Denn wo nicht Gottes Volk ist, da sind die Schlüssel nicht, und wo die Schlüssel nicht sind, da ist Gottes Volk nicht. Denn Christus hat sie darum hinter sich gelassen, dass ein öffentlich Zeichen und Heiligtum sein sollt, dadurch der Heilige Geist (aus Christi Sterben erworben) die gefallenen Sünder wieder heiliget, und die Christen damit bekenneten, dass sie ein heilig Volk sind unter Christo in dieser Welt. Und welche sich nicht wollen bekehren, noch wieder heiligen lassen, dass dieselbigen ausgestoßen würden von solchem heiligen Volk, das ist, gebunden, und durch den Schlüssel ausgeschlossen würden, wie den unbußfertigen Antinomern geschehen wird.
Hie musst du dich nicht kehren an die zween Schlüssel des Papsts, die er ge-macht hat zu zween Dietrichen zu aller Könige Kasten und Kronen. Denn wo er nicht binden oder strafen will die Sünde, sie sei öffentlich oder sonderlich (wie er denn tut), so lasse sie gestraft und gebunden sein in deiner Pfarr. Wenn er sie nicht lösen noch vergeben will, so lass sie in deiner Pfarr los und vergeben sein. Denn sein Reservieren oder Binden, sein Laxieren oder Erlauben, entheiliget noch heiliget dich nicht, weil er nicht kann die Schlüssel haben, sondern hat eitel Dietriche. Die Schlüssel sind nicht des Papsts (wie er leuget), sondern der Kirche, das ist, des Volks Christi, des Volks Gottes oder des heiligen christlichen Volks, so weit die ganze Welt ist, oder wo Christen sind. Denn sie können nicht alle zu Rom sein, es wäre denn zuvor die ganze Welt zu Rom, das noch lange nicht geschehen wird. Gleichwie die Taufe, Sakrament, Gottes Wort nicht des Papsts, sondern des Volks Christi sind, und heißen auch claves Ecclesiae, nicht claves Papae.
Zum fünften kennet man die Kirche äußerlich dabei, dass sie Kirchendiener weihet oder beruft, oder Ämter hat, die sie bestellen soll. Denn man muss Bischöfe, Pfarrherren oder Prediger haben, die öffentlich und sonderlich die obgenannten vier Stück oder Heiligtum geben, reichen und üben, von wegen und im Namen der Kirche, vielmehr aber aus Einsetzung Christi, wie St. Paulus Eph. 4,11. sagt: Accepit dona in hominibus, „er hat gegeben etliche zu Aposteln, Propheten, Evangelisten, Lehrer, Regierer“ etc. Denn der Haufe ganz kann solches nicht tun, sondern müssen's Einem befehlen oder lassen befohlen sein. Was wollte sonst werden, wenn ein jeglicher reden oder reichen wollte, und keiner dem andern weichen? Es muss Einem allein befohlen werden, und ihn allein lassen predigen, taufen, absolvieren und Sakrament reichen; die andern alle deß zufrieden sein, und drein willigen. Wo du nun solches siehest, da sei gewiss, dass da Gottes Volk und das christliche heilige Volk sei. (…..)
Zum sechsten erkennet man äußerlich das heilige christliche Volk am Gebet, Gott loben und danken öffentlich. Denn wo du siehest und hörest, dass man das Vater-Unser betet und beten lernet, auch Psalmen oder geistliche Lieder singet, nach dem Wort Gottes und rechtem Glauben, item, den Glauben, zehn Gebote und Katechismum treibet öffentlich, da wisse gewiss, dass da ein heilig christlich Volk Gottes sei. Denn das Gebet ist auch der teuren Heiligtume eines, dadurch alles heilig wird, wie St. Paulus sagt (1 Tim. 4,5.). So sind die Psalmen auch eitel Gebet, darin man Gott lobet, danket und ehret. Und der Glaube und zehn Gebot auch Gottes Wort, und alles eitel Heiligtum, dadurch der Heilige Geist das heilige Volk Christi heiliget. Aber wir reden vom Gebet und Gesänge, das verständlich ist, daraus man lernen und sich bessern kann. Denn der Mönche, Nonnen, Pfaffen Lören ist kein Gebet, auch kein Gottes Lob. Denn sie verstehen's nicht, und lernen nichts daraus, tun's also hin wie eine Eselsarbeit, um des Bauchs willen, und wird gar keine Besserung, noch Heiligung, noch Gottes Wille darin gesucht.
