Luther - Gott im Wort und jenseits des Wortes

 

Gott im Wort und jenseits des Wortes

 

(Martin Luther: Von Ehesachen 1530, zitiert nach Walch, 2. Ausgabe, Bd. 10, Sp. 765-766, Rechtschreibung angepasst)

 

Von Gott heißt, das nach seinem Wort und Gebot durch uns geschieht. Ohne Gott heißt, das außer seinem Wort und Gebot durch uns selber geschieht. Denn wir nun so oft gelehrt haben, dass wir nichts tun sollen, wir haben denn gewiss Gottes Wort dazu, und Gott selber auch nichts mit uns zu tun hat, noch wir mit ihm, ohne das einige Mittel, welches ist sein Wort, wodurch wir seinen Willen erkennen und uns darnach zu richten haben. Wer einen Gott hat ohne sein Wort, der hat keinen Gott, denn der rechte Gott hat unser Leben, Wesen, Stand, Amt, Reden, Tun, Lassen, Leiden und alles in sein Wort gefasst, und uns vorgebildet, dass wir außer seinem Wort nichts suchen, noch wissen dürfen noch sollen, auch von Gott selbst nicht, denn er will von uns außer seinem Wort mit unserm Dichten und Nachdenken unbegriffen, ungesucht, ungefunden sein, wie Salomo sagt, Sprichw. 25,27.: „Wer die Majestät erforschet, den wird sie unterdrücken.“ Darum gebührt uns nicht, zu tun noch zu urteilen nach dem heimlichen Rat und Willen seiner Majestät, sondern alles und allein nach dem öffentlichen Rat und Willen seines Worts.