Theologische Impulse G
1.
Gott hat jedem Menschen eine Lebensaufgabe zugedacht, die er erfüllen soll. Wer aber noch nicht weiß, welche seine ist, kann sich an vier Punkten orientieren: (1.) An seiner Verortung in der Welt, d.h. an der Stellung, die ihm durch seine Geburt zugewiesen wurde. (2.) An seiner Ausstattung mit Begabungen und „Pfunden“, mit denen sich „wuchern“ lässt. (3.) Daran, dass sich ein Beruf als konkrete Form der Nächstenliebe verstehen lassen muss. Und (4.) an dem Bedarf und der Not, mit der Gott ihn konfrontiert. Dass ein Mensch aber zu gar nichts Gutem berufen wäre und zu gar nichts taugte, kommt in Gottes Ordnung nicht vor.
2.
Gott hat uns in seiner Schöpfung keine passive Rolle zugewiesen, sondern will, dass wir bei der Erhaltung des Lebens mitwirken. Er stattet uns mit Gesundheit, Verstand, Kraft und Zeit aus und möchte, dass unsere Talente in nützlichem Tun für andere Menschen fruchtbar werden. Je mehr Gott dem Einzelnen anvertraut hat, umso mehr kann er auch von ihm erwarten. Darum liegt in jeder Begabung eine Verpflichtung: Wir dürfen gottgegebene Stärken nicht zu eigensüchtigen Zwecken missbrauchen oder sie brachliegen lassen, sondern sollen mit den anvertrauten Pfunden „wuchern“ (Mt 25,14-30).
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Alle deine Gaben empfängst du von Gott; alle gib also Gott auch wieder. Alle Bächlein der Güter fließen aus dieser Quelle der göttlichen Güte; darum sind auch alle Güter wieder in dieses Meer zu versenken. Die Pflanzen, welche Sonnenwende heißen, richten sich immer nach dem Laufe der Sonne, von der sie Leben und Saft empfangen: so wende dich mit allen deinen Gaben und mit aller deiner Ehre zu Gott, und gib dir nichts. Hast du etwas von dir, so magst du deine Ehre suchen und dir selbst deine Gaben geben: aber weil du nichts von dir, alles vielmehr von Gott hast, darum musst du auch nicht deine, sondern Gottes Ehre suchen.“ (Johann Gerhard)
„Alle eigene Liebe, eigener Ruhm, Ehre und Nutz ist aus dem Teufel, und ist des Teufels Fall, dadurch er vom Himmel verstoßen ist. Denn, nachdem Gott den Luzifer zum schönen Engel geschaffen, ihn mit besondern hohen Gaben, Schönheit, Weisheit, Licht und Herrlichkeit begabt, hat er sich in seinen eigenen Gaben gespiegelt, als ein Pfau in seinen Federn, und angefangen sich selbst zu lieben, zu ehren und zu rühmen; das ist der Anfang seines Falls, dass er die Ehre nicht Gott, sondern sich selbst gegeben, seine Liebe von Gott abgewandt zu sich selbsten, da hat ihn Gott verstoßen mit seinen Engeln, die er verführt hatte mit seiner Hoffart.“ (Johann Arndt)
„So sind alle Gaben nicht dein, sondern Gottes, und ohne Gottes Erleuchtung bleibst du ein toter, stinkender Erdklumpen. Und wenn Gott seine Gaben nicht in dich legt, so bleibst du ein leeres Gefäß. Gleichwie die Kleinodien, die man in ein Kästlein legt, nicht des elenden bloßen Kästleins sein, sondern dessen, der sie hinein gelegt hat; also sind die Gaben nicht dein, du bist nur ein bloßes Gefäß dazu. Sollte das elende Gefäß stolzieren wegen des fremden Gutes?“ (Johann Arndt)
Keiner alles, keiner nichts. So hat‘s Gott temperieren wollen, dass beiden dem Hoch- und Kleinmut gewehrt würde. Keiner hat alles. Was dies Leben gibt, ist nur Stück- und Brockwerk. Bist du weise? Vielleicht mangelt‘s dir an Tapferkeit, das ins Werk zu setzen, was dein weiser Sinn ersonnen. Bist du schön? Vielleicht fehlt‘s an Gesundheit und Stärke; was hilft dem Apfel seine Röte, wenn ein Wurm drin steckt? Hast du Gold und Silber? Vielleicht ist kein fröhlich Herz dabei, Reichtum ist ein schlechter Tröster, wenn man betrübt ist. Warum brüstest du dich denn? Gefällst du dir so wohl, wenn du dich in deinen Pfauenfedern bespiegelst? Lieber, wie stehen dir deine kranken Füße an? Du hast doch nicht alles. Was verachtest du den, der geringere Gaben hat, als du? Hat er doch auch etwas, vielleicht was Besseres und Nützlicheres als du. Scheint‘s gering vor deinen Augen, ist‘s doch groß, weil‘s Gottes Gabe ist. Großer Geber. Und wer weiß, ob er mit seiner geringen Gabe nicht größeren Nutzen schafft als du mit deiner großen? Durch geringe Mittel große Dinge tun, bringt Gott die größte Ehre. Keiner hat nichts. Leib und Seele hast du ja, und ein jedes Stück ist von Gott begabt. Was neidest du denn den, der größere Gaben hat, als du? Die Gaben sind nur eine Zumaße des Glaubens. Hast du Gaben und keinen Glauben, findest du mehr Ursach dich zu beweinen als zu erheben. Ist Glaube da, und fehlt an Gaben, hast du nicht Ursach jemand zu neiden. Der Glaube ist das Hauptgut, durch den Glauben kannst und sollst du dich für den allergrößten und vornehmsten Menschen halten. Denn es ist ein Heil, ein Reichtum, eine Hoheit in Christo allen Gläubigen gemein; du hast eben so viel in Christo, als der Allerheiligste. Denke, dass es Gott sei, der einem jeden das Seine zuteilt, nachdem er will; mit Gottes Mäßlein sei zufrieden, Gott weiß am besten, wie viel dir dient. Hast du doch mehr als du wert bist und nützlich anlegen kannst. Je weniger dir gegeben ist, je weniger wird von dir gefordert werden. Mit vielen Pfunden muss man viel wuchern; hüte dich, dass du nicht mit der undankbaren Welt sagst: Kleine Gaben keine Gaben; das gereicht zur Verachtung des Gebers, der in die kleinsten Dinge seine größte Ehre gelegt hat. Danke Gott für die kleinen Gaben, und bitte, dass er dadurch großen Nutzen schaffe; nicht allein die Gaben, sondern auch die Wirkung kommt vom Himmel, und Gott hat bisweilen große Ursach, geringere Gaben mit mehrerem Nutzen zu segnen, als die größeren, weil er größere Aufrichtigkeit bei den Geringern sieht, welche die Schärflein der Witwen schwerer macht als die großen Goldstücke der Pharisäer. Ich will vorlieb nehmen mit dem, was Gott gibt. Alles zu begehren wäre nur Torheit, weil mir alles nicht werden kann. Etwas hat mir ja Gott gegeben. Er gebe nun auch, dass ich‘s so anlege, damit ich dermaleinst die erwünschte Freudenstimme hören möge: Wohlan, du getreuer und frommer Knecht, du bist über wenig getreu gewesen, ich will dich über viel setzen, gehe ein zu deines Herrn Freude.
(Heinrich Müller)
1.
Eigentlich sollte das Beten einem Christen so natürlich sein wie das Atmen. Doch als „Anrede des Menschen an den Willen, den er über sich weiß“ wirkt das Gebet oft naiv oder anmaßend. Allerdings liegt seine Berechtigung gar nicht darin, dass es uns vernünftig und möglich erscheinen könnte, sondern allein darin, dass Gott es fordert. Er selbst beginnt das Gespräch durch sein biblisches Wort. Er redet uns an. Und nicht zu reagieren, wäre sehr unhöflich – zumal Gott selbst für gelingende Kommunikation sorgt: Es ist Gottes eigener Geist, der durch uns betet, wenn wir zu Gott beten.
2.
Beten ist keine menschliche Möglichkeit, denn als Sünder sind wir „unreiner Lippen“ und haben Grund, den offenen Austausch mit Gott zu scheuen. Keine „Gebetstechnik“ vermag diese Distanz zu überwinden, solange wir im eigenen Namen beten. Das Gebet im Namen Christi dagegen findet Gehör, weil Christi Brüder und Schwestern seinen Vater mit Fug und Recht „Vater unser“ nennen dürfen. „Gebetstechnik“ spielt dabei keine Rolle. Denn der Heilige Geist vertritt uns vor Gott, wie es ihm gefällt.
3.
Jesus hat seine Jünger gelehrt, dass sie nicht nur beten dürfen, sondern dass sie beten sollen. Der Sinn des Gebets liegt aber nicht darin, dass ich Gott über etwas informiere, was er sonst nicht wüsste, oder bei ihm etwas erreiche, was er mir sonst nicht gegeben hätte, sondern darin, dass ich mit Gott im Gespräch bin. Der Betende sucht Gottes Nähe um dieser Nähe willen. Das Ziel des Gebets liegt darum nicht irgendwo „jenseits“ des Gebets, so dass es nur Mittel zum Zweck wäre, sondern das Ziel liegt im Gebet selbst – in dem ich mich für Gott, und Gott sich für mich öffnet.
4.
Ein Gebet versucht Gott nichts „abzuschwatzen“, was er nicht geben will, sondern bittet nur um das, was Gott aus Gnade zu geben versprochen hat – und fordert ihn auf, sich auch im Leben des Beters als der zu erweisen, der er nach biblischem Zeugnis ist und sein möchte. Gott wird zu nichts „überredet“, wird aber an seine Verheißungen erinnert. Bei deren Erfüllung möchte der Beter nicht übersehen werden, sondern macht betend auf sich aufmerksam, damit Gottes Güte auch auf ihn, seine Situation und seinen Umkreis Anwendung finde.
Lieder zum Thema: Vaterunser und Gebet
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Da Gott ein lebendiger Gott und die allmächtige Liebe ist, so hört und erhört er die Gebete seiner Kinder, d.h. er gibt ihnen auf Grund ihres Gebets etwas Gutes und Heilsames, sei es das, was sie gewünscht haben, oder etwas Besseres und Nützlicheres.
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
Das Gebet ist ein Hilfsmittel für eine heilige Seele, ein Trost für den guten Engel, eine Todespein für den Teufel, ein Gott wohlgefälliger Dienst, eine Ausrottung der Laster, eine Mutter der Tugenden, ein Spiegel der Seele, eine Kräftigung des Gewissens, ein Sporn der Liebe, der Weg der Erkenntnis, eine Nahrung des Vertrauens, eine Erquickung nach der Mühsal, die Ursache der Zerknirschung, die Pforte des Himmels, eine Vertilgerin der bösen Gedanken, eine Sammlung des Geistes nach Zerstreuungen, ein Schutzmittel wider heftige Aufregungen des Gemüts, eine Nachfolge der Engel, eine Erfleherin aller geistigen Gnaden.
(Laurentius Justiniani, gest. 1455)
Das Gebet ist ein Aufsteigen des Gemütes zu Gott.
(Joh. Damascenus, gest. 280)
Das Gebet ist die erste und vorzüglichste Religionsübung. Das Gebet erleuchtet den Geist, erquickt das Herz, stärkt den Willen; es festigt den Glauben, belebt die Hoffnung und entflammt die Liebe; es nährt jede Tugend. Das Gebet hebt den Menschen vom Irdischen und Vergänglichen hinauf zum Ewigen, zu Gott. Das Gebet öffnet den Himmel, es entwaffnet den Zorn Gottes, bewegt seine Barmherzigkeit und zieht seine Gnade und seinen Segen auf uns nieder. Moses betete, und das Volk Israel siegte über seine Feinde. Elias betete, und ein erquickender Regen befruchtete das ausgedorrte Erdreich. Der kranke Ezechias betete, und er wurde gesund. Salomon betete, und er ward mit Weisheit erfüllt. Susanna betete, und ihre falschen Ankläger wurden zu Schanden gemacht. Der Zöllner im Tempel betete, und er ging gerechtfertigt nach Hause. Stephanus betete unter der Steinigung, und er erwirkte die wunderbare Bekehrung des Saulus. Der Schächer am Kreuz betete, und Christus öffnete ihm die Pforten des Paradieses.
(Thomas von Aquin)
Das Gebet ist eine Stätte der Zuflucht und des Trostes für alle Betrübten, der Inbegriff der Heiterkeit, das Mittel zur Erlangung süßer Wonne; es ist ein Seehafen für alle, welche vom Sturm verschlagen wurden; ein Anker für die, welche auf dem Meer herumgeworfen werden, eine Stütze für die Niedergebeugten, ein Schatz für die Armen, eine Schutzwehr für die Reichen, ein Heilmittel für die Kranken, ein Bewahrungsmittel für die Gesunden.
(Chrysostomus, gest. 407)
Wenn ihr Gott um Zeitliches bittet, so bittet mit Maß, bittet mit Furcht, stellt es allzeit Gott anheim, dass, wenn es eurer Seele frommt, er es euch gebe, es euch aber nicht gebe, wenn er weiß, dass es eurem wahren Glücke schade.
(Augustinus, gest. 430)
Das ist nicht im Namen Jesu gebeten, was im Widerspruch mit dem Heilsgeschäft gebeten wird. Bittet, sagt Jesus, und ihr werdet empfangen, dass eure Freude vollkommen sei. Unter dieser vollkommenen Freude versteht er aber nicht die sinnliche, sondern die geistige Freude, welche jedoch erst im Himmel vollkommen sein wird. Was immer also gebeten wird, muss sich auf die Erlangung dieser vollkommenen Freude beziehen, das heißt, es muss im Namen Jesu erbeten werden. Anders beten ist so viel als nichts bitten; weil all die irdischen Dinge nichts sind im Vergleich mit dem, was unsere Seele verlangt.
(Augustinus, gest. 430)
Da Jesus am Ölberg betete, beugte er die Kniee und fiel auf sein Angesicht nieder. Lerne hieraus die Art und Weise zu beten. Wahrhaftig, da du betest, sprichst du mit dem Allmächtigen. Wen muss nicht die Gegenwart der göttlichen Majestät mit Ehrfurcht erfüllen? Darum, wenn du betest, erwäge wohl, wer du bist, und wer der ist, mit dem du redest. Das wird dich Demut lehren und dein Herz zerknirschen.
(Laurentius Justiniani, gest. 1455)
Wenn ihr Gott nicht vergeblich suchen wollt, so sucht ihn in Wahrheit, sucht ihn mit Beharrlichkeit, sucht nichts anderes neben ihm und verlasst ihn um nichts anderes. Denn eher wird Himmel und Erde vergehen, als dass, wer also sucht, nicht finde, wer also verlangt, nicht empfange, wer also anklopft, nicht Einlass erhalte.
(Bernardus, gest. 1253)
Drei Gefahren drohen dem Gebet: die Verzagtheit, die Lauheit und die Vermessenheit. Die erste entsteht von dem Kleinmut des Geistes und von unmäßiger Furcht, wenn der Mensch seine eigene Niedrigkeit dergestalt betrachtet, dass er die Augen nicht auf die göttliche Milde wendet. Die Lauheit entsteht, wenn das Gebet nicht aus lebendigem Triebe des Herzens emporsteigt. Vermessenheit endlich ist da, wenn wir nicht als Menschen beten, welche Sünden begangen, nicht Gerechtigkeit geübt haben, wenn wir nicht mit zerknirschtem Herzen und im Geist der Demut um Verzeihung unserer Sünden bitten. – Das verzagte Gebet dringt nicht in den Himmel, weil die unmäßige Furcht das Gemüt so sehr zurückhält, dass das Gebet nicht aufsteigen kann. Das laue Gebet hingegen schmachtet während des Emporsteigens und vergeht, weil es ihm an Kraft gebricht. Das vermessene Gebet endlich steigt zwar empor, allein es fällt zurück, weil es Widerstand findet, und es erhält nicht nur keine Gnade, sondern Schuld trifft dasselbe. Ist dagegen das Gebet getreu, demütig und voll des heiligen Eifers, dann wird es ohne allen Zweifel in den Himmel dringen und gewiss von da nicht leer zurückkehren.
(Bernardus, gest. 1253)
Keine Ursache hast du, zu klagen, wohl aber Grund zu inniger Danksagung, da dein Gott eine so große Sorgfalt für dich hegt, dass er, so oft du ohne dein Wissen begehrst, was dir nicht frommen würde, er dich hierin nicht erhört, sondern eine nützlichere Gabe dir spendet. So gibt auch ein leiblicher Vater dem Kindlein gerne Brot, wenn es ihn darum bittet; doch willigt er keineswegs in seine Bitte, wenn es ein Messer von ihm begehrt, sondern lieber bricht er ihm selbst, oder lässt durch einen seiner Diener das Brot ihm brechen, das er ihm gegeben hat, damit es nicht gefährdet werde und sich nicht weh tue.
(Bernardus, gest. 1253)
Jesus heißt Heiland, Heilbringer. Der also betet im Namen Jesu, des Heilandes, welcher um das bittet, was zum wahren Heile dient. Denn wenn er um etwas bittet, was nicht heilsam ist, so wird der Vater nicht im Namen Jesu gebeten.
(Gregorius)
„Welches Gebet meint wohl St. Peter? Meint er das Gebet des Mundes, das manche Menschen Gebet nennen, nämlich oft den Psalter zu lesen? Nein, das meint er nicht, sondern er meinte das Gebet, von dem unser Herr Jesus Christus sprach als dem wahren Gebet und den wahren Anbetern: sie beten im Geist und in der Wahrheit (Joh. 4,24). Die Heiligen und die Meister sagen: Das Gebet ist ein Aufgang des Gemütes in Gott. Lesen und Beten mit dem Munde dient manchmal dazu, und insofern kann es löblich sein. So ist es auch mit meiner Kappe und meinen Kleidern: Das bin ich nicht selbst, aber sie dienen mir. Ebenso dient alles Gebet des Mundes etwas zu dem wahren Gebet, ist es aber nicht, sondern da muss der Geist und das Gemüt unmittelbar in Gott gehen. Das allein ist das Wesen des wahren Gebetes und nichts anderes. Dass das Gemüt mit Liebe in Gott eingehe, in innigem Begehren, in demütiger Unterwerfung unter Gott, das ist allein das wahre Gebet.“
(Johannes Tauler)
„Fromm sein und beten, das ist eigentlich eins und dasselbige. Alle Gedanken von einiger Wichtigkeit, die in uns entstehen, mit dem Gedanken an Gott in Verbindung bringen, bei allen Betrachtungen über die Welt sie immer als das Werk seiner Weisheit ansehen, alle unsere Entschlüsse vor Gott überlegen, damit wir sie in seinem Namen ausführen können, und selbst im fröhlichen Genuss des Lebens seines allsehenden Auges eingedenk sein, das ist das Beten ohne Unterlass, wozu wir aufgefordert werden, und eben das macht das Wesen der wahren Frömmigkeit aus.“
(Schleiermacher)
„Wer nicht betet noch Gott anruft in seiner Not, der hält ihn gewisslich nicht für einen Gott, gibt ihm auch nicht seine göttliche Ehre.“
(Martin Luther)
„Ohne Gebet findet man Gott nicht; das Gebet ist ein solches Mittel, dadurch man Gott sucht und findet.“
(Johann Arndt)
„Fromm sein und Beten, das ist eigentlich ein und dasselbe.“
(Schleiermacher)
„Beten ist in der Religion, was Denken in der Philosophie ist. Beten ist Religion-machen. Der religiöse Sinn betet, wie das Denkorgan denkt.“
(Novalis)
„Es ist ... gerade das Beten, worauf wesentlich der religiöse Lebensprozess des Individuums beruht, der Prozess der sich allmählich vollziehenden reellen Einwohnung Gottes in dem menschlichen Individuum und das religiöse Leben des letzteren. Deshalb wird mit Recht der Nichtbetende als religiös tot betrachtet.“
(Richard Rothe)
„Religion ist überall da, wo sie im Menschen lebendig ist, Gebet.“
(Adolf Deißmann)
„Nimm das Gebet aus der Welt, und es ist, als hättest du das Band der Menschheit mit Gott zerrissen, die Zunge des Kindes gegenüber dem Vater stumm gemacht.“
(Gustav Th. Fechner)
„Religion und Gebet fallen nicht zusammen, aber sind miteinander verbunden wie Leben und Atmen, wie Geist und Sprache. So wenig es eine echte Religion gibt ohne die Gottesidee und ohne den Ewigkeitsgedanken, so wenig gibt es ein echtes religiöses Leben ohne Gebetsleben. Das Gebet ist das Offenbarwerden des Gottesbesitzes, der im Jenseits sich vollendet, im Diesseits aber sich anbahnt in Glauben, Hoffen, Lieben. Gottesglauben, Gottvertrauen, Gottesliebe, in heiliger Gemeinsamkeit verbunden und lebendig geworden in Geist und Gemüt, ausgesprochen laut vor der Gemeinde oder still vor Gott allein, mit oder ohne Wortsprache – das ist das Gebet, wie es als heilige Übung in ununterbrochener Kette von den Gottesfreunden aller Zeitenfolge ist gepflegt worden. Und wenn es gilt, den Weg anzugeben, auf welchem die Religion ihren Segen an die Menschheit vermittelt, so kann auch die höchste theologische Spekulation und die glänzendste Form der religiösen Beredsamkeit sich nicht vergleichen mit dem echten, schlichten, herzenswarmen Gebete. Im Gebete kommt die Erkenntnis der religiösen Wahrheit zu unmittelbarer Fruchtbarkeit, fließt der Strom der Tröstung über die Erde, quillt die sittliche Kraft, die dem religiösen Gedanken innewohnt, in die Seelen, besiegelt sich das Band, welches die Menschen mit ihrem Gott vereint, aber zugleich auch miteinander zu einer großen Familie zusammenschließt. Wer darum in keiner Weise betet, von dem ist zu sagen, dass er aus dem Vaterlande der Menschheit, aus dem Quellenbereiche der religiösen und sittlichen Hoheit fortgegangen ist in die Fremde.“
(Joseph Zahn)
„Da das Gebet derjenige Akt ist, durch den wir unser Wollen zu Gott wenden, besteht die Religion vor allem im Gebet. Religiös sein heißt beten können; irreligiös sein heißt unfähig zum Gebet sein. Der Kampf um die Religion ist der Kampf um das Gebet; die Theorie der Religion ist die Philosophie des Gebets. Normales Gebet ist normale Religion, verdorbenes Gebet verfälschte Religion.“
(A. Schlatter)
„Das Gebet ist ein völlig zutreffender Gradmesser für das religiöse Leben der Seele. Wenn man wüsste, was und wie ein Mensch betet, so würde man seinen ganzen Besitz an Religion klar überschauen können. Wenn der Mensch ohne Zeugen mit seinem Gott redet, dann steht die Seele unverhüllt vor ihrem Schöpfer. Was sie dann zu sagen hat, zeigt ganz deutlich, wie arm oder reich sie ist.“
(Karl Girgensohn)
„Ich kann mir keine schönere Aufgabe denken als die Geschichte des Gebets, d.h. die Geschichte dessen, was die Kreatur zu ihrem Schöpfer gesprochen hat, eine Geschichte, die uns lehren würde, wann und warum und wie der Mensch dazu gekommen ist, Gott all sein Elend und sein Glück, all sein Bangen und Sehnen zu enthüllen.“
(Montalembert)
„Was meint der schlichte, von keiner Reflexion angekränkelte Fromme, wenn er betet? Er glaubt mit dem unmittelbar gegenwärtigen, persönlichen Gott zu reden, mit ihm zu verkehren, mit ihm in lebendigem, innerem Austausch zu stehen. Es sind näherhin drei Momente, welche die innere Struktur des Gebetserlebnisses bilden: der Glaube an den lebendigen, persönlichen Gott, der Glaube an seine reale, unmittelbare Präsenz und der dramatische Verkehr, in den der Mensch mit dem als gegenwärtig erlebten Gott tritt. Jedes Gebet ist eine Hinwendung des Menschen an ein anderes Wesen, dem er sich innerlich aufschließt und mitteilt, Rede des Ich zu einem Du. Dieses Du, dieser andere, mit dem der Fromme in Beziehung tritt, dem er im Gebet gegenübersteht, ist kein Mensch, sondern ein übersinnliches, übermenschliches Wesen, von dem er sich abhängig fühlt, aber ein Wesen, das deutlich die Züge der menschlichen Persönlichkeit trägt: Denken, Wollen, Fühlen, Selbstbewusstsein. „Das Gebet ist das Sichwenden des persönlichen Geistes an einen persönlichen Geist“ (Tylor).“
(Friedrich Heiler)
„Der Glaube an die Persönlichkeit Gottes und die Gewissheit seiner Gegenwart sind die beiden Voraussetzungen des Gebets. Das Gebet selbst ist aber kein bloßer Glaube an die Realität eines persönlichen Gottes – ein solcher Glaube liegt auch einer theistischen Metaphysik zugrunde – und keine bloße Erfahrung seiner Präsenz – diese begleitet das ganze Denken und Leben der großen Frommen. Das Gebet ist vielmehr eine lebendige Beziehung des Menschen zu Gott, ein Fühlungnehmen, eine Zuflucht, eine unmittelbare Berührung, ein innerer Kontakt, ein persönliches Verhältnis, ein wechselseitiger Austausch, eine Zwiesprache, ein Umgang, ein Verkehr, eine Gemeinschaft, eine Vereinigung zwischen einem Ich und Du.“
(Friedrich Heiler)
„Die phänomenologische Untersuchung der Anbetung und Andacht lässt das Wesen des Gebets im schärfsten Lichte hervortreten. Das Gebet ist kein bloßes Erhabenheitsgefühl, keine bloße weihevolle Stimmung, kein bloßes Niedersinken vor einem höchsten Wert; das Gebet ist vielmehr ein wirklicher Umgang des Menschen mit Gott, ein lebendiger Verkehr des endlichen Geistes mit dem unendlichen. Eben deshalb, weil der moderne Mensch keine rechte Vorstellung hat von der Unmittelbarkeit und Innigkeit des Gebetsverhältnisses, in dem der naive Fromme zu Gott steht, verwechselt er die Anbetung und Andacht, diese allgemeineren religiösen Phänomene, die ihre Analogien auch außerhalb der religiösen Erlebnissphäre haben, mit dem echten Gebet. Weil der in den Vorurteilen einer rationalistischen Philosophie befangene neuzeitliche Mensch sich sträubt gegen den urwüchsigen Realismus des naiven Betens, ist er geneigt, in vager Andachtsstimmung und in ästhetischer Kontemplation das Wesen und Ideal alles Betens zu erblicken. Aber einem in die Tiefe dringenden psychologischen Studium enthüllt sich das Wesen des Gebets mit unzweideutiger Klarheit: Beten heißt mit Gott reden und verkehren, wie der Schutzflehende mit dem Richter, wie der Diener mit dem Herrn, wie das Kind mit dem Vater, wie die Braut mit dem Bräutigam.“
(Friedrich Heiler)
„Das Gebet ist ein lebendiger Verkehr des Menschen mit Gott. Das Gebet bringt den Menschen in unmittelbare Berührung mit Gott, in ein persönliches Verhältnis zu ihm. Durch das Gebet wird die Religion ein Leben in Gott, eine Gemeinschaft mit dem Ewigen. Ohne das Gebet bleibt der Glaube eine theoretische Überzeugung; ohne das Gebet ist der Kultus nur äußeres Formwerk; ohne das Gebet entbehrt das sittliche Tun der religiösen Tiefe; ohne das Gebet bleibt die Gottesliebe stumm; ohne das Gebet bleibt der Mensch Gott ferne, gähnt ein Abgrund zwischen dem Endlichen und Unendlichen.“
(Friedrich Heiler)
„Müde bin ich, geh zur Ruh. Schließe meine Augen zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein. Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an. Deine Gnad’ und Christi Blut machen allen Schaden gut! Alle, die mir sind verwandt, Gott, lass ruhn in deiner Hand. Alle Menschen, groß und klein, sollen dir befohlen sein! Kranken Herzen sende Ruh, nasse Augen schließe zu. Lass in deiner Engel Wacht sanft uns ruhn in dieser Nacht!“
(Luise Hensel)
„Bleibe bei uns, Herr, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Bleibe bei uns und bei allen Menschen. Bleibe bei uns am Abend des Tages, am Abend des Lebens, am Abend der Welt. Bleibe bei uns mit deiner Gnade und Güte, mit deinem Wort und Sakrament, mit deinem Trost und Segen. Bleibe bei uns, wenn über uns kommt die Nacht der Trübsal und Angst, die Nacht des Zweifels und der Anfechtung, die Nacht des bitteren Todes. Bleibe bei uns und bei allen deinen Kindern in Zeit und Ewigkeit.“
(Altes Kirchengebet)
„Es gibt keine denkbare Entschuldigung für die Gebetslosen. Ein Mann, der Hungers stirbt, wenn Brot vor ihm liegt, und an einer Krankheit dahinscheidet, wenn das Heilmittel in seiner Hand ist, verdient kein Mitleid; und wer unter der Last seiner Sünden zur Hölle sinkt, weil er nicht beten will: «Gott sei mir Sünder gnädig», verdient alles, was in dem Worte Verdammnis liegt. Vergebung, Leben, Seligkeit, alles ist zu haben, wenn man nur darum bittet; und wenn der, welcher nicht bittet, nicht empfängt, wer will die Gerechtigkeit oder die Barmherzigkeit Gottes tadeln?“
(Spurgeon)
„Dies Gebet hat große Kraft, das ein Mensch leistet mit aller seiner Macht. Es macht ein saures Herz süß, ein trauriges Herz froh, ein armes Herz reich, ein dummes Herz weise, ein blödes Herz kühn, ein krankes Herz stark, ein blindes Herz sehend, eine kalte Seele brennend. Es zieht hernieder den großen Gott in ein kleines Herz; es treibt die hungrige Seele hinauf zu dem vollen Gott.“
(Mechthild von Magdeburg)
Ein tägliches Gebet:
„Lieber himmlischer Vater,
ich bekenne – und du siehst es ja auch –, dass ich überall, wo ich gehe oder stehe, inwendig und auswendig mit Haut und Haar, mit Leib und Seele ins höllische Feuer gehöre. Und du siehst auch, Vater, dass nichts Gutes in mir ist, das ich vorweisen könnte. Da ist nicht ein einziges Haar auf meinem Kopf, das nicht der Verdammung wert wäre. Was soll ich darüber viele Worte machen? Aber, lieber Vater, – ich sei nun, was ich wolle – ich bitte dich alle Tage, dass du deine Aufmerksamkeit nicht auf mich richtest und deine Augen nicht zu mir wendest als auf den elenden Sünder, der ich bin (da wäre es aus mit mir), sondern ich bitte dich, dass du meiner immer als eines Menschen gedenkst, der zu deinem lieben Sohn Jesus Christus gehört. Betrachte mich keine Sekunde und schau mich nicht an, ohne immer zugleich seiner zu gedenken, ja, sieh mich überhaupt nur mit ihm zusammen, so als wenn Christi Gesicht das meine wäre. Denn so will er das haben – er will mein Fürsprecher, Verteidiger und Erlöser sein – und um seinetwillen vergiss bitte, was ich für mich allein genommen bin. Denke mich jederzeit in Christus inbegriffen – und sei mir dann um seinetwillen gnädig. Denn dein Sohn zahlte am Kreuz den denkbar höchsten Preis. Er brach den Fluch, der auf mir lag. Darum, himmlischer Vater, lass seinen Einsatz für mich nicht vergeblich gewesen sein, sondern halte mir zugute, was Christus für mich tat. Lass seinen Gehorsam für meinen gelten und rechne mir seine Gerechtigkeit an, weil ich doch selbst keine habe. Anders kann ich nicht vor dir bestehen. Und einen anderen Grund, warum du mir vergeben solltest, weiß ich nicht zu nennen. Umso entschiedener berufe ich mich aber auf das, was Christus mir freundlich zugesagt hat – dass er für mich gerade stehen und mich nicht hinausstoßen will – damit du, wenn du einmal meine Seele von mir forderst, sie nicht verdammen musst, sondern Christus in mir und mich in Christus findest. In deine treuen Hände befehle ich meinen Geist. Amen.“
(frei nach einem Gebet Luthers)
Dies ist das gerechte Strafurteil Gottes, dass der Mensch, der einst Macht und Herrschaft über alle anderen Geschöpfe hatte, sich aber stattdessen freiwillig und in Missachtung des göttlichen Gebots dem Willen seiner Untergebenen unterwarf, nun, da er Gottes Gebot erfüllen will, erkennen und erfahren muss, wie alle Geschöpfe, die ihm eigentlich untertan sein sollten, sich hochmütig über ihn erheben und sich zwischen ihn und seinen Gott stellen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Ein für alle Mal schreibt dir darum ein kurzes Gebot Folgendes vor: Liebe und tu, was du willst! Wenn du schweigst, schweige aus Liebe; sprichst du, so sprich aus Liebe; wenn du tadelst, tadle aus Liebe; wenn du verzeihst, verzeih aus Liebe. Die Wurzel der Liebe soll das Innerste deines Herzens sein: Aus dieser Wurzel kann nichts als Gutes hervorkommen. Augustin
Martin Luther ist in seinem Leben durch manche Anfechtungen und Prüfungen gegangen. Sein letzter Halt war das erste Gebot: „Wenn mir alles unbegreiflich vorkommt, ja, wenn sogar das Bild des Heilandes mir zeitweilig verdunkelt wird, dann ist mein letzter Halt das, was Gott im ersten Gebot gesagt hat: Ich bin der Herr, dein Gott! Also die Wahrheit: Ich habe mich nicht selbst erschaffen, ich bin nicht allein mit mir selber und mit meinem Schicksal. Ich stehe in der Hand dessen, ohne den ich keinen Atemzug tun könnte. Gott hätte mich nicht erschaffen, wenn er kein Ziel mit mir hätte. Er fängt kein Werk an, um es dann unvollendet wegzuwerfen und liegen zu lassen!”
Sehnsucht zum Licht ist des Lebens Gebot. Henrik Ibsen
1.
Gottes Gesetz ist die „Hausordnung“, die der Schöpfer seiner Schöpfung gegeben hat. Ihre Notwendigkeit und Güte müsste eigentlich jeder einsehen. Für uns Sünder allerdings, die wir das geforderte Gute nicht vorbehaltlos bejahen, wird das Gesetz zur Bedrohung, weil es unser Versagen schonungslos aufdeckt. Die Einsicht in das eigene Versagen ist aber in Wahrheit ein Gewinn: Das Gesetz zwingt uns dadurch, nicht auf die eigene Moralität, sondern auf die Gnade Gottes zu vertrauen.
2.
Unser Scheitern an Gottes Geboten verdirbt uns die Lust daran. Denn Gottes Gesetz scheint für nichts anderes zu taugen, als dass es unser Versagen aufdeckt. Es ist der Eisberg, an dem die „Titanic“ menschlicher Selbstsicherheit zerschellt. Doch ist das in Wahrheit gut so! Denn was da zerbricht, war eine Illusion. Erreicht der Schiffbrüchige aber das Rettungsboot, das man Kirche nennt, und schlüpft bei Christus unter, so kommt er unter Jesu Führung an das Ziel, zu dem ihn seine „Titanic“ (sein stolzes Bemühen um Vervollkommnung) niemals hätte bringen können.
„Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Also trage deinen Mist - das sind die Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst - mit Mühe und mit Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne Zweifel in einer demütigen Gelassenheit köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus.“
(Johannes Tauler)
Aus sich nichts machen und andere gern für besser und höher achten, als man selber sein mag – das ist große Weisheit und Vollkommenheit. Und sähst du einen andern öffentlich sündigen oder einen schweren Fall tun: So halte dich deshalb nicht für besser als ihn. Denn sieh: Du weißt ja nicht, wie lange du selbst noch im Guten feststehen wirst. Gebrechlich sind wir alle, aber gebrechlicher als du sei in deinen Augen keiner. Thomas von Kempen
Manchem erscheint seine Religion „zufällig“, weil er – anderswo geboren – etwas anderes glauben würde. Doch unterlaufen dabei mehrere Denkfehler. Der Betreffende wäre „woanders geboren“ gar nicht er selbst, sondern „ein anderer“. Und wenn dieser „andere“ etwas anderes glaubte – was besagt das schon? Im Übrigen handelt es sich um einen zirkulären Schluss: man hält die Religion für zufällig, weil man voraussetzt, die Geburt sei zufällig. Das ist aber eine ganz willkürliche, mit dem christlichen Schöpferglauben nicht vereinbare Unterstellung.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Die Kinder Gottes haben dreierlei Geburtstage. Durch den ersten kommen sie zu dem Licht dieser unteren Welt. Da weint das Kind aus gutem Grund; aber die Eltern freuen sich. Durch den zweiten, den Gnadengeburtstag, nämlich die Wiedergeburt, werden sie stufenweise aus dem engen finstern Naturzustand ins Licht der Gnade versetzt. Da weint der Mensch auch meistens; aber es freuen sich die Engel im Himmel, sobald ein Sünder Buße tut. Das, was wir Tod nennen, das nannten und feierten die ersten Christen als einen Geburtstag der Märtyrer und Heiligen. Dieser dritte Geburtstag, der leibliche Tod, erlöst Gottes Kinder aus dieser bangen Welt, aus dem Gefängnis des Leibes und aus aller Seelengefahr, da sie versetzt werden in die Weite der lieben Ewigkeit. Zwar geht es auch bei dieser letzten Geburt oft sehr unansehnlich und bedrängt her, dass das Gnadenkind stöhnen und weinen muss, bis es durchkommt. Aber alles zu seinem Besten. Bald ist’s getan, da es mit Jesus wird heißen: „Es ist vollbracht.“ Die Engel stehn bei dieser Geburt schon bereit, das zur seligen Ewigkeit geborene Kind auf ihre Arme zu nehmen und in Gottes Schoß zu tragen. Da freuen sie sich, dass ein Mensch zur Licht- und Freudenwelt geboren ist.“ (Gerhard Tersteegen)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Als du auf die Welt kamst, weintest du, und um dich herum freuten sich alle. Lebe so, dass, wenn du die Welt verlässt, alle weinen und du allein lächelst! Aus China
Geboren werden heißt, zu sterben anfangen. Laotse
Wer das Licht der Welt erblickt, wird das Dunkel schon noch kennenlernen. Joachim Ringelnatz
Was ist das, ein Mensch? Macht ihn seine Geburt dazu? Nein, nennt ihn wie ihr wollt, sie macht ihn nur zum Sohn seines Vaters. Pierre Carlet de Marivaux
1.
Selten wird der Maler zum Bild und der Töpfer zum Topf. Doch Gott wird Mensch. Der Schöpfer wird das, was er gemacht hat, damit, was er gemacht hat, nicht zugrunde geht. Er gibt der Menschheit nicht, was sie verdient, sondern gibt ihr – sich selbst. Er teilt sich der Menschheit mit, indem er ihr Leben mit ihr teilt. Er eignet sich ihr Elend an, um es zu überwinden. Er stellt sich zu den Verlorenen – und macht sie damit zu Gefundenen. Das Gewicht seiner Liebe zog Gott auf die Erde hinab! Er schlüpfte in unser Leben und durchlief all seine Stationen, um wieder herzustellen, was kaputt war und wiederzufinden, was verloren war.
2.
Die Geburt Christi
Das Gedächtnis ist die Sparbüchse des Geistes. Aus den „Fliegenden Blättern“
Jeder klagt über sein Gedächtnis, niemand über seinen Verstand. Rochefoucauld
Wenn du dich zur Versöhnlichkeit geneigt fühlst, so frage dich vor allem, was dich eigentlich so milde stimmte: schlechtes Gedächtnis, Bequemlichkeit oder Feigheit. Arthur Schnitzler
„Es gibt einen Mühlstein, der immerdar umläuft. Der Herr hat ihn seinem Knecht mit dem Befehl übergeben, dass er nur gutes Getreide, Weizen, Gerste oder Hafer darauf mahlen möge. Diesem Knecht nun stellt ein Feind nach, der, so oft er den Stein leer findet, entweder Sand darauf wirft, der ihn zerfrisst, oder Pech, das ihn verklebt, oder Spreu, die ihn umsonst beschäftigt. Höre nun, was das Gleichnis sagen will. Der Mühlstein ist das menschliche Herz, welches beständig von Gedanken getrieben wird. Nur Gutes zu denken, hat Gott einem jeden geboten. Die tiefen und ruhigen Gedanken über Gott gleichen dem Weizen, die Erhebungen der Seele zur Andacht der Gerste, die Entschlüsse zur Tugend dem Hafer. Solches alles soll der Mensch denken, um sich ewige Speise zu bereiten. Aber der Teufel stellt ihm immerdar nach, und findet er das Herz leer von guten Gedanken, so erfüllt er es sogleich mit bösen. Einige davon verzehren es, wie Zorn und Neid, andere verschließen es, wie Wollust und Üppigkeit, andere beschäftigen es umsonst, wie eitle Ruhmbegier.“
Anselm (+1109)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal! Aus dem babylonischen Talmud
Auf böse und traurige Gedanken gehören ein gutes und fröhliches Lied und ein freundliches Gespräch. Martin Luther
Der Mensch ist sichtlich geschaffen, um zu denken. Dies ist seine ganze Würde und sein ganzes Verdienst; und seine ganze Pflicht ist es, richtig zu denken. Nun verlangt aber die Ordnung der Gedanken, dass man mit sich selbst, seinem Schöpfer und seinem Endzweck beginnt. Woran aber denkt die Welt? Daran niemals, sondern an Tanz, Lautenspiel, Gesang, Verseschmieden, Ringelstechen usw. und daran, sich zu schlagen, sich zum König zu machen, ohne darüber nachzudenken, was es bedeutet, König zu sein, und was, Mensch zu sein. Blaise Pascal
Die Menschen schämen sich nicht, etwas Schmutziges zu denken, aber wohl, wenn sie sich vorstellen, dass man ihnen diese schmutzigen Gedanken zutraue. Friedrich Nietzsche
Die Sprache ist uns nicht gegeben, damit wir uns gegenseitig täuschen, sondern damit wir unsere Gedanken anderen mitteilen können. Augustin
Dumme Gedanken hat jeder, aber der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
Ein Gedanke, der richtig ist, kann auf die Dauer nicht niedergelogen werden. Otto von Bismarck
Ein gewöhnlicher Verstand ist wie ein schlechter Jagdhund, der die Fährte eines Gedankens schnell annimmt und schnell wieder verliert; ein außerordentlicher Verstand ist wie ein Leithund, der unbeirrbar fest auf der Fährte bleibt, bis er das Lebendige ereilt hat. Hugo von Hofmannsthal
Mein Gebet ist voll Zerstreuung. Ich bin sehr oft nicht da, wo der Leib sitzt oder steht; ich bin da oder dort, wohin meine Gedanken mich mit sich fortreißen. Ich bin da, wo mein Gedanke ist, und mein Gedanke ist da, wo meine Liebe ist, und meine Liebe ist da, wo das ist, was ich liebe. Da fühle ich recht die Wahrheit des Wortes: Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz (Matthäus 6,21). Thomas von Kempen
Steril ist der, dem nichts einfällt; langweilig ist, wer ein paar alte Gedanken hat, die ihm alle Tage neu einfallen. Marie von Ebner-Eschenbach
Um einen falschen Gedanken mit Erfolg zu widerlegen, muss man bekanntlich ein ganzes Buch schreiben und den, der den Ausspruch getan hat, überzeugt man doch nicht. Otto von Bismarck
Vom Künstler und dem Gedanken gelte das Nestroysche Wort: Ich hab’ einen Gefangenen gemacht, und er lässt mich nicht mehr los. Karl Kraus
Wer nicht die Heilige Schrift hat, muss sich mit seinen Gedanken begnügen. Wer keinen Kalk hat, mauert mit Dreck. Martin Luther
Wie selbst der kräftigste Arm, wenn er einen leichten Körper fortschleudert, ihm doch keine Bewegung erteilen kann, mit der er weit flöge und heftig träfe, sondern derselbe schon in der Nähe matt niederfällt, weil es ihm an eignem materiellen Gehalte gefehlt hat, die fremde Kraft aufzunehmen; ebenso ergeht es schönen und großen Gedanken, ja, den Meisterwerken des Genies, wenn, sie aufzunehmen, keine andere, als kleine, schwache oder schiefe Köpfe da sind. Dies zu bejammern haben die Stimmen der Weisen aller Zeiten sich zum Chorus vereint. Arthur Schopenhauer
Es ist nicht so, dass der geduldige Mensch nichts wollte, oder es ihm weniger wichtig wäre als dem Ungeduldigen. Nein! Auch der Geduldige verfolgt ein Ziel. Aber sein entschlossener Wille verbindet sich mit langem Atem, Beharrlichkeit und Ausdauer, weil er von seinem Ziel auch dann nicht ablässt, wenn andere Ziele leichter zu erreichen wären. Das Leiden am Unverfügbaren auszuhalten, ist das Wesentliche an der Geduld. Ein Christ braucht besonders viel Geduld, hat aber auch besonders guten Grund dazu, weil Gott selbst verbürgt, dass seine Geduld sich lohnt.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Was ist die Geduld? Wo man um seines Gottes willen alles Leiden, welches sonsten Fleisch und Blut zuwider ist, willig annimmt, siehet es an, wie es von seiner Hand herkommt, und sich seiner Gnade darinnen getröstet, mit dem Entschluss, so lang es Ihm gefällig ist, solches ohne Murren zu tragen, in dem Leiden selbst Ihn zu preisen, und zu seiner Zeit die Hilfe von seiner weisen und gütigen Hand zu erwarten.“ (Philipp J. Spener)
„Geduld ist eine solche Tugend, die mit sanftmütigem, stillem, demütigem, gehorsamem Herzen sich dem lieben Kreuz unterwirft, und allerlei Widerwärtigkeit, Trübsal und Verfolgung, sie sei geistlich oder leiblich, als Christi Kreuz und Joch auf sich nimmt, und Christo nachfolget, wider Gott nicht murret, sondern im Glauben erkennet, dass wir einen gnädigen Gott in Christo haben; welche auch durch Hoffnung der Erlösung das Kreuz lindert und ist eine Sanftmut gegen die, so uns beleidigen und verfolgen, befiehlt Gott die Rache, und kommt nicht her aus der Vernunft, oder Fleisch und Blut, sondern ist eine besondere Gabe des heiligen Geistes, und eine Frucht des wahren Glaubens.“
(Johann Arndt)
Da ich nun von Schmerz nicht frei sein kann, so will ich wenigstens aus dem Schmerz den Gewinn ziehen, dass ich ihn geduldig ertrage und Gott danke wie in freudigen, so auch in bitteren Dingen; denn ich bin überzeugt, dass nichts von allen unseren Angelegenheiten bei der höchsten Weisheit ohne vernünftigen Grund sein kann.