Zum siebenten erkennet man äußerlich das heilige christliche Volk bei dem Heiligtum des heiligen Kreuzes, dass es muss alles Unglück und Verfolgung, allerlei Anfechtung und Übel (wie das Vater-Unser betet) vom Teufel, Welt und Fleisch, inwendig trauern, blöde sein, erschrecken, auswendig arm, verachtet, krank, schwach sein, leiden, damit es seinem Haupt, Christo, gleich werde. Und muss die Ursache auch allein diese sein, dass es fest an Christo und Gottes Wort hält, und also um Christi willen leide, Matth. 5,11.: „Selig sind die, so um meinet-willen Verfolgung leiden.“ Sie müssen fromm, stille, gehorsam sein, bereit, mit Leib und Gut zu dienen der Oberkeit und jedermann, niemand kein Leid tun. Aber kein Volk auf Erden muss solchen bittern Hass leiden; sie müssen ärger denn Juden, Heiden, Türken, Summa, sie müssen Ketzer, Buben, Teufel, verflucht und die schädlichsten Leute auf Erden heißen, dass auch die einen Gottesdienst tun, von welchen sie erhenkt, ertränkt, ermordet, gemartert, verjagt, zerplagt werden, und sich niemand über sie erbarme, sondern auch mit Myrrhen und Gallen dazu tränke, wo sie dürstet; und doch nicht darum, dass sie Ehebrecher, Mörder, Diebe oder Schälke sind, sondern dass sie Christum allein, und keinen andern Gott haben wollen. Wo du nun solches siehest oder hörest, da wisse, dass die heilige christliche Kirche sei, wie er spricht Matth. 5,11.12.: „Selig seid ihr, wenn euch die Leute fluchen, und euren Namen verwerfen als ein schädlich böse Ding, und das um meinetwillen; seid fröhlich und freuet euch, euer Lohn ist im Himmel groß.“ Denn mit diesem Heiligtum macht der Heilige Geist dies Volk nicht allein heilig, sondern auch selig.
Und kehre dich dieweil nicht an der Papisten Heiligtum von toten Heiligen, vom Holz des heiligen Kreuzes. Denn es sind so schier Knochen vom Schindeleich, als Heiligen Beine, und so schier vom Galgenholz, als vom heiligen Kreuze. Und ist eitel Trügerei darunter, damit der Papst die Leute ums Geld närret und ver-führet von Christo, Und ob's schon recht Heiligtum wäre, so macht’s doch nie-mand heilig. Aber wenn man dich um Christi willen verdammt, verflucht, schilt, lästert, plagt, das macht dich heilig. Denn es tötet den alten Adam, dass er muss Geduld, Demut, Sanftmut, Lob und Dank lernen, und im Leiden fröhlich sein. Das heißt denn durch den Heiligen Geist geheiliget und erneuet zum neuen Leben in Christo, und also lernt sich's Gott glauben, trauen, hoffen, lieben, wie Röm. 5,4.: Tribulatio spem etc. Dies sind nun die rechten sieben Hauptstücke des hohen Heiligtums, dadurch der Heilige Geist in uns eine tägliche Heiligung und Vivifica-tion übet in Christo. Und das nach der ersten Tafel Mosis, die erfüllen wir hie-durch, wiewohl nicht so reichlich, als Christus getan hat; wir folgen aber immer nach, unter seiner Erlösung oder der Vergebung der Sünden, bis wir auch einmal ganz heilig werden, und keiner Vergebung mehr bedürfen; denn dahin ist es alles gerichtet. Ich wollte sie auch wohl die sieben Sakramente nennen; aber weil dies Wort „Sakrament“ in Missbrauch kommen ist durch die Papisten, und anders in der Schrift gebraucht wird, lasse ich sie sieben Hauptstücke christlicher Heili-gung, oder sieben Heiligtum bleiben.