(Gregor von Nazianz, gest. 389)
Wir sind mit den Banden des Urteilsspruches, welcher über die ersten Eltern nach ihrem Sündenfall ergangen ist, gebunden, bis wir mit Abtragung unserer Todesschuld aus dieser Welt scheiden. In Trauer und Seufzen müssen wir sein alle Tage unseres Lebens, müssen unser Brot essen in Schweiß und Arbeit. Deshalb macht ein jeder von uns, wenn er geboren und von der Herberge dieser Welt aufgenommen wird, mit Tränen den Anfang, und obwohl er mit allem noch fremd und unbekannt ist, so weiß er schon gleich bei dieser seiner Geburt nichts als zu weinen. Vermöge eines natürlichen Vorgefühls jammert er, und die noch unerfahrene Seele bezeigt sogleich am Anfang die Ängsten und Mühen des sterblichen Lebens und die Stürme der Welt, in welche sie eintritt, durch Weinen und Seufzen. Denn es gilt zu schwitzen, so lange man hienieden lebt und sich abmüht. Und in diesem Schwitzen kann kein anderer Trost in höherem Grade zu statten kommen als jener der Geduld; er ist allen auf dieser Welt dienlich und notwendig.
(Cyprianus, gest. 259)
„Wehe denen, welche die Geduld verloren haben“ (Eccles. 2,16.). Ja wirklich wehe dem, der keine Geduld hat. Er wird hin- und hergetrieben, wie ein Blatt vom Winde. Er kann keine Beleidigung ertragen, wird in Bedrängnissen kleinmütig, verliert sich leicht in Streitigkeiten. Er widerspricht, anstatt zu gehorchen, und ist in seinen Befehlen gebieterisch. Er ist nachlässig in seinen Arbeiten, tapfer in Zänkereien, aber ohne Kraft, wo Ruhe nötig ist. Wer keine Geduld hat, setzt sich vielem Schaden aus und kann die Tugend sich nicht aneignen.
(Ephraem, gest. 378)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Alle wollen Frieden haben, aber das, was allein wahren Frieden schaffen kann, das wollen nicht alle. Gottes Friede kehrt bei denen ein, die demütig und sanftmütig und es von ganzem Herzen sind. Gottes Friede wohnt da, wo viel Geduld wohnt. Gottes Friede bleibt da, wo man sein Wort gern hört und treu befolgt. Thomas von Kempen
Ein wahrer Menschenfreund; ... er legt mit unerschöpflicher Geduld und tiefem Glauben die in die Menschen eingemeißelte Inschrift Gottes frei, dessen ungestalte, schiefe Denkmäler sie sind. Henry David Thoreau
Geduld, ihr Forscher! Die Aufklärung des Geheimnisses wird durch dieses selbst erfolgen. Karl Kraus
Lerne Geduld haben mit fremden Fehlern; denn siehe, du hast auch viel an dir, was andere tragen müssen. Thomas von Kempen
Mit Geduld Unrecht zu ertragen, das einem anderen zugefügt wird, ist ein Zeichen der Unvollkommenheit und sogar von wirklicher Sünde. Thomas von Aquin
Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken, alles vergeht, Gott bleibt derselbe. Geduld erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Gott nur genügt. Teresa von Avila
Ungeduld ist Warten in Eile. Unbekannt
Was der Mensch an sich und an andern nicht bessern kann, das muss er mit Geduld tragen, bis es Gott anders macht. Thomas von Kempen
Ein Irrtum ist umso gefährlicher, je mehr Wahrheit er enthält. Henri Frédéric Amiel
Es ist ebenso gefährlich für den Menschen, Gott zu kennen ohne seine eigene Erbärmlichkeit, wie seine eigene Erbärmlichkeit zu kennen ohne Gott zu kennen. Blaise Pascal
Es ist gefährlich, anderen etwas vorzumachen; denn es endet damit, dass man sich selbst etwas vormacht. Eleonora Duse
Feigling: jemand, der in gefährlichen Situationen mit den Beinen denkt. Bierce
In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der ihn verursacht. Kurt Tucholsky
Mutige Leute überredet man dadurch zu einer Handlung, dass man dieselbe gefährlicher darstellt als sie ist. Friedrich Nietzsche
Toren und gescheite Leute sind gleich unschädlich. Nur die Halbnarren und Halbweisen, das sind die Gefährlichsten. Goethe
Was nützt es dir, lange zu leben, wenn dein Eifer, besser zu werden, von so kurzer Dauer und so geringer Wirkung ist? Ach, ein langes Leben macht den Menschen nicht immer besser, macht seine Schuld oft nur größer. Hätten wir doch hier auf Erden auch nur einen Tag recht gut gelebt! ... Wenn es für dich so schrecklich ist, jetzt zu sterben, so ist es vielleicht noch gefährlicher, länger zu leben. Thomas von Kempen
Ich hasse von Herzen die großen Sorgen, von denen Du, wie Du schreibst, verzehrt wirst. Dass sie Dein Herz so beherrschen, daran ist nicht die Größe der Gefahr, sondern die Größe unseres Unglaubens schuld. Martin Luther in einem Brief an Melanchthon
In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod. Friedrich Logau
Der gefällt nicht, der fürchtet, nicht zu gefallen; denn die Ungezwungenheit, die alle übrigen Schönheiten des Umgangs erst ihren Wert und oft ihr Dasein gibt, verschwindet mit der Furcht. Jean Paul
Der Vortrag von Dingen, von denen wir vorhersehen, sie werden nicht gefallen, kann nur durch den größten Anschein von Aufrichtigkeit gemildert werden. Kardinal von Retz
Du musst klein sein, willst Du kleinen Menschen gefallen. Ludwig Börne
Was tut die Blume wohl mit Gott? Sie lässt sich Gott gefallen. In der Blume, als Blume träumt er seinen schönsten Traum, da widerstrebt ihm nichts. Christian Morgenstern
Wer nicht Gott, sondern den Menschen gefallen will, dessen Tugend leidet an Knochenfraß und geht unter. Johann Geiler von Kaysersberg
Wir gefallen mehr durch unsere Fehler als durch unsere Vorzüge. Rochefoucauld
Wollte ich mich einem Menschen beliebt machen und wollte ich dem allein gefallen, so wollte ich alles, was dem Menschen gefällig wäre und wodurch ich ihm wohlgefiele, lieber als irgend etwas anderes. Und wäre es so, dass ich ihm besser gefiele in einem schlichten Kleide als in Samt, so besteht kein Zweifel darüber: ich trüge das schlichte Kleid lieber als irgendein anderes Kleid. So auch steht es mit einem, dem Gottes Wille gefällt: alles, was ihm Gott zuteilt, sei's Krankheit oder Armut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgend etwas anderes. Eben weil Gott es will, darum schmeckt es ihm besser als irgend etwas anderes. Meister Eckhart
Im Allgemeinen erscheint es „vernünftig“, wenn der Mensch sein Verhalten den Gegebenheiten der Welt anpasst. Doch wenn die Welt durch den Einbruch des Bösen eine „verkehrte“ und „verdrehte“ Welt geworden ist, kann man sich ihr nicht anpassen, ohne dabei selbst „verkehrt“ und „verdreht“ zu werden. Der Glaube fordert darum, diese Anpassung zu verweigern, die „Normalität“ des Schlechten niemals „normal“ zu finden und ein widerständiges Leben zu führen nach den Regeln (nicht der gegebenen, sondern) der kommenden Welt.
1.
Obwohl die verschiedensten Anteile unserer Person am Glauben beteiligt sind (Wille, Gefühl, Erfahrung, Vernunft, etc.), lässt sich der Glaube weder auf eine noch auf die Gesamtheit dieser Funktionen zurückführen. Glaube ist vielmehr eine facettenreiche Reflektion göttlichen Lichtes: Wie ein Spiegel Licht nicht erzeugen, sondern nur reflektieren kann, so kann unsere Seele das Licht des Evangeliums nicht erzeugen, sondern nur reflektieren – und eben diese Reflektion nennen wir „Glaube“.
2.
Beim Christ-Sein geht es nicht darum, dass einer seinen religiösen Gefühlen, sondern dass er dem Evangelium glaubt. Darum dürfen fromme Stimmungen und innere Erlebnisse nicht zur Zugangsbedingung erhoben werden. Christus hat nicht die zu sich gerufen, die etwas Tolles fühlen, sondern die Mühseligen und Beladenen – und die müssen weder „gute Werke“ noch „religiöse Gefühle“ mitbringen. Wenn Christus will, kann er beides schenken. Es geht aber auch ohne. Denn Christus ist verlässlich, und unsere religiösen Gefühle sind es nicht.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Nun aber wollen wir doch zu dem übergehen, … dass diejenigen Gesetz und Evangelium greulich vermischen, welche sagen: „Willst du der Vergebung deiner Sünden gewiss werden, dann musst du so lange beten, kämpfen und ringen, bis du endlich ein freudiges Gefühl bekommst, welches dir heimlich sagt: „Sei getrost, du hast Vergebung deiner Sünden.“ „Dann“, sprechen sie, „ist die Gnade in deinem Herzen“, während, eigentlich zu reden, die Gnade gar nicht in meinem Herzen sein kann, die ist in Gottes Herzen. Nein, erst musst du glauben und dann fühlen. Das Gefühl kommt aus dem Glauben, und nicht der Glaube aus dem Gefühl. Und wessen Glaube aus dem Gefühl kommt, der hat keinen wahren Glauben; denn der Glaube braucht eine göttliche Verheißung. Also kannst du gewiss sein, mit deren Glauben steht es recht, die sagen können: „Nichts in der ganzen Welt sehe ich an, als das liebe Evangelium. Darauf baue ich.“ Dann mag der Teufel kommen und sie schrecken und quälen. Wenn sie dann vielleicht nicht gleich süße Gefühle haben, so werden sie sagen: „Und ob mein Herz sprach lauter Nein; Dein Wort soll mir gewisser sein“; oder: „Ohn Fühlen will ich trauen, Bis ich komme, dich zu schauen.“ (…..) Ach, wehe dem Menschen, welcher sich immer daran gewöhnt hat, sich nur dann für begnadigt anzusehen, wenn er süße Gefühle hat! In der Todesstunde ist es in der Regel mit solchen süßen Gefühlen zu Ende. Die Todesnot vertreibt das Gefühl. Wohl dem Menschen, der dann spricht: „Ich glaub, was Jesu Wort verspricht, Ich fühl es, oder fühl es nicht.“ Wohl dem, der kann dann im Frieden dahinfahren! Aber wehe dem, der dann denkt: „Ich fühle jetzt gar nichts. Jetzt soll ich sterben! Jesus ist nicht mehr in meinem Herzen. O, ich elender, unglücklicher Mensch!“ Wie viele mögen in den schwärmerischen Sekten deswegen verloren gegangen sein, weil sie noch zuletzt den Herrn Jesum haben fahren lassen, weil sie meinten, sie dürften ihn nicht ergreifen, es fehlte ihnen die Erlaubnis dazu! Denn alle Schwärmer meinen, durch das Fühlen bekommen sie erst die Erlaubnis zu Jesu zu kommen und seiner sich zu trösten. Darum sprechen sie oft zu einem Bruder: „How do you feel?“ Wenn der sagt: „Ich fühle gar nichts!“ da heißt es: „Ach, du armer Mensch! Komm, wir wollen beten, kämpfen und ringen, bis du Gefühl bekommst.“ Da kriegt er denn so ein Gefühl, aber es ist oft nur ein sinnliches Gefühl und nicht das Gefühl des Heiligen Geistes.“ (C. F. W. Walther)
„Ich habe es auch oft gesagt, und ich wiederhole es noch einmal, dass ich nicht mit der Bitte zu Christus komme, mein Bedürfnis für ihn zu fühlen; ich glaube nicht an Christus, weil ich fühle, dass ich ihn brauche, sondern weil ich ihn tatsächlich brauche. Kein Mensch kommt als empfindsamer Sünder zu Jesus, sondern als Sünder, und nur als Sünder. Er wird nicht kommen, wenn er nicht erweckt ist; aber wenn er kommt, dann sagt er nicht: „Herr ich komme zu dir, weil ich ein erweckter Sünder bin, rette mich.“ Nein, er sagt: „Herr, ich bin ein Sünder, rette mich.“ (...) Ich stehe nicht am Fuß seines Kreuzes und werde gereinigt, weil ich Buße getan habe; wenn ich komme, dann bringe ich nichts als Sünde. Die Erkenntnis der eigenen Not ist ein wertvolles Gefühl, aber wenn ich am Fuß des Kreuzes stehe, glaube ich nicht an Christus, weil ich so ein wertvolles Gefühl habe, sondern ich glaube an ihn, ob ich wertvolle Gefühle habe oder nicht.“ (Ch. H. Spurgeon)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Verlass dich nicht auf deine Gefühle, dann werden sie dich auch nicht zu Boden drücken. Halte dich glaubend an den Herrn! C. H. Spurgeon
Zur Übung unseres Glaubens sind Wolken und Dunkelheit notwendig, um uns zu veranlassen, dass wir unser Vertrauen mehr auf Christus setzen als auf unsere Erfahrungen, Beweisgründe, Gemütsstimmungen und Gefühle. C. H. Spurgeon
Das schönste Gefühl auf dieser Erde: nicht mehr nötig zu sein. Nicht mehr gebraucht zu werden. Macht damit, was ihr wollt. Wilhelm Raabe
Es ist ebenso unnütz und ebenso lächerlich, dass die Vernunft vom Herzen Beweise für seine ersten Prinzipien verlangt, wenn sie ihnen zustimmen will, wie es lächerlich wäre, dass das Herz von der Vernunft ein Gefühl für alle Lehrsätze verlangte, die diese beweist, wenn es sie annehmen will. Blaise Pascal
Es ist ein glückliches Gefühl, für einen Hass, den wir bis dahin nur instinktmäßig nährten, plötzlich einen triftigen Grund zu erhalten. Karl Gutzkow
Jeder, der durch oder in etwas sein Glücksgefühl sucht, liebt nicht dieses andere, sondern sich selbst. Diese Liebe bewirkt kein Außer-sich-Sein und ist keine Liebe. Meister Eckhart
Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man genau weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde! Anonym
Folgende Gegensätze sollte man vereinen können: Tugend mit Gleichgültigkeit gegen die öffentliche Meinung, Arbeitsfreude mit Gleichgültigkeit gegen den Ruhm und die Sorge um die Gesundheit mit Gleichgültigkeit gegen das Leben. Chamfort
Genau genommen, leben sehr wenige Menschen in der Gegenwart. Die meisten bereiten sich vor, demnächst zu leben. Jonathan Swift
Jeder prüfe seine Gedanken. Er wird finden, dass sie ganz mit der Vergangenheit oder der Zukunft beschäftigt sind. Wir denken fast überhaupt nicht an die Gegenwart, und wenn wir an sie denken, so nur, um aus ihr die Einsicht zu gewinnen, mit der wir über die Zukunft verfügen wollen. Die Gegenwart ist niemals unser Ziel. Die Vergangenheit und die Gegenwart sind unsere Mittel; allein die Zukunft ist unser Ziel. Deshalb leben wir nie, sondern hoffen auf das Leben, und da wir uns ständig bereit halten, glücklich zu werden, ist es unausbleiblich, dass wir es niemals sind. Blaise Pascal
Nur der Christ kann ganz in der Gegenwart leben. Denn die Vergangenheit ist ihm durchgestrichen, und die Zukunft ist ihm gewiss. Jochen Klepper
Sinn und Nutzen eines Gottesdienstes liegen nicht darin, dass er die Gemeinschaft, die Kunst oder das Brauchtum pflegt, dass er bildet, unterhält oder therapiert. Vielmehr steht im Mittelpunkt die durch Wort und Sakrament vermittelte heilvolle Gegenwart Gottes. Die gottesdienstliche Erfahrung dieser Gegenwart, das Stehen vor Gottes Angesicht, ist zu nichts „nütze“ und muss es auch nicht sein: Die Gemeinschaft mit dem Herrn, dieser Vorgeschmack auf Gottes Reich, hat seinen Wert in sich selbst.
1.
Christen erwarten das Heil von Gottes kommendem Reich. Doch ist dasselbe Heil auch schon hier und heute gegenwärtig und kann durchaus erfahren werden, weil das, was den kommenden Himmel ausmacht, die innig-versöhnte Übereinstimmung mit Gott ist. Und die beginnt nicht irgendwann „später“, sondern heute: wer im Glauben Christus „hat“, hat in und mit ihm auch schon das Heil, die Seligkeit und das Ewige Leben. Alles Wesentliche ist ihm mit dem Brot des Abendmahls in die Hand gedrückt – und er steht mit einem Bein bereits im Himmel.
2.
Der Glaube ist ganzjährig voller Erwartung, er sitzt sozusagen „auf gepackten Koffern“ und freut sich auf den Tag, da der gottlose Zustand dieser Welt überwunden wird, weil entweder der Herr zu uns kommt – oder wir zu ihm. Auch der Herr will das. Denn der Wartende ist es dem Kommenden wert, dass er kommt. Und der Kommende ist es dem Wartenden wert, dass er wartet. Einer ist des andern Ziel. Und in der gedanklichen Vorwegnahme der noch nicht vollendeten Gemeinschaft bilden sie doch schon eine Gemeinschaft: Der Kommende ist dem Wartenden in seiner Erwartung gegenwärtig, wie auch der Wartende dem Kommenden als Ziel seines Laufes vor Augen steht.
„Siehe, die Glänze der Sonne sind dir so nahe, dass sie dich gleich in die Augen oder auf die Haut stechen, dass du es fühlest, aber doch vermagst du es nicht, dass du sie ergreifest und in ein Kästlein legest, wenn du gleich ewiglich darnach tappest. Hindern kannst du sie wohl, dass sie nicht scheine zum Fenster ein; aber tappen und greifen kannst du sie nicht. Also auch Christus, ob er gleich allenthalben da ist, lässt er sich nicht so greifen und tappen; er kann sich wohl ausschälen, dass du die Schale davon kriegest und den Kern nicht ergreifest. Warum das? Darum, dass ein anderes ist, wenn Gott da ist, und wenn er dir da ist. Dann aber ist er dir da, wenn er sein Wort dazu tut, und bindet sich damit an und spricht: Hie sollst du mich finden. Wenn du nun das Wort hast, so kannst du ihn gewisslich greifen und haben, und sagen: Hie hab ich dich, wie du sagst. Gleich als ich von der Rechten Gottes sage: Wiewohl dieselbige allenthalben ist, wie wir nicht leugnen mögen; noch, weil sie auch nirgend ist, wie gesagt ist, kannst du sie wahrlich nirgend ergreifen, sie binde sich denn dir zu gut, und bescheide dich an einen Ort. Das tut sie aber, da sie sich in die Menschheit Christi begibt und wohnt; da findest du sie gewiss; sonst sollst du wohl alle Kreatur durch und durch laufen, hie tappen und da tappen, und dennoch nimmermehr nicht finden, ob sie gleich da ist wahrhaftig; denn sie ist dir nicht da.“ (Martin Luther)
Gottes Name ist an sich schon heilig. Die erste Bitte des Vaterunsers zielt aber darauf, dass er auch allseits als heilig erkannt, anerkannt und gepriesen werden soll. Das größte Hindernis ist dabei Gottes eigenes Volk, das ihm wenig Ehre macht. Doch Gott selbst wird für die Erfüllung dieser Bitte sorgen, indem er seinen Namen groß und herrlich macht im Erweis seiner Treue vor aller Augen. Gott wird sich als heilig erweisen, um seines Namens willen. Und eben diesen Moment, in dem die Wahrheit endgültig zu Tage tritt, sehnt der Beter des Vaterunsers herbei.
„Wer kann die Größe dieses Geheimnisses fassen? Der höchste Schöpfer war beleidigt, und das Geschöpf machte sich keine Sorge über die Herstellung des Friedens und über die Versöhnung. Derselbe, der beleidiget war, nimmt das Fleisch des Geschöpfes an und wird der Versöhner. Der Mensch hatte Gott verlassen, und zu dem Feinde Gottes, dem Teufel sich gewendet; aber derselbe, der verlassen war, sucht bekümmert den, der ihn verlassen hat, und ladet ihn auf das Freundlichste wieder zu sich ein. Der Mensch war von jenem unendlichen Gute gewichen und hatte sich in das unendliche Übel gestürzt, aber eben jenes unendliche Gut gibt einen unendlichen Erlösungspreis und befreit das Geschöpf von jenem unendlichen Übel. Übersteigt nicht diese unendliche Barmherzigkeit allen endlichen Verstand und Gedanken des Menschen? Unsere Natur ist durch Christum herrlicher gemacht worden, als sie durch Adams Sünde verunstaltet worden war; in Christo haben wir mehr empfangen, als wir in Adam verloren haben; die Sünde hatte überhand genommen, aber der Reichtum der göttlichen Gnade ging noch weit darüber.“ (Johann Gerhard)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Das Geheimnis der Medizin besteht darin, den Patienten abzulenken, während die Natur sich selbst hilft. Voltaire
Der Stolz auf das Vertrauen, das einem geschenkt wurde, ist eines der Hauptmotive dafür, dass man Geheimnisse ausplaudert. Samuel Johnson
Geduld, ihr Forscher! Die Aufklärung des Geheimnisses wird durch dieses selbst erfolgen. Karl Kraus
Gottes Wege sind überall anzubeten, aber nicht überall zu ergründen. Ich bin des Vaters Kind, nicht sein Geheimrat. Gerhard Tersteegen
Wie kann man annehmen, ein anderer würde unser Geheimnis hüten, wenn wir es doch selbst nicht hüten konnten? Rochefoucauld
Das Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Augenblick der Geburt bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten. Mark Twain
1.
Glaubens-Gehorsam kennt keinen Gegensatz von „heteronom“ und „autonom“, sondern ist Selbstbestimmung zur Fremdbestimmung, denn er besteht in dem seltsamen Eigensinn, unbedingt mit dem, an den man glaubt, „eines Sinnes“ sein zu wollen. Der Gehorchende lehnt es ab, durch abweichendes Wollen die ihm so kostbare Gemeinschaft in Frage zu stellen. Vielmehr ist es seine Entscheidung, das Entscheiden dem Herrn zu überlassen. Der Jünger sieht in diesem Gehorsam nichts anderes als die höchste Betätigung seiner Freiheit. Und sich von Christus bestimmen zu lassen, hält er für die ihm gemäße Form der Selbstbestimmung.
2.
Gott ist wie eine verschlossene Burg, die sich nur an einer Stelle für den Menschen öffnet. Durch Taufe, Abendmahl, Bibel, Gebet und Gottesdienst will Gott sich finden lassen. Hier hat er die Zugbrücke heruntergelassen. Macht es da Sinn, über die Mauer zu klettern? Nein. Darum ist der Glaube ein fröhlicher Gehorsam, der von der Bahn, die Gott ihm beschrieben hat, weder links noch rechts abweicht. Er steigt nicht zum Fenster ein, sondern er nimmt die Tür. Denn Glauben heißt, Gott dort zu suchen, wo er gefunden werden will – und nirgends sonst.
3.
Wir können von Pflanzen und Tieren etwas lernen, denn sie leben in einer selbstverständlichen und unangestrengten Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, wachsen, wenn sie können, und leiden, wenn sie müssen, hadern aber mit nichts und neiden nichts, sondern sind mit völligem Einverständnis das, wozu Gott sie gemacht hat. Menschen hingegen sind innerlich zerrissen und erlangen den Konsens mit Gott erst wieder durch den Glauben an die barmherzige Vorsehung und Führung des himmlischen Vaters, in die sich der Glaube ergibt.
4.
Staatliche Ordnung ist eine Einrichtung Gottes, der er die Aufgabe zugewiesen hat, durch Recht und Gesetz dem Bösen zu wehren und das Gute zu schützen. Wenn ein Staat diese Aufgabe erfüllt, erwächst ihm daraus die besondere Würde, Gottes Instrument zu sein. Wenn er das Böse aber duldet oder sogar fördert, zerstörte er die Ordnung, die allein ihn legitimieren könnte – und dann wird Widerstand zur Pflicht. Im Zweifelsfall muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen. Denn göttliches Recht wiegt in jedem Falle schwerer als menschliches.
5.
Es ist ein schlimmes Zerrbild, wenn das Christ-Sein wie eine Zwangsjacke wirkt. Denn es beruht ja auf dem Glauben – auf der Einsicht, dass nichts über Gott geht. Und aus der folgt ganz von selbst ein gutes Leben ohne krampfhaftes Bemühen. Denn der Glaube macht sich Gottes Sichtweise zu eigen und will aus innerer Überzeugung das gottgefällige Gute, weil ihm das als gut erkannte auch allemal am liebsten ist. Er kann am Bösen nichts mehr „gut finden“ und braucht darum keinen äußeren Zwang, um es zu lassen. Es geht ihm einfach gegen die christliche Natur. Und an so einem ungezwungenen Gehorsam findet Christus mehr Gefallen als an der mürrischen „Selbstüberwindung“ des Uneinsichtigen.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Wollen wir ewig leben, so müssen wir den Willen des ewigen Gottes tun. Der Wille Gottes aber, den uns Christus durch Wort und Tat gelehrt hat, ist: Demut im Wandel, Standhaftigkeit im Glauben, Schamhaftigkeit in Worten, Gerechtigkeit im Handeln, Barmherzigkeit in Werken, Zucht in Sitten, Vermeidung des Unrechts, Ertragung der Unbilden, Friede mit den Brüdern, Liebe Gottes von ganzem Herzen, als unseres Vaters, Furcht vor ihm als unserem Gott, der Liebe Christi unzertrennlich anhangen, an sein Kreuz mit beharrlichem Vertrauen festhalten, wenn für seinen Namen und seine Ehre zu kämpfen ist, Standhaftigkeit im Bekenntnis, Vertrauen in den Qualen, Geduld im Tod. Das heißt Gottes Gebote tun, das heißt den Willen des Vaters vollziehen, das heißt ein Miterbe Christi sein wollen.
(Cyprianus, gest. 259)
Was kann je so stolz, was aber auch so undankbar scheinen, als gegen den Willen dessen zu leben, von dem du das Leben selbst erhalten hast, als die Befehle dessen zu verachten, der darum etwas befiehlt, damit er Ursache habe, Belohnungen auszuteilen? Denn Gott bedarf ja unseres Dienstes nicht, wir bedürfen seines Befehles.
(Paulinus, gest. 804)
Sowie ohne Führer kein Sieg zu hoffen ist, und wie das Schiff nicht zum Hafen kommt ohne Steuermann, so ist es auch ohne Gehorsam nicht möglich, auf dem Meer dieses Lebens dem Untergang zu entgehen.
(Laurentius Justiniani, gest. 1455)
Wer sich zum Meister über sich selbst aufstellt, der übergibt einem Narren einen Jünger und bedarf keines Teufels, der ihn versuche, denn er ist sich selbst der boshafteste und gefährlichste aller Teufel.
(Bernardus, gest. 1253)
„Verflucht sei aller Gehorsam in den Abgrund der Hölle, so der Oberkeit, Vater, Mutter, ja auch der Kirche gehorsam ist, so dass er Gott ungehorsam ist. Hier kenne ich weder Vater, Mutter, Freundschaft, Oberkeit oder christliche Kirche.“ (Martin Luther)
„Das Gesetz seines Gottes ist in seinem Herzen, seine Tritte sollen nicht gleiten.“ Ps. 37,31. Lege das Gesetz in das Herz, so steht es mit dem ganzen Menschen recht. Das ist der Ort, wo das Gesetz sein sollte, denn dann liegt es, wie die steinernen Tafeln in der Bundeslade, an dem ihm bestimmten Platze. Im Kopfe verwirrt es, auf dem Rücken belastet es, im Herzen hält es aufrecht. Was für ein köstliches Wort ist das hier gebrauchte, „das Gesetz seines Gottes!“ Wenn wir den Herrn als unsren eignen Gott kennen, so wird sein Gesetz zur Freiheit für uns. Gott mit uns im Bunde macht uns eifrig, seinem Willen zu gehorchen und in seinen Geboten zu wandeln. Ist die Vorschrift meines Vaters Vorschrift? Dann habe ich meine Freude daran. Uns wird hier verbürgt, dass der gehorsame Mann aufrecht gehalten werden soll bei jedem Schritte, den er macht. Er will das tun, was recht ist, und soll deshalb das tun, was weise ist. Heiliges Tun ist immer das klügste, obgleich es zuerst nicht so scheinen mag. Wir gehen auf der großen Hochstraße der Vorsehung und Gnade Gottes, wenn wir uns auf dem Wege seines Gesetzes halten.“ (Charles H. Spurgeon)
„Was ist denn die Garantie eines Menschen, der an Christus glaubt? Hier ist sie: Christus befiehlt ihm, es zu tun! Das ist seine Garantie. Christi Wort ist die Garantie für den Sünder, der an Christus glaubt – weder was er fühlt, noch was er ist, sondern dass Christus ihm befohlen hat, es zu tun. Das Evangelium lautet: „Glaube an den Herrn Jesus und du wirst errettet werden“ (Apostelgeschichte 16,31) und: „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet“ (Johannes 3,18). Der Glaube an Christus ist also gleichzeitig Auftrag und Vorrecht. Und es ist wirklich eine Gnade, dass er Pflicht ist, denn so kann die Frage nie aufkommen, ob ein Mensch das Recht hat, seine Pflicht zu tun. Auf dieser Basis, dass Gott mir befiehlt zu glauben, habe ich das Recht zu glauben, egal wer ich bin. Das Evangelium gilt allen, und zu allen gehöre auch ich. Das Evangelium befiehlt mir zu glauben, und das tue ich. Es kann kein Fehler gewesen sein, es zu tun, denn ich habe den Befehl bekommen, so zu handeln. Ich kann nichts falsch machen, wenn ich einem Befehl Gottes gehorche. Es ist also ein Gebot Gottes für alle Menschen, an Jesus Christus zu glauben, den Gott gesandt hat. Dies ist deine Garantie als Sünder und eine gesegnete Garantie dazu, denn die Hölle kann sie nicht anfechten und der Himmel nicht zurücknehmen. Du brauchst nicht in dich hineinzuschauen, auf die vernebelten Garantien deiner Erfahrung, du brauchst nicht auf deine Werke zu schauen oder auf ein Gefühl, um einige trübe und unzulängliche Garantien für dein Vertrauen auf Christus zu bekommen. Du kannst an Christus selbst glauben, weil er es dir sagt. Das ist sicherer Boden, auf dem man stehen kann und gleichzeitig einer, der keinen Zweifel zulässt.“ (Ch. H. Spurgeon)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Niemand kann sich sicher auf dem Markt sehen lassen, der nicht gern ungesehen daheim bleibt. Niemand kann sicher den Mund zum Reden auftun als der, der ihn gern wieder schließt und geschlossen hält. Niemand kann sicher obenan stehen als der, der gern untenan steht. Niemand kann sicher befehlen als der, der gelernt hat – gehorsam zu sein. Thomas von Kempen
Ach, des Geistes wurde ich oft müde, als ich auch das Gesindel geistreich fand! Friedrich Nietzsche
Begeisterung ohne Wissen ist wie Rennen in der Dunkelheit. Aus den USA
Dächte man sich ein Haus, bestehend aus Keller, Erdgeschoß und Obergeschoß, derart bewohnt, derart eingerichtet, dass da zwischen den Bewohnern jedes Stockwerks ein Standesunterschied wäre oder doch auf ihn gerechnet wäre – und vergliche man das ein Mensch Sein mit solch einem Hause: so tritt bei den meisten Menschen leider der traurige und lächerliche Fall ein, dass sie es vorziehen, in ihrem eigenen Hause im Keller zu wohnen. Ein jeder Mensch ist die leibseelische Synthesis, die aufs Geistsein angelegt ist, dies ist das Bauwerk; aber er zieht es vor, im Keller zu wohnen, das heißt, in den Bestimmungen des Sinnlichen. Und er zieht es nicht bloß vor, im Keller zu wohnen, nein, er liebt es dermaßen, dass er erbittert wird, wenn etwa jemand ihm vorschlüge, den ersten Stock zu beziehen, welcher leer steht zu seiner Verfügung – denn er wohnt ja in seinem eigenen Hause. Sören Kierkegaard
Das Gedächtnis ist die Sparbüchse des Geistes. Aus den „Fliegenden Blättern“
Das Ungute an der modernen Vorstellung vom geistigen Fortschritt besteht darin, dass dieser durchweg mit dem Sprengen von Fesseln, dem Beseitigen von Schranken, dem Abschaffen von Dogmen assoziiert wird. Wenn irgend es aber geistige Entwicklung geben soll, dann muss sie Entwicklung zu immer mehr festen Überzeugungen, zu immer mehr Dogmen meinen. Das menschliche Gehirn ist eine Maschine, die den Zweck hat, Schlüsse zu ziehen; kann sie das nicht, ist sie eingerostet. Wenn wir gesagt bekommen, ein Mensch sei zu klug, um glauben zu können, dann ist das fast ein Widerspruch in sich. Genauso gut ließe sich von einem Nagel sagen, er sei zu gut, um den Teppich festzuhalten, oder von einem Riegel, er sei zu stark, um die Tür zu verschließen. G. K. Chesterton
Dein Körper ist so reizend, dein Geist so hässlich! Schade!
Du bist ein schöner Apfel, dein Geist ist seine Made. Ephraim Moses Kuh
Die leibliche Speise, die wir zu uns nehmen, die wird in uns verwandelt; die geistige Speise aber, die wir aufnehmen, die verwandelt uns in sich. Meister Eckhart
Die Richtung unserer Geistes ist wichtiger als sein Fortschritt. Joseph Joubert
Ein Säugling ist der Geist, Natur ist seine Amme. Sie nährt ihn, bis er fühlt, dass er von ihr nicht stamme. Friedrich Rückert
Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben, und keins zu haben. Er wird sich also wohl entschließen müssen, beides zu verbinden. Athenäum-Fragmente
Es ist kein großer Vorteil, einen lebhaften Geist zu haben, wenn er nicht auch richtig ist: Die Vollkommenheit einer Uhr beruht nicht auf ihrem raschen, sondern auf ihrem richtigen Gang. Luc de Clapier Vauvenargues
Geistlose Lustigkeit – Fratze der Heiterkeit. Marie von Ebner-Eschenbach
Gott ist ein stiller Geist, der überall zugegen;
Drum, wer ihm nahen will, darf sich nicht viel bewegen;
Verlier, was bildlich ist, und brauch nicht viel Gewalt,
Kehr sanft in stillem Geist: Ich weiß, du findst ihn bald. Gerhard Tersteegen
Gottes Wort, das geschriebene wie das verkündete, ist mit einem Spiegel zu vergleichen. In geistlicher Hinsicht ist das Auge deiner Seele die Vernunft; das Gewissen ist deine geistige Sehkraft. Und so wie du weißt, dass wenn sich ein Schmutzfleck auf deinem Gesicht befindet, das Auge den Fleck nicht sehen kann und ohne einen Spiegel oder den Hinweis von einer anderen Person nicht weiß, wo er ist, genau so verhält es sich auch in geistiger Hinsicht. Ohne die Lektüre oder die Verkündigung von Gottes Wort ist es nach menschlichem Ermessen unmöglich, dass die durch ihre gewohnheitsmäßige Sünde geblendete Seele den Schmutzfleck in ihrem Gewissen erkennen kann. Und wenn jemand danach in einen wirklichen oder übertragenen Spiegel blickt oder durch den Hinweis von anderen weiß, wo sich der Schmutzfleck an seinem Gesicht befindet (im konkreten wie im übertragenen Sinn), dann erst und nicht früher läuft er zum Brunnen, um sich zu waschen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Keiner kann über sich sehen. Hiermit will ich sagen: jeder sieht am andern nur so viel, als er selbst auch ist: denn er kann ihn nur nach Maßgabe seiner eigenen Intelligenz fassen und verstehen. Ist nun diese von der niedrigsten Art, so werden alle Geistesgaben, auch die größten, ihre Wirkung auf ihn verfehlen und er an dem Besitzer derselben nichts wahrnehmen, als bloß das Niedrigste in dessen Individualität, also nur dessen sämtliche Schwächen, Temperaments- und Charakterfehler. Daraus wird er für ihn zusammengesetzt sein. Die höheren geistigen Fähigkeiten desselben sind für ihn so wenig vorhanden, wie die Farbe für den Blinden. Denn alle Geister sind dem unsichtbar, der keinen hat… Arthur Schopenhauer
Lasset die Geister aufeinander prallen, aber die Fäuste haltet still! Martin Luther
Ohne Begeisterung ist noch nie etwas Großes geschaffen worden. Ralph W. Emerson
Unglückliches Geschick der Menschen! Kaum ist der Geist zu seiner Reife gelangt, beginnt der Körper zu welken. Charles Baron de Montesquieu
Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich Gottes bewusst, ihn denkt und empfindet, und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen. Johann Georg Hamann
Unser Glaube hängt mehr von unserem Charakter als von unserer Einsicht ab. Nicht alle, die sich über die Auguren lustig machen, haben mehr Geist als die, die an sie glauben. Luc de Clapier Vauvenargues
Vielleicht ist die Kunst, die mit Geistesstärke Wunder tun will, wie sie nur, zu seinem Zwecke, der alte Meister vermag, am Ende die beschämteste unter allen menschlichen Künsten. Vielleicht war solche Überhebung gar nicht Kunst. Karl Kraus
Der Übel größtes ist der Zwang, an die äußern Dinge des Lebens, die der inneren Kraft dienen sollen, eben diese zu verplempern. Karl Kraus
Was für Mühe muss es Gott und seinem Geist geben, um den Schutt bloß aus dem Wege zu räumen, worunter der Satan unsre Seelen vergräbt, wenn wir mit ihm an selbigen zu bauen gedenken. Johann Georg Hamann
Wie sich körperlich viele für krank halten, ohne es zu sein, so halten umgekehrt geistig sich viele für gesund, die es nicht sind. G. Chr. Lichtenberg
Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Und die Wahrheit macht uns frei. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch. Johann Georg Hamann
Wo der Glaube rechtschaffen ist, da muss er den Leib angreifen und im Zaume halten, dass er nicht tue, was ihn gelüstet (…). Doch darf man auch den Leib nicht schwächen und verderben (…). Gut ists, dass man faste. Das aber heißt recht fasten, dass man dem Leibe nicht mehr Speise gibt als nötig ist, die Gesundheit zu erhalten, und man lasse ihn arbeiten und wachen, dass der alte Esel nicht zu mutwillig werde und aufs Eis tanzen gehe und breche ein Bein, sondern gehe im Zaume und folge dem Geist. Martin Luther
1.
Beton oder Stahl sind „an sich“ weder gut noch schlecht. Es kommt darauf an, was der Geist des Architekten daraus macht. Und dasselbe gilt vom „Rohmaterial“ unseres Lebens, das aus Gesundheit, Intelligenz, Kraft oder Schönheit besteht. Nichts von alledem ist „an sich“ schon gut oder schlecht. Denn erst der Geist gibt den Dingen Form, Sinn und Ziel. Erst der Geist, der uns treibt, lässt unsere Potentiale zum Segen oder zum Fluch ausschlagen. Darum ist die zentrale Frage nicht, über welches „Rohmaterial“ ich verfüge, sondern welchem Geist es dienstbar wird.
2.
Person und Werk des Heiligen Geistes sind in besonderem Maße „unanschaulich“. Doch würde Gott nicht als Heiliger Geist an uns und in uns wirken, könnte niemand erlöst werden: Der Geist sorgt dafür, dass das äußere Wort der Bibel uns innerlich so betrifft, erleuchtet und erneuert, dass wir Gott in Christus erkennen, durch den Glauben das Heil ergreifen und uns dann auf den Weg machen, (unserer Lebensführung nach) so „gerecht“ zu werden, wie wir es (nach Gottes barmherzigem Urteil) schon sind.
3.
Was der Heilige Geist im Menschen bewirkt, ist verwirrend vielfältig – es geht aber alles auf einen großen Perspektivwechsel zurück: Das organisierende Zentrum des normalen Menschen liegt in seinem Bedürfnis, sich wunschgemäß in der Welt einzurichten. Das organisierende Zentrum des Christen liegt hingegen jenseits der eigenen Person in Gott. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes will er Gott-gemäß in der Welt sein. Und das verändert all sein Wahrnehmen, Bewerten und Handeln. Statt „autonom“ von und für sich selbst zu leben, möchte er „theonom“ von Gott und auf Gott hin leben. Durch Gottes Geist findet er seine Mitte – findet sie aber nicht in sich selbst, sondern in Gott.
Lebendig tot. So nenn ich den falschen Christen. Den trifft‘s, was der Geist dem Bischof zu Sardes schreiben lässt: Du hast den Namen, dass du lebst, und bist doch tot Offenb. 3,1. Soll ich‘s beweisen? Höre. Was lebt, sucht seine Erhaltung. Die Pflanze saugt ihren Saft aus der Erde; der Mensch, sobald er geboren, eilt zu den Mütterbrüsten. Durch den Glauben lebst du geistlich. Des Glaubens Nahrung ist das Wort Gottes. Lebst du im Geist, so wirst du begierig sein nach der vernünftigen lautern Milch, als die jetzt gebornen Kindlein, 1 Petri 2,2., auf dass du durch selbige zunehmest; die Sorge, Mühe und Angst, mit welcher du der Eitelkeit also nachhängst, dass dir das Wort Gottes darüber leid wird, weist sattsam, dass du mit Christo zum neuen Leben noch nicht auferstanden bist. Was lebt, empfindet das, was ihm zuwider ist. Je lebhafter ein Mensch ist, je schmerzlicher empfindet er die Krankheit. Ein totes Aas wird‘s nicht fühlen, ob du ihm gleich viel Zentner auf seinen Rücken ladest. Lebst du geistlich, so wirst du deine Sünde fühlen, du wirst unter der Last mit David seufzen: Meine Sünden gehn über mein Haupt, wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden. Ich höre dich nie über Sünde klagen, als wenn du in der Heuchelbeichte sprichst: Ich bin ein armer Sünder. Wie kann ich denn glauben, dass du geistlich lebst? Was lebt, widersteht seinem Feind. Ein Wurm windet sich, wenn man ihn zertreten will. Welch ein Kampf erhebt sich in uns zwischen den natürlichen Kräften und der Krankheit, wenn‘s zum Tod geht! Lebst du geistlich, so wirst du empfinden, dass in dir der Geist wider das Fleisch streitet, als auch Paulus sagt: Den Geist gelüstet wider das Fleisch, und das Fleisch wider den Geist Gal. 5,17. Geschieht‘s, dass sich in dir Versuchungen zur Sünde aufwerfen und du stellst dich nicht zur Gegenwehr, sondern übergibst dem Fleisch die Herrschaft, so ist kein geistlich Leben in dir. Was lebt, siegt wider den Feind, wenn es ihm an Stärke überlegen. Der Geist muss ja stärker bei dir sein als das Fleisch. Denn das Fleisch wird genannt ein alter, der Geist ein neuer Mensch; junge lebhafte Leute, können alte abgelebte überwältigen. Nicht genug ist es, dass du streitest wider dein Fleisch, du musst auch siegen und durch den Geist des Fleisches Geschäfte töten. Was von Gott geboren ist, überwindet die Welt 1 Joh. 5,4. Du siegst nicht, sondern lässt dein Fleisch siegen, und tust, was dir gelüstet, bist schon übermannt und hast das Leben des Geistes nicht bei dir. Was lebt, das regt und bewegt sich. Ein totes Bild steht ohne Bewegung da. Aus dem Grund ermahnt Petrus: Macht keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist, zu ungefärbter Bruderliebe, und habt euch unter einander brünstig lieb aus reinem Herzen, als die da wiederum geboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibt 1 Petr. 1,22.23. Ich seh dich ohne Übung rechtschaffener Gottseligkeit, drum glaub ich nicht, dass das Leben Gottes in dir sei, sondern halte dich für einen Bildchristen und toten Götzen. Was lebt, ist, wenn‘s zum Wachstum kommt, frucht- und zeugbar. Wie eine Flamme die andere, so erweckt ein Leben das andere. David verspricht im 51. Ps. V. 15: Ich will die Übertreter deine Wege lehren, dass sich die Sünder zu dir bekehren. Ich sehe nicht, dass du ein Licht im andern anzündest, so kann ich auch nicht glauben, dass in dir selbst ein Licht sei. Wer keinen Christen macht, ist nicht wert, dass er selbst ein Christ heißen soll. Was lebt, das ist warm. Tote Dinge sind an sich selbst kalt. Du brennst nicht, wenn dein Bruder wird geärgert, bist nicht brünstig im Geist, wenn du deinen Gottesdienst verrichtest, empfindest keinen Eifer, Gottes Ehre in allen Dingen zu befördern. Wie kann ich dich denn lebendig nennen, da ich dich tot finde? Was lebt, das wächst und nimmt zu. Tritt nicht der Mensch aus dem einen Alter ins andere? Wachsen nicht die Bäumlein immer fort, bis sie ihr Ziel im Wachstum erreichen? Du bleibst, wie du bist, nimmst mehr ab, als zu; ach, betrüge dich nicht mit dem Dünkel und Namen des Lebens; fürwahr, du bist lebendig tot! Gott mache dich durch Jesum lebendig! Amen.
(Heinrich Müller)
Als Christus sein Leben opferte, machte er allen weiteren Opfer- und Priesterdienst alttestamentlicher Art überflüssig. Indem er aber seine Jünger beauftragte, missionierend, taufend und lehrend sein Werk weiterzuführen, begründete er das kirchliche Amt. Grundsätzlich hat jeder Getaufte Anteil an diesem Amt und Auftrag. Um aber eine möglichst geordnete und qualifizierte Ausübung zu gewährleisten, überträgt die Kirche das geistliche Amt einzelnen, die dazu besonders geeignet und ausgebildet sind.
„Der Geizige ist der Ungerechteste. Warum? Weil er nichts mit in die Welt gebracht, und doch so besorgt um die irdischen Güter ist, als wollte er das Allermeiste mit sich aus der Welt nehmen. Der Geizige ist der Undankbarste. Warum? Weil er vieler Güter Gottes genießt, und niemals mit Vertrauen des Herzens zum Geber der Güter sich erhebt. Der Geizige ist der Törichste. Warum? Weil er das wahre Gut verlässt, ohne das es nichts wahrhaft gutes gibt, und dem anhanget, was ohne Gottes Gnade kein Gut ist. Wer von der Liebe zum Irdischen gefesselt wird, der besitzt nicht, sondern er wird besessen. Der Geiz wird weder durch Fülle, noch durch Mangel getilgt. Durch den Mangel wird er darum nicht gemindert, weil die Habgier wächst, wenn das nicht erlangt werden kann, was lange ersehnt ist. Durch die Fülle wird er darum nicht gemindert, weil der Geizige nur um so mehr sucht, je mehr er an sich bringt. Wenn erlangt wird, was von dem Geize ersehnt ward, so wird zugleich ein neuer Grund des Begehrens geweckt; und so wächst er nach Art des Feuers, wenn es das Holz, das es verzehrt, empfangen hat. Der Geiz ist zuerst ein kleiner Gießbach, hernach aber wächst er ins Unermessliche. Darum setze der Begierde nach Reichtum ein Ziel, damit nicht jene Begierde dich zum ewigen Verderben fortreiße. Viele verschlingen in diesem Leben, was sie nachher in der Hölle zu verdauen haben: viele, indem sie nach Gewinn schmachten, rennen in das augenscheinlichste Verderben. Das erwäge, andächtige Seele, so viel du vermagst, und fliehe den Geiz.“ (Johann Gerhard)
Dem Habsüchtigen mangelt das, was er nicht hat, und das, was er hat, weil er jenes zu haben begehrt und dieses zu verlieren fürchtet. Sein Glück ist sein Unglück.
(Hieronymus, gest. 420)
Gleichwie das Schwein nur erst nach der Schlachtung Nutzen bringt, so wird auch der Geizhals erst nach seinem Ableben den Mitmenschen nützlich durch seinen Nachlass.
(Bonaventura, gest. 1274)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Ein alter, reicher Geizkragen liegt im Sterben. Er diktiert einem Notar sein Testament: „Hunderttausend Gulden fürs Witwenheim, zweihunderttausend Gulden fürs Waisenhaus, fünfzigtausend Gulden fürs Tierheim ...“ Im Hintergrund hören zwei entfernte Verwandte die Verfügung des Sterbenden. Sagt der eine: „Schau, jetzt, das ans Sterben geht, wird der alte Geizkragen plötzlich großzügig.“ „Aber wieso denn? Verschenkt er denn sein Geld? Er verschenkt das seiner Erben!“
Der Gebende fühlt sich stets reich, der Geizige immer arm. Italienisches Sprichwort
Es gibt keinen größeren Verschwender als den Geizhals. Er vergeudet sein Leben auf die Erwerbung dessen, was er weder genießen kann noch will. József Baron von Eötvös
Geizhälse sind unangenehme Zeitgenossen, aber angenehme Vorfahren. Bertha von Suttner
Konfuzius sprach: „Der Edle hütet sich vor dreierlei: In der Jugend, wenn der Körper noch nicht entwickelt ist, hütet er sich vor sinnlichen Vergnügungen. Im Mannesalter, wenn er seine volle Kraft erreicht hat, hütet er sich vor Streitsucht. Im Greisenalter, wenn die Kräfte schwinden, hütet er sich vor Geiz.“ „Gespräche“ des Konfuzius
„Bitte den Herrn nur darum demütig, dass er dich nicht in geistlicher Dürre und Finsternis verderben lasse, und sei sonst nicht bekümmert, was sich dir in der Zukunft ereignen könne. Denn dein Vater wird für dich in allen Stücken sorgen; er wird dir zu seiner Zeit Not und Kämpfe senden, aber wenn es ihm gut dünkt, auch unerwarteten Trost. Er hat uns von Ewigkeit geliebt und bis hierher geholfen, wie sollte er jemals unserer vergessen, oder etwas geschehen lassen können, das nicht zu unserm Heile diente? So wollen wir ihm denn mit guter Zuversicht Glück und Unglück anheimstellen, und nur darum bitten, dass er uns vor Sünden bewahre.“
Johann (+ ca. 1440)
Lass gehen wie es geht. Es geht doch wie Gott will. Soll‘s gehen nach des Teufels und böser Menschen Willen, wer wollte leben? Aber Gott ist noch über Teufel und Menschen. Gewiss ist, dass es nicht so gehen muss, wie der Teufel will, sonst lägen alle Menschen schon im Abgrund der Hölle. Die Welt dräut wohl, es soll dir so und so gehen, aber vom Dräuen sterb ich nicht. Hie steh ich, Welt, vor deinen Augen, tritt zu, krümm mir ein Härlein, hast du das Herz. Der im Himmel wohnt, lacht dein. Es mag über und über gehen, es muss doch gehen wie Gott will. Warum klagst du denn mein Herz, und sprichst: ach es geht mir so übel. Kann‘s wohl übel gehen, wenn‘s geht wie Gott will? Er hat alles wohl gemacht. Sein Will ist ein guter Will Röm. 12,2. Du meinst zwar, Gottes Will sei ein böser, bitterer und greulicher Will, weil er das heißt nicht sein und töten, was dein Fleisch für das Höchste, Beste und Edelste hält. Aber ach nein. Die Erfahrung lehrt‘s, und das Ende beweist es, dass alles gut gemeint sei. Tut‘s wehe, es ist doch wohl gemeint. Wie geht‘s, fragst du mich. Wie Gott will. Geht‘s denn nicht allezeit, wie es soll, so geht‘s mir doch immer wohl. Denen die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. Ich bin mit meinem Gott zufrieden. Ach, dass er auch nur mit mir zufrieden wäre!
(Heinrich Müller)
Lehre Gott nicht. Lehre dich nicht. Lass dich Gott. Behalt die drei Stücklein, sie bringen großen Nutzen. Lehre Gott nicht, er ist zu alt dazu, dass er noch in die Schule gehen soll; er ist zu weise dazu, dass du sein Lehrmeister werdest. Sprich nicht, so und so; Gott lässt sich nicht vorschreiben. Ein erfahrener Steuermann lässt sich nicht meistern, ein alter kluger Soldat leidet nicht viel Einrede. Ich frag, verstehst du es besser als Gott? Sagst du ja, wer hat‘s dich gelehrt? Dein Nachbar. Wer hat‘s ihn gelehrt? Alle Weisheit kommt von Gott, so muss es ja Gott besser verstehen als du. Sprichst du, nein: was unterfängst du dich denn, den allweisen Gott zu meistern? Dein Rat, dein Verderben. Lehre dich nicht, was kannst du von dir selbst lernen, alles Böses, der du nur böse bist in all deinem Dichten und Trachten? (...) Lass dich Gott. Der ist der beste Lehrmeister. Er öffnet dir seine Schule im 32. Psalm: Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst. Ein Christ muss sich nach dem Willen Gottes mit Verleugnung seines Willens lassen, nicht auf dem breiten Weltweg nach eignem Willen wandeln, sondern auf dem Wege, den er mich führt; gewiss geht‘s in den Himmel hinein, ob vielleicht durch manche Hölle. Was nützt es dem Diebe, dass man ihn durch einen grünen lustigen Weg führt, so es doch endlich zum Galgen geht? Und was schadet‘s mir, dass Gott mit mir durch manches Kreuz hindurch setzt, so ich nur endlich den Himmel erblicke? Ich will mich Gott lassen, er mach‘s mit mir, wie es ihm gefällt, hat er’s doch nimmer bös mit mir gemacht.
(Heinrich Müller)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Die Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins. Marie von Ebner-Eschenbach
Einmal kam ein Mensch zu mir - es ist noch nicht lange her - und sagte, er hätte großen Besitz weggegeben, an Land und Gütern, zu dem Zweck, dass er seine Seele rettete. Da dachte ich: Ach, wie wenig und Unbedeutendes hast du doch losgelassen! Es ist eine Blindheit und eine Torheit, solange du noch auf das schaust, was du gelassen hast. Hast du dich selbst gelassen, dann hast du wirklich losgelassen. Wer die Gerechtigkeit liebt, dessen nimmt sich die Gerechtigkeit an und er wird ergriffen von der Gerechtigkeit, und er ist die Gerechtigkeit. Meister Eckhart
Nimm dich selbst wahr. Und wo du dich findest, da lass dich, das ist das Allerbeste. Du musst wissen, dass sich noch nie ein Mensch in diesem Leben so weitgehend gelassen hat, dass er nicht gefunden hätte, er müsse sich noch mehr lassen. Soweit du ausgehst aus allen Dingen, so weit geht Gott ein mit all dem Seinen. Da findest du wahren Frieden und nirgends sonst. Meister Eckhart
Geld ist ein vielseitig nutzbares Potential, das zu vielen guten Dingen dienen kann. Doch wo man es zu wichtig nimmt, hat das böse Folgen: Es schadet der Gottesbeziehung, wenn jemand Gottes Gaben mehr liebt als den Geber. Und so sendet Jesus seine Jünger bewusst „arm“ in die Welt. Er meint, dass sie kein Geld brauchen, um für ihren Auftrag gerüstet zu sein. Denn geistliche Ziele erreicht man mit geistlichen Mitteln. Und finanzielle Ziele sind im Auftrag der Jünger nicht enthalten. So darf Kirche durchaus wirtschaften, um Gottes Güter Gottes Zwecken dienstbar zu machen. Sie darf aber nicht meinen, sie könnte ohne Geld nicht existieren. Denn Kirche lebt von ihrer Botschaft – und könnte ansonsten auch „besitzlos“ sein.
„Das Geld aber befriedigt den Hunger des Geistes so wenig wie der Wind den Hunger des Leibes. Würdest du einen hungrigen Menschen sehen, der mit aufgerissenem Mund und weiten Backen nach Luft schnappt, um auf diese Weise seinen Hunger zu stillen, so würdest du ihn doch sicher für verrückt halten? Aber ist es nicht mindestens genauso verrückt, wenn du glaubst, du könntest deinen vernünftigen Geist mit irgendwelchen materiellen Dingen nicht nur aufblähen, sondern tatsächlich sättigen? Denn was haben die leibhaftigen Dinge mit dem Geist zu tun? Weder kann unser Leib mit geistlichen Dingen gesättigt werden noch kann unser Geist mit leiblichen Dingen gesättigt werden. Deshalb „preise, meine Seele, den Herrn, der mit Gütern dein Verlangen erfüllt“ (Ps 103,1 u. 5); er erfüllt es mit Gütern, er ermutigt es zum Guten, er hält es im Guten; er kommt zuvor, er hält aufrecht, er erfüllt. Er bewirkt dein Verlangen; er selbst ist, was du verlangst.“
(Bernhard von Clairvaux)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Alle Menschen in der Welt
streben nur nach Gut und Geld,
und wenn sie es dann erwerben,
legen sie sich hin und sterben. Verfasser unbekannt
Aus einem leeren Beutel Geld zählen, aus den Wolken Brot backen - das ist unseres Herrgotts Kunst allein. Er tut's täglich und macht aus nichts alles. Martin Luther
Dass die Wünsche der Menschen hauptsächlich auf Geld gerichtet sind und sie dieses über alles lieben, wird ihnen oft zum Vorwurf gemacht. Jedoch ist es natürlich, wohl gar unvermeidlich, das zu lieben, was, als ein unermüdlicher Proteus, jeden Augenblick bereit ist, sich in den jedesmaligen Gegenstand unsrer so wandelbaren Wünsche und mannigfaltigen Bedürfnisse zu verwandeln. Jedes andere Gut nämlich kann nur einem Wunsch, einem Bedürfnis genügen: Speisen sind bloß gut für den Hungrigen, Wein für den Gesunden, Arznei für den Kranken, ein Pelz für den Winter, Weiber für die Jugend usf. Sie sind folglich alle nur relativ gut. Geld allein ist das absolut Gute: weil es nicht bloß einem Bedürfnis in concreto begegnet, sondern dem Bedürfnis überhaupt in abstracto. Arthur Schopenhauer
Der französische Schriftsteller Honore de Balzac wurde eines Nachts durch einen Einbrecher geweckt, der sich bemühte, seinen Schreibtisch zu öffnen und lachte laut auf. Der Einbrecher fragte erschrocken: „Warum lachen Sie?“ Balzac antwortete: „Weil Sie bei Nacht, mit falschem Schlüssel und unter Gefahr dort Geld suchen, wo ich bei Tag mit dem richtigen Schlüssel und ganz gefahrlos keines finde!“
Durch nichts in der Welt ist so viel Unsinn verhindert worden wie durch fehlendes Geld. Charles Maurice de Talleyrand
Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit viel Geld. Aristoteles
Freunde in der Not wären selten? Im Gegenteil! Kaum hat man mit einem Freundschaft gemacht, so ist er auch schon in der Not und will Geld geliehen haben. Arthur Schopenhauer
Geld kostet oft zu viel. Ralph Waldo Emerson
Mit dem Leben ist's wie mit dem Gelde: man muss beides ausgeben, um etwas davon zu haben. Emil Gött
Politik ist die Kunst, von den Reichen das Geld und von den Armen die Stimmen zu erhalten, beides unter dem Vorwand, die einen vor den anderen schützen zu wollen. Unbekannt
Versuchungen bekämpft man am besten durch Geldmangel oder Rheumatismus. Joachim Ringelnatz
Vom Gelde ist zu sagen, was von Caligula gesagt wurde: Es hätte nie einen so guten Sklaven und nie einen so bösen Herrn gegeben wie ihn. Michel de Montaigne
Es gibt Leute, die zahlen für Geld jeden Preis. Arthur Schopenhauer
Was der Mensch liebt, das ist sein Gott. Er trägt es in seinem Herzen. Er bewegt es Tag und Nacht in sich. Es sei, was es sei: Reichtum oder Geld, Vergnügen oder Ehre. Martin Luther
Wenn du den Wert des Geldes kennenlernen willst, versuche, dir welches zu borgen! Benjamin Franklin
Wenn ein Mensch behauptet, mit Geld lasse sich alles erreichen, darf man sicher sein, dass er nie welches gehabt hat. Aristoteles
Wer der Meinung ist, dass für Geld alles haben kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit ist. Benjamin Franklin
Den wirklich gelehrten Menschen geht es wie den Kornhalmen auf dem Felde: Sie wachsen frisch auf und richten den Kopf gerade und stolz in die Luft, solange die Ähren noch leer sind. Sobald sie angeschwollen, voll Korn sind und reif werden, senken sie demütig die Häupter. Michel de Montaigne
Was nützt es dir, über die Dreieinigkeit hochgelehrt streiten zu können, wenn du die Demut nicht hast, ohne die du der Dreieinigkeit nur missfällst? Thomas von Kempen
Der allmächtige Gott wirkt in den Herzen der Menschen das, was er in verschiedenen Ländern tut. Der Herr hätte jeder Gegend alle Früchte geben können; wenn aber nicht jede Gegend die Früchte der anderen bedürfte, so würde sie mit den anderen keine Verbindung und Gemeinschaft haben. Darum verleiht Gott dieser einen Überfluss an Wein, jener einen Überfluss an Öl, der einen gibt er Reichtum an Vieh, der anderen an Getreide. Indem nun die eine Gegend herbeischafft, was die andere nicht hervorbringt, so vereinigen sich auf solche Weise die verschiedenen Landschaften miteinander durch gegenseitige Mitteilung der Gaben Gottes. Was in dieser Beziehung die Landschaften der Erde, das sind die Herzen der Heiligen; denn da diese sich gegenseitig erteilen, was sie empfangen haben, so ergänzt der Überfluss der einen den Mangel der anderen, damit sie ein dem Herrn wohlgefälliges Ganze darstellen und in einer Liebe verbunden sind.
(Gregorius)
„Der Leib Christi ist seine Gemeinde. Jesus Christus ist er selbst und seine Gemeinde zugleich (1. Kor. 12,12). Jesus Christus lebt seit Pfingsten auf Erden in der Gestalt seines Leibes, der Gemeinde. Hier ist sein Leib, der gekreuzigte und auferstandene, hier ist die angenommene Menschheit. Getauftwerden heißt daher Glied der Gemeinde werden, Glied am Leibe Christi (Gal. 3,28; 1. Kor. 12,13). In Christus sein heißt darum in der Gemeinde sein. Sind wir aber in der Gemeinde, so sind wir auch wahrhaftig und leibhaftig in Jesus Christus. Nun wird der Begriff des Leibes Christi in seiner ganzen Fülle offenbar. Der Raum Jesu Christi in der Welt nach seinem Hingang wird durch seinen Leib, die Kirche, eingenommen. Die Kirche ist der gegenwärtige Christus selbst.“ (Dietrich Bonhoeffer)
„Der gekreuzigte und auferstandene Christus existiert durch den heiligen Geist als Gemeinde, als der „neue Mensch“, so wahr er der Menschgewordene ist und in Ewigkeit bleibt, so wahr sein Leib die neue Menschheit ist. Wie in ihm die Fülle der Gottheit leibhaftig geworden ist und Wohnung genommen hat, so sind die Seinen erfüllt von Christus (Kol. 2,9; Eph. 3,19). Ja, sie selbst sind diese göttliche Fülle, indem sie sein Leib sind und indem doch er allein es ist, der alles in allem erfüllt.“ (Dietrich Bonhoeffer)
„Die Kirche Christi ist der gegenwärtige Christus im Heiligen Geist. So ist das Leben des Leibes Christi unser Leben geworden. In Christus leben wir nicht mehr unser Leben, sondern Christus lebt sein Leben in uns. Das Leben der Gläubigen in der Gemeinde ist in Wahrheit das Leben Jesu Christi in ihnen (Gal. 2,20; R. 8,10; 2. Kor. 13,5; 1. Joh 4,15).“ (Dietrich Bonhoeffer)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Die Gemeinde auf den Knien würde den Himmel auf die Erde bringen. E. M. Bounds
Im Neuen Testament ist „Erbauung“ der kritische Maßstab für das, was der Christenheit nützt oder nicht nützt. Denn vieles ist möglich. Aber nur das, was Menschen zu Christus in Beziehung bringt und in Christus „eingründet“, bringt seine Gemeinde wirklich voran. H. Cremer sagt daher: „Erbauung ist die Befestigung und Förderung im Heilsbesitze, damit aus dem Menschen das werde, was er sein soll“ – nämlich ein Glied des Leibes Christi. Andere kirchliche Aktivitäten mögen noch so „gut ankommen“ – wenn sie weder aus der Glaubensbeziehung erwachsen noch auf sie hinführen, sind sie unnütz.
1.
Christ-Sein funktioniert nicht ohne Gemeinde, weil sich ein Christ das befreiende Wort, von dem sein Glaube lebt, nicht selber sagen kann. Keiner kann sich selbst taufen, segnen, mahnen, trösten, sich selbst vergeben oder sich das Abendmahl reichen. Darum braucht jeder Christ die Glaubensgeschwister als Träger und Verkünder des göttlichen Heilswortes. Christliche Gemeinschaft verdankt sich diesem Wort, das Wort aber verdankt sich nicht der Gemeinschaft, sondern dem, der’s geredet hat. Wo diese Glaubensgemeinschaft aber fehlt, lässt sie sich durch nichts ersetzen.
2.
Das Abendmahl ist (1.) ein Mahl der Erinnerung und des Gedächtnisses, denn es bezieht uns ein in die Tischgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern. Es ist (2.) ein Mahl der Vergebung und Versöhnung, denn in und mit Brot und Wein schenkt uns Christus den Ertrag seines Kreuzestodes: Wer an seinem Tisch Gast sein darf, der ist versöhnt mit Gott. Das Abendmahl ist (3.) ein Mahl der Gemeinschaft mit den Geschwistern, die neben uns am Altar stehen. Und es ist (4.) ein Mahl der Hoffnung und Stärkung, weil es das künftige Freudenmahl im Reich Gottes vorwegnimmt.
3.
Die Christenheit ist Gottes „geistliches Haus“, erbaut aus „lebendigen Steinen“. Und der einzelne Christ, der sich selbst als einen Stein zum großen Dom beiträgt, gewinnt dadurch Anteil an dem, was den Dom von einem Steinhaufen qualitativ unterscheidet. Es adelt die Steine, dass der Dom ihrer bedarf, um zu sein! So wie sie das Haus Gottes bilden, ohne deswegen selbst Gott zu sein (so wie sie das Heilige umhüllen, ohne sich selbst mit dem Heiligen zu verwechseln), so dürfen Christen in der gemeinsamen Ausrichtung auf Gott bei ihm, in ihm und um ihn sein.
Man kann einer Kirche angehören, ohne in Wahrheit ein Christ zu sein. Und viele folgern im Umkehrschluss, man könne auch Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören. Doch dieser Umkehrschluss ist falsch. Wer ernsthaft Christ sein will, kann die Gemeinschaft nicht ignorieren, zu der Christus seine Jünger verband. Christus macht die Seinen nicht zu Einzelkämpfern, sondern zu Gliedern seines Leibes. In der Trennung von den übrigen Gliedern erleiden sie darum dasselbe Schicksal, das ein Arm oder ein Bein erleidet, wenn es sich vom übrigen Organismus trennt.
5.
Es ist die Bestimmung des Menschen, mit Gott in Gemeinschaft zu stehen. Doch von eben dieser Gemeinschaft schließt ihn seine Sünde aus. Und neue Gemeinschaft erlangt er nur durch die Teilhabe an Christus im Glauben. Christus integriert die Verlorenen in den Leib Christi, den wir „Kirche“ nennen. Und da die ursprüngliche Gemeinschaft mit Gott an übergriffigem Verhalten zerbrach, lebt die neue nun von tiefem Respekt. Wir sind mit Gott genau darin einig, dass wir unterschieden bleiben – nur so werden wir ihm gerecht und wahren die Gemeinschaft, in der unsere Bestimmung liegt. „Kirche“ ist die Gemeinschaft derer, die mit Gott auf eben diese Weise Gemeinschaft haben.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Es ist die Grundlage, auf der Christen miteinander reden können, dass einer den Andern als Sünder weiß, der in aller seiner Menschenehre verlassen und verloren ist, wenn ihm nicht geholfen wird. Das bedeutet keine Verächtlichmachung, keine Verunehrung des Andern; vielmehr wird hier dem Andern die einzige wirkliche Ehre erwiesen, die der Mensch hat, dass er nämlich als Sünder an Gottes Gnade und Herrlichkeit teilhaben soll, dass er Gottes Kind ist. Diese Erkenntnis gibt dem brüderlichen Wort die nötige Freiheit und Offenheit. Wir reden einander auf die Hilfe an, die wir beide brauchen. Wir ermahnen einander zu dem Weg, den Christus uns gehen heißt. Wir warnen einander vor dem Ungehorsam, der unser Verderben ist. Wir sind sanft und wir sind hart gegeneinander, denn wir wissen von Gottes Güte und von Gottes Ernst.“ (Dietrich Bonhoeffer)
„Weil christliche Gemeinschaft allein auf Jesus Christus begründet ist, darum ist sie eine pneumatische und nicht ein psychische Wirklichkeit. Sie unterscheidet sich darin von allen andern Gemeinschaften schlechthin. Pneumatisch = „geistlich“ nennt die Heilige Schrift, was allein der Heilige Geist schafft, der uns Jesus Christus als Herrn und Heiland ins Herz gibt. Psychisch = „seelisch“ nennt die Schrift, was aus den natürlichen Trieben, Kräften und Anlagen der menschlichen Seele kommt. Der Grund aller pneumatischen Wirklichkeit ist das klare, offenbare Wort Gottes in Jesus Christus. Der Grund aller psychischen Wirklichkeit ist das dunkle, undurchsichtige Treiben und Verlangen der menschlichen Seele. Der Grund geistlicher Gemeinschaft ist die Wahrheit, der Grund seelischer Gemeinschaft ist das Begehren (…). Geistliche Gemeinschaft ist die Gemeinschaft der von Christus Berufenen, seelisch ist die Gemeinschaft der frommen Seelen. In der geistlichen Gemeinschaft lebt die helle Liebe des brüderlichen Dienstes, die Agape, in der seelischen Gemeinschaft glüht die dunkle Liebe des frommen-unfrommen Triebes, der Eros, dort ist geordneter, brüderlicher Dienst, hier das ungeordnete Verlangen nach Genuss, dort die demütige Unterwerfung unter den Bruder, hier die demütig-hochmütige Unterwerfung des Bruders unter das eigene Verlangen. In der geistlichen Gemeinschaft regiert allein das Wort Gottes, in der seelischen Gemeinschaft regiert neben dem Wort noch der mit besonderen Kräften, Erfahrungen, suggestiv-magischen Anlagen ausgestattete Mensch. Dort bindet allein Gottes Wort, hier binden außerdem noch Menschen an sich selbst. Dort ist alle Macht, Ehre und Herrschaft dem Heiligen Geist übergeben, hier werden Macht- und Einflusssphären persönlicher Art gesucht und gepflegt, gewiss, sofern es sich um fromme Menschen handelt, in der Absicht, dem Höchsten und Besten zu dienen, aber in Wahrheit doch, um den Heiligen Geist zu entthronen, ihn in unwirkliche Ferne zu rücken. Wirklich bleibt eben hier nur das Seelische. So regiert dort der Geist, hier die Psychotechnik, die Methode, dort die naive, vorpsychologische, vormethodische, helfende Liebe zum Bruder, hier die psychologische Analyse und Konstruktion, dort der demütige, einfältige Dienst am Bruder, hier die erforschende, berechnende Behandlung des fremden Menschen.“ (Dietrich Bonhoeffer)
Der Mensch ist nicht geschaffen, um isoliert sich selbst zu genügen oder für sich selbst da zu sein, sondern soll – als Bindeglied zwischen seinen Eltern und seinen Kindern – an dem Schöpfungsprozess mitwirken, dem er sich selbst verdankt. Man empfängt sein Leben nicht, um es zu konservieren, sondern um es weiterzugeben: es ist ein Wanderpokal! Darum hat jede Generation der vorangehenden wie der nachfolgenden gegenüber eine gottgegebene Aufgabe. Und die lässt sich nur erfüllen, wenn Jung und Alt zusammenstehen und füreinander da sind.
Genie: ein Mann, der auf etwas schießt, was niemand sehen kann, und der es trifft. Unbekannt
Geniere dich vor dir selbst; das ist der Anfang aller Vorzüglichkeit. Marie von Ebner-Eschenbach
Das Kennzeichen „echten“ Glaubens ist es, dass seine Gottesbeziehung nicht „Mittel zum Zweck“, sondern „Selbstzweck“ ist. Denn wer wirklich Gott sucht, der sucht ihn um seiner selbst willen. Wo man dagegen die Beziehung zu Gott „nutzen“ will, um das eigene Lebensgefühl zu steigern oder die Welt besser zu genießen, da wird alles falsch: Denn Gott ist das Ziel. Das irdische Leben ist nur der Weg. Und diese beiden Dinge nicht zu verwechseln, das ist das Kennzeichen „echten“ Glaubens.
Genug: das, was uns zufriedenstellen würde, wenn nicht die Nachbarn mehr hätten. Unbekannt
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe. Rene Descartes
Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. Epikur
Wer nichts Gutes tut, tut schon Böses genug. Sprichwort
Zi-gong fragte: „Was ist davon zu halten, wenn ein Mensch überall beliebt ist?“ Konfuzius meinte: „Das ist noch nicht genug.“ „Und wenn einer bei allen verhasst ist?“ Darauf der Meister: „Auch das ist noch nicht genug. Besser ist es, wenn ein Mensch von den Guten geliebt und von den Bösen gehasst wird.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Nichts ist verwerflich, was wir mit Danksagung empfangen und mit Vernunft gebrauchen. Darum gib deinem Körper nicht weniger, als er braucht (1.), und gib ihm nicht mehr, als ihm auf Dauer gut tut (2.). Vergiss nicht, dem Schöpfer für seine Gaben zu danken (3.), und vergiss nicht, mit den Bedürftigen zu teilen (4.). Greife nicht nach verbotenen Früchten, die einem anderen gehören (5.), und werde von keinem Genuss so abhängig, dass er dich beherrscht (6.). Ansonsten aber: Gönne dir, was dir von Gott gegönnt ist, und kaue mit vollen Backen, damit dich die zeitliche Freude stärkt und erfrischt auf deinem Weg zu Gott (7.).
Wenn die einen genießen wollen, ohne zu arbeiten, so werden andere arbeiten müssen, ohne zu genießen. Immanuel Kant
Wir sind nicht auf dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsere Schuldigkeit zu tun. Otto von Bismarck
1.
Gott scheint Glück und Unglück wahllos unter den Menschen zu verteilen, so dass zwischen Gläubigen und Ungläubigen zunächst kein Unterschied zu erkennen ist. Doch vermag nur der Gläubige, sich „alle Dinge zum Besten dienen zu lassen“: Der Glaube versteht es, durch jedes Geschick Gott näher zu kommen, während der Unglaube von jedem Geschick unseligen Gebrauch macht. Darum ist keine Sache so gut oder so schlecht, dass sie dem Ungläubigen nicht schadete. Und keine ist so gut oder so schlecht, dass sie dem Gläubigen nicht nützen könnte.
2.
Gott, der Schöpfer, stiftet neben der naturgesetzlichen auch eine sittliche Weltordnung und beschreibt durch seine Gebote den lebensförderlichen Zustand, der nach seinem Willen sein soll. Wer diese gute Ordnung respektiert, den findet Gott „in Ordnung“. Doch wer sie stört, missachtet den, der sie erlassen hat, und gefährdet seine Mitmenschen, deren gedeihliches Leben davon abhängt, dass sich die gute Ordnung nicht auflöst. Dem Störer soll und muss vergolten werden, weil die Ordnung, in der sich ein Verstoß gegen die Ordnung lohnt, untergeht.
3.
Gottes Gericht besteht oft darin, dass er uns in unserem törichten und bösen Tun nicht aufhält, sondern (statt einzugreifen), uns einfach den Konsequenzen unseres Tuns überlässt. Denn meist gebärt die Sünde selbst das Übel, das sie verdient. Das ist hart, aber gerecht. Darum hadert der Glaube nicht mit Gott, sondern beugt sich seinem Gericht, zumal er ja weiß, wohin ihn Gottes raue Pädagogik führen soll: Er soll endlich bleiben lassen, was ihm und anderen zum Schaden gereicht, und soll lernen, zu wollen, was gewollt zu werden wert ist.
4.
Niemand hat „Verdienste“, die Gott zu seinem Schuldner machten. Wenn aber trotzdem der Eindruck entsteht, es gehe in der Welt nicht „gerecht“ zu, liegt‘s daran, dass wir nicht beachten, in welcher Währung Gott „vergilt“. Tatsächlich wird jeder von dem ergriffen, wonach er greift. Der Böse verschreibt sich dem Bösen und hat seine Seele verkauft. Der Gute hingegen wird von selbst ein Teil der guten Mächte, denen er folgt. Die Hinwendung zu Gott lohnt sich durch die Teilhabe an ihm. Die Hinwendung zu Satan ebenso. Und so gesehen ist die Welt erschreckend gerecht!
5.
Gottes Reich bleibt uns verschlossen, wenn wir aufgrund eigener Leistungen oder Qualitäten Einlass begehren, denn nichts von dem, was wir sind oder haben kann vor Gottes Augen bestehen. Doch wenn wir durch den Glauben Christus angehören, so legt Christus uns seine Gerechtigkeit wie einen Mantel um die Schultern, bedeckt damit unsere Schande, leiht uns seine Identität und rettet uns dadurch, denn dann hält uns Gott zu Gute, was (nicht wir, sondern) Christus für uns getan hat.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Die Gerechtigkeit ist jene Tugend, welche jedem gibt, was ihm gebührt. Was ist also das für eine Gerechtigkeit, wenn ein Mensch den Menschen Gott entzieht und dem Teufel übergibt? Heißt das jedem das Seinige geben? Wer eine Sache demjenigen nimmt, der sie gekauft hat, und sie dem gibt, der kein Recht darauf hat, ist ungerecht; wie, und wer sich selbst Gott seinem Herrn entzieht, der ihn gemacht hat, und sich dem Dienst des bösen Geistes hingibt, der sollte gerecht sein?
(Augustinus, gest. 430)
„Alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein unflätig Kleid Jes. 64,6. Wenn unsere Gerechtigkeit so ist, wie in aller Welt wird da unsere Ungerechtigkeit sein? Wenn ihr alles getan habt, spricht unser Heiland, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte Luk. 17,10. Wenn wir aber unnütze sind, selbst wenn wir gehorchen, so werden wir ja ganz gewiss abscheulich sein, wenn wir übertreten. Wenn ich mich selbst und all mein Vermögen, auch wenn ich nicht sündige, dir, heiliger Gott, schuldig bin, was werde ich da für meine Sünde als Lösung geben können? Selbst unsere Gerechtigkeit, oder was wir so dafür halten, ist im Vergleich zur göttlichen Gerechtigkeit eine volle Ungerechtigkeit. Im Finstern sieht man wohl eine Lampe leuchten; aber stellt man sie in die Strahlen der Sonne, da ist’s aus mit ihrem Leuchten; ein Holz hält man oft für gerade, wenn man das Richtscheit nicht anlegt, tut man das aber, so findet man, wie es hie oder da gekrümmt ist und anläuft; oft wohl wird es den Anschein haben für die Blicke der Betrachter, als sei das Bild irgend welcher Gestalt vollkommen dargestellt, und doch ist’s in den Augen des Künstlers im hohen Grade unvollkommen. So ist oft voller Flecken, wenn es der Richter zur Entscheidung vornimmt, was herrlich leuchtet, wenn es der wägt, der es getan hat. Denn die Gerichte Gottes sind anders als die der Menschen. Vieler Sünden bin ich mir mit Schrecken bewusst; aber die Zahl derer, die ich nicht einmal weiß, ist noch größer…“ (Johann Gerhard)
„Wie bist du gerecht vor Gott? Allein durch den wahren Glauben in Jesum Christum, dass, obwohl mich mein Gewissen anklagt, dass ich gegen alle Gebote Gottes schwer gesündigt und keines von ihnen je gehalten habe, ja, auch noch immer zu allem Bösen geneigt bin, doch Gott ohne all meine Verdienste mir aus lauter Gnade die vollkommene Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi schenkt und anrechnet, als hätte ich nie eine Sünde begangen oder gehabt und selbst all den Gehorsam vollbracht, den Christus für mich geleistet hat, wenn ich allein diese Gnade mit gläubigem Herzen annehme.“ (Heidelberger Katechismus)
„Die Gerechtigkeit Gottes ist die Eigenschaft, nach welcher Gott das von ihm vorgeschriebene Gute belohnt und das von ihm verbotene Böse bestraft.“ (Adolf Hoenecke)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Wenn nur jeder sicher hätte, was er verdiente, so würde alles allgemein gut genug gehen. Johann Gottfried Seume
Der Herr Jesus kam nicht in die Welt, um Güte und Gerechtigkeit unter den Menschen zu suchen, sondern um Güte und Gerechtigkeit zu bringen und sie solchen Menschen zu verleihen, die keine haben. C. H. Spurgeon
Die meisten Menschen lieben die Gerechtigkeit nur aus Angst, Ungerechtigkeit zu erleiden. Rochefoucauld
Fünf Vorsätze für jeden Tag. Ich will bei der Wahrheit bleiben. Ich will mich keiner Ungerechtigkeit beugen. Ich will frei sein von Furcht. Ich will keine Gewalt anwenden. Ich will in jedem zuerst das Gute sehen. Mahatma Ghandi
Gerechtigkeit entspringt dem Neide; denn ihr oberster Satz ist: Allen das Gleiche. Walther Rathenau
Ich glaube, dass die Selbstgerechtigkeit dein Verderben ist, und darum sage ich dir ganz offen und aufrichtig, dass du ebenso gut hoffen kannst, mit einem Luftballon in den Himmel zu fliegen, als durch deine guten Werke hineinzukommen. Ebenso gut könntest du in einem Sieb nach Ostindien fahren, als durch dein gutes Wesen in die Herrlichkeit zu gehen. Du könntest ebenso gut in Spinnweben deinem Fürsten dich vorstellen, als in deiner eigenen Gerechtigkeit dem König des Himmels. Fort mit deinen Lumpen, mit deinen zerfaulten, stinkenden Fetzen. Sie sind nur ein Mistbeet für das Unkraut des Unglaubens und Stolzes. Es ist in Gottes Augen nichts nütze. Warum willst du deinen Kopf so hoch tragen, dass man ihn abschneiden muss? C. H. Spurgeon
Jemand fragte den Meister: „Soll man mit Güte vergelten, wenn einem Unrecht geschieht?“ „Womit willst du dann Güte vergelten? Unrecht ist mit Gerechtigkeit, Güte mit Güte zu vergelten“, entgegnete der Meister. „Gespräche“ des Konfuzius
Strafe ist Gerechtigkeit für die Ungerechten. Augustin
Während der Rabbi Schalom Mardochaj eines Tages in seinem Hause saß und meditierte, war ein Pogrom losgebrochen: Die entfesselte Menge steckte die Synagoge in Brand. Er aber, Rabbi Schalom, so sagt man, blieb ruhig im Hause bei seinen Gedanken sitzen. „Denn“, so klärte der weise und sehr würdige Mann, „gibt es eine Gerechtigkeit Gottes, so werden die Verbrecher ihre Strafe finden, und die Synagoge wird neu erstehen. Gibt es aber keine Gerechtigkeit Gottes – wozu brauchen wir dann eine Synagoge?“
Wenn der Hass feige wird, geht er maskiert in Gesellschaft und nennt sich Gerechtigkeit. Arthur Schnitzler
Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Und die Wahrheit macht uns frei. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch. Johann Georg Hamann
[Der Schüler] Zi-lu sprach zu Konfuzius: „Wenn Euch der Herrscher des Staates Wei die Regierung anvertraute - was würdet Ihr zuerst tun?“ Der Meister antwortete: „Unbedingt die Namen richtigstellen.“ Darauf Zi-lu: „Damit würdet Ihr beginnen? Das ist doch abwegig. Warum eine solche Richtigstellung der Namen?“ Der Meister entgegnete: „Wie ungebildet du doch bist, Zi-lu! Der Edle ist vorsichtig und zurückhaltend, wenn es um Dinge geht, die er nicht kennt. Stimmen die Namen und Begriffe nicht, so ist die Sprache konfus. Ist die Sprache konfus, so entstehen Unordnung und Misserfolg. Gibt es Unordnung und Misserfolg, so geraten Anstand und gute Sitten in Verfall. Sind Anstand und gute Sitten in Frage gestellt, so gibt es keine gerechten Strafen mehr. Gibt es keine gerechten Strafen mehr, so weiß das Volk nicht, was es tun und was es lassen soll. Darum muss der Edle die Begriffe und Namen korrekt benutzen und auch richtig danach handeln können. Er geht mit seinen Worten niemals leichtfertig um.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Dies ist das gerechte Strafurteil Gottes, dass der Mensch, der einst Macht und Herrschaft über alle anderen Geschöpfe hatte, sich aber stattdessen freiwillig und in Missachtung des göttlichen Gebots dem Willen seiner Untergebenen unterwarf, nun, da er Gottes Gebot erfüllen will, erkennen und erfahren muss, wie alle Geschöpfe, die ihm eigentlich untertan sein sollten, sich hochmütig über ihn erheben und sich zwischen ihn und seinen Gott stellen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Ein Rabbi sagte: Der Töpfer prüft nicht gesprungene Krüge. Er kann nämlich kein einziges Mal schlagen, ohne sie zu zerbrechen. Was aber prüft er? Starke Krüge! Sogar, wenn er öfter schlägt, zerbricht er sie nicht. So der Heilige, gelobt sei er: Er versucht nicht die Frevler, sondern die Gerechten.
Es gibt nur zwei Arten von Menschen: Gerechte, die sich für Sünder halten; und die anderen Sünder, die sich für Gerechte halten. Blaise Pascal
Ich habe Angst um die menschliche Rasse, wenn ich daran denke, dass Gott gerecht ist. Thomas Jefferson
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe. Rene Descartes
Uns wird das ewige Leben verheißen - aber uns, den Toten. Man verkündigt uns selige Auferstehung - inzwischen sind wir von Verwesung umgeben. Gerechte werden wir genannt - und doch wohnt in uns die Sünde. Wir hören von unaussprechlicher Seligkeit - inzwischen aber werden wir hier von unendlichem Elend erdrückt. Überfluss an allen Gütern wird uns verheißen - reich sind wir aber nur an Hunger und Durst. Was würde aus uns, wenn wir uns nicht auf die Hoffnung stemmten, und unser Sinn auf dem durch Gottes Wort und Geist erleuchteten Wege mitten durch die Finsternis hindurch über diese Welt hinauseilte! Johannes Calvin
Der Gerechte gibt jedem das Seine. Aber wem gebührt was? Ist das am Gleichheitsgrundsatz zu bemessen, an der Leistung eines Menschen, an seinem Bemühen, an seinem tatsächlichen Bedarf, an vertraglichen Zusicherungen oder an „höherem“ Recht? In der gesellschaftlichen Praxis kommt man nicht umhin, verschiedene Maßstäbe zu kombinieren. Der einzelne Christ folgt aber zusätzlich der Weisung und dem Vorbild Christi. Seine Gerechtigkeit besteht vor allem darin, Gott und dem Nächsten zu geben, was ihnen an Glauben und Liebe zukommt.
1.
Gott ist zweifach „gerecht“. Nämlich (1.) in dem vergeltenden Sinne, dass er nach Verdiensten lohnt und straft. Und (2.) im Sinne Heil schaffender und Heil schenkender Gemeinschaftstreue. Diese letztere Gerechtigkeit Gottes, die Sündern um Christi willen Gerechtigkeit zuspricht, ist nicht hoch genug zu loben! Sie setzt aber Gottes vergeltende Gerechtigkeit nicht für alle Sünder außer Kraft, sondern nur für die, die glaubend der Gnade teilhaftig werden. Vergeltungs- und Gnadenordnung existieren also nicht nacheinander, sondern nebeneinander.
2.
Gott befindet sich der sündigen Menschheit gegenüber im Zwiespalt: Die Gerechtigkeit Gottes fordert, die Sünde durch Vernichtung der Sünder aus der Welt zu schaffen. Die Liebe Gottes aber bejaht auch die Geschöpfe, die sich vom Schöpfer abkehren. Durch das Leiden Christi wird Gott beidem gerecht und vereint Sühne mit Bewahrung: Gott selbst nimmt die Strafe auf sich, die wir verdient haben. Er stirbt unseren Tod, damit wir leben. Er lässt sich verwerfen, damit wir nicht verworfen würden.
1.
Gottes Gericht besteht oft darin, dass er uns in unserem törichten und bösen Tun nicht aufhält, sondern (statt einzugreifen), uns einfach den Konsequenzen unseres Tuns überlässt. Denn meist gebärt die Sünde selbst das Übel, das sie verdient. Das ist hart, aber gerecht. Darum hadert der Glaube nicht mit Gott, sondern beugt sich seinem Gericht, zumal er ja weiß, wohin ihn Gottes raue Pädagogik führen soll: Er soll endlich bleiben lassen, was ihm und anderen zum Schaden gereicht, und soll lernen, zu wollen, was gewollt zu werden wert ist.
2.
Gott verbündet sich nicht mit den Tätern, die es gerne sähen, wenn ihre Opfer vergessen würden. Sondern er sorgt dafür, dass die, die der irdischen Gerechtigkeit entgehen, spätestens im Jüngsten Gericht von der himmlischen Gerechtigkeit eingeholt werden. Er wird uns die Konfrontation mit unserer Schuld nicht ersparen. Und das ist gut so. Denn Vergebung ohne Reue und ohne Rehabilitation der Opfer wäre zynisch. Vergebung ohne Gericht beruhte bloß auf Verharmlosung der angerichteten Not.
3.
Jesus Christus wird am Jüngsten Tag unser Richter sein. Und damit ist das Amt auf die denkbar beste Weise besetzt. Denn wer könnte unser Dasein gerechter beurteilen als der, der Not und Versuchung mit uns teilte? Wer könnte ein kompetenterer Richter sein als der, der den Willen Gottes nicht nur verkündet, sondern auch vorgelebt und ohne Sünde erfüllt hat? Welcher Richter könnte uns lieber sein als der, der sich selbst opferte, um unseren Freispruch zu erwirken? Wenn er als Richter zugleich unser Verteidiger sein will, kann uns kein Ankläger verdammen!
4.
Jeremia
Lieder zum Thema: Gericht und Verdammnis
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Je mehr du weißt und je besser du’s einsiehst, desto strenger wirst du darüber gerichtet werden, wenn du nicht um so viel heiliger gelebt hast, als deine Einsicht besser war. Darum trag du den Kopf deshalb nicht höher, weil du irgendeine Kunst oder Wissenschaft besitzt. Eben dies, dass dir soviel Erkenntnis gegeben ist, soll dich mehr furchtsam als stolz machen. Denn sie ist’s eben, die dich verdammt, wenn du nicht heiliger lebst als andere, die deine Erkenntnis nicht haben. Thomas von Kempen
Das unzweideutigste Anzeichen von einer Geringschätzung der Menschen ist dies, dass man jedermann nur als Mittel zu seinem Zwecke oder gar nicht gelten lässt. Friedrich Nietzsche
„Singet dem Herrn ein neues Lied“ ruft uns der Psalter immer wieder zu. Es ist das an jedem Morgen neue Christuslied, das die Hausgemeinschaft in der Frühe anstimmt, das neue Lied, das von der ganzen Gemeinde Gottes auf Erden und im Himmel gesungen wird und das wir mitzusingen berufen sind. Ein einziges großes Loblied hat Gott sich in Ewigkeit bereitet, und wer zur Gemeinde Gottes hinzutritt, der stimmt in dieses Lied mit ein. Es ist das „Loblied und Jauchzen der Morgensterne und aller Kinder Gottes“ vor Erschaffung der Welt (Hiob 38,7). Es ist das Siegeslied der Kinder Israel nach dem Durchzug durch das Rote Meer, das Magnifikat der Maria nach der Verkündigung, das Loblied des Paulus und Silas in der Nacht des Gefängnisses, das Lied der Sänger am gläsernen Meer nach ihrer Errettung, das „Lied Moses und des Lammes“ (Offbg. 15,3), es ist das neue Lied der himmlischen Gemeinde. Am Morgen jedes Tages stimmt die Gemeinde auf Erden in dieses Lied ein und des Abends beschließt sie den Tag mit diesem Lied. Der dreieinige Gott und sein Werk ist es, was hier gepriesen wird. Anders klingt dieses Lied auf Erden und anders im Himmel. Auf Erden ist es das Lied der Glaubenden, im Himmel das Lied der Schauenden, auf Erden ist es ein Lied in armen Menschenworten, im Himmel sind es „unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann“ (2. Kor. 12,4) (…). Das neue Lied wird zuerst im Herzen gesungen. Anders kann es gar nicht gesungen werden. Das Herz singt, weil es von Christus erfüllt ist. Darum ist alles Singen in der Gemeinde ein geistliches Ding. Hingabe an das Wort, Einordnung in die Gemeinschaft, viel Demut und viel Zucht ist die Voraussetzung alles gemeinsamen Singens. Wo das Herz nicht mitsingt, dort gibt es nur das greuliche Durcheinander menschlichen Selbstruhms. Wo nicht dem Herrn gesungen wird, dort singt man sich selbst oder der Musik zu Ehren. So wird das neue Lied zum Götzenlied (…). Je mehr wir singen, desto größer wird unsere Freude daran, aber vor allem je gesammelter, je zuchtvoller, je freudiger wir singen, desto reicher wird der Segen sein, der vom gemeinsamen Singen auf das gesamte Leben der Gemeinschaft ausgeht. Es ist die Stimme der Kirche, die im gemeinsamen Singen hörbar wird. Nicht ich singe, sondern die Kirche singt, aber ich darf als Glied der Kirche an ihrem Liede teilhaben. So muss alles rechte gemeinsame Singen dazu dienen, dass der geistliche Blick sich weitet, dass wir unsere kleine Gemeinschaft als Glied der großen Christenheit auf Erden erkennen, dass wir uns willig und freudig mit unserem schwachen oder guten Gesang einordnen in das Lied der Kirche.“ (Dietrich Bonhoeffer)
„Es ist eine große, schreckliche Verkehrung des Evangeliums, wenn man den Glauben fordert, als wäre das die Bedingung der Rechtfertigung und Seligkeit. Wenn ein Bettelmann zu Ihnen kommt, und bittet um ein Almosen, werden Sie ihm dann sagen: „Ja, unter einer gewissen Bedingung will ich dir etwas geben“? Er würde fragen: „Unter welcher denn?“ „Nun, dass du es nimmst!“ Der würde denken, Sie machen Spaß, würde lachen und sagen: „Ja, das will ich gerne tun; und je mehr Sie geben, desto fröhlicher will ich nehmen.“ – Aber es ist eine greuliche Verkehrung des Evangeliums, wenn ich den Glauben zur Bedingung mache. Freilich, willst du nicht glauben, dann kann dir kein Mensch helfen. Aber du sollst einmal nicht sagen: „Gott hat mir wohl Gnade angeboten, aber unter einer Bedingung, und die war zu schwer.“ Nein, unter keiner Bedingung hat er dir Gnade angeboten. Gott hat keine Bedingung gemacht, sondern er hat es dir hingehalten und gesagt: „Da, nimm es!“ (C. F. W. Walther)
Zwischen Schöpfung und Urknall besteht ebenso wenig eine Alternative wie zwischen göttlicher Fürsorge und menschlicher Selbsterhaltung. Unser „täglich Brot“ kommt vom Bäcker und kommt doch von Gott. Denn so wie wir für unsere Arbeit Werkzeuge benutzen, so bedient sich Gott der natürlichen und kulturellen Kräfte: Sie sind Instrumente in seiner Hand, die ohne ihn unser Leben so wenig erhalten könnten, wie ein Hammer ohne Tischler einen Nagel einzuschlagen vermag.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Aus der Geschichte der Völker können wir lernen, dass die Völker aus der Geschichte nichts gelernt haben. Hegel
Die Geschichtsschreibung ist die Unfallchronik der Menschheit. Charles Maurice de Talleyrand
Geschichte ist eine Fabel, auf die man sich geeinigt hat. Napoleon I.
Geschichte schreiben ist eine Art, sich das Vergangene vom Halse zu schaffen. Goethe
Glücklich ist das Volk, dessen Geschichte sich langweilig liest. Charles de Montesquieu
In der Tat lässt sich die ganze Weisheit der Weltgeschichte in einen einzigen Satz zusammenfassen: Jeder Staat raubt, soviel er kann. Punktum. Mit Verdauungspausen und Ohnmachtsanfällen, welche man „Frieden“ nennt. Carl Spitteler
Konfuzius sprach: „Ich habe es selbst noch erlebt, dass ein Geschichtsschreiber Lücken im Text ließ, wenn er sich nicht sicher war... Heute gibt es das nicht mehr.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Ich wurde einmal gefragt, wie es käme, dass es guten Leuten mit Gott so wohl ist, dass sie Gott so ernsthaft dienen. Da antwortete ich, es käme daher, dass sie Gott geschmeckt hätten, und es wäre ein Wunder, wenn der Seele, die Gott geschmeckt und gekostet hätte, je etwas anderes schmecken könnte. Meister Eckhart
Dies ist das gerechte Strafurteil Gottes, dass der Mensch, der einst Macht und Herrschaft über alle anderen Geschöpfe hatte, sich aber stattdessen freiwillig und in Missachtung des göttlichen Gebots dem Willen seiner Untergebenen unterwarf, nun, da er Gottes Gebot erfüllen will, erkennen und erfahren muss, wie alle Geschöpfe, die ihm eigentlich untertan sein sollten, sich hochmütig über ihn erheben und sich zwischen ihn und seinen Gott stellen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Obwohl der Mensch ständig seine Leidenschaften zu befriedigen sucht, seufzt er doch immer über ihre Tyrannei. Weder kann er ihre Gewalt ertragen, noch jene, die er sich antun müsste, um sich von ihrem Joch zu befreien. Er verabscheut sie ebenso wie die Heilmittel gegen sie. Er kann sich weder mit dem Schmerz der Krankheit noch mit der Anstrengung der Heilung abfinden. Mit einem Wort: er ist ein jämmerliches Geschöpf. Rochefoucauld
Wäre dein Herz ohne Falsch, dann wäre jedes Geschöpf für dich ein Spiegel des Lebens und ein Buch heiliger Lehre. Denn es ist kein Geschöpf so klein und unbedeutend, dass es nicht eine Spur von der Güte Gottes in sich trüge. Thomas von Kempen
Wer Gott um Gaben bitt', der ist gar übel dran: Er betet das Geschöpf und nicht den Schöpfer an. Angelus Silesius
Nach Geschwätz hat der Mensch offenbar ein so tiefes Bedürfnis, als wäre es das einzig Notwendige. Sören Kierkegaard
Nach manchem Gespräch mit einem Menschen hat man das Verlangen, einen Hund zu streicheln, einem Affen zuzunicken und vor einem Elefanten den Hut zu ziehen. Maxim Gorki
Der Nachteil des Himmels besteht darin, dass man die gewohnte Gesellschaft vermissen wird. Mark Twain
Die Gesellschaft ist eine verfeinerte Horde, die sich aus zwei mächtigen Stämmen zusammensetzt: Den Langweiligen und den Gelangweilten. Lord Byron
Das Elend des Menschen liegt darin, dass er in der Gesellschaft Trost suchen muss gegen die Leiden, die ihm die Natur zufügt, und in der Natur Trost gegen die Leiden der Gesellschaft. Wie viele haben weder hier noch dort eine Erleichterung ihrer Schmerzen gefunden! Nicolas Chamfort
Jeder Mensch, gleichgültig welchen Berufs, wünscht durch Benehmen und Äußeres zu scheinen, wofür er gehalten werden will. Deshalb kann man sagen, die menschliche Gesellschaft bestehe nicht aus Lebewesen, sondern aus Benehmen. Rochefoucauld
1.
Unser Scheitern an Gottes Geboten verdirbt uns die Lust daran. Denn Gottes Gesetz scheint für nichts anderes zu taugen, als dass es unser Versagen aufdeckt. Es ist der Eisberg, an dem die „Titanic“ menschlicher Selbstsicherheit zerschellt. Doch ist das in Wahrheit gut so! Denn was da zerbricht, war eine Illusion. Erreicht der Schiffbrüchige aber das Rettungsboot, das man Kirche nennt, und schlüpft bei Christus unter, so kommt er unter Jesu Führung an das Ziel, zu dem ihn seine „Titanic“ (sein stolzes Bemühen um Vervollkommnung) niemals hätte bringen können.
2.
Ob das Gesetz dem Evangelium vorausgeht oder ihm nachfolgt, hängt vom Standpunkt der Betrachtung ab: Der Sünder erfährt das Gesetz als verdammende Zwangsordnung, vor der er zum Evangelium hin flieht. Der Gerechtfertigte hingegen, der vom Evangelium herkommt, erlebt es als gute Lebensregel, die ihn in der Nachfolge leitet. Das Gesetz nimmt dabei verschiedene Gestalt an, obwohl es sich inhaltlich nicht ändert. Es muss aber in beiderlei Hinsicht gepredigt werden, weil ohne den Zusammenhang mit dem Gesetz auch das Evangelium nicht so verstanden werden kann, wie es im Neuen Testament gemeint ist.
3.
Die Gnade Jesu Christi entmachtet das Gesetz als „Strafordnung“, die dem Sünder zum Verhängnis wird. Doch als Gottes gute Weisung bleibt das Gesetz in Kraft und dient der Christenheit als „Riegel“, „Spiegel“ und „Regel“. Durch Christi Opfer am Kreuz ist das Zeremonial- und Ritualgesetz des Alten Testaments obsolet geworden. Und Christi Lehre hat auch die Reinheits- und Speisegebote antiquiert. Doch das in den Zehn Geboten konzentrierte Moralgesetz bleibt in Geltung. So muss einer, um Christ zu sein, nicht erst Jude werden – muss sich aber dem beugen, was der Schöpfer (nicht speziell den Juden, sondern) allen Menschen geboten hat.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Was ist das Gesetz Gottes insgemein? Es ist eine Lehre, von Gott gegeben, die da zeiget und weiset, wie wir sein sollen, was Gott von uns wolle getan und gelassen haben.“ (Martin Chemnitz)
„Alles Wort Gottes, worin Gott den Menschen Gebot oder Verbot vorlegt, ist das Gesetz Gottes, welches als Offenbarung der ewigen Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes alle Menschen zu allen Zeiten zum vollkommensten Gehorsam verpflichtet; und wie es ursprünglich und vor dem Sündenfall den Zweck hatte, dem mit Gott vereinten Menschen ein Weg des Lebens zu sein, so hat es nach der im Sündenfall geschehenen Trennung des Menschen von Gott vornehmlich den Zweck, die Sünden aufzudecken und Verdammnis zu predigen.“ (Adolf Hoenecke)
„Was ist das Gesetz? Die Lehre, die uns vorhält, was Gott von uns fordert, wie wir sein, und was wir tun sollen, darüber er denjenigen, die solches vollkommen halten werden, ewigen Segen und die Seligkeit verspricht, allen aber, die es nicht vollkommen erfüllen, den Fluch und die ewige Verdammnis drohet.“ (Philipp J. Spener)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Es stände besser um die Welt, wenn die Mühe, die man sich gibt, die subtilsten Moralgesetze auszuklügeln, an die Ausübung der einfachsten gewendet würde. Marie von Ebner-Eschenbach
Gesetze sind wie Spinnweben, in denen kleine Fliegen sich fangen, aber keine Wespen oder Hornissen. Jonathan Swift
Hätte die Natur so viele Gesetze wie der Staat, Gott selbst könnte sie nicht regieren. Ludwig Börne
Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz. Immanuel Kant
Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Charles Baron de Montesquieu
Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten. Goethe
1.
Der Mensch neigt dazu, sich entweder stolz zu überschätzen und zu überheben oder - von solchen Höhenflügen abgestürzt - in Verzweiflung zu versinken und die Selbstachtung zu verlieren. Gott aber will uns vor beidem bewahren und gibt uns darum als „Begrenzung nach oben“ sein Gesetz (es zwingt uns zu nüchterner Selbsterkenntnis und schützt so vor aller Aufgeblasenheit) und als „Begrenzung nach unten“ sein Evangelium (auch wo wir versagen, sagt es uns Gottes Liebe zu, die uns trägt).
2.
Das Gesetz stellt fest, dass der Mensch dem guten Willen Gottes zu entsprechen hat und anderenfalls mit Strafe rechnen muss. Das Evangelium hingegen lädt den Sünder ein, vor dem verdienten Gericht zu Jesus Christus zu fliehen, der mit offenen Armen bereit steht, um ihm seine Schuld abzunehmen. „In jeder Predigt müssen beide Lehren vorkommen. Wenn eine von beiden fehlt, so ist die andre falsch.“ Denn: „Ohne das Gesetz verstehen wir das Evangelium nicht und ohne das Evangelium hilft uns das Gesetz nichts.“ (C. F. W. Walther)
3.
Ob das Gesetz dem Evangelium vorausgeht oder ihm nachfolgt, hängt vom Standpunkt der Betrachtung ab: Der Sünder erfährt das Gesetz als verdammende Zwangsordnung, vor der er zum Evangelium hin flieht. Der Gerechtfertigte hingegen, der vom Evangelium herkommt, erlebt es als gute Lebensregel, die ihn in der Nachfolge leitet. Das Gesetz nimmt dabei verschiedene Gestalt an, obwohl es sich inhaltlich nicht ändert. Es muss aber in beiderlei Hinsicht gepredigt werden, weil ohne den Zusammenhang mit dem Gesetz auch das Evangelium nicht so verstanden werden kann, wie es im Neuen Testament gemeint ist.
4.
Jesus fordert, das Heilige nicht den Hunden zu geben. Doch woran erkennt man die? Nach C.F.W. Walther sind es jene, die schon Gottes Gesetz nicht hören wollen. Die sind auch des Evangeliums nicht wert. Denn das ist kostbarer Trost für verlorene Söhne, die heimkehren wollen – und ist fehl am Platz, wo man noch selbstsicher spottet und lästert. So wenig ein Schwein Perlen verdauen kann, so wenig kann einer Vergebung empfangen, der nicht nach Vergebung fragt. Versichert man ihm aber, Gott habe ihn trotzdem lieb, füttert man das Schwein mit Perlen des göttlichen Trostes, die es nicht zu schätzen weiß. Man überschüttet diesen Menschen mit unerwünschtem Segen – und erniedrigt das, wozu er aufschauen sollte.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
(Das Gesetz ist) „die von Gott gegebene Lehre, welche vorschreibt, wie wir beschaffen sein, was wir tun und unterlassen sollen: und einen vollkommenen Gehorsam gegen Gott verlangt, und verkündigt, dass Gott denen, welche den vollkommenen Gehorsam nicht leisten, zürne, und, sie mit dem ewigen Tode bestrafe.“ (Leonhard Hutter)
(Das Evangelium ist) „eine solche Lehre, die da lehret, was der Mensch glauben soll, der das Gesetz nicht gehalten, und durch dasselbige verdammt, nämlich, dass Christus alle Sünde gebüßt und bezahlet, und ihm ohne allen seinen Verdienst erlanget, und erworben habe Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, die für Gott gilt, und das ewige Leben.“ (Ph. Melanchthon)
„In jeder Predigt müssen beide Lehren vorkommen. Wenn eine von beiden fehlt, so ist die andre falsch. Denn das ist eine falsche Predigt, die nicht alles gibt, was zur Seligkeit gehört.“ (C. F. W. Walther)
„Worin stehet denn der Unterschied des Gesetzes und des Evangelii? Erstlich: das Gesetz ist etlichermaßen von Natur bekannt, Röm. 2; das Evangelium aber ist ein Geheimnis, aller Vernunft verborgen, welches Gott allein durch sein Wort geoffenbaret hat. Matth. 16. 1 Kor. 2. Eph. 1. Röm. 16. Zum andern: das Gesetz ist ein Amt, das die Sünde offenbaret, beschuldiget und anklaget und von wegen der Sünde alle Menschen zum Tode verdammet. Das Evangelium aber ist ein Amt, das in Christo weiset die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und durch dieselbige das ewige Leben gibt allen, die daran glauben. 2 Kor. 3. Röm. 1. Zum dritten: das Gesetz redet auch von einer Gerechtigkeit und Seligkeit, aber weiset auf uns, dass wir in unserer Natur, Tun und Werken dieselbige Gerechtigkeit vollkömmlich haben sollen, wo wir dadurch leben wollen. Weil uns aber das unmöglich ist, so weiset uns das Evangelium auf Christum, dass er durch seinen Gehorsam, Leiden und Sterben uns erworben habe die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche uns aus Gnaden, ohne unser Verdienst, allein um Christi willen durch den Glauben zugerechnet und geschenket wird. Röm. 10. Gal. 3.“ (Martin Chemnitz)
„Der christliche Glaube gründet, genau gesehen, auf dem Geheimnis des Erlösers, der, menschliche und göttliche Natur in sich vereinend, die Menschen der Verderbtheit der Sünde entrissen hat, um sie mit Gott in seiner göttlichen Person zu versöhnen. Also lehrt der christliche Glaube diese zwei Wahrheiten zugleich: es gibt einen Gott, dessen die Menschen fähig sind, und es gibt in der Natur eine Verderbtheit, die seiner unwürdig macht. Gleich wichtig ist für den Menschen, dieses und jenes zu wissen; und es ist gleich gefährlich für den Menschen, von Gott zu wissen, ohne sein Elend zu kennen, wie sein Elend zu wissen, ohne den Erlöser zu kennen, der ihn davon zu heilen vermag. Kennt man nur eins davon, so führt das entweder zu dem Dünkel der Philosophen, die Gott gekannt haben und nicht ihr Elend, oder zur Verzweiflung der Atheisten, die ihr Elend ohne den Erlöser kennen. Da es für den Menschen gleich notwendig ist, von beiden Punkten Kenntnis zu haben, müssen wir, weil wir von beiden wissen, der Barmherzigkeit Gottes danken. Der christliche Glaube tut das, und darin besteht er. Daran prüfe man die Ordnung der Welt und urteile, ob nicht alles dahin zielt, die zwei Hauptsätze dieses Glaubens zu bestätigen: Die sich verirren, irren sich nur, weil sie einen von beiden übersehen. Daraus folgt, dass man Gott wohl kennen kann, ohne von seinem Elend zu wissen, und auch sein Elend, ohne von Gott zu wissen. Aber man kann Jesus nicht kennen, ohne sowohl Gott als sein Elend zu kennen.“ (Blaise Pascal)
„Wie das Gesetz zu seinem Inhalte die Verkündigung des göttlichen Willens hat, und dem Beobachter desselben Lohn verheißt, dem Übertreter Strafe droht, so hat das Evangelium, zum Unterschied vom Gesetz, zu seinem Inhalt die Lehre von der gnadenreichen Vergebung der Sünden, welche uns umsonst um Christi willen durch den Glauben zukommen soll. In der Predigt des Ev. ist also dem Menschen das Mittel gezeigt, wie er der Verdammung, welche das Gesetz über ihn verhängt, entgehen kann, und diese Predigt tritt da ein, wo der Mensch durch das Gesetz zur Erkenntnis der Sünde gebracht worden ist, hält ihm dann die Gnade Gottes, das Verdienst Christi und alle damit verbundenen Wohltaten vor und will den Glauben in ihm wirken, durch den er das Heil in Christo sich aneignet. – So verschieden demnach auch Gesetz und Evangelium ihrer Bedeutung nach sind, so ist doch kein Widerspruch zwischen beiden gesetzt, sondern wie beide in gleicher Weise von Gott gegeben sind, so sind auch beide allezeit gültig, haben ihr Geschäft an allen Menschen auszurichten, und wollen ihrem letzten Endzwecke nach auch das Gleiche, nämlich das Heil der Menschen, zu dessen Bewirkung jedes von beiden das Seinige beiträgt. Wie nämlich durch die Predigt des Gesetzes die Erkenntnis der Sünde und die Buße, so wird durch die Predigt des Evangeliums der Glaube gewirkt. Die Wirksamkeit des einen reiht sich also an die des andern an: die Wirksamkeit des einen hört aber darum da noch nicht ganz auf, wo die Wirksamkeit des anderen eintritt, denn auch für den Wiedergeborenen bleibt das Gesetz eine Norm, nach der er sein sittliches Leben einrichtet, und erzeugt in ihm die täglich sich erneuernde Buße, indem es stets sein noch immer sündiges Wesen ihm aufdeckt.“ (Heinrich Schmid)
Die Menschen sind nur allzu häufig imstande, wenn das Lebendige unter den Toten erscheint, das erstere für das Gespenst zu halten. Wilhelm Raabe
Da die Großen der Erde weder körperliche Gesundheit noch Seelenruhe geben können, kauft man bei ihnen immer zu teuer. Rochefoucauld
Einen Kranken, der sich für gesund hält, kann man nicht heilen. Henri Frédéric Amiel
Tugend ist die Gesundheit der Seele. Ariston von Chios
Wie kommt es, dass die Gesundheiten nicht so ansteckend sind wie die Krankheiten – überhaupt, und namentlich im Geschmack? Oder gibt es Epidemien der Gesundheit? Friedrich Nietzsche
Wie sich körperlich viele für krank halten, ohne es zu sein, so halten umgekehrt geistig sich viele für gesund, die es nicht sind. G. Chr. Lichtenberg
Gewalt
Jesus schließt Gewalt nicht generell aus. Er verspricht sich aber auch nichts davon. Das, was er will, ist mit Gewalt weder zu fördern noch aufzuhalten. Doch was folgt daraus? Wer Gewalttäter nicht stoppt, obwohl er es könnte, wird mitschuldig an ihren Taten. Wer sie aber mit Gewalt unschädlich macht, gerät in den Widerspruch, dass er tötet, um Töten zu verhindern. Wir entrinnen diesem Dilemma nicht. Aber zumindest den Hass im Herzen müssen Christen überwinden. Feindesliebe ist die stete Bereitschaft, den Täter von seiner Tat zu unterscheiden, die Tat zu verdammen, den Täter aber möglichst zu gewinnen – und selbst im Kampf noch für ihn zu beten.
Willst du gewinnen der Menschen Gunst,
so musst du lernen die saure Kunst,
zu sprechen stets mit feiner List,
wie andern der Schnabel gewachsen ist. Oskar Blumenthal
Das Gewissen ist ein innerer Gerichtshof, der unablässig über unseren moralischen Zustand verhandelt, und in dem wir selbst zugleich Angeklagter, Ankläger und Verteidiger sind. Doch beansprucht das Gewissen nicht die Rolle des Gesetzgebers. Es schafft keine Normen, sondern beobachtet nur, ob unser Verhalten den geltenden Normen genügt. Im besten Falle ist es „gefangen durch Gottes Wort“. Resultiert daraus aber ein „schlechtes“ Gewissen, so helfen dagegen keine Werke, sondern der Friede kehrt erst wieder mit Christus ein. Wenn er im Gewissen redet, muss Mose schweigen – und bei dieser Hausordnung bleibt es dann.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Das Bewusstsein der Schuld haben wir in dem bösen Gewissen.“ (Adolf Hoenecke)
„Fliehe dieses Gericht des Gewissens, in welchem einer und derselbe Angeklagter, Anwalt, Zeuge, Richter, Peiniger, Gefängnis, Geißel, Vollstrecker, Stockmeister ist. Welch Entrinnen wäre hier möglich, wo der selbst Zeuge ist, der anklagt, und wo dem nichts verborgen sein kann, welcher richtet? Was nützt’s, wenn alle dich loben, und das Gewissen dich anklagt? Was wird es schaden können, wenn alle sich von dir lossagen, und das Gewissen dich verteidigt? Dieser einige Richter ist genug für einen jeden zum Anklagen, zum Richten, zum Verdammen. Dieser unbestochene Richter kann weder durch Bitten andern Sinnes, noch durch Geschenke andern Willens gemacht werden. Wohin du auch gehest, wo du auch bist, da ist immer dein Gewissen bei dir, und trägt bei sich, was du in es gelegt hast, es sei nun Gutes, oder Böses; dem Lebendigen bewahrt es und dem Gestorbenen erstattet es, was in es niedergelegt worden ist und was es zur Bewahrung empfangen hat. So sind in Wahrheit des Menschen Feinde seine eignen Hausgenossen Matth. 10,36, so hast du im eignen Hause und von der eignen Familie Ankläger, Beobachter und Peiniger. Was nützt’s in der Fülle des Überflusses leben und von der Geißel des Gewissens gefoltert werden? Der Quell des menschlichen Glückes und Elendes liegt in dem Herzen. Was hilft’s einem Fieberkranken auf einem goldnen Bette liegen? Was hilft’s einem von den Bissen des Gewissens Geängsteten an der Masse äußeren Glückes sich ergötzen? (…..) Es sind drei Gerichte: das Gericht der Welt, das Gericht deiner selbst, und das Gericht Gottes. Wie du aber dem Gerichte Gottes nicht entlaufen kannst, so wirst du auch deinem eigenen Gerichte nicht entlaufen können, wenn du auch einmal dem Gericht der Welt entläufst. Es gibt keine Wände, die es verhindern können, dass dieser Zeuge deine Handlungen sieht. Welche Entschuldigung wird’s vermögen, dich in Schutz zu nehmen, wenn die innere Anklage dich verdammt? Die Ruhe des Gewissens ist der Anfang des ewigen Lebens. Wahrer und zu größerer Erquickung wirst du mitten in Trübsal des guten Gewissens dich freuen, als des bösen mitten in der Freude. Aller Anschuldigung der Boshaften wirst du die Entschuldigung des Gewissens entgegenstellen können. Frage dich über dich, weil du dich viel besser kennst, als irgend ein andrer Mensch. Was werden im letzten Gericht die falschen Lobeserhebungen anderer helfen, was die falschen Verunglimpfungen anderer schaden? Gottes und deinem Gerichte wirst du stehen oder fallen, nicht dem Zeugnisse anderer wirst du stehen oder fallen. Das Gewissen hat kein Ende, wie die Seele kein Ende hat. So lange werden die göttlichen Strafen die Verdammten drücken, als die Anklage des Gewissens dauern wird. Kein äußerliches Feuer greift den Körper so heftig an, als diese innerliche Flamme die Seele mit ihrem Brande angreift. Ewig ist die Seele, die den Brand empfindet, ewig das Feuer des Gewissens, welches brennt. Keine äußerlichen Streiche sind dem Leibe so lästig, als der Seele diese innerlichen Schläge beschwerlich sind. Hüte dich darum vor dem Fluch der Sünde, damit du der Marter des Gewissens entgehest.“ (Johann Gerhard)
„Wer Unruhe hat wegen seiner Sünden, der ist ein Narr, wenn er nicht eiligst zu Christo flieht und wenn er denkt: „Mein böses Gewissen zeigt ja an, dass ich nicht zu Gott kommen soll.“ Nein, das zeigt es an: Du sollst zu Jesu kommen, und dann wirst du ein fröhliches Gewissen bekommen, dass du bei Tag und auch bei Nacht, wenn du aufstehst und wenn du dich niederlegst, kannst Gott preisen mit fröhlichem Herzen. Denn wozu ist Christus für dich gestorben? Also, wenn du siehst, dass du noch die und die Sünde begangen hast, und du weißt keinen Rat – und du sollst auch keinen wissen aus dir selbst, aber es ist einer, der weiß Rat – dann gehe nur zu Jesu! – „Darum sollet Ihr nur in ihm durch getroste Verzweiflung an Euch selbst und Euren Werken Frieden finden.“ – Ein merkwürdiges Wort: „Durch getroste Verzweiflung an Euch selbst!“ Und doch ist es wahr! Wenn ein armer Sünder sich ansieht, so ist er verzweifelt; wenn er Jesum ansieht, so ist er getrost.“ (C. F. W. Walther)
Mein Magen beschwert sich über die Unmäßigkeit, jedes Glied hat sein Gefühl, das es warnt vor einem Gegenstand, der ihm nachteilig ist: dies ist ein physisches Gewissen.
J. G. Hamann
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Das Gewissen ist eine Uhr, die bei den meisten Menschen immer nachgeht. Peter Sirius
Gottes Wort, das geschriebene wie das verkündete, ist mit einem Spiegel zu vergleichen. In geistlicher Hinsicht ist das Auge deiner Seele die Vernunft; das Gewissen ist deine geistige Sehkraft. Und so wie du weißt, dass wenn sich ein Schmutzfleck auf deinem Gesicht befindet, das Auge den Fleck nicht sehen kann und ohne einen Spiegel oder den Hinweis von einer anderen Person nicht weiß, wo er ist, genau so verhält es sich auch in geistiger Hinsicht. Ohne die Lektüre oder die Verkündigung von Gottes Wort ist es nach menschlichem Ermessen unmöglich, dass die durch ihre gewohnheitsmäßige Sünde geblendete Seele den Schmutzfleck in ihrem Gewissen erkennen kann. Und wenn jemand danach in einen wirklichen oder übertragenen Spiegel blickt oder durch den Hinweis von anderen weiß, wo sich der Schmutzfleck an seinem Gesicht befindet (im konkreten wie im übertragenen Sinn), dann erst und nicht früher läuft er zum Brunnen, um sich zu waschen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden. Marie von Ebner-Eschenbach
1.
Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes sind nicht erst die Ergebnisse unseres Denkens neu, sondern schon die Voraussetzungen. Der Wandel selbst aber wird nicht etwa begründet, sondern liefert seinerseits die Begründung für vieles – wie ja auch der, der von einem mächtigen Gegner überrannt wurde, keine besonderen Gründe braucht, um am Boden zu liegen. Nicht der Christ hat eine Erkenntnis, sondern sie hat ihn. Er hat nicht sichergestellt, sondern wurde sicher-gestellt. Und so ist Glaube tatsächlich „Gewissheit ohne Beweis“ (Amiel).
2.
Die Gewissheit des Glaubenden ist nicht „begründet“, sondern ist begründend. Sie beruht nicht auf Erfahrungen, sondern liegt allen religiösen Erfahrungen voraus, als das, was sie ermöglicht. Glaubensgewissheit steht also nicht als Ergebnis am Ende einer Argumentation, sondern als Voraussetzung an ihrem Anfang. Sie verändert nicht Urteile, sondern zuerst den Urteilenden. Sie ist kein Impuls, den man erdenkt, sondern einer, dem man erliegt. Wer aber braucht für solches „Erliegen“ Gründe? Begründet der Surfer die Welle, die ihn mitreißt?
3.
Die verbreitete Ansicht, Zweifel gehörten zum Glauben dazu, ist falsch. Erprobter Glaube kann sie durchaus hinter sich lassen und Gewissheit erlangen, ohne „intellektuell unredlich“ zu sein. Wenn die Zweifel schwinden, wird aber die Anfechtung bleiben. In der Anfechtung ist nicht mehr Gott fraglich, sondern der Gläubige wird sich selbst fraglich. Das Missverhältnis zwischen Gottes Vollkommenheit und seiner eigenen peinlichen Schwäche erfüllt ihn mit Angst. Und diese Not ist nur dadurch zu überwinden, dass man sie an Christus abgibt.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Gott hat uns die Verheißung des Evangeliums und die Seligkeit nicht höher, fester und gewisser machen können als mit dem Leiden und Sterben seines eingeborenen Sohnes. Wenn wir nun von Herzen glauben, dass er, der Sohn Gottes, für uns gestorben ist, die Sünde und den Tod überwunden hat, und uns der Verheißung des Vaters trösten, so haben wir den Brief und die Siegel, die daran hängen, – die heiligen Sakramente der Taufe und des Leibes und Blutes Christi – vollkommen und sind wohl versichert und versorgt. Der Himmel ist uns umsonst gegeben und geschenkt; denn wir haben nichts dazu getan noch tun können, Christus unser Herr hat ihn uns durch sein teures Blut erkauft. Darüber haben wir Briefe – die ewige unwandelbare Verheißung des Evangeliums – und Siegel; das ist: wir sind getauft und empfangen – nach Christi Befehl – seinen Leib und Blut im Abendmahl, wenn wir unsere Schwachheit und Not fühlen. Gott gebe nun Gnade und helfe, dass wir die Briefe wohl verwahren, dass sie uns der Teufel nicht zerreiße; das heißt, dass wir in Wohlfahrt nicht sicher, in Trübsal nicht traurig und verzagt werden, sondern immer in Gottesfurcht leben, fest und beständig im Glauben und Bekenntnis zu Jesus Christus bleiben und das heilige Vaterunser stets mit Mund und Herzen sprechen und bitten, dass Gott, um seines lieben Sohnes willen, uns und unsere Nachkommen bei der rettenden Lehre des Evangeliums erhalten wolle. Amen.“
(Martin Luther)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Glaube ist Gewissheit ohne Beweis. H. F. Amiel
1.
Da Gott nicht einfach „alle“ erlöst, kann der Einzelne in quälende Zweifel geraten, ob die Zusagen des Evangeliums auch ihm persönlich gelten – oder vielleicht nur anderen. Wenn manche verworfen werden – wie weiß er, dass er zu den Erwählten gehört? Selbstbeobachtung führt garantiert nicht zum Ziel. Doch Gott hat Heilsmittel bereitgestellt, die uns seine Gnade verlässlich zueignen: Wer im Glauben am Abendmahl teilnimmt, darf seiner Erwählung unmittelbar gewiss sein. Und das nicht etwa, weil er „gut“, sondern weil Gottes Sakrament verlässlich ist. Die Heilsgewissheit, die es anderswo nicht gibt, findet man also am Altar.
2.
Gottes Ratschluss zur Erwählung ist keine so wackelige Sache, dass ihm der Mensch wieder aus den Händen rutschen könnte, wie dem Angler ein allzu glitschiger Fisch. Es ist undenkbar, dass Gottes Geist in jemandem echten Glauben wecken sollte, um ihn danach wieder gänzlich fallen zu lassen. Was Gott anfängt, bringt er auch zu Ende – und seine Zusagen täuschen niemanden. Menschen aber täuschen sich selbst. Und wenn ihr „Glaube“ nur eingebildet bzw. angemaßt war, gehen sie verloren. Doch erwählt waren sie dann nicht. Denn die, die Gott will, bekommt er auch. Und die er nicht bekommt, hat er sowenig gewollt wie sie ihn.
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal! Aus dem babylonischen Talmud
Der Charakter ist weiter nichts als eine langwierige Gewohnheit. Plutarch
Wer eine Sünde zweimal begangen hat, der hält sie für keine Sünde mehr. Talmud
Nirgends hat es die Natur besser mit uns gemeint: da sie ja wusste, zu welchen Leiden wir geboren werden, erfand sie zur Linderung der Unbill die Gewohnheit, die rasch das Allerschwerste alltäglich werden lässt. Seneca
Sie sind immer eifrig beschäftigt, und sie wissen nicht, was sie tun. Sie pflegen ihre Gewohnheiten, und sie wissen nicht warum. Sie laufen ihr ganzes Leben lang, und sie kennen nicht den Weg. So sind die meisten Menschen. Mengtse
Gottes schöne Erde ist so reich an Gütern, dass jeder satt werden könnte. Doch ist ein rücksichtsloser Streit entbrannt, weil jeder rafft und hortet, so viel er kann. Die Cleveren machen sich die Taschen voll, die weniger Geschickten kommen unter die Räder. Doch gibt es zum großen Verteilungskampf einen christlichen Gegenentwurf, weil ein Christ im Streben nach den Gaben nie den Geber vergisst. So sehr er der Güter bedarf, wird er sie doch nie anders als im Sinne des Spenders gebrauchen. Der hat sie nicht geschaffen, um einzelne reich, sondern um alle satt zu machen. Und dementsprechend gilt es zu handeln. Denn Gott selbst ist des Christen Glück und Ziel – die Güter der Erde sind es nicht.
Lieder zum Thema: Der Glaube
„Solches sehen und bedenken die Sophisten nicht; darum meinen sie, wir fechten um ein geringes Ding, wenn sie hören, dass wir vom Glauben lehren. Denn sie verstehen und wissen nicht, dass der Glaube eine Veränderung und Verneuerung ist der ganzen Natur; also dass Augen, Ohren und das Herz selbst ganz und gar anders hören, sehen und fühlen, denn andere Leute. Denn der Glaube ist ein lebendig und gewaltig Ding; er ist nicht ein schläfriger und fauler Gedanke, schwebt auch und schwimmt nicht oben auf dem Herzen, wie eine Gans auf dem Wasser, sondern ist wie Wasser, so durch Feuer erhitzt und erwärmt ist. Dasselbe, ob es wohl Wasser bleibt, so ist es doch nicht mehr kalt, sondern warm, und ist also gar ein ander Wasser: also macht der Glaube, der des Heiligen Geistes Werk ist, ein ander Herz, Gemüt und Sinn und macht also gar einen neuen Menschen. Darum ist der Glaube ein geschäftig, schwer und gewaltig Ding, und so man recht davon reden wollte, so ist er vielmehr ein Leiden, denn eine Wirkung. Denn er ändert Herz und Sinn; und da sich die Vernunft an das Gegenwärtige pflegt zu halten, da ergreift der Glaube die Dinge, so nirgend vor Augen scheinen; dieselben hält er wider alle Vernunft für gegenwärtig. Und ist dieses die Ursache, dass der Glaube nicht eines Jeden ist, wie das Gehör; denn Wenige sind gläubig, der größte Haufe aber hält sich viel mehr an gegenwärtige Dinge, die man fühlt und greift, denn an das Wort.“ (Martin Luther)
„Der Glaube ist das durch Gottes Wort gewirkte zuversichtliche Vertrauen auf Gottes Wort und insbesondere als rechtfertigender Glaube das Vertrauen auf die Zusage der Vergebung der Sünde in Christo.“ (Adolf Hoenecke)
„Der rechtfertigende Glaube ist „nicht eine bloße Erkenntnis der Historien von Christo, sondern eine solche Gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht erkennen, und auf ihn vertrauen, dass wir allein um seines Gehorsams willen, aus Gnaden, Vergebung der Sünden haben, für fromm und gerecht von Gott dem Vater gehalten, und ewig selig werden.“ (Conc. Form. Summ. Begr. Art. 3. zitiert nach L. Hutter)
„Was der Glaube sei? Drei Stücke gehören darzu, a. eine Wissenschaft desjenigen, was uns Gott, als zu unser Seligkeit nötig, geoffenbart hat… b. eine solche Beistimmung zu dem, das Gott offenbart, dass man nicht zweifelt, dasselbe sei die himmlische göttliche Wahrheit... c. ein rechtschaffenes Vertrauen zu Gott, dass ein Mensch insonderheit sich zu Gott unzweiflig versieht, alles dasjenige, dessen er sich gegen die Menschen gutes erklärt hat, werde auch ihm sowohl, als sonst einigem Menschen zur Seligkeit gereichen.“ (Nikolaus Hunnius)
„Was ist denn ein solcher Glaube, der da laut der Schrift gerecht macht? Einfältig kann mans gemeinen Leuten erklären: wir sollen allem Wort, das Gott gegeben und offenbaret hat, glauben; aber der Glaube, der da gerecht machet, hat ein eigenes, sonderliches objectum, das er in der ganzen Schrift suchet, das er ergreift, darauf er siehet, daran er sich hält, nämlich Christum, als unsern Mittler und Erlöser, und die Verheißung der Gnaden um Christus willen, Röm. 3 und 4, Gal. 3. An dasselbige objectum aber hält sich der Glaube also, dass er erstlich aus Gottes Wort erkennet die Person, Amt, Verdienst und Wohltaten Christi und die Verheißung der Gnaden um Christus willen, dass er das alles für wahr, fest und gewiss hält, Eph. 1 und 4. Kol. 2. – Zum andern ergreift der Glaube dies alles nicht schlecht wie eine Historie, oder dass es insgemein hin also wahr sei, sondern er fasset und schließt dich für deine Person insonderheit mit in die gemeine Verheißung, also dass du Christum mit allen seinen Wohltaten, so dir der Vater im Wort und Sakramenten vorstellet, reichet und gibt, mit herzlichem Begehr, Verlangen, Vertrauen und Zuversicht für deine Person ergreifest und annehmest und also dich daran hältst, dass du dein Vertrauen und Zuversicht, ob es gleich oft in schwerer Anfechtung und großer Schwachheit geschieht, darauf setzest, dass Gott dir für deine Person um Christus willen deine Sünde vergebe, dich zu Gnaden annehme und dich mache zu seinem Kinde und Erben des ewigen Lebens.“ (Martin Chemnitz)
„Der Glaube ist die herzliche Zuversicht eines Menschen, der in göttlicher Wirkung aus dem Wort die Wahrheit erkennet, die in demselben vorgetragenen evangelischen Verheißungen ihm selbst zueignet, sich gänzlich auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes aus Christi Verdienst verlässet, und darinnen seine Seligkeit erlangt und besitzet.“ (Philipp J. Spener)
„Die Gnadengabe des Glaubens, wodurch die Erwählten befähigt werden, zum Heil ihrer Seelen zu glauben, ist das Werk des Geistes Christi in ihren Herzen; nach der Ordnung Gottes bewirkt durch den Dienst des Wortes. Diese Gnadengabe wächst und wird gefestigt durch das Wort, durch Sakramentsverwaltung und Gebet.“ (Westminster Bekenntnis)
„Der christliche Glaube ist nicht bloß eine Meinung oder menschliche Überzeugung, sondern ein felsenfestes Vertrauen, eine offenbare und beständige Zustimmung des Herzens und ein ganz gewisses Erfassen der Wahrheit Gottes, die in der Heiligen Schrift und im Apostolischen Glaubensbekenntnis dargelegt ist, ja Gottes selbst als des höchsten Gutes und besonders der göttlichen Verheißung, und Christi, der der Inbegriff aller Verheißungen ist. Dieser Glaube aber ist ganz und gar Gottes Gabe, die Gott allein um seiner Gnade willen und nach seinem Ermessen seinen Erwählten schenkt, wann, wem und in welchem Maße er will, und zwar durch den Heiligen Geist mittelst der Predigt des Evangeliums und des gläubigen Gebetes.“ (Heinrich Bullinger)
„Mir ist es bisher wegen angeborener Bosheit und Schwachheit unmöglich gewesen, den Forderungen Gottes zu genügen. Wenn ich nicht glauben darf, dass Gott mir um Christi willen dies täglich beweinte Zurückbleiben vergebe, so ist’s aus mit mir. Ich muss verzweifeln. Aber das laß‘ ich bleiben. Wie Judas an den Baum hängen, das tu‘ ich nicht. Ich hänge mich an den Hals oder Fuß Christi wie die Sünderin. Ob ich auch schlechter bin als diese, ich halte meinen Herrn fest. Dann spricht er zum Vater: Dieses Anhängsel muss auch durch. Es hat zwar nichts gehalten und alle deine Gebote übertreten. Vater, aber er hängt sich an mich. Was will’s! Ich starb auch für ihn. Laß ihn durchschlupfen. Das soll mein Glaube sein.“ (Martin Luther)
„Der Glaube ist aber nicht eine bloße Meinung und Bekenntnis, sondern eine lebendige und wirksame Ergreifung Christi, der sich im Evangelio uns darbietet; er ist die vollste Gewissheit von der Gnade Gottes, eine zuversichtliche Ruhe unsers Herzens und ein Friede, der auf Christi Verdienst sich gründet Hebr. 11,1. Dieser Glaube wird aus dem Samen des göttlichen Wortes geboren, denn der Glaube und der Geist sind eins, das Wort aber ist der Träger des heiligen Geistes. Die Frucht gleicht dem Wesen ihres Samens. Der Glaube ist eine göttliche Frucht, also muss auch göttlicher Same da sein, nämlich das Wort. Wie bei der Schöpfung das Licht durch das Wort Gottes entstand, denn Gott sprach, und es ward Licht 1 Mos. 1,3: so entspringt das Licht des Glaubens aus dem Lichte des göttlichen Wortes: in deinem Lichte sehen wir das Licht Ps. 36,10, spricht der Psalmist. Da der Glaube uns mit Christo verbindet, uns mit Christo vereiniget, darum ist er auch in uns die Mutter aller Tugenden: wo der Glaube, da ist Christus; wo Christus, da ist heiliges Leben, nämlich wahre Demut, wahre Sanftmut, wahre Liebe.“ (Johann Gerhard)
„So ist denn der Glaube eine Gabe Gottes, nicht weil er dem freien Willen des Menschen von Gott angeboten wird, sondern weil er dem Menschen wirklich geschenkt, eingegeben und eingeflößt wird; auch nicht deshalb, weil Gott nur die Fähigkeit zum Glauben erteilte und danach die Zustimmung oder das wirkliche Glauben von dem freien Willen des Menschen erwartete, sondern weil er, der das Wollen und das Vollbringen, ja, alles in allen, wirkt, in dem Menschen beides zustande bringt, den Willen, um zu glauben, und den Glauben selbst.“ (Lehrregel von Dordrecht)
„Nicht allein gibt der Glaube so viel, dass die Seele dem göttlichen Wort gleich wird, aller Gnaden voll, frei und selig, sondern vereinigt auch die Seele mit Christo als eine Braut mit ihrem Bräutigam. Aus welcher Ehe folgt, wie St. Paulus sagt Eph. 5,30., dass Christus und die Seele Ein Leib werden; so werden auch beider Güter, Fall, Unfall und alle Dinge gemein, dass, was Christus hat, das ist eigen der gläubigen Seele; was die Seele hat, wird eigen Christi. So hat Christus alle Güter und Seligkeit; die sind der Seele eigen. So hat die Seele alle Untugend und Sünde auf ihr; die werden Christi eigen. Hie hebt sich nun der fröhliche Wechsel und Streit. Dieweil Christus ist Gott und Mensch, welcher noch nie gesündigt hat, und seine Frömmigkeit unüberwindlich, ewig und allmächtig ist, so er denn der gläubigen Seele Sünde durch ihren Brautring, das ist der Glaube, ihm selbst eigen macht, und nicht anders tut, denn als hätte er sie getan; so müssen die Sünden in ihm verschlungen und ersäuft werden. Denn seine unüberwindliche Gerechtigkeit ist allen Sünden zu stark. Also wird die Seele von allen ihren Sünden lauterlich durch ihren Mahlschatz, das ist, des Glaubens halben ledig und frei, und begabt mit der ewigen Gerechtigkeit ihres Bräutigams Christi. Ist nun das nicht eine fröhliche Wirtschaft, da der reiche, edle, fromme Bräutigam Christus das arme, verachtete, böse Hürlein zur Ehe nimmt und sie entledigt von allem Übel, ziert mit allen Gütern? So ist's nicht möglich, dass die Sünde sie verdamme, denn sie liegen nun auf Christo, und sind in ihm verschlungen. So hat sie so eine reiche Gerechtigkeit in ihrem Bräutigam, dass sie abermals wider alle Sünde bestehen mag, ob sie schon auf ihr lägen. Davon sagt Paulus 1 Kor. 15,57.55.: „Gott sei Lob und Dank, der uns hat gegeben eine solche Überwindung in Christo Jesu, in welcher verschlungen ist der Tod mit der Sünde.“ (Martin Luther)
„Nachdem die Versöhnung mit Gott durch Christum ist zu Stande gebracht, indem er an Statt der Menschen das Gesetz erfüllt, und für die Sünde der Welt genug getan hat, wird von da an den Menschen das neue Heil gepredigt, und ihnen in demselben die Vergebung ihrer Sünden angeboten (…). Um derselben teilhaftig zu werden, bedarf es nun nicht noch eines Werkes von Seiten des Menschen, durch welches er sich dieselbe erst verdiente, denn Christus hat allein alles getan, was zur Erwerbung des Heils nötig war, sondern deß allein bedarf es, dass der Mensch das ihm dargebotene Heil in Empfang nehme, dass er die ihm gegebene Verheißung sich auch aneigne, und dies geschieht durch den Glauben. Zu diesem Glauben wird es aber nur dann kommen, wenn der Mensch, nachdem ihm das durch Christum erworbene Heil verkündet und angeboten ist, die Wahrheit des Vorhandenseins dieses Heils und dieser Verheißung, wie das Tröstliche, das für ihn darin liegt, erkennt und die Zuversicht zu fassen vermag, dass dieses Heil nicht etwa nur diesem oder jenem, sondern auch ihm zugedacht ist, denn eine fröhliche Botschaft kann dem Menschen doch nur dann nützen, wenn er an der Wahrheit derselben nicht zweifelt, sondern sich überzeugen kann, dass auch er damit gemeint ist.“ (Heinrich Schmid)
„Der Glaube ergreift Christum, den Sohn Gottes, mit allen seinen himmlischen Gnadenschätzen, sonderlich die Versöhnung mit Gott, Vergebung der Sünden, den heiligen Geist, und alles, was Gottes ist, und das ewige Leben. Da können weder Sünde, Tod, Teufel, Hölle oder Welt einem solchen Menschen schaden, denn er hat Christum in sich und bei sich wohnend, der seine Gerechtigkeit ist wider die Sünde, sein Leben wider den Tod, seine Stärke wider den Teufel, sein Himmelreich wider die Hölle, sein Sieg wider die Welt, sein Segen wider aller Welt Fluch, seine Seligkeit wider alle Unseligkeit dieser Welt, seine Freiheit wider alle Menschensatzungen; welche der Herr Joh. 8,36. mit dem kurzen Sprüchlein begreift: So euch der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei. Also ist Christus dem Glauben alles, und er bedarf nichts mehr zur Seligkeit, als Christum alleine. Derowegen gibt der Glaube der Seele und dem Gewissen Ruhe, Friede, Freiheit und vertreibet alle Furcht, Angst und Schrecken und macht das Herz in Gott getrost und freudig.“ (Johann Arndt)
„Was gehört denn dazu, dass Christus mit seinem Verdienst unser werde? Zweierlei; erstlich, dass uns Gott dasselbe vortrage, anbiete, reiche, schenke und gebe durch seinen Geist. Und dazu hat Gott ein sonderlich Mittel oder Werkzeug verordnet, nämlich das Wort des Evangelii und die Sakramente, das ist Gottes seine gnädige, milde Hand, welche er zu uns ausstrecket und auftut, dadurch uns vorträgt, reichet und gibt die Verdienste und Wohltaten seines Sohnes zu unserer Seligkeit. Röm. 10. 2 Kor. 5. Tit. 3. Zum andern gehöret dazu, dass wir dasselbige ergreifen, an und zu uns nehmen und das applizieren. Und das geschieht durch den Glauben, Röm. 1. 3. 4. Joh. 3. Gal. 3; denn der Glaube ist gleichwie unsere Hand, dadurch wir als dürftige Bettler Christi Wohltaten zu uns nehmen, Joh. 1, und ist das Band, dadurch Christus in uns wohnet, Eph. 3, und wir in ihm gefunden werden, Phil. 3.“ (Martin Chemnitz)
Tue ich, was Gott will, so tut er, was ich will. Er ist Mann, ich bin Weib; lass ich ihm Macht über meinen, so lässt er mir Macht über seinen Willen. Im Glauben besteht alles, wie Christus sagt zum kananäischen Weiblein: O Weib, dein Glaube ist groß, dir geschehe, wie du willst. Durch den Glauben ist Gott ein Herr über mich und ich bin ein Herr über Gott. Der Herr gebietet, der Knecht gehorcht. Mein Bitten ist ein Gebieten. Der Glaube ist so sicher seiner Bitte, als ein Herr sein kann dessen, was er seinem Diener befohlen. Wenn Josua betet, muss ihm Gott die beiden Himmelsfackeln halten, den Streit mit seinen Feinden glücklich zu vollenden. Wenn Jakob in seinem Kampfe weint und fleht, muss Gott bitten: Ach, lass mich los; er aber spricht: Nein; ich lass dich nicht, du segnest mich denn. Der Glaube ist Gottes zu allen Dingen mächtig (ich schäme mich‘s zu sagen), wie ein Herr seines Knechts. Wie? Ist‘s nicht Ketzerei, Gott einen Knecht der Menschen zu nennen? So denkt ohne Zweifel der Papst, weil‘s der Erzketzer, Dr. Luther, gesagt hat. Höre seine eigenen Worte: „Israel heißt ein Herr Gottes; das ist gar ein hoher heiliger Name und begreift in sich das große Wunder, dass ein Mensch durch göttliche Gnade gleich Gottes mächtig würde, also, dass Gott tut, was der Mensch will; wie wir sehen, dass durch Christum die Christenheit mit Gott also vereinigt ist, wie eine Braut mit ihrem Bräutigam, dass die Braut Recht und Macht hat zu des Bräutigams Leib und allem, was er hat, welches alles durch den Glauben; da ist der Mensch ein Israel, der in Gott, mit Gott und durch Gott ein Herr ist, alle Dinge zu tun und zu vermögen.“ Was dünkt dich, Lieber, der du wider mich streitest, willst du mein mächtig werden? O weit gefehlt, ich bin dir in Gott wohl gewachsen. Seine Macht, meine Macht, Gottes Macht Allmacht. Du armes Strohhälmlein, willst du dich wider den auflehnen, der dich mit seinem Blitz und Donner kann in Stücken reißen? Ich fürchte mich nicht vor viel Hunderttausend, Gott kann und muss sie mir alle vom Leibe abhalten. Ich will mich ihm ganz ergeben und sagen: Herr, ich bin dein, mach‘s mit mir, wie dir‘s gefällt; so wird er sich mir zu eigen schenken und sprechen: Herz, ich bin dein, brauch mich, wie du willst, zu deinem Besten. Hand in Hand, der Bund hält fest. Ich bin dein; du bist mein, ewig soll die Liebe sein.
(Heinrich Müller)
Nicht immer ein Kind. Ist, was Paulus an seine Korinther schreibt: Lieben Brüder, werdet nicht Kinder an dem Verständnis 1 Kor 14,20. Kindisch will niemand heißen. Kindisch närrisch. Wer wollt ein Narr sein? Und doch überall ist‘s lauter Kinderspiel mit allem, was wir vorhaben, auch im Christentum. Wie ist ein Kind in seiner Größe? Niedrig. Trachten wir nicht alle nach dem, was hienieden ist? Sind nicht die meisten irdisch gesinnt? Sind wir nicht darin gleich den Kindern, die auf der Erde im Staub sitzen, mit Nüssen, Karten und anderm Puppenwerk spielen? Wie ist ein Kind an seinem Verstand? Albern; auch das, was allen andern Licht, ist ihm Finsternis, und kann‘s nicht begreifen. Ach! Schau den heutigen Christenhaufen an. Von ihm magst du sagen, was dort der Prophet von den Heiden sagt: Finsternis bedeckt das Land, und Dunkel die Völker Jes 60,2. Wie reichlich wohnt das Wort des Herrn unter uns, und wandelt doch mancher bei so hellem Licht in stockdicker Finsternis, weiß nicht einmal, wer sein Erlöser ist, will‘s auch nicht begreifen, als gäbe man‘s ihm einzutrinken. Heißt das nicht kindisch sein am Verstande?
Wie ist ein Kind am Verstande? Närrisch. Reich ihm dar in einer Hand ein Goldstück, in der andern ein Bißlein Zuckers, lass eins erwählen; was gilt‘s, ob‘s nicht eher wird nach dem Zucker greifen als nach dem Golde? Ja, solltest du in einer Hand Zucker darhalten, in der andern Gift, es sollte sobald nach dem Gift langen, als nach dem Zucker. Aber, Lieber, machst du es wohl besser? Du bist gestellt gerade zwischen Himmel und Erde; jener beut dir an was besteht, diese was vergeht; jener was wenig, diese was eitel ist; dieses wählst, jenes verschmähst du. Bist du nicht ein Kind? Ja freilich: Evas Kind, Evas Sinn, die nahm den Apfel und verlor den Garten. War nicht der Garten besser als der Apfel? Du wirst gestellt zwischen Fluch und Segen, Tod und Leben, Höll und Himmel. Jene dräuet man deinem Ungehorsam, du willst nicht gehorchen, erwählst die Hölle; heißt das nicht kindisch? Gift für Zucker. Wie ist ein Kind am Gemüt? Weich und veränderlich. Du lobst es, es ist gutes Muts und brüstet sich; du lästerst es, es wird entrüstet und lässt den Mut sinken; du gibst ihm, es lacht; du nimmst ihm, es weint. Nun beschaue dich selbst, wie findest du dich? Gott gibt, du bist mutig; Gott nimmt, du bist verzagt; Gott küsst, du lachst; Gott stäupt, du weinst; man lobt dich, du wirst hoch-, man lästert dich, du wirst kleinmütig; kommt Gewinn, du dankst; kommt Verlust, du zürnst; veränderlich auf einen jeden Blick als ein Kind. Wie ist ein Kind im Gehorsam? Ein Nieß- und Süßling. Mit Semmel, Zucker und andern Gaben muss der Vater anlocken, sollt‘s seinen Willen tun, und ihm den Gehorsam gleichsam abkaufen. Prüfe dich, ob du nicht auch hierin dem Kinde gleich seist? Wie viel Gutes hat dir Gott in seinem Wort verheißen! Wie viel Gutes tut er dir täglich an Leib und Seele, und kann dir doch kaum deine Liebe und Gehorsam abgewinnen! Tust du dann, was dein Gott will getan haben, so siehst du darin nicht bloß auf seine Ehre, sondern beiher auf deinen Vorteil, deine Wollust, und was sonst mehr. Ist ja kindisch. Wie ist ein Kind in seiner Armut? Schwach. Wenn gleich das Stücklein noch so leicht zu tragen, hebt‘s doch schwer dran, tut, als wenn kein Vermögen zu tragen bei ihm wäre, fasst‘s bald an, bald legt‘s wieder nieder, ruht sich dann und wann aus, klagt, es sei zu schwer oder zu viel. Spiegle dich, mein Christ, dein Ebenbild findest du hier. Ermahnt man dich, dass du dich selbst verleugnen, die Welt verschmähen, und Christo sein Kreuz nachtragen sollst, so beschwerst du dich über dein Unvermögen, und sprichst: Wie wär’s möglich, dass man so leben könnte? Ich bin nur ein Mensch und kein Engel. Ist eben als sprächst du: Ich bin nur ein Kind und kein starker Mann. Wie wahr redest du! Ein Kind im Christentum. Oft machst du einen guten Anfang, ermüdest aber bald, und ziehst die Hand vom Pflug wieder ab. Wie ist ein Kind in seinem Leiden? Ein Zärtling. Tut ihm nur ein Finger weh, wie stöhnt‘s, weint‘s, klagt‘s, will immer mit freundlichen Worten gestillt sein, immer im Schoß und an der Mutter Brüsten liegen. Gleich so bist du gesinnt. Wie leidlich tust du, wenn dich ein Kreuzchen trifft! Wie läufst du herum, kirrst und klagst, als läge dir Himmel und Erde auf dem Rücken; willst immer getröstet sein, und wo dir Gott nur einen Augenblick seine Trostbrüste entzieht, gar verschmachten. Solch Kinderwerk treibt man im Christentum; aber, mein Herz, nicht immer ein Kind. Endlich muss man ja die Kinderschuhe ausziehen. Du warst niedrig; wachse auf, komme dem Himmel immer näher und trachte nach dem, was droben ist. Du warst albern; werde verständig, sei wie ein Lichtlein, das je länger, je heller brennt (...). Du warst närrisch, nimm zu an Weisheit und wähl das beste Teil. Der Himmel hoch, die Erde niedrig: das Höchste des Beste; der Himmel groß, die Erde klein: je größer, je besser (...). Du warst veränderlich; werde gleichmütig in allem Zustande. Ob sich dein Zustand verändert, so verändert sich doch Gottes Herz nicht. Gibt er, sein Name sei gelobt! Nimmt er, sein Name sei gelobt! (...). Du warst ein Nießling, suchtest in deinem Gottesdienst nicht das, was Gottes, sondern was dein ist. Liebe ist kein Nießling. Liebst du Gott von Herzen, so gehorche ihm, nicht weil er gibt, und Gutes tut, sondern weil er Vater ist, und du ihm allen kindlichen Gehorsam schuldig bist. Du warst schwach und konntest kein Splitterlein heben im Christentum; werde stark im Herrn, und lass deinen Christen tragen, was der Mensch nicht tragen kann (...). Du warst ein Zärtling im Leiden, werd ein Härtling. Hart gegen hart. Setzt das Kreuz hart auf dich zu, erhärte dich im Tragen, Gott hilft überwinden. Aus dem Kindlein wird ein Jüngling, und aus dem Jüngling ein alter Mann; aus dem anwachsenden ein aufwachsender, und aus dem aufwachsenden ein erwachsener Christ. Das helf dir Gott!
(Heinrich Müller)
„Der Glaube macht den Menschen ein Ding und einen Geist mit Gott, also dass er eben des gesinnt wird, das will und begehrt, das sucht und liebt, das Gott will. Und geht hier nicht anders zu, denn wie zween Freunde, die miteinander vereinigt sind, und einer will, was der andere will.“
(Martin Luther)
„Durch diese Worte: „Abraham hat Gott geglaubt“ (Gal 3,6) macht Paulus aus dem Glauben an Gott den höchsten Gottesdienst, die größte Willfährigkeit, den höchsten Gehorsam, das angenehmste Opfer. Wer nun ein guter Redekünstler ist, der führe diesen Spruch weiter aus, und er wird sehen, dass der Glaube ein allmächtiges Ding ist, und dass seine Kraft unermesslich und unendlich ist. Denn er gibt Gott die Ehre, die das Größte ist, was man ihm geben kann. Aber „Gott die Ehre geben“, das ist ihm glauben, ihn für wahrhaftig, weise, gerecht, barmherzig, allmächtig halten, kurz, erkennen, dass er der Urheber und Geber alles Guten ist. Das tut die Vernunft nicht, sondern der Glaube. Der vollendet die Gottheit, und ist, dass ich so sage, der Schöpfer der Gottheit, nicht was das Wesen (substantia) Gottes anbetrifft, sondern in uns. Denn ohne den Glauben verliert Gott in uns seine Ehre, Weisheit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Barmherzigkeit etc., kurz, es wird Gott nichts von seiner Majestät und Gottheit gelassen, wo der Glaube nicht ist. Gott fordert auch von dem Menschen nichts mehr, als dass er ihm seine Ehre und Gottheit gebe, das heißt, dass er ihn nicht für einen Götzen, sondern für Gott halte, der sich unser annehme, uns erhöre, sich unser erbarme, uns beistehe etc. Wenn ihm dies zu Teil wird, so hat er seine Gottheit ganz und unverletzt, das heißt, er hat alles, was ein gläubiges Herz ihm geben kann. Darum, wer Gott diese Ehre geben kann, der hat die höchste Weisheit, die höchste Gerechtigkeit, den höchsten Gottesdienst, das angenehmste Opfer.“
(Martin Luther)
Martin Luther zu Psalm 118,14
„Der Herr ist meine Macht, mein Psalm, und mein Heil.“
„Das erste ist, dass er rein und fein auf Gott trauet, dass Gott alles und alles in ihm wirke, rede und lebe, und er nicht auf eigene Kraft, Vermögen, Vernunft, Weisheit, Heiligkeit, oder Werk poche; er will nichts sein, auf dass Gott in ihm alles sei, und alles tue. O das ist ein hohes Lied, und ein seltsamer Gesang auf Erden, dazu auf keinen Menschen oder Fürsten, auf keine Macht der Welt, Reichtum, Freunde, Bündnis, Beistand, Weisheit, Werk, Trost oder Hilfe trotzt noch sich verlässt, sondern bloß und lauter auf Gott, auch wider sich selbst, wider aller Welt Macht, Weisheit und Heiligkeit; das ist noch höher gesungen, Gott soll allein seine Macht, Trost, Trotz sein (...). Nun, es komme, wann und wie es komme, so hören wir hier wohl, dass die Heiligen müssen sich mit dem Teufel raufen, und mit dem Tode beißen, es schaffe der Verfolger Krieg oder Pestilenz und andere Krankheit und Fahr des Lebens. Es ist aber in solchem Kampfe das Allerbeste und Nächste zum Siege, dies Liedlein der Heiligen lernen singen, das ist, sich selbst verleugnen, und an die rechte Hand Gottes sich hängen. So geschieht dem Teufel eine große Schalkheit, dass er leer Stroh zu dreschen findet; nämlich also: Ich will nichts sein, alle meine Macht soll der Herr sein, wie droben gesagt ist. Wenn ich das tue, so bin ich rein ausgeleert von mir selbst und alle dem, das mein ist, und kann sagen: Was sichtest du, Teufel? suchst du gute Werke, und meine eigene Heiligkeit zu tadeln vor Gott? Je, habe ich doch keine; meine Macht ist nicht meine Macht, der Herr ist meine Macht. Lieber, räuf mich in der Hand, oder zähle Geld aus ledigem Beutel. Suchst du aber meine Sünde zu verklagen? Je, habe ich doch auch keine. Hier ist die Macht des Herrn, die magst du immerhin verklagen, bis du satt werdest; ich weiß weder von Sünden noch von Heiligkeit in mir; nichts, nichts weiß ich, denn von Gottes Kraft in mir. Gar fein wäre es (sage ich), wer so von sich selbst lassen könnte, und den Teufel spotten mit der leeren Tasche; gleichwie jener arme Hauswirt den Dieb spottete, den er bei der Nacht in seinem Hause ergriff, und sprach: Ach, du törichter Dieb, willst du bei finsterer Nacht etwas hierin finden, und ich kann bei lichtem Tage nichts hinnen finden. Denn was will der Teufel machen, wo er so eine ledige Seele findet, die ihm weder auf Sünde noch Heiligkeit antworten will? Da muss er lassen alle seine Kunst, beide Sünde aufblasen und gute Werke schänden, und wird gewiesen auf die rechte Hand Gottes, die muss er wohl mit Frieden lassen. Fällst du aber von diesem Liede, und er ergreift dich in deinen Sünden oder guten Werken, und gestehest ihm seiner Disputation; dass du ihm zusehen und hören willst; so soll er dich zurichten, wie er dich nach seinem Wunsch gerne hat, dass du Gott mit seiner rechten Hand, und alles vergessest und verlierest (...).“
(Walch 2. Ausg. Bd. 5, Sp. 1216-1227)
„Der Glaube ist ein lebendig und gewaltig Ding; er ist nicht ein schläfriger und fauler Gedanke, schwebt auch und schwimmt nicht oben auf dem Herzen, wie eine Gans auf dem Wasser, sondern ist wie Wasser, so durch Feuer erhitzt und erwärmt ist. Dasselbe, ob es wohl Wasser bleibt, so ist es doch nicht mehr kalt, sondern warm, und ist also gar ein ander Wasser: also macht der Glaube, der des Heiligen Geistes Werk ist, ein ander Herz, Gemüt und Sinn und macht also gar einen neuen Menschen. Darum ist der Glaube ein geschäftig, schwer und gewaltig Ding, und so man recht davon reden wollte, so ist er vielmehr ein Leiden, denn eine Wirkung. Denn er ändert Herz und Sinn; und da sich die Vernunft an das Gegenwärtige pflegt zu halten, da ergreift der Glaube die Dinge, so nirgend vor Augen scheinen; dieselben hält er wider alle Vernunft für gegenwärtig. Und ist dieses die Ursache, dass der Glaube nicht eines jeden ist, wie das Gehör; denn wenige sind gläubig, der größte Haufe aber hält sich viel mehr an gegenwärtige Dinge, die man fühlt und greift, denn an das Wort.“
(Martin Luther zu 1. Mose 12,4)
Das zweite ist das Geständnis meines Herzens und meiner besten Vernunft, dass es ohne Glauben an Jesum Christum unmöglich ist, Gott zu erkennen, was für ein liebreiches, unaussprechlich gütiges und wohltätiges Wesen er ist, dessen Weisheit, Allmacht und alle übrige Eigenschaften nur gleichsam Werkzeuge seiner Menschenliebe zu sein scheinen; dass dieser Vorzug der Menschen, der Insekten der Schöpfung, unter die größten Tiefen der göttlichen Offenbarung gehört; dass Jesus Christus sich nicht nur begnügt, ein Mensch, sondern ein armer und der elendeste geworden zu sein, dass der Heilige Geist uns ein Buch für sein Wort ausgegeben, worin er wie ein Alberner und Wahnsinniger, ja wie ein unheiliger und unreiner Geist unsrer stolzen Vernunft Märlein, kleine verächtliche Begebenheiten zur Geschichte des Himmels und Gottes gemacht, 1. Kor. 1,25; – dass dieser Glaube uns alle unsere eigenen Handlungen und die edelsten Früchte der menschlichen Tugend nicht anders als die Risse der feinsten Feder unter einem Vergrößerungsglas entdeckt oder die zarteste Haut unter gleichem Anblick; dass es daher unmöglich ist, ohne Glauben an Gott, den sein Geist wirkt und das Verdienst des einigen Mittlers, uns selbst zu lieben und unsern Nächsten; kurz, man muss ein wahrer Christ sein, um ein rechtschaffener Vater, ein rechtschaffenes Kind, ein guter Bürger, ein rechter Patriot, ein guter Untertan, ja ein guter Herr und Knecht zu sein; und dass, im strengsten Wortverstand, jedes Gute ohne Gott unmöglich ist, ja dass er der einzige Urheber desselben.
J. G. Hamann
„Ein gläubiger Mensch ist, wer Gott allem anderen vorzieht.“
(frei nach islam. Quelle)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Behandle Gottes Zusagen nicht wie Museumsstücke, sondern glaube ihnen und mache von ihnen Gebrauch. C. H. Spurgeon
Die Vernunft ist ein Licht, doch der Glaube ist eine Sonne. C. H. Spurgeon
Verlass dich nicht auf deine Gefühle, dann werden sie dich auch nicht zu Boden drücken. Halte dich glaubend an den Herrn! C. H. Spurgeon
Zur Übung unseres Glaubens sind Wolken und Dunkelheit notwendig, um uns zu veranlassen, dass wir unser Vertrauen mehr auf Christus setzen als auf unsere Erfahrungen, Beweisgründe, Gemütsstimmungen und Gefühle. C. H. Spurgeon
Als Abraham vom Todesengel gerufen wurde, weigerte er sich, ihm zu folgen, weil er nicht glauben konnte, dass Gott jemanden töten würde, der ihn so sehr geliebt hatte. Aber er vernahm das Wort: „Hast du je einen Liebenden gesehen, der sich weigert, zu seinem Geliebten zu gehen?“ Als er das hörte, übergab er seine Seele freudig dem Engel. nach A. Schimmel
Behandle Gottes Zusagen nicht wie Museumsstücke, sondern glaube ihnen und mache von ihnen Gebrauch. C. H. Spurgeon
Bei den meisten Menschen gründet sich der Unglaube in einer Sache auf blinden Glauben in einer andern. G. Chr. Lichtenberg
Christen, die nicht weinen und meinen, sie seien besonders glaubensstark, sollten sich nicht täuschen. Gott kann ihnen am Ziel nicht einmal die Tränen abwischen. Johann Albrecht Bengel
Das Begründende muss gewiss sein, sonst könnte man nichts damit begründen. Das zu Begründende muss ungewiss sein, sonst hätte es keine Begründung nötig. Versteht es sich da nicht von selbst, dass der Glaube auf die erste Seite gehört? Thomas Gerlach
Das Ungute an der modernen Vorstellung vom geistigen Fortschritt besteht darin, dass dieser durchweg mit dem Sprengen von Fesseln, dem Beseitigen von Schranken, dem Abschaffen von Dogmen assoziiert wird. Wenn irgend es aber geistige Entwicklung geben soll, dann muss sie Entwicklung zu immer mehr festen Überzeugungen, zu immer mehr Dogmen meinen. Das menschliche Gehirn ist eine Maschine, die den Zweck hat, Schlüsse zu ziehen; kann sie das nicht, ist sie eingerostet. Wenn wir gesagt bekommen, ein Mensch sei zu klug, um glauben zu können, dann ist das fast ein Widerspruch in sich. Genauso gut ließe sich von einem Nagel sagen, er sei zu gut, um den Teppich festzuhalten, oder von einem Riegel, er sei zu stark, um die Tür zu verschließen. G. K. Chesterton
Der Glaube besteht darin, dem Ungewissen mit leidenschaftlicher Überzeugung anzuhangen. Sören Kierkegaard
Der Glaube ist kein Werk der Vernunft und kann daher auch keinem Angriff derselben unterliegen, weil Glauben so wenig durch Gründe geschieht als Schmecken und Sehen. Johann Georg Hamann
Der Glaube muss geprüft werden, weil er nur durch Konflikte in einen persönlichen Besitz verwandelt werden kann. Oswald Chambers
Der Glückliche bedarf des Glaubens, um nicht übermütig zu werden, der Nichtglückliche aber als Halt und der Unglückliche, um nicht zu unterliegen. Wilhelm Friedrich von Humboldt
Der Ungebildete glaubt das, was ihm passt. Ariost
Die Freude ist der Doktorhut des Glaubens. Martin Luther
Die Menschen glauben alles, es darf nur nicht in der Bibel stehen. Napoleon Bonaparte
Die Vernunft ist das größte Hindernis für den Glauben, weil alles Göttliche ihr widersinnig erscheint. Martin Luther
Ehe man seine Vergangenheit nicht erträgt, ist die Vergebung noch nicht recht geglaubt. Jochen Klepper
Ein wahrer Menschenfreund; ... er legt mit unerschöpflicher Geduld und tiefem Glauben die in die Menschen eingemeißelte Inschrift Gottes frei, dessen ungestalte, schiefe Denkmäler sie sind. Henry David Thoreau
Es gibt nur eine Möglichkeit, gut zu sein: nicht mehr versuchen, gut zu sein, sondern sich im Glauben an Jesus Christus zu halten. Oswald Chambers
Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist. Rabindranath Tagore
Glaube ist die Fähigkeit, hinter allem Gott zu sehen. Oswald Chambers
Glaube ist Gewissheit ohne Beweis. H. F. Amiel
Glaube nicht alles, was du hörst! Liebe nicht alles, was du siehst! Sage nicht alles, was du weißt! Tue nicht alles, was du willst! Martin Luther
Glauben ist Ruhen in der Treue Gottes. Hudson Taylor
Heilige sind Menschen, durch die es den anderen leichter wird, an Gott zu glauben. Nathan Söderblom
Hüte Dich, alles zu begehren, was Du siehst, alles zu glauben, was Du hörst, alles zu sagen, was Du weißt, und alles zu tun, was Du kannst! Inschrift im Franziskanerkloster Lyon
Ich glaube, dass die Selbstgerechtigkeit dein Verderben ist, und darum sage ich dir ganz offen und aufrichtig, dass du ebenso gut hoffen kannst, mit einem Luftballon in den Himmel zu fliegen, als durch deine guten Werke hineinzukommen. Ebenso gut könntest du in einem Sieb nach Ostindien fahren, als durch dein gutes Wesen in die Herrlichkeit zu gehen. Du könntest ebenso gut in Spinnweben deinem Fürsten dich vorstellen, als in deiner eigenen Gerechtigkeit dem König des Himmels. Fort mit deinen Lumpen, mit deinen zerfaulten, stinkenden Fetzen. Sie sind nur ein Mistbeet für das Unkraut des Unglaubens und Stolzes. Es ist in Gottes Augen nichts nütze. Warum willst du deinen Kopf so hoch tragen, dass man ihn abschneiden muss? C. H. Spurgeon
Ich hasse von Herzen die großen Sorgen, von denen Du, wie Du schreibst, verzehrt wirst. Dass sie Dein Herz so beherrschen, daran ist nicht die Größe der Gefahr, sondern die Größe unseres Unglaubens schuld. Martin Luther in einem Brief an Melanchthon
Ich will Ihnen von mir sagen, dass ich ein Kind dieser Zeit, ein Kind des Unglaubens und der Zweifelsucht bin und es wahrscheinlich (ich weiß es bestimmt) bis an mein Lebensende bleiben werde. Wie entsetzlich quälte mich (und quält mich auch jetzt) diese Sehnsucht nach dem Glauben, die um so stärker ist, je mehr Gegenbeweise ich habe. Und doch schenkt mir Gott zuweilen Augenblicke vollkommener Ruhe; in solchen Augenblicken liebe ich und glaube, auch geliebt zu werden; in diesen Augenblicken habe ich mir mein Glaubensbekenntnis aufgestellt, in dem mir alles klar und heilig ist. Dieses Glaubensbekenntnis ist höchst einfach, hier ist es: Ich glaube, dass es nichts Schöneres, Tieferes, Sympathischeres, Vernünftigeres, Männlicheres und Vollkommeneres gibt als den Heiland; ich sage mir mit eifersüchtiger Liebe, dass es dergleichen nicht nur nicht gibt, sondern auch nicht geben kann. Ich will noch mehr sagen: Wenn mir jemand bewiesen hätte, dass Christus außerhalb der Wahrheit steht, und wenn die Wahrheit tatsächlich außerhalb Christi stünde, so würde ich es vorziehen, bei Christus und nicht bei der Wahrheit zu bleiben. F. M. Dostojewski
In diesen zwei Stücken besteht das ganze christliche Leben: Glaube an Gott und hilf deinem Nächsten! Martin Luther
Man soll nicht in den Himmel gaffen, wenn man vom Himmelreich reden hört. Das Himmelreich ist überall da, wo der Glaube ist. Martin Luther
Mit dem Tode umzugehen ist die Schule des Glaubens. Martin Luther
Mühe und Fürsorge sind nicht wider den Glauben. Aber die Sorge ist wider Gott. Martin Luther
Soviel Glauben du hast, soviel Lachen hast du. Martin Luther
Studiere und raste nie!
Du kommst nicht weit mit Deinen Schlüssen.
Das ist das Ende der Philosophie,
Zu wissen, dass wir glauben müssen. Emanuel Geibel
Unser Glaube hängt mehr von unserem Charakter als von unserer Einsicht ab. Nicht alle, die sich über die Auguren lustig machen, haben mehr Geist als die, die an sie glauben. Luc de Clapier Vauvenargues
Von Thomas von Aquin, dem großen Kirchenlehrer des Mittelalters, wird erzählt, es sei leicht gewesen, ihm einen Bären aufzubinden, und so habe ein Mitbruder ihn überrascht, indem er plötzlich zum Himmel zeigte und rief: „Schau, da fliegt ein Ochse!“ Thomas drehte den Kopf in die angegebene Richtung und schaute, aber sein Mitbruder lachte: „Wie kannst Du nur glauben, dass ein Ochse wirklich fliegt?“ Thomas aber antwortete: „Mein Freund, ich glaube eher, dass ein Ochse fliegen kann, als dass ein Mitbruder mich in die Irre führt.“
Weil die große Menge immer gleich elend bleibt, bleibt sie nie lange demselben Aberglauben ergeben, vielmehr wird sie immer wieder von einem neuen Aberglauben angezogen, von welchem sie noch niemals getäuscht worden ist. Spinoza
Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist, und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen, besser zu begreifen, was du Gott nennst. Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, heißt das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist. Leo Tolstoi
Es bereitet Vergnügen, sich auf einem vom Sturm umtosten Schiff zu befinden, wenn man die Gewissheit hat, dass es keinesfalls untergehen wird; die Verfolgungen, welche die Kirche heimsuchen, sind von dieser Art. Blaise Pascal
Wenn dir ein Mensch begegnet, der sich viel dünkt und groß und breit dasteht, wende dich um und habe Mitleid mit ihm. Wir sind nicht groß, aber unser Glück ist, dass wir an etwas Größeres und Besseres glauben können! Matthias Claudius
Wenn Du willst, dass Dein Nächster an Gott glaubt, dann lass ihn sehen, was Gott aus Dir gemacht hat… Ralph Waldo Emerson
Wenn ich auch nur einen einzigen Tag das Gebet vernachlässige, verliere ich viel vom Feuer des Glaubens! Martin Luther
Wer glaubt, hastet nicht. Hudson Taylor
Wer in Glaubenssachen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten. Wilhelm Busch
Wer seinen Glauben mit Gründen verteidigt, kann mit Gründen widerlegt werden. Robert Hamerling
Wer um Gottes willen gibt und um Gottes willen hindert und um Gottes willen liebt und um Gottes willen hasst und um Gottes willen heiratet, dessen Glaube ist vollkommen geworden. Muhammad
Wir haben soviel, wie wir glauben und hoffen. Martin Luther
Keiner von euch ist wirklich gläubig, solange er nicht für seinen Bruder das gleiche wünscht wie für sich selbst. Muhammad
Der Mensch neigt dazu, mit besorgtem Blick auf sich selbst zu schauen. Er starrt gebannt auf die eigene Befindlichkeit und erwartet von niemandem viel, außer von sich selbst. Der Glaube aber löst diese ungesunde Fixierung und verweist uns auf den, dem wir alle Sorge überlassen können. Wir dürfen den Blick weg-wenden von all dem „Ich“ und „Mir“ und „Mein“ und „Mich“, um hinzuschauen auf Christus. Denn in der Neuausrichtung auf ihn öffnet sich der verkrümmte und verkrampfte Mensch zu fröhlicher Selbstvergessenheit, um sich jenseits der eigenen Person in Christus zu gründen.
Ist Glaube ein „Vertrag“ mit Gott? Nicht im dem Sinne, dass Inhalte und Bedingungen des Bundes frei ausgehandelt würden. Die Partner sind nicht auf Augenhöhe. Und doch ist der „neue Bund“ in Christus ein Verhältnis wechselseitiger Loyalität und Treue, das klare Zusagen und Pflichten einschließt. Nichts daran ist verdient, der Glaubensbund wird gnadenhaft gewährt! Doch kann ihn verspielen, wer die Gemeinschaft nicht pflegt. Christ-Sein ist also etwas viel Konkreteres und Verbindlicheres als nur ein wenig Moral und diffuse religiöse Gefühle!
Menschen, die jede religiöse Wirklichkeit leugnen, „glauben“ auch etwas. Denn sie vertreten eine Überzeugung, die sich nicht als zwingend demonstrieren lässt. Sie leben und handeln auf der Grundlage weltanschaulicher Voraussetzungen, deren Richtigkeit rein rational nicht nachzuweisen ist. Und sie tun damit genau das, was religiöse Menschen auch tun. Denn das Vertrauen, das sie Gott entziehen, müssen sie anderen Instanzen schenken. Das ist ein großes Wagnis. Und so halten sich nicht-religiöse Menschen keineswegs allein an „Fakten“, sondern an ihre – durchaus nicht zwingende – Interpretation der Fakten.
Glaubens-Gehorsam kennt keinen Gegensatz von „heteronom“ und „autonom“, sondern ist Selbstbestimmung zur Fremdbestimmung, denn er besteht in dem seltsamen Eigensinn, unbedingt mit dem, an den man glaubt, „eines Sinnes“ sein zu wollen. Der Gehorchende lehnt es ab, durch abweichendes Wollen die ihm so kostbare Gemeinschaft in Frage zu stellen. Vielmehr ist es seine Entscheidung, das Entscheiden dem Herrn zu überlassen. Der Jünger sieht in diesem Gehorsam nichts anderes als die höchste Betätigung seiner Freiheit. Und sich von Christus bestimmen zu lassen, hält er für die ihm gemäße Form der Selbstbestimmung.
Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes sind nicht erst die Ergebnisse unseres Denkens neu, sondern schon die Voraussetzungen. Der Wandel selbst aber wird nicht etwa begründet, sondern liefert seinerseits die Begründung für vieles – wie ja auch der, der von einem mächtigen Gegner überrannt wurde, keine besonderen Gründe braucht, um am Boden zu liegen. Nicht der Christ hat eine Erkenntnis, sondern sie hat ihn. Er hat nicht sichergestellt, sondern wurde sicher-gestellt. Und so ist Glaube tatsächlich „Gewissheit ohne Beweis“ (Amiel).
Das Leben ähnelt einem Markt, auf dem wir mit unseren Potentialen Handel treiben und Waren wie Kraft und Zeit gegen andere tauschen. Über den bleibenden Gewinn entscheiden aber nicht die Mittel, die wir nur vorübergehend haben, sondern der Zweck, für den wir sie einsetzen. Worauf wir heute aus sind, bestimmt darüber, wer wir in Ewigkeit gewesen sein werden. Darum investiere man sich nicht in das Falsche und gebe nicht Diamanten für Glasperlen: bei Gott Kredit zu haben, ist die einzige wirklich „harte“ Währung!
Die Naivität der Kinder ist nicht zu idealisieren oder zu fördern. Denn ein unrealistisches Bild vom „lieben Gott“ wird später auf dem Müllhaufen landen, auf dem schon das Einhorn und die Zahnfee liegen. Ein Vorbild sind Kinder aber, insofern sie mit dem Klein-Sein kein Problem haben, es normal finden, wenn vieles ihren Horizont übersteigt, und sich unbefangen auf ihre Eltern verlassen. Nicht das Defizitäre am Kind ist „vorbildlich“, sondern seine Bereitschaft, hinsichtlich seiner Defizite auf die guten Mächte zu vertrauen, die ihm überlegen sind!
1.
Glaube ist ein Perspektivwechsel, bei dem das eigene Ich und Gott die Plätze tauschen. In der egozentrischen Verwirrung, die allen Sündern natürlich ist, sieht sich der Mensch als Mittelpunkt. Er nimmt an, die Bedeutung aller Dinge sei daran abzulesen, was sie ihm (!) bedeuten. „Glaube“ besteht aber darin, diesen Irrtum zu erkennen und „umzudenken“. Denn tatsächlich steht Gott im Zentrum – und das eigene Ich in der Peripherie. Bei Gott, nicht bei uns, laufen die Linien zusammen. Und für alles, was nicht selbst Gott ist, ist er der maßgebliche Bezugspunkt. Glaube ist die Summe der daraus zu ziehenden Konsequenzen.
2.
Was der Heilige Geist im Menschen bewirkt, ist verwirrend vielfältig – es geht aber alles auf einen großen Perspektivwechsel zurück: Das organisierende Zentrum des normalen Menschen liegt in seinem Bedürfnis, sich wunschgemäß in der Welt einzurichten. Das organisierende Zentrum des Christen liegt hingegen jenseits der eigenen Person in Gott. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes will er Gott-gemäß in der Welt sein. Und das verändert all sein Wahrnehmen, Bewerten und Handeln. Statt „autonom“ von und für sich selbst zu leben, möchte er „theonom“ von Gott und auf Gott hin leben. Durch Gottes Geist findet er seine Mitte – findet sie aber nicht in sich selbst, sondern in Gott.
Gottes Wort geht in seinen Warnungen und Verheißungen den Ereignissen voraus, von denen es spricht. Es nützt darum nur dem, der es Gott (gegen den aktuellen Augenschein) glaubt. Das den Ereignissen vorgreifende Wort trennt also jene, denen es nützt (weil sie Gott „beim Wort“ nehmen), von jenen, denen Gottes Wort auch gar nicht nützen will (weil sie’s für Geschwätz halten). Jene, die Gott nicht trauen, ignorieren seine Ansagen und tun gar nichts, bis es zu spät ist. Die anderen aber nehmen seine Botschaft ernst, ergreifen entsprechende Maßnahmen und werden durch ihren Glauben gerettet.
GLAUBE ALS ZUGRIFF UND ANEIGNUNG
Glaube ist ein entschlossenes Zugreifen auf die Verheißungen Gottes, die sich der Gläubige im Wissen um seine Bedürftigkeit aneignet. Er behaftet Gott bei seinem Wort, hinter das er, (um seiner Ehre willen) nicht mehr zurück kann. Sich darauf zu berufen – und notfalls auch gegen Gott auf Gottes Treue zu insistieren! – das allein ist rettender Glaube. Denn ein Evangelium, das ich nicht persönlich aneigne, ist so viel wert wie ein Scheck, den ich nicht einlöse, wie ein Geschenk, das ich nicht auspacke, oder ein Medikament, das ich nicht nehme.
Eine Gewissheit, die auf Erfahrung beruht, wird nicht dadurch zweifelhaft, dass diese Erfahrung anderen Menschen fehlt. Denn es stimmt nicht, dass nur wirklich sei, was jedem Menschen jederzeit als wirklich demonstriert werden kann. Manches erfährt man nur zu bestimmten Zeiten, nur an bestimmten Orten oder nur mit besonders scharfen Augen! Auch der Glaube resultiert aus einer Erfahrung, die nicht jeder macht. Er verdankt sich nicht der Vernunft, ist aber auch nicht gegen die Vernunft, sondern bloß über der Vernunft – und daher keineswegs unvernünftig.
Glaube besteht nicht im „Hören auf das eigene Herz“, sondern im Hören auf Gottes Wort. Und er macht ernst damit, dass alles in Wahrheit nur ist, was es in Gottes Augen ist. Nichts wird in seinem Wesen erkannt, wenn man es nicht zu Gott in Relation setzt. Und alles, was man aus dieser Relation löst, wird notwendig missverstanden. Darum ist Glaube ist ein Verfahren der Meinungsbildung, das dem Anschein gerade nicht vertraut, sondern jedes Ding im Lichte des Evangeliums betrachtet, um es dann so zu bewerten, wie es sich in diesem Licht darstellt.
In Röm 9,3 trauert Paulus um Israel und sagt: „Ich selber wünschte, verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch…“. Martin Luther sagt dazu:
„Diese Worte kommen denen wunderlich, ja töricht vor, die sich heilig dünken und Gott mit der Liebe sündlicher Begier lieben, d. h. um ihres Heiles und um der ewigen Ruhe willen oder um der Hölle zu entgehen, d. h. nicht um Gottes, sondern um ihrer selbst willen. Sie schwätzen davon, dass die „geordnete“ Liebe bei sich selbst anhebe, und jeder müsse zunächst sich selbst das Heil wünschen, hernach wie sich so auch dem Nächsten. So denken sie, weil sie nicht wissen, was das heißt: selig und erlöst sein; es sei denn, sie verstehen darunter ein vergnügliches Dasein führen und es sich gut gehen lassen, wie es sich ihre Phantasie ausmalt, wo doch „Seligsein“ heißt: den Willen Gottes und seinen Ruhm in allen Dingen wollen und nichts eigenes wünschen weder hier noch im zukünftigen Leben. Für die aber, die Gott wahrhaft lieben mit der Liebe eines Kindes und Freundes, die nicht von Natur da ist, sondern allein vom Heiligen Geist kommt, sind diese Worte wunderschön und Zeugnisse eines Vorbildes von vollkommener Art. Solche schicken sich freiwillig in jeglichen Willen Gottes, auch in die Hölle und den ewigen Tod, wenn es Gott so will, dass sein Wille völlig geschehe; so sehr suchen sie nichts von dem, was das Ihre ist. Doch so, wie sie sich selbst dem Willen Gottes so ohne Vorbehalt gleichförmig machen, so ist’s unmöglich, dass sie in der Hölle bleiben. Denn es ist unmöglich, dass außerhalb von Gott bleibt, wer sich dem Willen Gottes so völlig hingibt. Er will, was Gott will, also gefällt er Gott; gefällt er ihm, so ist er geliebt; ist er geliebt, so ist er selig. Aber man kann fragen, ob es Gott jemals gewollt hat oder will, dass sich ein Mensch in die Hölle schickt und der Verdammnis ausliefert oder in das Verbanntsein von Christus weg im Einklang mit Gottes Willen. Ich antworte: Bei den allermeisten will er’s und vor allem bei denen, die in der Liebe oder in der reinen Hingabe an Gott noch unvollkommen sind. Denn bei ihnen muss die sündliche Eigenliebe, die sich so tief eingenistet hat, notwendigerweise ausgerottet werden. Sie wird aber nur ertötet durch eine überschwenglich reiche Eingießung der Gnade oder durch solche rücksichtsloseste Selbstaufopferung.“ (Martin Luther)
Gottes Ratschluss zur Erwählung ist keine so wackelige Sache, dass ihm der Mensch wieder aus den Händen rutschen könnte, wie dem Angler ein allzu glitschiger Fisch. Es ist undenkbar, dass Gottes Geist in jemandem echten Glauben wecken sollte, um ihn danach wieder gänzlich fallen zu lassen. Was Gott anfängt, bringt er auch zu Ende – und seine Zusagen täuschen niemanden. Menschen aber täuschen sich selbst. Und wenn ihr „Glaube“ nur eingebildet bzw. angemaßt war, gehen sie verloren. Doch erwählt waren sie dann nicht. Denn die, die Gott will, bekommt er auch. Und die er nicht bekommt, hat er sowenig gewollt wie sie ihn.
1.
Beim Christ-Sein geht es nicht darum, dass einer seinen religiösen Gefühlen, sondern dass er dem Evangelium glaubt. Darum dürfen fromme Stimmungen und innere Erlebnisse nicht zur Zugangsbedingung erhoben werden. Christus hat nicht die zu sich gerufen, die etwas Tolles fühlen, sondern die Mühseligen und Beladenen – und die müssen weder „gute Werke“ noch „religiöse Gefühle“ mitbringen. Wenn Christus will, kann er beides schenken. Es geht aber auch ohne. Denn Christus ist verlässlich, und unsere religiösen Gefühle sind es nicht.
2.
Manchmal wird behauptet, es käme beim Glauben vor allem auf die Hingabe an, während der geglaubte Inhalt nicht so wichtig sei. Aber kann man sich von Herzen hingeben, ohne zu wissen an wen? Kann man rückhaltlos vertrauen, ohne zu wissen auf was? Das ist unmöglich, denn so wenig wie ein Verliebter kann der Gläubige seine Ergriffenheit trennen von dem, was ihn ergriffen hat. Wir fürchten, vertrauen und lieben Gott, weil er ist, wie er ist. Wäre er aber anders (oder hätten wir keine Ahnung wie er ist), wäre das unmöglich, denn der Glauben ist lediglich ein Reflex, der widerspiegelt, wie Gott uns in seiner Offenbarung gegenübertritt.
Glaube und Vernunft
Wie die Reformation zeigt, bleibt der Glaube nur gesund, wenn er sich regelmäßig daraufhin prüft, ob das, was er vertritt, dem Neuen Testament entspricht und sich der Vernunft erschließt. Was beiden Kriterien nicht genügt, ist nach eingehender Prüfung zu verwerfen. Und was beiden Kriterien genügt, ist umso nachdrücklicher beizubehalten. Was nur der Vernunft einleuchtet, während die Hl. Schrift dazu schweigt, kann als nützlich beibehalten werden, darf aber nicht in den Rang eines Glaubensgegenstandes erhoben werden. Und was geschrieben steht, ohne dass es sich der Vernunft erschlösse, ist dennoch als Gottes Wort zu ehren, denn der Fehler liegt sicher bei unsrer beschränkten Vernunft – und nicht bei Gottes Offenbarung.
Kluge Menschen haben Gott gegenüber keinen Vorteil. Denn Gott wollte nicht, dass der Glaube ein Rätsel sei, das nur die Schlauen lösen, während die Dummen mal wieder „dumm“ dastehen. Deshalb hat Gott die Wahrheit des Glaubens nicht dem Menschengeist anvertraut, sondern seinem Heiligen Geist, der sie zugänglich machen oder verweigern kann. Gott liebt die Gescheiten nicht mehr als die Trottel, und teilt sich darum der Welt mit in einem Evangelium, dem menschliche Dummheit nichts abbrechen, und dem menschliche Weisheit nichts hinzuzufügen vermag.
Die guten Werke, die aus dem Glauben hervorgehen, sind in einer Hinsicht nicht notwendig und in einer anderen Hinsicht notwendig: (1. Satz) Nicht notwendig sind die Werke im Blick auf das Heil des Menschen, denn dafür sorgt Jesus Christus ganz allein. (2. Satz) Notwendig sind sie aber, insofern der Glaube gar nicht anders kann, als die Frucht guter Werke hervorzubringen. Beide Sätze sind richtig und wichtig! In Spannung treten sie aber nur, wenn man einen davon missversteht.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Unglaube im eigentlichsten historischen Wortverstande ist die einzige Sünde gegen den Geist der wahren Religion, deren Herz im Himmel, und ihr Himmel im Herzen ist. Nicht in Diensten, Opfern und Gelübden, die Gott von den Menschen fordert, besteht das Geheimnis der christlichen Gottseligkeit; sondern vielmehr in Verheißungen, Erfüllungen und Aufopferungen, die Gott zum Besten der Menschen getan und geleistet; nicht im vornehmsten und größten Gebot, das er aufgelegt, sondern im höchsten Gute, das er geschenkt hat: nicht in Gesetzgebung und Sittenlehre, die bloß menschliche Gesinnungen und menschliche Handlungen betreffen; sondern in Ausführung göttlicher Taten, Werke und Anstalten zum Heil der ganzen Welt.
J. G. Hamann
Glaube besteht nicht im „Hören auf das eigene Herz“, sondern im Hören auf Gottes Wort. Und er macht ernst damit, dass alles in Wahrheit nur ist, was es in Gottes Augen ist. Nichts wird in seinem Wesen erkannt, wenn man es nicht zu Gott in Relation setzt. Und alles, was man aus dieser Relation löst, wird notwendig missverstanden. Darum ist Glaube ist ein Verfahren der Meinungsbildung, das dem Anschein gerade nicht vertraut, sondern jedes Ding im Lichte des Evangeliums betrachtet, um es dann so zu bewerten, wie es sich in diesem Licht darstellt.
Einerseits gilt, dass (von sich aus) überhaupt kein Mensch glauben „kann“, und andererseits, dass es (mit Gottes Hilfe) sehr wohl jeder „kann“. Denn Glaube ist nicht unser Werk, sondern Gottes Werk in uns. Er ist keine menschliche Möglichkeit, sondern eine Beziehung, die Gott gewährt. Wer den Glauben ersehnt, muss darum aber nicht untätig bleiben: Er kann Gott darum bitten und viele konkrete Dinge tun, die förderlich sind und eine Verheißung haben. Unmögliches wird dabei nicht gefordert. Denn das, was Gott vom Menschen erwartet, kann er. Und das, was er nicht kann, ist sowieso Gottes Werk.
Zu den Kennzeichen lebendigen Glaubens gehört, (1.) dass er Hunger hat und beständig nach geistlicher Nahrung sucht, dass er (2.) Verletzungen, Versuchungen und Anfechtungen des Glaubens mit Schmerz registriert und dagegen ankämpft, dass sich (3.) seine Lebendigkeit durch rege Tätigkeit, Übung und Glaubenspraxis äußert, dass er (4.) ein vitales Interesse an seiner missionarischen Fortpflanzung und Vermehrung zeigt, dass er (5.) die Wärme, die Leidenschaft und den Eifer eines engagierten Herzens erkennen lässt und (6.) wie ein Baum nicht aufhört in die Tiefe und in die Höhe zu wachsen.
1.
Das Bekenntnis ist ein kommunikativer Sonderfall, bei dem der Sprecher zugleich mit seiner Ansicht über „etwas“ auch „sich selbst“ offenbart, denn das Bekenntnis schließt in der Sachaussage eine Selbstaussage mit ein: Wer Jesus als den Christus bekennt, sagt damit ebenso viel über Jesus wie über sich selbst. Er kann nicht mehr anders zu sich selbst stehen, als indem er öffentlich zu seinem Glauben steht. Und weil Christus das nicht nur vom Einzelnen, sondern auch von der Gemeinde erwartet, gibt es keine christliche Kirche, die nicht „Bekenntniskirche“ wäre.
2.
Gottes ist die alles bestimmende Wirklichkeit. Er übersteigt bei weitem, was ein Mensch zu denken vermag. Und obwohl er immer ein und derselbe ist, begegnet er uns doch dreifach, als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind alle tot. Gemessen an seiner Weisheit ist jeder töricht. Gemessen an seiner Unendlichkeit ist es überall eng. Gott ist nirgends nicht. Was er will, das kann er. Und zu allem hat er das Recht. Für die, die zu ihm flüchten, ist er ein Fels und eine feste Burg. Für seine Feinde aber Abgrund und verzehrendes Feuer.
Die Beziehungsmuster, die den Glauben ausmachen, werden schon in der Kindheit erlernt. Doch der Heranwachsende, der sich von den Eltern ablöst, findet nicht so leicht ein Gegenüber, das an ihre Stelle treten könnte. Er bindet sich an Werte, Autoritäten und Glücksverheißungen dieser Welt, bis er begreift, dass zwischen seiner Sehnsucht und dem Angebot der Welt ein prinzipielles Missverhältnis besteht. Erst dann steht er an der Schwelle des Glaubens, der zu den relativen Dingen nur ein relatives Verhältnis hat und zu den absoluten ein absolutes.
Gottes Ratschluss zur Erwählung ist keine so wackelige Sache, dass ihm der Mensch wieder aus den Händen rutschen könnte, wie dem Angler ein allzu glitschiger Fisch. Es ist undenkbar, dass Gottes Geist in jemandem echten Glauben wecken sollte, um ihn danach wieder gänzlich fallen zu lassen. Was Gott anfängt, bringt er auch zu Ende – und seine Zusagen täuschen niemanden. Menschen aber täuschen sich selbst. Und wenn ihr „Glaube“ nur eingebildet bzw. angemaßt war, gehen sie verloren. Doch erwählt waren sie dann nicht. Denn die, die Gott will, bekommt er auch. Und die er nicht bekommt, hat er sowenig gewollt wie sie ihn.
Der Versuch, einen Zweifler zum Glauben zu führen, scheitert oft, weil man mit den Mitteln des Welt-Erkennens nicht zur Erkenntnis Gottes vorstößt. Man kann die Suppe des Glaubens nun mal nicht mit der Gabel der Vernunft essen. Man braucht dazu den Löffel des Heiligen Geistes. Und den mitzuteilen ist nicht unsere, sondern Gottes Sache. Jemand zum Glauben zu überreden, ist daher falsch. Doch dürfen wir uns auf die Fürbitte verlegen und Gott dann mehr zutrauen als dem eigenen hilflosen Gerede. Denn er hat Macht über die Herzen – wir nicht.
GLAUBENSAKT UND GLAUBENSINHALT
Manchmal wird behauptet, es käme beim Glauben vor allem auf die Hingabe an, während der geglaubte Inhalt nicht so wichtig sei. Aber kann man sich von Herzen hingeben, ohne zu wissen an wen? Kann man rückhaltlos vertrauen, ohne zu wissen auf was? Das ist unmöglich, denn so wenig wie ein Verliebter kann der Gläubige seine Ergriffenheit trennen von dem, was ihn ergriffen hat. Wir fürchten, vertrauen und lieben Gott, weil er ist, wie er ist. Wäre er aber anders (oder hätten wir keine Ahnung wie er ist), wäre das unmöglich, denn der Glauben ist lediglich ein Reflex, der widerspiegelt, wie Gott uns in seiner Offenbarung gegenübertritt.
1.
Gottes ist die alles bestimmende Wirklichkeit. Er übersteigt bei weitem, was ein Mensch zu denken vermag. Und obwohl er immer ein und derselbe ist, begegnet er uns doch dreifach, als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind alle tot. Gemessen an seiner Weisheit ist jeder töricht. Gemessen an seiner Unendlichkeit ist es überall eng. Gott ist nirgends nicht. Was er will, das kann er. Und zu allem hat er das Recht. Für die, die zu ihm flüchten, ist er ein Fels und eine feste Burg. Für seine Feinde aber Abgrund und verzehrendes Feuer.
2.
Das Bekenntnis ist ein kommunikativer Sonderfall, bei dem der Sprecher zugleich mit seiner Ansicht über „etwas“ auch „sich selbst“ offenbart, denn das Bekenntnis schließt in der Sachaussage eine Selbstaussage mit ein: Wer Jesus als den Christus bekennt, sagt damit ebenso viel über Jesus wie über sich selbst. Er kann nicht mehr anders zu sich selbst stehen, als indem er öffentlich zu seinem Glauben steht. Und weil Christus das nicht nur vom Einzelnen, sondern auch von der Gemeinde erwartet, gibt es keine christliche Kirche, die nicht „Bekenntniskirche“ wäre.
Der Weg des Glaubens stellt hohe Anforderungen. Und niemand kann sagen, er sei bereits am Ziel angekommen. Doch für Gott zählt nicht, ob einer vorne läuft oder hinten. Entscheidend ist nicht, wie nah der Mensch der Vollkommenheit ist. Sondern für Gott zählt nur, ob er im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Bestes gibt. So kann „schwacher“ Glaube „genug“ sein, wenn der Mensch nur unterwegs bleibt, kämpft, strebt und läuft. Und „starker“ Glaube kann „zu wenig“ sein, wenn der Mensch sich ins Gras setzt und sich auf dem Erreichten ausruht.
Der Glaube lebt von Gottes Nähe. Doch manchmal scheint es, als sei er abwesend und fern. Diese Erfahrung ist bedrohlich. Und trotzdem gilt es, ihr standzuhalten. Man darf Gott dann nicht durch irgendetwas anderes ersetzen. Und man sollte auch nicht so tun, als käme man ohne ihn aus. Man halte einfach Gottes Platz frei und ertrage die Leere, die er uns zumutet. Denn Gott verbirgt sich, aber er verlässt uns nicht. Er bleibt der barmherzige Vater, der versprochen hat, zurückzukommen. Die Bereitschaft aber, auf ihn zu warten – das ist Glaube.
Obwohl die verschiedensten Anteile unserer Person am Glauben beteiligt sind (Wille, Gefühl, Erfahrung, Vernunft, etc.), lässt sich der Glaube weder auf eine noch auf die Gesamtheit dieser Funktionen zurückführen. Glaube ist vielmehr eine facettenreiche Reflektion göttlichen Lichtes: Wie ein Spiegel Licht nicht erzeugen, sondern nur reflektieren kann, so kann unsere Seele das Licht des Evangeliums nicht erzeugen, sondern nur reflektieren – und eben diese Reflektion nennen wir „Glaube“.
Die Bibel leiht sich ihre Autorität weder von der Vernunft noch von der Wissenschaft, sondern ist selbst in der Lage, ihre Botschaft Geltung zu verschaffen, indem sie den Leser berührt, ihn wandelt und zum Glauben überführt, niederschmettert und tröstet. Wer diese Erfahrung aber macht – wie könnte der noch zweifeln, dass diese Worte Gottes eigene Worte sind? Keiner glaubt der Bibel, weil man ihm vorher ihre göttliche Herkunft bewiesen hätte. Sondern umgekehrt: Weil die Schrift uns zu Gott neu in Beziehung gesetzt hat, darum glauben wir ihr.
„Ist Gott nicht: dann ist mir alles gleich, Glück oder Unglück, Gut oder Böse, Tod oder Leben. Ist Gott: dann ist mir erst recht alles gleich; dann soll er mit mir machen, was er will.“
(Jochen Klepper)
Wenn Menschen sich in ihrem Land, ihrer Sprache und Kultur verwurzelt fühlen, ist das nicht zuerst als Problem zu sehen, sondern als gute Gabe des Schöpfers, der seine Geschöpfe nicht „ortlos“ in der Welt herumirren lässt. Nur muss, wer solche Beheimatung für sich in Anspruch nimmt, sie auch den anderen gönnen. Und wo das „Wir-Gefühl“ zur Ideologie wird, kann ein Christ nicht mehr mitgehen. Denn die Unterscheidung des Fremden und die Abwertung des Fremden sind sehr verschiedene Dinge, die man keinesfalls verknüpfen oder vermengen darf.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Wer Gleichheit zu schaffen verstände, müsste der Natur Gewalt antun können. Marie von Ebner-Eschenbach
GLEICHNISSE, ANALOGIEN, BILDWORTE ETC.
Die Bibel gebraucht Gleichnisse, Analogien und Bilder. Doch was sie in „uneigentlicher“ Rede sagt, ist deswegen nicht weniger wirklich. Sie beschreibt es metaphorisch. Aber was sie beschreibt, ist keine Metapher. Denn die biblischen Symbole stehen für Gottes Wirklichkeit, die weit „substanzieller“ und „realer“ ist als unsere. Christlicher Glaube bekennt sich zu ihr als zu einer Tatsache – und muss das auch. Denn Menschen sündigen und sterben nicht bildlich oder symbolisch, sondern wirklich. Und ihnen ist daher auch nicht mit bildlicher oder symbolischer, sondern nur mit wirklicher Erlösung geholfen.
Die Taufe ist keine nette Kindersegnung. Sie verkoppelt und verbindet den Getauften so sehr mit Jesus Christus, dass er zu einem Glied seines Leibes wird und – das gesamte Schicksal seines Herrn teilend – durch den Tod ins Leben geht. Mitgefangen mit Christus, heißt mitgehangen – heißt aber auch mit auferstanden. Der Getaufte wird Satan entzogen, wird seines Lebens enteignet und für Gott rekrutiert. Er gehört nie mehr sich selbst. Doch ist genau das zu seinem Vorteil, weil er nur so eingesenkt und einverleibt werden kann in das Leben Jesu Christi.
Der Mensch empfindet Glück, wenn er bekommt, was er will, und vermeiden kann, was er vermeiden möchte. Anderenfalls machen ihn die Ferne des Geliebten und die Gegenwart des Gehassten unglücklich. Nun gibt es Strategien, um die Situation mit den eigenen Wünschen in Einklang zu bringen. Doch soll man sich als Christ vor allem damit beschäftigen, seine Wünsche mit dem Willen Gottes in Einklang zu bringen – und alles andere von Christus erwarten, der uns ein Glück höherer Ordnung zuteilwerden lässt: In Wahrheit ist nur „unglücklich“ zu nennen, wer Gottes Liebe entbehrt. Und davor ist man als Christ sicher.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Ach, die Tür des Glücks, sie geht nicht nach innen auf, so dass man, indem man auf sie losstürmt, sie aufdrücken kann; sondern sie geht nach außen auf, und es bleibt einem daher nichts zu tun. Sören Kierkegaard
Alles auf der Welt hat sein zweites Gesicht: Die Natur, die Kultur, die Religion, die Kunst, die Politik, die Liebe, alles. Wer das nicht weiß, ist glücklich. Ich weiß es. Hermann Löns
Alles Glücklichsein ist das eines Kindes im Theater. Das Alter weiß, wie die Dekoration von hinten aussieht und der Schauspieler zu Hause. Freilich bleiben die meisten bis zu ihrem Tode große Kinder. Wilhelm Raabe
Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will. Benjamin Franklin
Begehre nie ein Glück zu groß und nie ein Weib zu schön, Sonst könnte dir’s in seinem Zorn der Himmel zugestehn. Inschrift auf Burg Cochem
Da die Menschen nicht Tod, Elend und Unwissenheit heilen konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, auf den Einfall gekommen, nicht daran zu denken. Blaise Pascal
Da die Natur uns in jedem Zustand stets unglücklich macht, malen unsere Wünsche uns einen glücklichen Zustand aus, weil sie dem Zustand, in dem wir uns befinden, die Freuden des Zustandes hinzugesellen, in dem wir uns nicht befinden, und wenn wir diese Freuden erreichten, würden wir deshalb nicht glücklich sein, weil wir dann andere Wünsche hätten, die jenem neuen Zustand entsprächen. Blaise Pascal
Da unser größtes Vergnügen darin besteht, bewundert zu werden, die Bewunderer aber, selbst wo alle Ursache wäre, sich ungern dazu herbeilassen, so ist der Glücklichste der, welcher, gleichviel wie, es dahin gebracht hat, sich selbst aufrichtig zu bewundern. Arthur Schopenhauer
Das Glück erscheint niemandem so blind wie jenen, denen es nichts Gutes bringt. La Rochefoucauld
Das Glück gibt vielen zu viel, genug aber keinem. Martial
Das Glück gleicht oft den reichen, verschwenderischen Frauen, welche die Häuser ruinieren, denen sie eine große Mitgift zugebracht haben. Chamfort
Das Glück ist eine leichte Dirne und weilt nicht gern am selben Ort; sie streicht das Haar dir von der Stirne und küsst dich rasch und flattert fort. Frau Unglück hat im Gegenteile dich liebefest ans Herz gedrückt; sie sagt, sie habe keine Eile, setzt sich zu dir ans Bett und strickt. Heinrich Heine
Das Glück ist eine leichtfertige Person, die sich stark schminkt und von ferne schön ist. Nestroy
Das schönste Glück des denkenden Menschen ist, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren. Goethe
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit. Sören Kierkegaard
Dein wahres Glück, o Menschenkind, o, glaube doch mitnichten,
dass es erfüllte Wünsche sind: Es sind erfüllte Pflichten. Friedrich Karl von Gerok
Der Glückliche bedarf des Glaubens, um nicht übermütig zu werden, der Nichtglückliche aber als Halt und der Unglückliche, um nicht zu unterliegen. Wilhelm Friedrich von Humboldt
Der Meister sagte: „Wenn ich Fehler mache, dann wird das von den Leuten ganz sicher bemerkt. Das ist mein Glück.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Der Mensch ist nicht geboren, um auf dieser Schaubühne der Eitelkeit ewige Hütten zu erbauen. Weil sein ganzes Leben ein weit edleres Ziel hat, wie schön stimmen dazu nicht alle die Verheerungen, die der Unbestand der Welt selbst in denjenigen Dingen blicken lässt, die uns die größte und wichtigste zu sein scheinen, um uns zu erinnern: dass die Güter der Erden unserm Triebe zur Glückseligkeit keine Genugtuung verschaffen können! Immanuel Kant
Die glücklichen Leute bessern sich kaum; sie glauben stets recht zu haben, wenn das Schicksal ihr schlechtes Betragen unterstützt. La Rochefoucauld
Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit. Ebner-Eschenbach
Eine Parabel aus China erzählt von einem armen Bauern, der einen kleinen Acker mit einem alten, müden Pferd bestellte und mehr schlecht als recht mit seinem einzigen Sohn davon lebte. Eines Tages lief ihm sein Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten ihn wegen seines Unglücks. Der Bauer blieb ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?” In der nächsten Woche kam das Pferd zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen und gratulierten ihm zu seinem großen Glück. Der Bauer antwortete bedächtig: „Woher wisst ihr, dass es Glück ist?” Der Sohn fing die Pferde ein, nahm sich das wildeste und ritt darauf los. Aber das wilde Pferd warf ihn ab, und der Sohn brach sich ein Bein. Alle Nachbarn kamen und jammerten über das Unglück. Der Bauer blieb wieder ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es ein Unglück ist?” Bald darauf brach ein Krieg aus, und alle jungen Männer mussten zur Armee. Nur der Sohn mit seinem gebrochenen Bein durfte zu Hause bleiben.
Eben das ist das Unglück, dass die Leute durch das Glück glücklich werden wollen und nicht durch ein Leben, bei dem der Segen Gottes ist. Jeremias Gotthelf
Eine der größten Leistungen der Vorsehung ist das Glück der Kinder. Wäre die Welt etwas Gutes, so müsste man die, welche nichts von ihr verstehen, am meisten beklagen. Antoine Rivarol
Es gibt nur einen angeborenen Irrtum, und der ist, dass wir da sind, um glücklich zu sein. Schopenhauer
Es ist ein glückliches Gefühl, für einen Hass, den wir bis dahin nur instinktmäßig nährten, plötzlich einen triftigen Grund zu erhalten. Karl Gutzkow
Es ist einfach falsch, unter Glückseligkeit sich die Erfüllung aller Wünsche vorzustellen. Leo Tolstoi
Es ist gut, dass wir, um glücklich zu sein, nicht nötig haben, die Führung Gottes zu begreifen. C. H. Spurgeon
Frömmigkeit ist der Entschluss, die Abhängigkeit von Gott als Glück zu bezeichnen. Hermann von Bezzel
Glück ist, seinen Anlagen gemäß verbraucht zu werden. Frank Wedekind
Glück? Sollst du Glück haben? Wünsche ich dir auch nur eine Spur von Glück – wenn sie nicht deinen Wert erhöhte? Wert wünsche ich dir. Christian Morgenstern
Glücklich ist das Volk, dessen Geschichte sich langweilig liest. Charles de Montesquieu
Glücklich sein heißt ohne Schrecken seiner selbst innewerden können. Walter Benjamin
Glücklich, wer mit den Verhältnissen zu brechen versteht, ehe sie ihn gebrochen haben. Franz von Liszt
Glückliche Menschen bessern sich kaum. Sie glauben sich immer im Recht, weil das Schicksal ihr schlechtes Verhalten zu rechtfertigen scheint. Rochefoucauld
Gott behüte uns vor großem Glück. Niederländisches Sprichwort
Ich halte Dich für unglücklich, weil Du niemals unglücklich warst. Ohne auf Widerstand zu stoßen, bist Du durchs Leben geschritten. Niemand kann beurteilen, was in Deinen Kräften steht, nicht einmal Du selbst. Seneca an Lucilius
Ich schreibe mein ganzes Unglück der einen Ursache zu, dass ich gottlos gewesen bin. Ein Mensch, der die Verbindung mit Gott abgebrochen hat, kann keinen Segen empfangen. Alles Gerede davon, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, ist Spreu. Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst, das ist die ganze Weisheit. August Strindberg
Jeder prüfe seine Gedanken. Er wird finden, dass sie ganz mit der Vergangenheit oder der Zukunft beschäftigt sind. Wir denken fast überhaupt nicht an die Gegenwart, und wenn wir an sie denken, so nur, um aus ihr die Einsicht zu gewinnen, mit der wir über die Zukunft verfügen wollen. Die Gegenwart ist niemals unser Ziel. Die Vergangenheit und die Gegenwart sind unsere Mittel; allein die Zukunft ist unser Ziel. Deshalb leben wir nie, sondern hoffen auf das Leben, und da wir uns ständig bereit halten, glücklich zu werden, ist es unausbleiblich, dass wir es niemals sind. Blaise Pascal
Jeder, der durch oder in etwas sein Glücksgefühl sucht, liebt nicht dieses andere, sondern sich selbst. Diese Liebe bewirkt kein Außer-sich-Sein und ist keine Liebe. Meister Eckhart
Man tröstet sich oft im Unglück durch das Vergnügen, unglücklich zu erscheinen. Rochefoucauld
Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind. Francis Bacon
Ob es ein Unglück war, weißt du erst fünf Jahre später. aus Frankreich
Sich glücklich fühlen können, auch ohne Glück – das ist Glück. Ebner-Eschenbach
Tue das, wodurch du würdig wirst, glücklich zu sein. Immanuel Kant
Um nicht sehr unglücklich zu werden, ist das sicherste Mittel, dass man nicht verlange, sehr glücklich zu sein. Arthur Schopenhauer
Unbedacht redende Leute behaupten, glücklich seien alle, die lebten, wie es sie gelüste. Das ist freilich falsch. Denn Schlechtes zu begehren, ist selbst schon größtes Unglück. Cicero
Unglück hat mich gelehrt, Unglücklichen Hilfe zu leisten. Vergil
Unglückliches Geschick der Menschen! Kaum ist der Geist zu seiner Reife gelangt, beginnt der Körper zu welken. Charles Baron de Montesquieu
Viele Menschen sterben, ohne je gelebt zu haben. Zum Glück bemerken sie es nicht. Henrik Ibsen
Wen das Glück in die Höhe hebt, den will’s werfen. Sprichwort
Wen Glück und Unglück nicht auf die Probe gestellt haben, der stirbt wie ein Reichssoldat, der nie den Feind gesehen hat. Friedrich Maximilian Klinger
Der Mensch weiß nie recht, was er will; und wenn er einmal hat, was er gewollt hat: so sieht er, dass es das nicht war. Und so geht all unser Bestreben ins Unendliche. Wir sind nie groß und glücklich, außer wenn wir aus uns selbst verschwinden. Wilhelm Heinse
Wenig genügt, um den Weisen, und nichts, um den Toren glücklich zu machen. Deshalb sind fast alle Menschen unglücklich. Rochefoucauld
Wenn dir ein Mensch begegnet, der sich viel dünkt und groß und breit dasteht, wende dich um und habe Mitleid mit ihm. Wir sind nicht groß, aber unser Glück ist, dass wir an etwas Größeres und Besseres glauben können! Matthias Claudius
Wie glücklich und klug ist doch der Mensch, der keine andere Sorge kennt, als zu leben, wie er im Tod wünschen wird, gelebt zu haben! Thomas von Kempen
Wie glücklich viele Menschen wären, wenn sie sich genauso wenig um die Angelegenheiten anderer bekümmerten wie um ihre eigenen! G. Chr. Lichtenberg
Wir halten oft manchen Menschen wegen seiner Mängel und Fehler für unglücklich, ich aber sage, dass derjenige der unglücklichste Mensch ist, welchem kein Mensch gefällt. Abraham a Santa Clara
Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu werden, sondern um unsere Pflicht zu erfüllen. Immanuel Kant
Wir sind nicht auf dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsere Schuldigkeit zu tun. Otto von Bismarck
Zum Segen des Glücks bekennen sich nur die Unglücklichen; die Glücklichen führen alle ihre Erfolge auf Klugheit und Tüchtigkeit zurück. Jonathan Swift
Gott scheint Glück und Unglück wahllos unter den Menschen zu verteilen, so dass zwischen Gläubigen und Ungläubigen zunächst kein Unterschied zu erkennen ist. Doch vermag nur der Gläubige, sich „alle Dinge zum Besten dienen zu lassen“: Der Glaube versteht es, durch jedes Geschick Gott näher zu kommen, während der Unglaube von jedem Geschick unseligen Gebrauch macht. Darum ist keine Sache so gut oder so schlecht, dass sie dem Ungläubigen nicht schadete. Und keine ist so gut oder so schlecht, dass sie dem Gläubigen nicht nützen könnte.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Was dir widerfährt, das wende zum Besten; so oft dir Glück zu Teil wird, bedenke, dass dir Grund zum Segnen und Loben gegeben wird; so oft Unglück zu dir sich nahet, bedenke, dass du erinnert werden sollst an Reue und Bekehrung. Die Stärke deiner Kraft beweise im Helfen, die Stärke deiner Weisheit im Erziehen, die Stärke des Reichtums im Wohltun. Das Ungemach breche deine Kraft nicht, und das Glück mache dich nicht stolz.“ (Johann Gerhard)
„Eben das ist das Unglück, dass die Leute durch das Glück glücklich werden wollen und nicht durch ein Leben, bei dem der Segen Gottes ist.“ (Jeremias Gotthelf)
1.
Gottes Gnade überwindet ein bestehendes Gefälle durch die freie Initiative des Überlegenen, der eine Gemeinschaft sucht, die nur dem Unterlegenen nützt, d.h. konkret: Gott lässt Gnade walten in der Form einer durch Christus bestimmten Gottesbeziehung – und anders nicht. Seine Gnade lässt sich weder von dem Tun ablösen, in dem er sie erweisen will, noch lässt sich daraus ein „Lehrsatz“ bilden, den man umstandslos verallgemeinern dürfte. Gottes Gnade führt in die Gemeinschaft mit ihm und kennt keinen anderen Ausdruck, weil Gott mit seiner Gnade nicht irgendetwas, sondern sich selbst schenkt.
2.
Gottes Reich bleibt uns verschlossen, wenn wir aufgrund eigener Leistungen oder Qualitäten Einlass begehren, denn nichts von dem, was wir sind oder haben kann vor Gottes Augen bestehen. Doch wenn wir durch den Glauben Christus angehören, so legt Christus uns seine Gerechtigkeit wie einen Mantel um die Schultern, bedeckt damit unsere Schande, leiht uns seine Identität und rettet uns dadurch, denn dann hält uns Gott zu Gute, was (nicht wir, sondern) Christus für uns getan hat.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Die Zusage der Gnade darf nicht verschleudert werden, sie bedarf des Schutzes vor den Gottlosen. Es gibt solche, die des Heiligtums nicht wert sind. Die Verkündigung der Gnade hat ihre Grenze. Wer die Gnade nicht erkennt, nicht unterscheidet und nicht begehrt, dem darf sie nicht verkündigt werden. Nicht nur wird dadurch das Heiligtum selbst besudelt, nicht nur müssen die, die sich versündigen, noch schuldig werden am Heiligsten, sondern der Missbrauch des Heiligen muss sich gegen die Gemeinde selbst wenden. Die Welt, der die Gnade als Schleuderware hingeworfen wird, wird ihrer überdrüssig, zertritt nicht nur das Heilige, sondern zerreißt auch die, die es ihr aufdrängen. Um des Heiligen willen, um der Sünder willen und um der Gemeinde willen soll das Heilige geschützt werden vor billiger Preisgabe.“ (Dietrich Bonhoeffer)
Möchten wir doch so begierig sein nach der geistigen Gnade, wie die Weltleute nach dem Gelde. Es ist eine große, wahrlich eine sehr große Beschämung für uns, dass die Weltkinder heißeres Verlangen haben nach dem Verderblichen, als wir nach dem Nützlichen, dass jene behender zum Tode eilen, als wir zum Leben.
(Bernardus, gest. 1253)
„Alles, was besser als Hölle ist, ist Gnade.“ (Charles H. Spurgeon)
„Wer Gottes Gnade ersehnt, muss es dulden, dass Gott wunderlich mit ihm umgeht.“
(Luther zitiert bei J. Klepper)
Gleichwie das Auge nicht sehen kann ohne Licht, so kann der Mensch nichts Gutes tun ohne Gnade.
(Augustinus, gest. 430)
Wie der Fisch ohne Wasser unmöglich leben, wie der Mensch ohne Füße unmöglich gehen, ohne Augen nicht sehen, ohne Zunge nicht reden, ohne Ohren nicht hören kann, ebenso wenig kann der Mensch ohne den Herrn Jesus und ohne die Wirkung der göttlichen Kraft weder die Geheimnisse und die Weisheit Gottes erkennen, noch geistig reich, oder ein Christ sein.
(Macarius, gest. 395)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Alles, was besser als Hölle ist, ist Gnade. C. H. Spurgeon
Ich weiß, dass Gottes Gnade für mich genügt. Mag sein, dass ich nicht alles habe, was ich mir wünsche; aber mangeln wird mir nichts, was mir wirklich notwendig und heilsam ist. C. H. Spurgeon
Leere Eimer eignen sich für den Brunnen der Gnade am besten. C. H. Spurgeon
Pastor Joh. Abraham Strauß in Iserlohn war in seinen Predigten und Ansprachen originell. So sagte er einst bei einer Abendmahlsvorbereitung: „Euch, denen die Sünden leid sind, die bei Christo Gnade suchen und sich bekehren wollen, sage ich, dass euch die Sünden vergeben sind. Euch andern sage ich es nicht. Denn was kann es helfen, wenn man einem toten Schafe eine Hand voll Heu vor das Maul hält? Es frisst es doch nicht! Amen.“ Euthymius Haas
Das ist die Summe und der Kern alles dessen, was uns die Gnade lehrt: die Sinne bezähmen, das eitle Wohlgefallen verschmähen, sich nicht selbst zur Schau stellen, vielmehr alles, was des Lobes und der Bewunderung wert sein mag, mit dem Schleier der Bescheidenheit und Einfachheit verhüllen, in allen Dingen und allen Wissenschaften nichts anderes suchen, als dass Gott dadurch in allem gelobt und verherrlicht und der sinkenden Menschheit unter die Arme gegriffen werde. Thomas von Kempen
Dass Gott mit Gnade in der Seele ist, das bringt mehr Licht mit sich, als alle Vernünftigkeit herbeischaffen könnte. Meister Eckhart
Der englische Diktator Oliver Cromwell verurteilte einen seiner Gegner zum Tod auf dem Schafott. Dessen Frau bat Oliver Cromwell um Gnade für ihren Mann. Doch Cromwell blieb hart, lehnte das Gnadengesuch ab und sagte der Frau: „Morgen früh um sechs, wenn die Glocke läutet, muss ihr Mann sterben!” Aber am nächsten Morgen um sechs Uhr läutete die Glocke nicht. Als der Küster oben im Turm nachschaute, sah er, dass sich die Frau des Verurteilten am Klöppel der Glocke festgehalten hatte, um so das Anschlagen der Totenglocke zu verhindern. Dabei waren allerdings ihre Arme zerschmettert. Als Oliver Cromwell davon hörte, begnadigte er ihren Mann.
Der Mensch ist lediglich ein Wesen voll natürlichen Irrtums, und dieser ist ohne die Gnade unüberwindlich. Blaise Pascal
Es ist nicht eine der geringsten Gnade auf Erden, treue Nachbarn zu haben. Martin Luther
Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden, auch erwärmt sie es nicht so sehr. Darum willst du auch erleuchtet und warm werden durch das Evangelium, göttliche Gnade und Wunder sehen, dass dein Herz entbrannt, erleuchtet und fröhlich werde, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kann, da wirst du finden Wunder über Wunder! Martin Luther
Gott legt die Gnade immer nur in Bettlerhände. Hermann Bezzel
Gottes Gnade ist reichlicher, als wir hoffen. Wir hätten’s nicht gewagt, ihn um so viel zu bitten. Martin Luther
Ich ward gefragt, welcher Unterschied bestehe zwischen Gnade und Seligkeit. Gnade, wie wir sie hier in diesem Leben erfahren, und Seligkeit, die wir späterhin besitzen werden im ewigen Leben, die verhalten sich zueinander wie die Blüte zur Frucht. Meister Eckhart
Siehe, ein solch groß Ding ists zu Gott zu kommen, dass man durch seinen Zorn, durch Strafe und Ungnade zu ihm breche als durch eitel Dornen, ja durch eitel Spieße und Schwerter. Martin Luther
Unser ganzes Leben ist eine Kette von Gnaden, aber als der Gnaden größte bedünkt mich doch die, dass wir nicht wissen und nicht wissen sollen, was der nächste Morgen uns bringt. Und weil wir es nicht wissen sollen, sollen wir es auch nicht wissen wollen! Theodor Fontane
Von hundert Männern, die sich in der Welt verirren, werden neunundneunzig durch Frauen gerettet, einer wird gerettet durch unmittelbare göttliche Gnade. Sören Kierkegaard
Gott weiß: wenn Menschen sich eigenmächtig eine Vorstellung von ihm machen, wird sie falsch sein. Und wenn die Vorstellung falsch ist, kann auch unsere Beziehung zu ihm nicht richtig sein. Darum stellt Gott selbst das Bild her, dessen Fertigung uns überfordern würde, und zeigt uns in Jesus Christus sein wahres Gesicht. Erst dieses autorisierte Selbstporträt (Gottes „Selfie“!) ermöglicht die vertrauensvolle Gottesbeziehung eines Christen – und der respektiert dann um so mehr, dass Gotteserkenntnis nie anders als durch Gott selbst geschieht.
Lieder zum Thema: Der dreieinige Gott
„Es gibt nur einen einzigen lebendigen und wahren Gott, der unendlich ist in Wesen und Vollkommenheit, ganz und gar Geist, unsichtbar, ohne Körper, Teile oder willkürliche Gemütserregungen. Er ist unveränderlich, unermesslich, ewig, unbegreiflich, allmächtig, allwissend, absolut heilig, vollkommen frei, herrscht völlig uneingeschränkt und wirkt alle Dinge nach dem Rat seines eigenen unwandelbaren und absolut gerechten Willens zu seiner eigenen Ehre. Er ist voller Liebe, Gnade und Barmherzigkeit, geduldig, reich an Güte und Wahrheit, vergibt Missetat, Übertretung und Sünde und belohnt, die ihn eifrig suchen. Zugleich ist er absolut gerecht und sehr schrecklich in seinen Gerichten, denn er hasst alle Sünde und spricht den Schuldigen auf keinen Fall frei. Gott hat alles Leben, alle Herrlichkeit, Güte und Erfüllung in sich und von sich selbst, und ist allein in sich und für sich selbst allgenugsam: indem er in keiner Weise irgendeine Kreatur benötigt, die er geschaffen hat, noch auf irgendeine Ehre von dieser angewiesen ist; vielmehr offenbart er nur seine eigene Ehre in, durch, an und über diese. Er allein ist der Grund alles dessen, was ist, von dem, durch den und zu dem hin alle Dinge sind, und er hat die höchste Macht über sie, durch sie, für sie oder über ihnen zu tun, was immer ihm gefällt. Vor seinen Augen sind alle Dinge aufgedeckt und nichts entgeht ihm, sein Wissen ist unendlich, unfehlbar und unabhängig von den Kreaturen, so wie nichts für ihn zufällig oder ungewiss ist. Er ist ganz und gar heilig in seinen Ratschlüssen, in allen seinen Werken und in allen seinen Geboten. Ihm steht zu – von Engeln und Menschen und jeder anderen Kreatur –, was er auch immer nach seinem Gefallen von ihnen an Verehrung, Dienst oder Gehorsam fordert.“ (Westminster Bekenntnis)
„Gott, von dem unsere Seligkeit ursprünglich herrührt, ist ein geistiges Wesen, ewig, allmächtig, allwissend, allenthalben gegenwärtig, unendlich, wahrhaftig, barmherzig, heilig und gerecht.“ (Nikolaus Hunnius)
„Aufs kürzeste können wir Gottes Wesen nach der Schrift beschreiben mit den Worten: Gott ist unendlicher, unbedingter Geist.“ (Adolf Hoenecke)
„Gott ist nicht ein ausgereckt, lang, breit, dick, hoch, tief Wesen, sondern ein übernatürlich, unerforschlich Wesen, das zugleich in einem jeglichen Körnlein ganz und gar und dennoch in allen und über allen und außer allen Kreaturen sei. Darum bedarfs keines Umzäunens hier; denn ein Leib ist der Gottheit viel, viel zu weit und könnten viel tausend Gottheit drinnen sein, wiederum auch viel, viel zu enge, dass nicht eine Gottheit drinnen sein kann. Nichts ist so klein, Gott ist noch kleiner, nichts ist so groß, Gott ist noch größer, nichts ist so kurz, Gott ist noch kürzer, nichts ist so lang, Gott ist noch länger, nichts ist so breit, Gott ist noch breiter, nichts ist so schmal, Gott ist noch schmäler, und so fort an, ist's ein unaussprechlich Wesen über und außer allem, das man nennen oder denken kann.“ (Martin Luther)
„Gott ist ein geistliches, ewiges, unendliches Wesen, allmächtig, barmherzig, gnädig, gerecht, heilig, wahrhaftig, allein weise, von unaussprechlicher Liebe und Treue; Gott Vater, Sohn und heiliger Geist, einig im Wesen, dreifältig in den Personen, und ist das höchste Gut, und alles Gut wesentlich, und das ist das rechte ewige Licht. Derohalben wer sich von Gott, von seiner Liebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit abwendet, der wendet sich von dem Licht ab, und fällt in die Finsternis.“ (Johann Arndt)
Gott ist ganz Auge, weil er alles sieht, ganz Hand, weil er alles wirkt, ganz Fuß, weil er überall zugegen ist.
(Augustinus, gest. 430)
Gleichwie die Bösen die guten Werke Gottes schlecht gebrauchen, so weiß dagegen Gott die schlechten Werke der Bösen zum Guten zu gebrauchen.
(Augustinus, gest. 430)
„Wir glauben und lehren, dass Gott Einer sei nach Wesen und Natur, dass er durch sich selbst bestehe und in allem sich selbst genüge, dass er der unsichtbare, unkörperliche, unendliche, ewige, der Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge sei, das höchste Gut, der Lebendige, der alles ins Leben ruft und erhält, allmächtig und allweise, gütig oder auch barmherzig, gerecht und wahrhaftig.“ (Heinrich Bullinger)
„Wir bekennen einen einigen Gott, dem wir allein anhängen und dienen müssen und auf den wir allein unsre Zuversicht setzen, welcher ist ewig, unendlich, unermesslich, unergründlich, allmächtig, unsichtbar, einer in seinem Wesen und doch unterschieden in drei Personen, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist, durch welchen, wie wir bekennen und glauben, alle Dinge im Himmel und auf Erden, so wohl die sichtbaren, als auch die unsichtbaren geschaffen sind, in ihrem Dasein erhalten und nach seiner unergründlichen Vorsehung so geleitet und regiert werden, wie es seine ewige Weisheit, Güte und Gerechtigkeit beschlossen hat, zur Offenbarung seiner eigenen Herrlichkeit.“ (John Knox)
„Was ist also Gott? In Bezug auf das Weltall, das Ziel; in Bezug auf die Auserwählung, das Heil; in Bezug auf sich selbst – das weiß er allein. Was ist Gott? Der allmächtige Wille, die wohlwollendste Kraft, das ewige Licht, die unwandelbare Vernunft, die höchste Seligkeit; der Geister schafft zur Teilnahme an seiner Fülle, sie belebt, damit sie ihn erkennen, auf sie einwirkt, damit sie nach ihm verlangen, ihr Herz erweitert, dass sie ihn fassen, sie rechtfertigt, damit sie Verdienste sammeln, sie entzündet, damit sie Eifer haben, sie befruchtet, damit sie Frucht bringen, sie führt zur Gerechtigkeit, bildet zum Wohlwollen, lenkt zur Weisheit, kräftigt zur Tugend, heimsucht zur Tröstung, erleuchtet zur Erkenntnis, mit dauernder Kraft ausrüstet zur Unsterblichkeit, erfüllt zur Seligkeit und schirmend umgibt zum sichern Frieden.“ (Bernhard von Clairvaux)
„Ich glaube an dich von ganzem Herzen, o König des Himmels und des Erdkreises Herr; ich verehre dich als Vater, Sohn und Geist, dreifach den Personen, einig dem Wesen nach. Du bist der wahre, allmächtige Gott, unkörperlich, unsichtbar und unbegrenzter Natur. Nichts ist über dir oder unter dir, was größer wäre, als du. Du bist allerseits vollkommen ohne Mängel, groß ohne Ausdehnung, ewig ohne Zeit, bist Leben ohne Tod, stark ohne Schwäche, wahrhaftig ohne Trug. Du bist ohne Raum überall gegenwärtig, ohne Teilung überall ganz, ohne Regung erfüllst du alles, ohne Bewegung übersteigst du alles, ohne Ruhe bleibst du in allem, ohne Bedürfnis schaffst du alles, ohne Mühe regierst du alles. Keinen Anfang hast du und machst doch aller Dinge Anfänge, keine Veränderung trifft dich und bringst doch alle Veränderungen hervor. In deiner Größe bist du unendlich, in deiner Kraft allmächtig, in deiner Güte unerreichbar, in deiner Weisheit unerforschlich. Gerecht zeigst du dich in deinen Gerichten, geheimnisvoll in deinen Gedanken, wahrhaftig in Worten, heilig in Werken, reich an Mitleid, geduldig gegen Fehlende, gnädig gegen Reuige. Du bist immer dasselbe ewige und endlose Wesen, das kein Wille wandelt und keine Notwendigkeit vernichtet, das von keinem Unglück niedergebeugt und von keinem Glück erhoben wird. Nicht trägt dir Vergessenheit etwas davon, nicht bringt dir Gedächtnis etwas wieder; das Vergangene entschwindet dir nicht, die Zukunft zieht dir nicht entgegen. Nicht diente dir ein Ursprung zum Anfang, nicht die Zeit zum Wachstum, kein Zufall kann dir ein Ende setzen; sondern vor der Zeit, in der Zeit und nach der Zeit lebst du in Ewigkeit, und es ist dir beständiges Lob und ewiger Ruhm, unvergleichbare Gewalt und immerwährende Herrschaft bis in die unendliche und unermüdliche und unermessliche Ewigkeit Amen!“
Alkuin (+804)
„Du, o Herr, bist nicht bloß das Größte, was gedacht werden, sondern größer, als man denken kann. Du wohnst in einem unzugänglichen Lichte. Das sehe ich nicht, weil es mir zu groß ist, und doch sehe ich alles, was ich sehe, nur durch dasselbe, gleichwie das schwache Auge, was es sieht, nur im Scheine der Sonne sieht. In deine Ursonne kann mein Verstand nicht hineindringen, ihre Strahlen leuchten zu stark. Zurückgeworfen werde ich von dem Glanze, überwältigt von der Größe, verwirrt durch die Unermesslichkeit. O höchstes Licht, o volle und selige Wahrheit, wie weit bist du von mir, und doch bin ich dir so nahe; wie entfernt bist du von meinem Blick, und doch bin ich dir so gegenwärtig!“
Anselm (+1109)
„Was ist Gott? Die Länge und die Breite, und die Höhe und die Tiefe. Die Länge nach seiner Ewigkeit. Weder im Raum, noch in der Zeit hat er ein Ende. Die Breite nach seiner Liebe. Er hasst nichts von dem, das er gemacht hat, selbst die Feinde umschließen die Arme seines Erbarmens. Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Nicht bloß alles Gefühl, alle Fassungskraft übersteigt seine Liebe; sie ist ewig, ja sie ist selbst eine Ewigkeit. Siehe nun, wie die Breite der Länge entspricht! Was ist Gott weiter? Die Höhe und die Tiefe. In der Höhe erkenne seine Macht, die unerreichbar, in der Tiefe seine Weisheit, die unerforschlich ist. O welch eine Tiefe des Reichtums beides der Weisheit und Erkenntnis Gottes; wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und wie unerforschlich seine Wege! ruft der Apostel aus. O mächtige Weisheit, die überall kräftig eingreift, o weise Macht, die alles lieblich regelt und ordnet! Siehe da das große Wesen mit seinen mannigfachen Eigenschaften und verschiedenen Wirkungsweisen! Die Länge ist es nach seiner Ewigkeit, die Breite nach seiner Liebe, die Höhe nach seiner Allmacht, die Tiefe nach seiner Weisheit.“
Bernhard (+1153)
Gott ist ein Wesen, das nur ein Blinder mit starrem Auge ansehen kann, und dessen Denkungsart und moralischen Charakter sich nur ein eitler Mensch zu erkennen getraut. Ein aufrichtiger Sophist sagt: je länger ich daran denke, desto weniger kann ich aus ihm klug werden.
J. G. Hamann
Das höchste Wesen ist im eigentlichsten Verstand ein Individuum, das nach keinem anderen Maßstabe, als den es selbst gibt, und nicht nach willkürlichen Voraussetzungen unseres Vorwitzes und unserer naseweisen Unwissenheit gedacht oder eingebildet werden kann.
J. G. Hamann
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gott ändert seinen Plan nicht, warum sollte er? Er ist der Allmächtige und kann deshalb tun, was immer er will. Warum sollte er nicht? Gott ist allweise und kann daher nichts falsch planen. Warum sollte er? Er ist der ewige Gott und kann daher nicht sterben, ohne dass sein Plan vollendet wäre. Warum sollte er sich ändern? Ihr wertlosen Atome der Erde, Strohfeuer eines einzigen Tages, ihr kriechenden Insekten auf dem Lorbeerblatt der Existenz, ihr mögt eure Pläne ändern, aber er niemals. Hat er mir gesagt, dass es sein Plan ist, mich zu retten? Dann bin ich für immer gerettet. C. H. Spurgeon
Behandle Gottes Zusagen nicht wie Museumsstücke, sondern glaube ihnen und mache von ihnen Gebrauch. C. H. Spurgeon
Dem Mann Gottes wird zuletzt Frieden ohne Ende geschenkt. Sein Lebensweg ist vielleicht rau, aber er führt heimwärts. C. H. Spurgeon
Die Kinder Gottes bauen nicht auf ihre eigene Treue, sondern auf die Treue des Herrn.C. H. Spurgeon
Dieselbe Hand Gottes, die uns niederbeugt, wartet darauf, uns zu erheben, sobald wir den Segen tragen können.C. H. Spurgeon
Gott hat solches Wohlgefallen an seinem eingeborenen Sohn, dass er Wohlgefallen an allen hat, die sich auf ihn als ihre einzige Hoffnung verlassen. C. H. Spurgeon
Wenn Gott unsern Kummer nicht von uns nimmt, wird er uns fähig machen, ihn zu tragen. C. H. Spurgeon
Albert Einstein und der New Yorker Kardinal Spellmann sollen einmal ins Gespräch gekommen sein. Der große Physiker fragte, was der Kirchenfürst wohl tun würde, könnte man ihm exakt nachweisen, dass Gott nicht sei. Daraufhin soll der Kardinal gelächelt und geantwortet haben: „Ich werde warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben.“
All unsere Weisheit, sofern sie wirklich den Namen Weisheit verdient und wahr und zuverlässig ist, umfasst im Grunde zweierlei: die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis. Johannes Calvin
Alle Menschen müssen Gott folgen, ob sie wollen oder nicht wollen. Folgen sie ihm willig, so ist es ihnen lustvoll; folgen sie ihm aber widerwillig, so ist es für sie peinvoll und trägt nur Schmerzen ein. Meister Eckhart
Alle Schönheit dieser Welt, kann mein Herz niemals gewinnen. Sondern nur – ich weiß nicht was, was sich wohl noch einmal findet. Ward ein Mensch in seinem Willen, einmal nur von Gott berührt, nimmer kann ihn etwas stillen, als der Gott, den er gespürt. Johannes vom Kreuz
Alle wollen Frieden haben, aber das, was allein wahren Frieden schaffen kann, das wollen nicht alle. Gottes Friede kehrt bei denen ein, die demütig und sanftmütig und es von ganzem Herzen sind. Gottes Friede wohnt da, wo viel Geduld wohnt. Gottes Friede bleibt da, wo man sein Wort gern hört und treu befolgt. Thomas von Kempen
Alles Denken ist Übersetzen Gottes ins Rationalistische. Von Gott, dem Original, wissen wir nur durch Gott, den Übersetzer. Christian Morgenstern
Als Abraham vom Todesengel gerufen wurde, weigerte er sich, ihm zu folgen, weil er nicht glauben konnte, dass Gott jemanden töten würde, der ihn so sehr geliebt hatte. Aber er vernahm das Wort: „Hast du je einen Liebenden gesehen, der sich weigert, zu seinem Geliebten zu gehen?“ Als er das hörte, übergab er seine Seele freudig dem Engel. nach A. Schimmel
Als Gott die Welt erschuf, fragte er die Tiere nach ihren Wünschen. Gott hörte sie alle an und erfüllte sie. Dem Igel wurden Stacheln gegeben, damit er sich besser verteidigen kann. Der Storch bekam lange Beine für die Nahrungssuche in den sumpfigen Wiesen. Und die Feldmaus erhielt eine kleine und flinke Gestalt, so dass sie mühelos in jedes Loch passte, um sich dort vor Angreifern zu verstecken. Als die Menschen davon erfuhren, wurden sie unwillig, weil sie nicht gefragt worden waren. „Wir können mit dieser deiner Welt so nicht zufrieden sein“, stellten sie klar und unmissverständlich fest. „Das sollt ihr auch nicht“, erwiderte Gott, „denn diese Erde ist nicht eure Heimat, ihr seid hier nur Gäste auf Zeit“. Seitdem tragen nun die Tiere ihre Augen zur Erde, der Mensch aber geht aufrecht und schaut zum Himmel.
Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will. Benjamin Franklin
Aus einem leeren Beutel Geld zählen, aus den Wolken Brot backen - das ist unseres Herrgotts Kunst allein. Er tut's täglich und macht aus nichts alles. Martin Luther
Bei einem Jubiläum Alexander Schweizers, des berühmten Züricher Theologen, ward ein Festessen abgehalten. Nach vielen anderen Reden erhob sich Gottfried Keller und alle warteten gespannt, was der Dichter sagen werde. Seine Rede war kurz: „Meine Herren, es gibt, soviel ich sehe, zwei Sorten von Theologen, solche, die über dem lieben Gott, und solche, die unter ihm stehen. Alexander Schweizer hat sein Leben lang zu den letzteren gehört. Er lebe hoch!“ Euthymius Haas
Beten heißt nicht, sich selbst reden hören, beten heißt still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört. Sören Kierkegaard
Beten heißt: Gott den Sack vor die Füße werfen. Martin Luther
Beten heißt: in der Luft Gottes atmen; beten heißt: ja sagen zu seinem Regiment. Friedrich von Bodelschwingh
Christen, die nicht weinen und meinen, sie seien besonders glaubensstark, sollten sich nicht täuschen. Gott kann ihnen am Ziel nicht einmal die Tränen abwischen. Johann Albrecht Bengel
Da man morgen mit den gleichen Eigenschaften auferstehen wird, möge Gott niemandem übles Wesen geben in der Welt, denn das wird für ihn nach dem Tode zu ernten sein, was er auf dem Felde dieser Welt gesät hat. Abdur Rahman
Danke Gott erst für das Brot, bevor du um Kuchen bittest! Aus Russland
Das Gebet ändert nicht Gott, aber es verändert den Betenden. Sören Kierkegaard
Das Gebet legt Gottes Werk in seine Hände und lässt es dort. E.M. Bounds
Das ist der größte Zorn Gottes, wenn er das Wort wegnimmt und zulässt, dass die Menschen es verachten. Martin Luther
Das ist die Summe und der Kern alles dessen, was uns die Gnade lehrt: die Sinne bezähmen, das eitle Wohlgefallen verschmähen, sich nicht selbst zur Schau stellen, vielmehr alles, was des Lobes und der Bewunderung wert sein mag, mit dem Schleier der Bescheidenheit und Einfachheit verhüllen, in allen Dingen und allen Wissenschaften nichts anderes suchen, als dass Gott dadurch in allem gelobt und verherrlicht und der sinkenden Menschheit unter die Arme gegriffen werde. Thomas von Kempen
Das Kreuz setzt dir zu, nicht damit du darunter verkommst, sondern dass du lernst, Gott zu vertrauen. Denn Gott vertrauen ist keine Kunst, wenn alles wohl geht. Martin Luther
Das Wort Zufall ist Gotteslästerung. Nichts unter der Sonne ist Zufall. G. E. Lessing
Das, was Gott Freude macht, wird auch uns Freude bringen. C. H. Spurgeon
Dass Gott mit Gnade in der Seele ist, das bringt mehr Licht mit sich, als alle Vernünftigkeit herbeischaffen könnte. Meister Eckhart
Dies ist das gerechte Strafurteil Gottes, dass der Mensch, der einst Macht und Herrschaft über alle anderen Geschöpfe hatte, sich aber stattdessen freiwillig und in Missachtung des göttlichen Gebots dem Willen seiner Untergebenen unterwarf, nun, da er Gottes Gebot erfüllen will, erkennen und erfahren muss, wie alle Geschöpfe, die ihm eigentlich untertan sein sollten, sich hochmütig über ihn erheben und sich zwischen ihn und seinen Gott stellen. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Demut ist der Grundstein alles Guten, und Gott bauet auf keinen andern. Matthias Claudius
Deo servire libertas est. Gott dienen ist Freiheit. Seneca
Der Ausdruck ‚Lieber Gott‘, über den schon Nietzsche spottet, musste in der Tat dem Deutschen zu erfinden aufgespart bleiben. Es sollte ihm nur einmal aufgehen, wie er sich selbst damit den Blick für die unaussprechliche Gewaltigkeit und Fürchterlichkeit des Weltganzen verdirbt, wenn er dessen höchster Personifikation das vertrauliche Wörtchen ‚lieb‘ voransetzt. Christian Morgenstern
Der demütige Mensch und Gott sind Eins und nicht Zwei. Was Gott wirkt, das wirkt auch er, und was Gott will, das will auch er, und was Gott ist, das ist auch er: ein Leben und ein Sein. Meister Eckhart
Der heutige Zustand der Welt, das ganze Leben ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte, was rätst du? - ich würde antworten: Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen. Gottes Wort kann so nicht gehört werden. Und wenn es unter der Anwendung lärmender Mittel geräuschvoll hinausgerufen wird, dass es selbst im Lärm gehört werde, so ist es nicht mehr Gottes Wort. Darum schaffe Schweigen! Sören Kierkegaard
Der Meister des Khalvati-Ordens in Istanbul suchte nach einem Nachfolger. Er sandte seine Jünger aus, um Blumen zu bringen, damit das Kloster geschmückt werde. Alle kehrten mit großen Sträußen zurück, nur einer brachte ein kleines verwelktes Blümchen. Gefragt, ob er denn nichts gefunden habe, was seines Meisters würdiger sei, antwortete er: „Ich sah, dass alle Blumen damit beschäftigt waren, Gott zu preisen. Wie konnte ich sie stören? Nur eine sah ich, die hatte gerade ihr Gottgedenken beendet, und die habe ich mitgebracht.“ Er wurde zum Nachfolger des Meisters ernannt. Türkisch
Der Mensch denkt sich Gott so, wie er ihn sich wünscht; aber Gott bleibt immer so, wie er ist. Franziskus von Assisi
Der Mensch sehe in jedem Vorfall des Lebens ein Mittel zu seiner Veredelung, das ihm Gott sendet. Johann Heinrich Pestalozzi
Der Mensch, der von inwendigen Dingen nichts gewöhnt ist, der weiß nicht, was Gott ist. Wie ein Mann, der Wein in seinem Keller hat und hätte davon noch nichts getrunken oder versucht. Der weiß nicht, dass sein Wein gut ist. So steht es auch mit Leuten, die in Unwissenheit leben: die wissen nicht, was Gott ist, und doch glauben und wähnen sie zu leben. Meister Eckhart
Der Teufel ist der Affe Gottes. Martin Luther
Der Tod, den die Menschen fürchten, ist die Trennung der Seele vom Körper. Den Tod aber, den die Menschen nicht fürchten, ist die Trennung von Gott. Augustin
Dich hüten musst Du selbst und Gott muss Dich bewahren! Friedrich Rückert
Die Ärzte sind unseres Herrgotts Flicker. Martin Luther
Die Barmherzigkeit Gottes ist wie der Himmel, der stets über uns fest bleibt. Unter diesem Dach sind wir sicher, wo auch immer wir sind. Martin Luther
Die Bibel ist ein Brief, den mein Gott mir hat schreiben lassen, wonach ich mich ausrichten soll und wonach mein Gott mich richten wird. Johann Albrecht Bengel
Die Leute traktieren Gott, als wäre das unbegreifliche, gar nicht auszudenkende höchste Wesen nicht viel mehr als ihresgleichen. Er wird ihnen zu einer Phrase, zu einem bloßen Namen, wobei sie sich gar nichts denken. Wären sie aber durchdrungen von seiner Größe, sie würden verstummen und ihn vor Verehrung nicht nennen mögen. Goethe
Die Mathematik ist das Alphabet, mit dem Gott die Welt geschrieben hat. Galileo Galilei
Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen könnte, wenn sie sich ihm nur zur Verfügung stellen würden. Ignatius von Loyola
Die Mystikerin Rabi’a wurde in einer Straße Basras gefragt, warum sie eine Fackel in der einen Hand, einen Eimer Wasser in der anderen trage, und sie antwortete: „Ich will Feuer ans Paradies legen und Wasser in die Hölle gießen, damit diese beiden Schleier verschwinden und es deutlich wird, wer Gott aus Liebe und nicht aus Höllenfurcht oder Hoffnung aufs Paradies anbetet.“ nach A. Schimmel
Die Natur hat Vollkommenheiten, um zu zeigen, dass sie das Abbild Gottes ist, und sie hat Mängel, um zu zeigen, dass sie nur sein Abbild ist. Blaise Pascal
Die Rätsel Gottes sind befriedigender als die Lösungen der Menschen. G. K. Chesterton
Lass den morgigen Tag sein, was er will – unser Gott ist auch der Gott des morgigen Tages. C. H. Spurgeon
Die Tugend ist nichts anderes als eine beherrschte und maßvolle Liebe, die ganz zu Gott um Seiner selbst willen gerichtet ist. Denn Er selbst ist so sehr der ausschließliche Grund aller Tugenden, dass eine Tugend unvollkommen bleibt, wenn sich jemand zu ihrer Verwirklichung gedrängt fühlt durch einen zusätzlichen Grund außer Gott, selbst wenn dieser der Hauptgrund bleibt. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Die Wege Gottes sind wie ein hebräisches Buch, das man nur von hinten lesen kann. Martin Luther
Die Welt verheißt nur zeitliche und unbedeutende Güter und hat doch die eifrigsten Diener. Gott verheißt das allerhöchste und ewige Gut, und die Herzen der Menschen bleiben kalt und träge dabei. Die Unverständigen! Für nichtswürdige Dinge laufen sie sich müde, zanken und balgen sich auf niederträchtige Weise um ein Groschenstück, mühen und plagen sich Tag und Nacht, um irgendeine verheißene Kleinigkeit, ein täuschendes Nichts zu erhaschen. Aber, o Schande! Für ein Gut, das ewig währt, für eine Belohnung, die unschätzbar ist, für die höchste Ehre, für eine Herrlichkeit, die kein Ende nimmt, sich auch nur ein wenig zu bemühen, ach, dazu sind sie viel zu träge. Thomas von Kempen
Nie hat ein Mensch nach irgend etwas so sehr begehrt, wie Gott danach begehrt, den Menschen dahin zu bringen, dass er ihn erkenne. Gott ist allzeit bereit, wir aber sind sehr unbereit; Gott ist uns nahe, wir aber sind ihm sehr fern; Gott ist drinnen, wir aber sind draußen; Gott ist in uns daheim, wir aber sind in der Fremde. Meister Eckhart
Du wolltest Gott sein, obwohl du Mensch warst, und gingst so verloren. Er wollte Mensch sein, obwohl er Gott war. So schwer schlug dein menschlicher Stolz dich nieder, dass nur die Demut eines Gottes dich wieder aufrichten konnte. Augustinus
Eben das ist das Unglück, dass die Leute durch das Glück glücklich werden wollen und nicht durch ein Leben, bei dem der Segen Gottes ist. Jeremias Gotthelf
Ein jeder handle so, als wollte Gott eine große Tat durch ihn vollbringen. Martin Luther
Ein Mann mit Gott ist immer in der Mehrheit. John Knox
Ein Mensch soll gar nichts suchen, weder Verstehen noch Wissen noch Innigkeit noch Andacht noch Ruhe, sondern allein Gottes Willen. Wenn einer einzig Gottes Willen sucht, dann soll er, was ihm daraus zufließt oder geoffenbart wird, als Gabe Gottes empfangen. Dann ist einer recht daran. Meister Eckhart
Ein schöner Zustand der Kirche, wenn sie nur noch von Gott erhalten wird. Blaise Pascal
Ein Schüler fragte den Baalschem: „Wie geht das zu, dass einer, der an Gott hängt und sich ihm nah weiß, zuweilen eine Unterbrechung und Entfernung erfährt?“ Der Baalschem erklärt: „Wenn ein Vater seinen kleinen Sohn will gehen lehren, stellt der ihn erst vor sich hin und hält die eigenen Hände zu beiden Seiten ihm nah, dass er nicht falle, und so geht der Knabe zwischen den Vaterhänden auf den Vater zu. Sowie er aber zum Vater herankommt, rückt er um ein weniges ab und hält die Hände weiter auseinander, und so fort, dass das Kind gehen lerne.“
Ein Schüler kam zu einem Rabbi und fragte: Früher gab es Menschen, die Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen haben. Warum gibt es die heute nicht mehr? Darauf antwortete der Rabbi: Weil sich niemand mehr so tief bücken will.
Ein wahrer Menschenfreund; ... er legt mit unerschöpflicher Geduld und tiefem Glauben die in die Menschen eingemeißelte Inschrift Gottes frei, dessen ungestalte, schiefe Denkmäler sie sind. Henry David Thoreau
Eine Regierung ohne Gott ist im besten Falle eine einigermaßen gut organisierte Räuberbande. Augustin
Eine Traube von Gott füllt alle Krüge mit Wein. Johann Georg Hamann
Einen Menschen lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat. Fjodor M. Dostojewski
Es gibt keine kleine Sünde – es sei denn, wir fänden einen kleinen Gott. John Wesley
Es gibt zwei Arten vernünftiger Menschen: Diejenigen, die Gott von ganzem Herzen dienen, weil sie ihn kennen. Und die, die Gott von ganzem Herzen suchen, weil sie ihn noch nicht gefunden haben. Blaise Pascal
Es ist besser, beide Augen vor unangenehmen Dingen zu schließen und einen jeden bei seiner Meinung zu lassen, als im ewigen Zank und Streit mit dem Nachbarn zu leben. Wenn du bei Gott recht hast und auf seinen allein geltenden und ewig entscheidenden Ausspruch dich verlassen kannst, so wirst du es ganz erträglich finden, vor Menschen unrecht zu haben und vor ihnen als überwunden dazustehen. Thomas von Kempen
Es ist dem lieben Gott sehr recht, wenn du einmal aus Herzensgrund lachst. Martin Luther
Es ist ebenso gefährlich für den Menschen, Gott zu kennen ohne seine eigene Erbärmlichkeit, wie seine eigene Erbärmlichkeit zu kennen ohne Gott zu kennen. Blaise Pascal
Es ist Gott und aller Welt wirklich unmöglich zu machen, dass der Mensch wahren Trost finde, der Trost sucht bei den Kreaturen. Wer aber das Göttliche liebte in der Kreatur und die Kreatur allein in Gott, der fände wahren, rechten und gleichen Trost an allen Orten. Meister Eckhart
Es ist Gottes Lust und Ehre, dass er viel geben will. Martin Luther
Es ist gut, dass wir, um glücklich zu sein, nicht nötig haben, die Führung Gottes zu begreifen. C. H. Spurgeon
Es ist mit Gottes Wort nicht zu scherzen. Kannst du es nicht verstehen, so ziehe den Hut vor ihm ab. Martin Luther
Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen. Blaise Pascal
Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein,
als wenn des Menschen Herz mit Gott stimmt überein. Angelus Silesius
Freuen wir uns darüber, dass Gott dem Esel keine Hörner gab. Aus Nigeria
Friede ist nicht die Abwesenheit allen Kampfes, sondern die Anwesenheit Gottes. Eva von Tiele-Winckler
Frömmigkeit ist der Entschluss, die Abhängigkeit von Gott als Glück zu bezeichnen. Hermann von Bezzel
Für viele ist Gott kaum mehr als eine Berufungsinstanz gegen das Verdammungsurteil der Welt über ihr eigenes Versagen. William James
Glaube ist die Fähigkeit, hinter allem Gott zu sehen. Oswald Chambers
Glauben ist Ruhen in der Treue Gottes. Hudson Taylor
Glaubst du, dass, weil du, ohne es durch Todsünde verschuldet zu haben, weder Andacht noch Ernst hast, du deshalb eben, weil du keine Andacht und keinen Ernst hast, auch Gott nicht hast, und ist dir das dann leid, so ist dies eben jetzt deine Andacht und dein Ernst. Meister Eckhart
Manche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens. So halten's alle jene Leute, die Gott um äußeren Reichtums oder inneren Trostes willen lieben; die aber lieben Gott nicht recht, sondern sie lieben ihren Eigennutz. Ja, ich sage bei der Wahrheit: Alles, worauf du dein Streben richtest, was nicht Gott in sich selbst ist, das kann niemals so gut sein, dass es dir nicht ein Hindernis für die höchste Wahrheit ist. Meister Eckhart
Gott braucht Arbeiter an niedrigen Dingen. Arbeiter an hohen Dingen hat er genug. Friedrich Christoph Oetinger
Gott geht zu dem, der zu ihm kommt. Aus Russland
Gott gibt jedem Vogel sein Futter, aber er wirft es ihm nicht ins Nest. C. H. Spurgeon
Gott hat das Leben lieb, der Teufel den Tod. Martin Luther
Gott hat die Armen um der Reichen willen und die Reichen um der Armen willen gemacht. Meister Eckhart
Gott hat die einfachen Menschen offenbar geliebt, denn er hat so viele von ihnen gemacht. Abraham Lincoln
Gott hat die Kirchen wie Häfen im Meer angelegt, damit ihr euch aus dem Wirbel irdischer Sorgen dahin retten und Ruhe und Stille finden sollt. Johannes Chrysostomus
Gott hat mit Sicherheit alle erdenklichen Vollkommenheiten, aber, wenn ich so sagen darf, er hat zugleich eine große Schwäche: Er ist blind! Und es gibt eine Wissenschaft, die er nicht kennt: Das ist das Rechnen. Würde er genau sehen, und könnte er rechnen, glauben Sie, dass er uns angesichts all unserer Schuld nicht ins Nichts zurückfallen ließe? Aber nein, seine Liebe zu uns macht ihn blind. Thérèse von Lisieux
Gott hat nur eine Freude: mitzuteilen. Also ist ihm der Willkommenste, der am meisten braucht. Sören Kierkegaard
Gott hat sein Ohr an deinem Herzen. Augustin
Gott hat seine Liebe ausgebreitet in alle Kreatur und ist doch in sich selbst eins. Da an allen Kreaturen, an jeder einzelnen, etwas Liebenswertes ist, darum liebt jede Kreatur, die vernünftig ist, etwas an der anderen, das ihr gleicht. So verlangen die Frauen manchmal nach etwas Rotem, weil der Anblick des Roten ihnen Lust bereitet, und weil das nicht alles ist, was sie erfreut, verlangen sie ein anderes Mal nach Grünem. Doch kann ihr Begehren nicht dauerhaft erfüllt werden, und zwar deshalb, weil sie nicht bei der einfachen Lust bleiben. Sie nehmen das Tuch hinzu, den Träger der Farbe, die lusterregend erscheint. Da so an jeder Kreatur etwas Lusterregendes aufscheint, darum lieben die Menschen bald dies und bald das. Nun sieh vom „dies“ und „das“ ab; was dann übrig bleibt, das ist rein nur Gott. Meister Eckhart
Gott hat uns gegeben zu spielen mit Äpfeln und Birnen und Nüssen und mit unsern Weibern; aber mit sich und seiner Majestät lässt er nicht scherzen. Martin Luther
Gott hilft uns nicht immer am Leiden vorbei, aber er hilft uns hindurch. Johann Albrecht Bengel
Gott ist ein stiller Geist, der überall zugegen; Drum, wer ihm nahen will, darf sich nicht viel bewegen; Verlier, was bildlich ist, und brauch nicht viel Gewalt, Kehr sanft in stillem Geist: Ich weiß, du findst ihn bald. Gerhard Tersteegen
Gott ist es selber, der die Ungleichheit der Menschen durch die Ungleichheit der Gaben, die er einem jeden von uns von innen verliehen, gegründet. Johann Heinrich Pestalozzi
Gott ist immer in uns, nur wir sind selten zu Hause. Meister Eckhart
Gott ist so groß, dass er es wohl wert ist, ihn sein Leben lang zu suchen. Therese von Avila
Gott jagt mit seiner Liebe alle Kreaturen damit, dass sie Gott zu lieben begehren. Wenn mich einer fragte, was Gott wäre, so würde ich jetzt so antworten: Gott ist ein Gut, das mit seiner Liebe alle Kreaturen jagt, auf dass sie ihn ihrerseits wieder jagen: so lustvoll ist es für Gott, dass er von der Kreatur gejagt wird. Meister Eckhart
Gott legt die Gnade immer nur in Bettlerhände. Hermann Bezzel
Gott liebt nichts in uns als die Gutheit, die er in uns bewirkt. Ein Heiliger sagt: Es wird nichts gekrönt von Gott als sein eigenes Werk, das er in uns wirkt. Meister Eckhart
Gott macht niemals sein Wort passend für mich. Er macht mich passend für sein Wort. Oswald Chambers
Gott muss man in der Weise fürchten, dass man vor ihm zu ihm flüchtet. Augustin
Gott nötig haben ist des Menschen höchste Vollkommenheit. Sören Kierkegaard
Gott sagte: Ich war ein Schatz, den niemand kannte, und wollte bekannt werden. Da schuf ich den Menschen. Hugo von Hofmannsthal
Gott strebt danach, dass er sich uns völlig gebe. In gleicher Weise, wie wenn das Feuer das Holz in sich ziehen will und sich wiederum in das Holz; dann befindet es das Holz als ihm ungleich. Darum bedarf es der Zeit. Zuerst macht das Feuer das Holz warm und heiß; dann raucht es und kracht, weil das Holz ihm ungleich ist. Und je heißer das Holz dann wird, desto stiller und ruhiger wird es, und je gleicher das Holz dem Feuer ist, desto friedlicher ist es, bis es ganz und gar Feuer wird. Meister Eckhart
Gott verkauft Weisheit für Arbeit und Leiden. Aus der Ukraine
Gott will, dass wir fröhlich sind. Hätte er sonst die Sonne, den Mond und die Schätze der Erde zur Freude geschenkt? Martin Luther
Gott wird diejenigen nicht vergessen, die sich selbst vergaßen, um an andere zu denken. Thomas von Aquin
Gott wird sich niemandes erbarmen, der sich der Menschen nicht erbarmt. Muhammad
Gott würde dich so hart nicht fassen, hättest du sanft dich führen lassen. Emanuel Geibel
Gott, der jedem Blatt seinen Platz gegeben hat, wird mir auch den meinen zeigen. Charles de Foucauld
Gottes Ewigkeit ist Seine Länge, die Liebe Seine Breite, die Macht Seine Höhe und die Weisheit Seine Tiefe. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Gottes Gnade ist reichlicher, als wir hoffen. Wir hätten’s nicht gewagt, ihn um so viel zu bitten. Martin Luther
Gottes Natur ist, dass er aus nichts etwas macht. Darum, wer noch nicht nichts ist, aus dem kann Gott auch nichts machen. Martin Luther
Gottes Tisch hat keine Feinde außer den Satten. Paracelsus
Gottes Wege sind dunkel, aber das Dunkel liegt nur in unseren Augen, nicht auf seinen Wegen. Matthias Claudius
Gottes Wege sind überall anzubeten, aber nicht überall zu ergründen. Ich bin des Vaters Kind, nicht sein Geheimrat. Gerhard Tersteegen
Großer Gott! Gib uns die Dinge, die gut für uns sind, auch wenn wir nicht darum bitten, und verweigere uns die bösen Dinge, auch wenn wir darum bitten. Charles-Louis de Secondat
Großer Gott, lass meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird! Selma Lagerlöf
Gute Arbeiter sind die, in denen Gott arbeitet. Augustin
Hätte die Natur so viele Gesetze wie der Staat, Gott selbst könnte sie nicht regieren. Ludwig Börne
Heilige sind Menschen, durch die es den anderen leichter wird, an Gott zu glauben. Nathan Söderblom
Herr, gib mir Kraft, dass ich mich erhebe über alles, was du, mein Gott, nicht bist, und dass ich, erhaben über alles, was du nicht bist, in dir allein Ruhe suche und Ruhe finde. Thomas von Kempen
Hölle ist da, wo Gott nicht mehr hinsieht. Dostojewski
Ich bin nur ein schlichtes einfältiges Werkzeug. Gott tue und mache, was er will. Was er will, das will ich auch; und was er nicht will, das will ich auch nicht. Will er, dass ich es soll wissen, so will ich es wissen; will er aber nicht, so will ich auch nicht. Ich will nichts und tot sein, auf dass er in mir lebe und wirke, was er will. Jakob Böhme
Ich danke Gott, dass ich an Schwierigkeiten gewöhnt bin. Oliver Cromwell
Ich danke meinem Gott, der gewollt hat, dass ich zeitlebens ein Mensch der Sehnsucht sein sollte. Ich preise dich, meinen Erretter, dass du mir auf der Erde kein Vaterland und keine Wohnung gegeben hast. Du hast mich vor der Torheit bewahrt, das Zufällige für das Wesentliche, den Weg für das Ziel, das Streben für die Ruhe, die Herberge für die Wohnung und die Wanderschaft für das Vaterland zu halten. J. A. Comenius
Ich habe Angst um die menschliche Rasse, wenn ich daran denke, dass Gott gerecht ist. Thomas Jefferson
Ich habe niemals etwas gesehen, ohne Gott darin zu sehen. Muhammad ibn Wasi
Ich schreibe mein ganzes Unglück der einen Ursache zu, dass ich gottlos gewesen bin. Ein Mensch, der die Verbindung mit Gott abgebrochen hat, kann keinen Segen empfangen. Alles Gerede davon, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, ist Spreu. Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst, das ist die ganze Weisheit. August Strindberg
Ich ward einmal gefragt, woher das käme, dass es guten Leuten so wohl mit Gott wäre, dass sie Gott so ernsthaft dienten? Da antwortete ich und sprach, es käme daher, dass sie Gott „geschmeckt“ hätten, und es wäre ein Wunder, wenn der Seele, die Gott nur einmal geschmeckt und gekostet hätte, je hinfort etwas anderes schmecken könnte. Ein Heiliger sagt, der Seele, die Gott geschmeckt hat, werde alles, was Gott nicht ist, zu einem stinkenden widerlichen Pestgeschmack. Meister Eckhart
Ihr fragt oft, wie ihr leben sollt. Das sollt ihr hier mit Fleiß erkennen... Du sollst aus Gott sein und sollst für Gott sein und sollst nicht dein sein und nicht für dich sein und sollst niemandem gehören. Nehmt den Hund als Gleichnis dafür, der ein unvernünftiges Tier ist. Der ist seinem Herrn völlig treu. Und wäre es möglich, dass der Hund seinem Herrn mit der Hälfte seines Wesens untreu wäre, so hasste er sich mit der anderen Hälfte. Meister Eckhart
Im Innern mit Gott freien Umgang haben und in diesem freien Umgang sich durch keine Neigung von draußen stören lassen, darin besteht das Leben des innerlichen Menschen. Thomas von Kempen
In die einsame, stille, freie Gottheit trage deinen unnützen, hässlichen Seelengrund, der überwachsen ist mit Unkraut, ledig alles Guten, und voll der wilden Tiere. Gott entgegen trage deine Finsternis, die allen Lichtes entbehrt, und lass ihn dich erleuchten. Johannes Tauler
In jedem Menschen ist ein Abgrund; den kann man nur mit Gott füllen. Blaise Pascal
Ist's etwas Großes, dass die Engel Gott loben? Nein, denn wenn wir an ihrer Stelle wären, würden wir es auch tun aber ich meine, dass Hiob auf seinem Misthaufen Gott lobte, das war etwas Großes, und dies Lob gefiel Gott besser als das Lob aller Engel. Gerhard Tersteegen
Jeder hat sich da zu bewähren, wohin ihn Gott gestellt hat, nicht in einem fremden Nest. Theodor Fontane
Jeder Mensch ist der Erbauer eines Tempels – seines Leibes – für den Gott, zu dem er betet in seiner innigsten Art. Er kann sich dem nicht entziehen, indem er statt dessen Marmor behaut. Henry David Thoreau
Jeder Tag ist von Gott. Jochen Klepper
Kein Ding geht eher, bis die Stunde kommt, die Gott bestimmt hat. Martin Luther
Könntest du dich selbst vernichten nur für einen Augenblick, ja, ich sage, selbst für kürzer als einen Augenblick, so gehörte dir alles das, was dies Etwas in sich selber ist. Solange du auf dich selbst noch irgendwie achtest oder auf irgendein Ding, so weißt du so wenig, was Gott ist, wie mein Mund weiß, was Farbe ist, und wie mein Auge weiß, was Geschmack ist. So wenig weißt du dann und ist dir bekannt, was Gott ist. Meister Eckhart
Lass den morgigen Tag sein, was er will – unser Gott ist auch der Gott des morgigen Tages. C. H. Spurgeon
Lass es dir doch einmal recht gewiss und klar werden, dass das Sterben dein eigentliches Leben sein sollte; denn je mehr einer sich selbst stirbt, desto mehr fängt er an, seinem Gott zu leben. Thomas von Kempen
Man muss Gott beim Herzen zu packen verstehen, das ist seine schwache Seite. Teresa von Avila
Man müsste Gott selber sein, um Erfolge und Mißerfolge unterscheiden zu können. Anton Tschechow
Man soll ein schlichtes christliches Leben führen und es nicht auf ein besonderes Tun abgesehen haben. Nur eines soll man von Gott empfangen, und was einem dann zufällt, das nehme man als sein Bestes und sei ohne alle Befürchtung, dass man durch dieses Einverständnis an irgendetwas gehindert werde. Meister Eckhart
Martin Luther ist in seinem Leben durch manche Anfechtungen und Prüfungen gegangen. Sein letzter Halt war das erste Gebot: „Wenn mir alles unbegreiflich vorkommt, ja, wenn sogar das Bild des Heilandes mir zeitweilig verdunkelt wird, dann ist mein letzter Halt das, was Gott im ersten Gebot gesagt hat: Ich bin der Herr, dein Gott! Also die Wahrheit: Ich habe mich nicht selbst erschaffen, ich bin nicht allein mit mir selber und mit meinem Schicksal. Ich stehe in der Hand dessen, ohne den ich keinen Atemzug tun könnte. Gott hätte mich nicht erschaffen, wenn er kein Ziel mit mir hätte. Er fängt kein Werk an, um es dann unvollendet wegzuwerfen und liegen zu lassen!”
Mein einziges Gebet ist das um Vertiefung. Durch sie allein kann ich wieder zu Gott gelangen. Vertiefung! Vertiefung! Christian Morgenstern
Meine Sache ist es, an Gott zu denken; Gottes Sache ist es, an mich zu denken. Simone Weil
Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort, ein Unbegriff, eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für Philosophieprofessoren, welche, nachdem sie die Sache haben aufgeben müssen, mit dem Worte durchzuschleichen bemüht sind. Arthur Schopenhauer
Mensch wirst du nicht ein Kind, so gehst du nimmer ein,
Wo Gottes Kinder sind: Die Tür ist gar zu klein. Angelus Silesius
Mensch, gibst du Gott dein Herz, er gibt dir seines wieder:
Ach, welch ein werter Tausch! Du steigest auf, er nieder. Angelus Silesius
Mit wem es in Wahrheit recht steht, dem ist es an allen Stätten und unter allen Menschen recht. Mit wem es aber unrecht steht, für den ist es an allen Stätten und unter allen Leuten unrecht. Mit wem es recht steht, der hat Gott in Wahrheit bei sich. Wer aber Gott recht in Wahrheit hat, der hat ihn an allen Stätten und auf der Straße und bei allen Leuten ebenso wie in der Kirche oder in der Einsamkeit oder in der Klosterzelle. Meister Eckhart
Mühe und Fürsorge sind nicht wider den Glauben. Aber die Sorge ist wider Gott. Martin Luther
Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken, alles vergeht, Gott bleibt derselbe. Geduld erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Gott nur genügt. Teresa von Avila
Niemand leugnet Gott, wenn er kein Interesse daran hat, dass es ihn nicht gibt. Augustin
Nun könnt ihr sagen: Schlechte Menschen haben es sehr gut, sie kriegen ihren Willen mehr als andere Leute. Salomon sagt: Der böse Mensch soll nicht sagen: Was schadet es mir, dass ich Übles täte, wenn es mir doch nicht weh täte? Oder: Wer täte mir deshalb Übles? Eben das, dass du Übles tust, das ist ganz und gar dein Schaden und tut dir weh genug. Seid dessen gewiss bei der ewigen Wahrheit, dass es ein ebenso großer Zorn Gottes ist; er könnte dem Sünder nichts Schlimmeres antun, weder mit der Hölle noch mit irgend etwas, als er ihm damit antut, dass er es ihm gestattet oder über ihn verhängt (=ihm zulässt), dass er sündig ist und dass er sich nicht dadurch über ihn erbarmt, dass er keinen so großen Jammer (=Unheil) über ihn zuließe, nicht sündigen zu können. Und gäbe ihm Gott das Weh der ganzen Welt, so könnte ihn Gott dennoch nicht mehr schlagen, als er damit geschlagen ist, dass er sündigt. Meister Eckhart
Reichtum ist das geringste Ding auf Erden und die allerkleinste Gabe, die Gott einem Menschen geben kann. Was ist's gegen Gottes Wort, ja, was ist's auch nur gegen leibliche Gaben wie Schönheit, Gesundheit und gegen Gaben des Gemüts, wie Verstand, Kunst, Weisheit? Dennoch trachtet man so emsig danach und lässt sich keiner Arbeit noch Mühe und Gefahr verdrießen noch hindern. Darum gibt Gott gemeiniglich Reichtum den groben Eseln, denen er sonst nichts gönnt. Martin Luther
Seht, alle die sind Kaufleute, die sich hüten vor groben Sünden und wären gern gute Leute und tun ihre guten Werke Gott zu Ehren, und tun sie doch darum, dass ihnen unser Herr etwas dafür gebe oder dass ihnen Gott etwas dafür tue, das ihnen lieb wäre. Dies sind alles Kaufleute. Bei solchem Handel sind sie betrogen. Denn, was sie sind, das sind sie durch Gott, und was sie haben, das haben sie von Gott und nicht von sich selbst. Darum ist ihnen Gott für ihre Werke und für ihr Geben gar nichts schuldig. Meister Eckhart
Sei, wo du willst, und wende dich, wohin du immer willst: Wenn du dich nicht zu Gott hinwendest, so bist du überall ein elender Mensch. Thomas von Kempen
Siehe, ein solch groß Ding ists zu Gott zu kommen, dass man durch seinen Zorn, durch Strafe und Ungnade zu ihm breche als durch eitel Dornen, ja durch eitel Spieße und Schwerter. Martin Luther
So ist die Welt in der Tat ein Labyrinth voller Irrungen, voll vergeblicher Mühe und voller Enttäuschungen, denn wir kennen das Nötige nicht, weil wir unsere Mühe auf die Erreichung des Unnötigen verwenden. Gott ruft uns in unserer Beschäftigung mit den vielerlei Dingen zur Besinnung auf das Wenige, was nötig ist, und zur Begegnung mit dem Einen, der gekommen ist, damit wir das Leben und volle Genüge haben! Johann Amos Comenius
So steht es mit dem, dem Gottes Wille gefällt: Alles, was Gott ihm zukommen lässt, sei es Krankheit oder Armut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgendetwas anderes. Nun sagt ihr gerne: „Woher weiß ich denn, ob es Gottes Wille ist?“ Ich antworte: Wäre es bloß für einen Augenblick nicht Gottes Wille, so wäre es auch nicht. Schmeckte dir nun der Wille Gottes, so wärst du recht wie im Himmelreich, was dir auch geschehe oder nicht geschehe. Meister Eckhart
Solange du auf dich selber noch irgendwie achtest oder auf irgendein Ding, so weißt du so wenig, was Gott ist, wie mein Mund weiß, was Farbe ist, und wie mein Auge weiß, was Geschmack ist: so wenig weißt du und ist dir bekannt, was Gott ist. Meister Eckhart
Soll ich dir kurz sagen, was Gott ist? – Es findet keinen Frieden, wer sich von ihm getrennt hat. Katharina von Genua
Solltest du all das vergessen, was hier gesagt wurde, so behalte nur die beiden kleinen Punkte, und du wirst zum inneren Leben gelangen. Erstens: Sei ganz und gar klein, inwendig und nach außen bis in den Grund, nicht nur deinen Worten nach und deinem Aussehen, sondern in Wahrheit in all deinem Verstehen. Sei ein Nichts in deinem Grunde und in deinen Augen, ohne jegliche beschönigende Auslegung. Zweitens: Habe eine wahre Liebe zu Gott, nicht das, was wir nach Art der Sinne Liebe nennen, sondern in wesentlicher Weise, ein allerinnigstes Gottlieben. Diese Liebe ist nicht dieses einfache äußere und sinnenhafte Gottlieben, das was man so gewöhnlich unter Gott im Sinn zu haben versteht, sondern ein anschauendes Lieben mit dem Gemüt, ein strebendes Lieben, wie einer es besitzt, dem als Wettläufer oder als Schütze ein Ziel vorschwebt. Johannes Tauler
Tadele Gott nicht, weil er den Tiger geschaffen hat. Danke ihm dafür, dass er ihm keine Flügel verlieh. Sprichwort
Um den Menschen für die Erbsünde zu strafen, hat Gott ihm erlaubt, sich aus seiner Eigenliebe einen Götzen zu schaffen, der ihn nun zeitlebens bei allen seinen Taten quält. Rochefoucauld
Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich Gottes bewusst, ihn denkt und empfindet, und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen. Johann Georg Hamann
Unser Leben vergeht mit der Suche nach Gott, denn es vergeht mit der Suche nach dem, was uns fehlt. Théodore Simon Jouffroy
Vor Gott ist keine Flucht als nur zu ihm. Friedrich Rückert
Wäre dein Herz ohne Falsch, dann wäre jedes Geschöpf für dich ein Spiegel des Lebens und ein Buch heiliger Lehre. Denn es ist kein Geschöpf so klein und unbedeutend, dass es nicht eine Spur von der Güte Gottes in sich trüge. Thomas von Kempen
Warum Gott den Menschen zuletzt erschaffen hat? Damit er ihm bei der Schöpfung nicht dreinreden konnte. Gorch Fock
Warum schuf Gott Mann und Weib? Um den Begriff des vollendeten Menschen außerhalb unserer Personen zu verlegen. Karl Gutzkow
Warum zeigt Gott sich nicht? Seid Ihr dessen würdig? Ja. Ihr seid sehr anmaßend und dadurch unwürdig. Nein. Ihr seid also dessen unwürdig. Blaise Pascal
Was aus Liebe geschieht, das ist groß, bringt große Frucht, so gering und ungeachtet es in den Augen des Menschen auch immer sein mag. Denn auf der Waage Gottes wiegt das, was dich zum Tun treibt, ungleich mehr als die Tat selber. Thomas von Kempen
Was der Mensch an sich und an andern nicht bessern kann, das muss er mit Geduld tragen, bis es Gott anders macht. Thomas von Kempen
Was der Mensch in Gottes Auge ist, das ist er, und mehr ist er nicht. Thomas von Kempen
Was der Mensch liebt, das ist sein Gott. Er trägt es in seinem Herzen. Er bewegt es Tag und Nacht in sich. Es sei, was es sei: Reichtum oder Geld, Vergnügen oder Ehre. Martin Luther
Was für Mühe muss es Gott und seinem Geist geben, um den Schutt bloß aus dem Wege zu räumen, worunter der Satan unsre Seelen vergräbt, wenn wir mit ihm an selbigen zu bauen gedenken. Johann Georg Hamann
Was man Gott nimmt, das holt der Teufel wieder. Sprichwort
Was tut die Blume wohl mit Gott? Sie lässt sich Gott gefallen. In der Blume, als Blume träumt er seinen schönsten Traum, da widerstrebt ihm nichts. Christian Morgenstern
Über Jahrzehnte gelang es dem französischen König Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, sein Territorium zu vergrößern, bis er im Spanischem Erbfolgekrieg einer Koalition aus fast allen europäischen Mächten gegenüberstand. Nach der vernichtenden Niederlage seiner Truppen in der Schlacht von Ramillies, die zum Rückzug der Franzosen aus den Niederlanden führte, sagte der König: „Ja, hat denn Gott alles vergessen, was ich für ihn getan habe?“
Weil Gott nicht alles allein machen wollte, schuf er die Mütter. Buch des Kabus, um 1058 verfasst
Wein gewinnt man nur, indem man die Trauben auspresst. Falls du eine schöne, runde Traube bleiben willst, musst du Gottes Hand ausweichen. Oswald Chambers
Welch ein Segen ist jene Gabe, die Gabe des Schlafes! Gott lässt es nicht zu, dass wir auf lange Zeit ohne Unterbrechung unglücklich sind; er gibt uns die Prüfungen Stück für Stück; er nimmt uns dann und wann aus dieser Welt und gibt uns einen Ferientag wie Schulkindern in einem unbekannten und geheimnisvollen Land. John Henry Newman
Wenn der Mensch betet, so atmet Gott in ihm auf. Friedrich Hebbel
Wenn der Mensch sich reinwäscht, klagt Gott ihn an. Wenn der Mensch sich anklagt, wäscht Gott ihn rein. Franz von Sales
Wenn die Menschen auf ihr Alter tugendhaft werden, opfern sie Gott nur die Überbleibsel vom Teufel. Alexander Pope
Wenn die Narren sind, die in ihrem Herzen das Dasein Gottes leugnen, so kommen mir die noch unsinniger vor, die es erst beweisen wollen. Johann Georg Hamann
Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist, und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen, besser zu begreifen, was du Gott nennst. Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, heißt das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist. Leo Tolstoi
Wenn du deine Sorgen auf Gott geworfen hast, so hüte dich, dass du sie nicht wieder auf dich nimmst! C. H. Spurgeon
Wenn du Gott zum lachen bringen willst – erzähl ihm deine Pläne... Anonym
Wenn du ihn verstehen würdest, wäre er nicht Gott. Augustin
Wenn du so viel Arbeit hast, dass du nicht mehr beten kannst, dann sei versichert, dass du mehr Geschäfte hast, als Gott für dich gut findet. Dwight L. Moody
Wenn Du willst, dass Dein Nächster an Gott glaubt, dann lass ihn sehen, was Gott aus Dir gemacht hat… Ralph Waldo Emerson
Wenn Gott unsere Verdienste krönt, so krönt er nichts anderes als seine eigenen Gaben. Augustin
Wenn manchen Leuten etwas zu erleiden oder zu tun zufällt, so sagen sie: „Wüsste ich, dass es Gottes Wille wäre, so wollte ich's gern leiden oder tun“. Bei Gott! Es ist eine wunderliche Frage, wenn ein kranker Mensch fragt, ob es Gottes Wille sei, dass er krank sei. Er soll des gewiss sein, dass es Gottes Wille ist, wenn er krank ist. So ist es auch in anderen Dingen. Darum soll ein Mensch jegliches, was ihm zufällt. auf lautere und einfältige Weise von Gott hinnehmen. Meister Eckhart
Wenn mich einer fragte, was Gott wäre, so würde ich nun so sagen: dass Gott die Liebe sei, und zwar so völlig liebenswert, dass alle Kreaturen seine Liebenswertheit zu lieben suchen, ob sie's gleich wissentlich oder unwissentlich tun, ob's ihnen gleich lieb oder leid sei. So ist Gott die Liebe, und er ist so liebenswert, dass alles, was zu lieben vermag, ihn lieben muss, es sei ihnen lieb oder leid. Es gibt keine (noch) so minderwertige Kreatur, die irgendwie das zu lieben vermöchte, was böse ist; denn, was man liebt, das muss entweder gut scheinen oder gut sein. Meister Eckhart
Wenn wir sagen „Ich bin doch kein Heiliger“, ist das nicht Demut, sondern Hochmut. Es bedeutet, dass wir nicht glauben, dass Gott uns dazu gemacht hat. Oswald Chambers
Wenn wir täten, was wir sollten, so tät Gott auch, was wir wollten. Johann Matthias Schneuber
Wer bist du denn, dass du dich vor einem Menschen fürchtest? Heute ist er, und morgen findest du seine Stätte nicht mehr. Fürchte deinen Gott, und die Menschen werden nicht mehr so viel Furchtbares für dich haben. Thomas von Kempen
Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht. Edith Stein
Wer Gott aufgibt, der löscht die Sonne aus, um mit einer Laterne weiterzuwandeln. Christian Morgenstern
Wer Gott bittet, darf kein langes Gewäsch machen. Martin Luther
Anfechtungen sind Umarmungen Gottes. Martin Luther
Wer Gott definiert, ist schon Atheist. Oswald Spengler
Wer Gott die Entscheidung überlässt, dem gibt er immer nur das Beste. Hudson Taylor
Wer Gott dienen will, soll unter den Leuten bleiben und ihnen dienen, womit er kann. Denn auch das ist Gottesdienst: tun, was Gott will, auch wenn es durch die geringste Hausarbeit geschieht. Martin Luther
Wer Gott um Gaben bitt', der ist gar übel dran:
Er betet das Geschöpf und nicht den Schöpfer an. Angelus Silesius
Wer Gott um Seiner Wohltaten willen liebt, der ist ein Polytheist. Schibli
Wer nicht Gott, sondern den Menschen gefallen will, dessen Tugend leidet an Knochenfraß und geht unter. Johann Geiler von Kaysersberg
Nimm dich selbst wahr. Und wo du dich findest, da lass dich, das ist das Allerbeste. Du musst wissen, dass sich noch nie ein Mensch in diesem Leben so weitgehend gelassen hat, dass er nicht gefunden hätte, er müsse sich noch mehr lassen. Soweit du ausgehst aus allen Dingen, so weit geht Gott ein mit all dem Seinen. Da findest du wahren Frieden und nirgends sonst. Meister Eckhart
Wer um Gottes willen gibt und um Gottes willen hindert und um Gottes willen liebt und um Gottes willen hasst und um Gottes willen heiratet, dessen Glaube ist vollkommen geworden. Muhammad
Wer von sich gut denkt, kennt sich nicht, und wer von Gott schlecht denkt, kennt Gott nicht. Abu Said
Wer zum Dienst Gottes hinzutritt, der wisse, dass er zur Kelter gekommen ist. Er wird bedrängt, zerstampft, niedergetreten, aber nicht, um in dieser Welt zugrunde zu gehen, sondern um hinüber zu fließen in die Weinkammern Gottes. Augustin
Wie ein Gesicht schön wird, dadurch, dass es Seele, so die Welt dadurch, dass sie einen Gott durchscheinen lässt. Friedrich Heinrich Jacobi
Wie hat man den lieben Gott so lieb, wenn man ihn braucht. Pierre Carlet de Marivaux
Will mich Gott nicht lebendig haben, so will ich sterben; will er mich nicht reich haben, so will ich arm sein. Martin Luther
Willst du ein aufrechtes Herz haben? Tue du, was Gott will, und wolle nicht, dass Gott tue, was du willst. Augustin
Wir die nichts verdienen als Zorn und das Unglück, wornach wir ringen, murren mit Gott, warum er uns nicht eher helfen will, uns, die nicht wollen geholfen seyn. Johann Georg Hamann
Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Und die Wahrheit macht uns frei. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch. Johann Georg Hamann
Wo Gott dich hingesät hat, da sollst du blühen. Afrikanisches Sprichwort
Wo Gott nicht im Schiff ist, da fährt man niemals gut. Martin Luther
Wohl ist es wahr, dass alle Kreaturen etwas Trost in sich tragen, wie einen abgeseihten Schaum. Der Schaum, das ist das in Gott, was an Gutem in allen Kreaturen enthalten ist. Meister Eckhart
Zuerst schuf der liebe Gott den Mann, dann schuf er die Frau. Danach tat ihm der Mann leid und er gab ihm Tabak. Mark Twain
Zwei Dinge sind sehr schwer fest zu erhalten: das Misstrauen dir selbst gegenüber, wenn alles gut zu gehen scheint, und das Vertrauen auf Gott, wenn alles übel zu gehen scheint. Johann Michael Sailer
Der Sünder in uns will (pubertär und bockig) sein eigener Herr sein. Und so bedarf es von Gottes Seite eines großen Aufwands, unseren törichten Widerstand zu brechen und unser „Herr zu werden“. Doch auf dieses „Herr-Sein“ Christi zielt Gottes gesamter Heilsplan. Wer von der Sünde überwunden wird, ist der Sünde Knecht – zu seinem Nachteil. Und wer von Christus überwunden wird, ist Christi Knecht – zu seinem Vorteil. Eine dritte Möglichkeit gibt es aber nicht. Daher ist es widersinnig, sich einer Herrschaft entziehen zu wollen, ohne die wir nicht bestehen können.
Der Mensch könnte nicht „gut“ sein, wenn’s nicht die gute Seite gäbe, auf die er sich stellt, und die gute Sache, die er zu „seiner“ Sache macht. Aber gibt es – jenseits dessen, was sich gerade für diesen oder jenen „gut anfühlt“ – ein objektiv Gutes? Unsere Vernunft findet dazu keinen Zugang. Und so ist es Gott allein, der uns zum Guten verpflichten kann, weil er (1.) als Schöpfer das Recht hat, seiner Schöpfung eine Richtung vorzugeben und (2.) in eigener Person das „höchste Gut“ ist. An seinem Willen muss sich orientieren, wer „zu etwas gut“ sein will. Denn wer möchte schon mit der Vorstellung leben, etwas von dem zu sein, was besser nicht wäre?
Das Kennzeichen „echten“ Glaubens ist es, dass seine Gottesbeziehung nicht „Mittel zum Zweck“, sondern „Selbstzweck“ ist. Denn wer wirklich Gott sucht, der sucht ihn um seiner selbst willen. Wo man dagegen die Beziehung zu Gott „nutzen“ will, um das eigene Lebensgefühl zu steigern oder die Welt besser zu genießen, da wird alles falsch: Denn Gott ist das Ziel. Das irdische Leben ist nur der Weg. Und diese beiden Dinge nicht zu verwechseln, das ist das Kennzeichen „echten“ Glaubens.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Manche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens. So halten's alle jene Leute, die Gott um äußeren Reichtums oder inneren Trostes willen lieben; die aber lieben Gott nicht recht, sondern sie lieben ihren Eigennutz. Ja, ich sage bei der Wahrheit: Alles, worauf du dein Streben richtest, was nicht Gott in sich selbst ist, das kann niemals so gut sein, dass es dir nicht ein Hindernis für die höchste Wahrheit ist.“ (Meister Eckhart)
„Seht, alle die sind Kaufleute, die sich hüten vor groben Sünden und wären gern gute Leute und tun ihre guten Werke Gott zu Ehren, und tun sie doch darum, dass ihnen unser Herr etwas dafür gebe oder dass ihnen Gott etwas dafür tue, das ihnen lieb wäre. Dies sind alles Kaufleute. Bei solchem Handel sind sie betrogen. Denn, was sie sind, das sind sie durch Gott, und was sie haben, das haben sie von Gott und nicht von sich selbst. Darum ist ihnen Gott für ihre Werke und für ihr Geben gar nichts schuldig.“ (Meister Eckhart)
Gott verbündet sich nicht mit den Tätern, die es gerne sähen, wenn ihre Opfer vergessen würden. Sondern er sorgt dafür, dass die, die der irdischen Gerechtigkeit entgehen, spätestens im Jüngsten Gericht von der himmlischen Gerechtigkeit eingeholt werden. Er wird uns die Konfrontation mit unserer Schuld nicht ersparen. Und das ist gut so. Denn Vergebung ohne Reue und ohne Rehabilitation der Opfer wäre zynisch. Vergebung ohne Gericht beruhte bloß auf Verharmlosung der angerichteten Not.
Glaube ist ein entschlossenes Zugreifen auf die Verheißungen Gottes, die sich der Gläubige im Wissen um seine Bedürftigkeit aneignet. Er behaftet Gott bei seinem Wort, hinter das er, (um seiner Ehre willen) nicht mehr zurück kann. Sich darauf zu berufen – und notfalls auch gegen Gott auf Gottes Treue zu insistieren! – das allein ist rettender Glaube. Denn ein Evangelium, das ich nicht persönlich aneigne, ist so viel wert wie ein Scheck, den ich nicht einlöse, wie ein Geschenk, das ich nicht auspacke, oder ein Medikament, das ich nicht nehme.
1.
Sinn und Nutzen eines Gottesdienstes liegen nicht darin, dass er die Gemeinschaft, die Kunst oder das Brauchtum pflegt, dass er bildet, unterhält oder therapiert. Vielmehr steht im Mittelpunkt die durch Wort und Sakrament vermittelte heilvolle Gegenwart Gottes. Die gottesdienstliche Erfahrung dieser Gegenwart, das Stehen vor Gottes Angesicht, ist zu nichts „nütze“ und muss es auch nicht sein: Die Gemeinschaft mit dem Herrn, dieser Vorgeschmack auf Gottes Reich, hat seinen Wert in sich selbst.
2.
Der christliche Gottesdienst ähnelt einem Eisberg. Er reicht weit in die Tiefe. Aber nur ein Zehntel seiner Masse ist sichtbar. Und dieses Zehntel enttäuscht uns, wenn wir vom Rest nichts wissen. Neben dem „äußeren“ Gottesdienst der versammelten Gemeinde (1) gibt es den „inneren“ Gottesdienst des Glaubens (2), und neben dem „alltäglichen“ Gottesdienst des christlichen Lebens (3) auch noch den Gottesdienst der jenseitigen Welt (4). Alles zusammen ist aber nie die angestrengte Performance der „Mitwirkenden“ für Gott (was hätte er davon?), sondern immer Gottes Werk und Gottes Dienst an uns.
3.
Ein Gottesdienst kann durch die Fülle der Lieder, Texte und Gesten „planlos“ wirken. Doch hat er seine organisierende Mitte im Wunsch der Gläubigen, ihrer Berufung gemäß Gott entsprechende Menschen zu sein, die sich stimmig zu ihm in Beziehung setzen. Wir gehen mit Gott um, damit dieser „gute Umgang“ uns wandle und präge, und in Gottes Nähe alles aus uns verschwinde, was sich mit seiner Gemeinschaft nicht verträgt. Was ist also ein Gottesdienst anderes als Glaube im Vollzug? Was ist er anderes als ein Versuch gottgemäßen Daseins in Gottes Gegenwart? Er gelingt, wo Gott ihn gnädig gelingen lässt. Und da ist er dann keine menschliche Veranstaltung mehr, sondern Heilsgeschehen im vollen Sinne des Wortes.
Die Liebe zu Gott besteht darin, in hingegebener Weise auf ihn konzentriert und ausgerichtet zu sein. Wer Gott liebt, dreht sich nicht hierhin und dahin, um tausend Dinge wichtig zu nehmen, sondern hängt an Gott und schaut auf Gott. Er reißt die Fenster weit auf, damit Gottes Wort hereinschallt, und streckt Gott sein Gesicht entgegen, damit Gottes Sonne es wärmt. Er ist, was er ist, nur in der Beziehung zu Gott, denn ihm ehrfurchtsvoll und freudig gegenüberzustehen, mit größtem Respekt, aber ohne Angst, das macht das Wesen und die Bestimmung des Gläubigen aus.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Gott hat seine Liebe in alle Kreatur ausgebreitet und ist doch in sich selbst Eins geblieben. Da an allen Kreaturen, und zwar an einer jeglichen, etwas Liebenswertes ist, darum liebt eine jegliche Kreatur, wennanders sie vernunftbegabt ist, an der andern etwas, das ihr gleicht. Darum verlangen die Frauen manchmal nach Rotem, weil sie ihre Befriedigung der Lust am lustvollen Anblick des Roten entnehmen wollen, und wenn sie ihre Befriedigung darin nicht finden, so verlangen sie ein ander Mal nach Grünem, und doch kann ihr Verlangen nicht erfüllt werden und das liegt daran: sie nehmen nicht nur die einfache Lust an sich, sondern nehmen das Tuch hinzu, das Träger der Farbe ist, die lusterregend erscheint. Und da in solcher Weise an einer jeglichen Kreatur etwas Lusterregendes in Erscheinung tritt, darum lieben die Menschen bald dies und bald das. Nun leg »dies« und »das« ab: was dann übrigbleibt, das ist rein nur Gott. Wenn einer ein Bild an eine Wand malt, dann ist die Wand Träger des Bildes. Wer nun das Bild an der Wand liebt, der liebt die Wand mit; wer die Wand wegnähme, der nähme auch das Bild weg. Nehmt aber nun die Wand so weg, dass das Bild bestehen bleibt, dann ist das Bild sein eigener Träger; wer dann das Bild liebt, der liebt ein reines Bild. Nun liebet alles was liebenswert ist, und nicht zugleich das, woran es liebenswert erscheint, dann liebst du rein nur Gott.“ (Meister Eckhart)
„Die Liebe hat kein Warum. Hätte ich einen Freund und liebte ich ihn darum, dass mir Gutes von ihm geschähe und mein voller Wille, so liebte ich nicht meinen Freund, sondern mich selbst. Ich soll meinen Freund lieben um seiner eigenen Güte und um seiner eigenen Tugenden und um alles dessentwillen, was er in sich selbst ist: dann erst liebe ich meinen Freund recht, wenn ich ihn so, wie eben gerade gesagt wurde, liebe. Ganz so steht es bei dem Menschen, der da in Gottes Liebe steht, der des Seinen nichts sucht an Gott noch an sich selbst noch an irgendwelchen Dingen und Gott allein um seiner eigenen Güte und um der Güte seiner Natur und um alles dessentwillen liebt, was er in sich selbst ist; und das ist rechte Liebe.“ (Meister Eckhart)
Du liebst nichts, ich liebe alles. Wer tut am besten? Nichts lieben ist unmöglich, sprichst du. Wer kann leben ohne Liebe? Ich geb dir‘s nach. Nicht lieben ist unmöglich, das aber, was nichts ist, lieben, geschieht leider mehr denn zu viel. Was liebst du? Dich selbst. Was bist du? Nichts. Hängst du nicht an Gott, wie der Schatten am Leibe? Was ist ein Schatten? Nichts. Aus nichts bist du erschaffen, zu nichts bist du geworden in deinen Sünden, in nichts musst du hinsinken, wenn dich Gottes Wort, das alles trägt, nicht mehr trägt. Was liebst du? Die Kreatur. Was ist sie? Nichts. Zwar die Kreaturen sind etwas, und die eine ist edler als die andere, wenn eine mit der andern verglichen wird; vergleichst du aber die Kreatur mit ihrem Schöpfer, so ist sie für nichts zu halten. Was ist ein Tröpflein im Regen gegen das große Meer? Nichts. Was ist ein Sandkörnlein gegen einen großen Berg? Nichts. Aber hör doch auf zu lieben, was nichts ist. Ich liebe was alles ist, meinen Gott, der alles ist in allem. Er hat alles, er gibt alles. Wie viel reicher bin ich als du? Du hast nichts, ich habe alles; ich tausche nicht. Doch hör: Tauschen will ich nicht, geben aber will ich wohl. Behalt dein nichts, aber liebe es nicht, sondern brauche sein zur Ehre Gottes, ich gebe dir mein alles zu. Gott ist mir und dir genug.
(Heinrich Müller)
„Wisse, wenn immer du irgendwie das Deine suchst, so findest du Gott nimmer, weil du nicht Gott ausschließlich suchst. Du suchst etwas mit Gott und tust gerade so, wie wenn du aus Gott eine Kerze machtest, auf dass man etwas damit suche; und wenn man die Dinge findet, die man sucht, so wirft man die Kerze hinweg. Ganz so tust du: Was immer du mit Gott suchst, das ist nichts, was es auch sei, sei's Nutzen oder Lohn oder Innerlichkeit oder was es auch sei; du suchst ein Nichts, darum findest du auch ein Nichts.“ (Meister Eckhart)
„Ich will euch eine Mär erzählen: Ein Mann fragte einen guten Menschen, was es zu bedeuten habe, dass es ihn zuweilen so sehr zu Andacht und Gebet gelüste, ein andermal aber ihn nicht danach gelüste. Da antwortete jener ihm dies: Der Hund, der den Hasen erblickt und ihn wittert und so auf die Spur kommt, der läuft dem Hasen nach; die anderen Hunde aber sehen zwar jenen Hund laufen, und so laufen auch sie; aber alsbald verdrießt es sie, und sie lassen ab. So auch ist es mit einem Menschen, der Gott erblickt und ihn gewittert hat: der lässt nicht ab, beständig hinter ihm her zu laufen. Daher spricht David: Schmecket und sehet, wie süß Gott ist! (Ps. 33,9). Einen solchen Menschen verdrießt es nicht; die anderen aber verdrießt es alsbald, Gott nachzujagen.“ (Meister Eckhart)
„Ohne allen Zweifel, in voller, klarer Gewissheit sage ich, Herr: Ich liebe dich (...). Aber was liebe ich, wenn ich dich liebe? Nicht Körperschönheit und vergängliche Zier, nicht den Strahlenglanz des Lichts, so lieb den Augen, nicht köstlichen Wohllaut so vieler Instrumente, nicht den süßen Duft von Blumen, Salben und Spezereien, nicht Manna und Honig, nicht Glieder, die zur Umarmung locken – nein, das liebe ich nicht, wenn ich dich liebe, meinen Gott. Und doch ist’s eine Art von Licht, von Stimme, von Duft, von Speise und von Umarmung, wenn ich meinen Gott liebe, Licht, Stimme, Duft, Speise, Umarmung meines inneren Menschen. Was da meiner Seele leuchtet, fasst kein Raum, was da erklingt, verhallt nicht in der Zeit, was da duftet, verweht kein Wind, was da mundet, verzehrt kein Hunger, was da fesselt, trennt kein Überdruss. Das ist’s, was ich liebe, wenn meinen Gott ich liebe. Was aber ist das? Ich fragte die Erde, und sie sprach: Ich bin’s nicht. Alles, was auf ihr ist, bekannte dasselbe. Ich fragte das Meer und seine Abgründe und das Gewürm, das in ihm lebt, und sie antworteten: Nicht wir sind dein Gott, suche höher, über uns! Ich fragte die säuselnden Winde, und das ganze Reich der Luft mit all seinen Bewohnern gab zur Antwort: Anaximenes irrt sich; ich bin nicht Gott. Ich fragte den Himmel, die Sonne, den Mond und die Sterne, und sie sagten: Auch wir sind’s nicht, der Gott, den du suchst. Und ich sprach zu all dem, was draußen vor den Türen meines Fleisches steht: So sagt mir doch von meinem Gott, wenn ihr’s denn nicht seid, sagt mir etwas von ihm. Sie aber riefen mit gewaltiger Stimme: Er hat uns geschaffen! Meine Frage aber, das war meine Betrachtung, und ihre Antwort war ihre Schönheit.“
(Augustinus)
GOTT UND MENSCH IN EINER PERSON?
Wie Gott Mensch wird – und dabei doch Gott bleibt –, ist schwer zu erklären. Denn immer scheint es, als müsse das Göttliche das Menschliche verdrängen oder das Menschliche das Göttliche ausschließen. Die Verbindung beider sprengt unser Vorstellungsvermögen. Aber: muss uns das wundern? Selbst die bewährte Einteilung der Himmelsrichtungen versagt in dem besonderen Fall, dass man am Nord- oder Südpol steht. Wenn wir also nicht begreifen, wie Gottes Wort Fleisch wird, besagt das weder etwas gegen die Menschwerdung Gottes noch gegen unseren Verstand, sondern besagt eben nur, dass die zwei nicht gut zusammenpassen.
Gott und Welt sind strikt zu unterscheiden. Und trotzdem ist Gott keine isolierte Größe „neben“ der Welt. Er kann nicht zu den Teilaspekten der Wirklichkeit hinzuaddiert werden als etwas, was es „auch noch“ gibt. Vielmehr ist Gott die alles bestimmende Wirklichkeit. Wir begegnen ihm in allen Dingen. Doch sehen kann das nur der Glaube: Für ihn ist die Welt transparent wie ein buntes Kirchenfenster. Er sieht die Vielfalt der Farben und weiß doch, dass es nur ein Licht gibt. Er sieht die Schöpfung und erkennt darin den Abglanz des Schöpfers.
1.
Der Mensch ist dazu bestimmt, Gottes Ebenbild zu sein. Doch ist dies nicht als „Gottähnlichkeit“ misszuverstehen. Gemeint ist vielmehr eine gegenbildliche Entsprechung wie sie zwischen Siegelring und Siegelabdruck besteht: Der Mensch ist bestimmt, zu empfangen, wo Gott schenkt, zu gehorchen, wo Gott befiehlt, zu folgen, wo Gott ruft. Bisher verfehlen alle Menschen dieses Ziel, bis auf einen: Jesus Christus ist das wahre Ebenbild Gottes und dadurch der Maßstab des wahrhaft Menschlichen.
2.
Die Natur weiß nichts von ihrer Herrlichkeit und hat keine Sprache, um ihren Schöpfer dafür zu preisen. Der Mensch aber ist mit Bewusstsein, Sprache und Verstand auf Gott hin geschaffen. Und weil nur er die Möglichkeit hat, Gott angemessen zu danken, ist er auch dafür verantwortlich, dass es geschieht. Allein der Mensch als Ebenbild Gottes ist dem Schöpfer nah genug, um in eine bewusste Beziehung zu ihm zu treten. Und diese Gottesbeziehung macht darum den eigentlichen Sinn des menschlichen Lebens aus.
3.
Nimmt man an, der Mensch sei „auch nur ein Tier“, kann man ihm kaum verdenken, dass er lebt, indem er tötet. Es erscheint dann ganz „natürlich“ – und das Lebensrecht der Schwachen ist entsprechend schwer zu begründen. Doch in Wahrheit ist der Menschen berufen, Gottes Ebenbild zu sein. Der Höchste hat ihn sich zum Gegenüber erwählt. Er gehört so wenig zu den Tieren, wie die Tiere zu den Pflanzen. Und das verleiht jedem Einzelnen ein Lebensrecht, das durch Leistungskraft nicht gesteigert und durch Schwäche nicht verringert werden kann.
Gott will auf der Rankingliste unserer Prioritäten den ersten Platz einnehmen – oder keinen. Und wenn wir ihm statt der Hand nur den kleinen Finger reichen, lässt er uns stehen. Denn Gott ist „absolut“. Und das Absolute nur „relativ“ wichtig zu nehmen, wäre widersinnig. Der Mensch soll darum nicht umherschweifen wie ein herrenloser Köter, der jedem nachläuft und jede Hand schleckt, die ihn füttert, sondern soll in unbedingter Treue auf Gott fokussiert sein, um in Freuden, Nöten, Hoffnungen und Ängsten alles nur von ihm zu erwarten.
Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Mit der Gewissheit, dass wir uns in einer Welt bewegen, die denkbar ist, und in uns ein Denken haben, das zu den die Welt gestaltenden Gedanken in positiven Beziehungen steht, ist der Gottesgedanke da. Da uns unsere Befähigung zum Erkennen die Gemeinschaft Gottes mit uns bezeugt, begründet sie die intellektuelle Liebe Gottes, die im Denken nach der Übereinstimmung mit dem göttlichen Denken begehrt, und weil uns die Schranken unseres Bewusstseins zeigen, dass wir nicht Identität, sondern Gemeinschaft mit Gott haben, entsteht dadurch zugleich die intellektuelle Furcht Gottes. Wie der Dünkel, der alles zu wissen begehrt, gottlos ist, so ist die Beachtung der unserem Denken gesetzten Schranken ein wirksamer Grund der Frömmigkeit. Die Verzagtheit und die Überhebung sind nun von der Denkarbeit entfernt. Da unser Denken auf Gottes Denken beruht, ist die Last der Vereinsamung dem Menschen abgenommen. Er ist gedacht, gekannt und mit ihm alles Seiende. Eine Theorie der Erkenntnis ist uns damit nicht gegeben; vielmehr ist uns die Torheit des Verlangens, die Entstehung unseres Bewusstseins wahrzunehmen, deutlich geworden, da wir nicht mehr begehren können, den Prozess, durch den wir werden, zu beherrschen. Aber wir haben nun für die Tatsache, dass wir denken, eine sie bestätigende Gewissheit, eben die, dass Gott zuerst denkt, ehe wir denken. Der Satz: Ich denke, ist nicht mehr das Letzte, was wir erreichen; über ihm steht der andere: Ich werde gedacht, und damit ist uns der Grund gezeigt, der uns die Befähigung zum Denken gibt und aus ihr ein fruchtbares, gelingendes Vermögen macht. Nun bereiten uns die Grenzen unserer Erkenntnis nicht mehr eine quälende Angst. Denn wir begreifen, dass wir nicht alles wissen, brauchen auch nicht alles zu wissen. Die Formel, Gott sei das Asyl der Ignoranz, die zunächst als Polemik gedacht war, drückt eine unentbehrliche Wahrheit aus. Denn wir erhalten den Schutz gegen die leidenschaftliche Erregung, die sich gegen die Schranken unseres Wissens auflehnt, durch die Gewissheit, dass über unserer Unwissenheit das alles ordnende Denken Gottes steht. Im Blick auf ihn hört die Beschränktheit unserer eigenen Gedanken auf, eine unerträgliche Not zu sein. Zugleich mit der Verzagtheit wird uns auch die Überhebung unmöglich, die sich in willkürlichen Konstruktionen und Konjekturen ergeht. Unser Gedanke ist der zweite; darauf beruht seine Möglichkeit und sein Recht; er ist aber nur der zweite; daraus entsteht die Verpflichtung zum Sehen und Hören, zur Öffnung des Blicks für den gegebenen Tatbestand. Dass wir uns nicht in unserer, sondern in Gottes Welt bewegen, das gibt uns die Ehrfurcht vor der Wirklichkeit und verwehrt uns, klüger sein zu wollen als jener Gedanke, durch den das Bestehende entstand und das Geschehene geschah. Schön kam der religiöse Grund, auf dem alles Denken beruht, durch die athenische Formel Philosophie zum Ausdruck, die von der Weisheit sagt, sie sei vor und über dem Denker vorhanden und seine Aufgabe bestehe darin, sie zu lieben und zu suchen. Dem entspricht der neutestamentliche Satz, dass die Wahrheit nicht erst durch unser Denken entstehe, sondern uns angeboten werde, damit wir sie annehmen und ihr gehorchen.“
(Adolf Schlatter, Das christliche Dogma, 2. Aufl. 1923, S. 98-99)
1.
Die Frage, wo Gott ist, kann nicht mehr mit dem Hinweis auf den „Himmel“ beantwortet werden, seit Luft- und Raumfahrt den „Himmel“ erschlossen haben. Gott ist allgegenwärtig, d.h.: Er ist in allem, alles ist in ihm und nichts ist außerhalb von ihm, denn er ist nirgends nicht. Weil wir aber dazu neigen, „überall“ und „nirgends“ gleichzusetzen, ist es wichtig, den Ort zu kennen, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig ist: Nämlich dort, wo zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind.
2.
Es ist eine Illusion, wenn der Mensch meint, er müsse Gott und seine Alltagswelt erst kunstvoll in Beziehung setzen. Denn Gott und Welt sind längst in Beziehung. Und der Mensch hat es im Grunde nie mit einem anderen zu tun als mit Gott. Wir sind immer in Beziehung mit ihm, und die Frage ist bloß, wie sich diese Beziehung gestaltet. Ob sie nämlich eine unbewusste und ungeklärte, eine unwillige und darum unheilvolle Beziehung bleibt, oder ob der Glaube daraus eine bewusste und geklärte, eine willig bejahte und darum heilvolle Gottesbeziehung werden lässt.
3.
Gott und Welt sind strikt zu unterscheiden. Und trotzdem ist Gott keine isolierte Größe „neben“ der Welt. Er kann nicht zu den Teilaspekten der Wirklichkeit hinzuaddiert werden als etwas, was es „auch noch“ gibt. Vielmehr ist Gott die alles bestimmende Wirklichkeit. Wir begegnen ihm in allen Dingen. Doch sehen kann das nur der Glaube: Für ihn ist die Welt transparent wie ein buntes Kirchenfenster. Er sieht die Vielfalt der Farben und weiß doch, dass es nur ein Licht gibt. Er sieht die Schöpfung und erkennt darin den Abglanz des Schöpfers.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gott bleibt innerhalb aller Dinge und außerhalb aller Dinge, er ist über allen und unter allen Dingen, nach oben regierend, nach unten erhaltend; er umgibt sie von außen und durchdringt sie innerlich; er ist nicht in einem Teile höher und im anderen niedriger, sondern er ist ein und derselbe und überall ganz, indem er regiert, erhält er, und indem er erhält, regiert er; indem er umgibt, durchdringt er, und indem er durchdringt, umgibt er alles.
(Gregorius)
1.
Die Bibel bezeugt vielfach, dass Gott, wenn er etwas will, durch nichts daran gehindert werden kann. Denn Gott ist einer, der, was er will, auch kann. Und das ist ein großes Glück, weil er die Macht in Jesus und hinter Jesus ist. Nur Gottes Allmacht bietet Gewähr dafür, dass Jesu Verheißungen wahr werden. Jesu Liebe wäre hilflos, wenn nicht das Durchsetzungsvermögen des Allmächtigen ihren Hintergrund bildete. So aber dürfen wir zuversichtlich erwarten, dass am Ende der Weltgeschichte alle Macht liebevolle Macht – und alle Liebe mächtige Liebe sein wird.
2.
Gottes Allmacht ist eine lückenlose, alles Geschehen bestimmende Wirksamkeit, durch die Gott die Geschicke der Welt nach seinem Willen lenkt. Der Mensch wird dadurch keineswegs zur willenlosen Marionette: Ein jeder tut durchaus, was er will. Nur werden die Folgen unserer Handlungsfreiheit Gott niemals überraschen. Unsere Entschlüsse sind, längst bevor wir sie fassen, in Gottes Plan vorgesehen und tragen selbst dann zu seiner Erfüllung bei, wenn wir das Gegen-teil beabsichtigen.
3.
Das Theodizeeproblem ergibt sich aus fünf Voraussetzungen, an denen man nicht gleichzeitig und uneingeschränkt festhalten kann, ohne in Widersprüche zu geraten. Prüft man diese Voraussetzungen allerdings am biblischen Zeugnis von Gott, so gilt keine in dem Sinne, den die Religionskritik unterstellt. Die Theodizeefrage als logisches Paradox löst sich auf, weil sie auf halbwahren Prämissen beruht. Eine existentielle Herausforderung für die Gläubigen wird sie aber bleiben, bis (nicht kluge Theologie, sondern) Gott selbst für Aufklärung sorgt.
1.
Dem Menschen ist eine zuverlässige Kenntnis der Dinge erst möglich, wenn sie geschehen sind. Bei Gott hingegen geht die Kenntnis der Dinge ihrer Wirklichkeit voraus. Denn nichts kann real sein, dem er nicht Realität verleiht. Für uns ist ein Ereignis zuerst in der Welt – und dann im Bewusstsein. Doch für Gott ist es zunächst in seinem Bewusstsein – und erst später in der Welt. Sein Wissen ist keine erworbene Kenntnis, die ihm erst durch Beobachten, Nachdenken und Schlussfolgern zuwächst, sondern es umfasste schon vor aller Zeit alles, was Gott in der Zeit zu verwirklichen beschlossen hat.
2.
Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gott ist von Natur allwissend, sein Wissen ist unendlich. Dasselbe ist keine erworbene, sondern eine seinem Wesen angehörende Eigenschaft, er sieht alles, nicht im Wege einer Schlussfolgerung, auch nicht in zeitlicher Reihenfolge, sondern in einem ewigen und unveränderlichen Akt und Augenblick schaut er alles und das einzelne. Was wir Gottes Vorherwissen nennen ist nur nach unserer Weise des Erkennens geredet; denn Gott steht alles als gegenwärtig vor Augen; was für uns noch zukünftig ist und in zeitlicher Reihenfolge geschieht, das ist Gott von Ewigkeit her bekannt. Wie Gott selbst, so ist auch seine Allwissenheit ewig, unendlich, in höchstem Grade einfach, unveränderlich, unbegreiflich und wie er das vollkommenste Wesen ist, so kennt er auch alles auf das Vollkommenste; nicht unsichere Vermutung, sondern zuverlässig und untrüglich ist sein Wissen; nicht wirr und oberflächlich, sondern unterscheidend und ins einzelne gehend.
(Joh. Ernst Gerhard)
GOTTES BARMHERZIGKEIT
Warum hat Gott so sehr sich verdemütigt, dass er Mensch geworden? Weil die Liebe zu den Menschen eine eigentümliche Eigenschaft des göttlichen Wesens ist. Unsere erkrankte Natur bedurfte des Arztes, der gefallene Mensch bedurfte der Aufrichtung, der, welcher das Leben verloren hatte, bedurfte der Belebung, der, welcher der Teilnahme am Leben beraubt war, bedurfte der Zurückführung zum Guten, der in der Finsternis Befangene bedurfte der Erscheinung des Lichts, der Gefangene suchte einen Erlöser, der Gebundene einen Helfer, der mit dem Sklavenjoch Belastete einen Befreier. War das etwa gering und nicht genug, um Gott zu bewegen, herabzukommen, um die menschliche Natur heimzusuchen, da sich die Menschheit in einem so traurigen und elenden Zustand befand?
(Gregor von Nyssa, gest. 395)
GOTTES DREIFALTIGKEIT, TRINITÄT
1.
Die Lehre von Gottes Dreieinigkeit ist kein Denkproblem: Fließendes Wasser, Dampf und Eis sind schließlich auch ganz verschieden - und sind doch immer nur H2O. Ebenso sind der Schöpfer, Jesus Christus und der Heilige Geist ganz verschieden - und sind doch immer nur der eine Gott. Wer Gott verstehen will, muss das wissen. Denn betrachtet man eine der drei „Personen“ isoliert, so verkennt man sie zwangsläufig. Sieht man jedoch ihre Zusammengehörigkeit, so erschließt eine die andere.
2.
Wenn Jesus „Gottes Sohn“ genannt wird, dann ist damit kein „Verwandtschaftsverhältnis“ gemeint. Vielmehr bringt dieses Bekenntnis zum Ausdruck, dass Vater und Sohn gleichen Wesens, gleicher Würde und gleichen Willens sind. Zwischen ihnen steht ein Gleichheitszeichen. Für den Gläubigen aber, der dieses Gleichheitszeichen sieht und anerkennt, ist es der Schlüssel zu aller wahren Gotteserkenntnis: Weil er den Sohn vom Vater, und den Vater vom Sohn her versteht, wird Gott nie mehr ein rätselhafter Unbekannter für ihn sein.
3.
Die Trinitätslehre entspricht der dreifach-einfachen Selbstmitteilung Gottes im Neuen Testament und ist dem christlichen Glauben unentbehrlich. Denn wenn der Gläubige Christus und den Hl. Geist nicht für Seinsweisen Gottes, sondern bloß für Geschöpfe hielte, liefe Christ-Sein auf den absurden Versuch hinaus, nicht nur zwei, sondern drei Herren zu dienen, von denen nur einer ewig wäre. Wer das ausschließen will, darf in Christus und dem Hl. Geist nie „weniger“ oder „etwas anderes“ sehen als Gott – und kann folglich seinen Glauben nicht anders als nur trinitarisch verantworten.
Der Begriff „Ehre“ beschreibt die persönliche Integrität einer Person, deren Verhalten übereinstimmt mit den von ihr erhobenen Ansprüchen, den von ihr anerkannten Werten und den von ihr gegebenen Zusagen. Weil Gott aber sagt, was er denkt, tut, was er sagt, und hält, was er verspricht, ist er der Inbegriff der Ehre. Gott stimmt mit sich selbst ganz und gar überein. Er kennt kein Abweichen von Sein und Schein, Pflicht und Wirklichkeit. Und darum ist es recht und billig, nicht den fehlbaren Geschöpfen, sondern allein dem Schöpfer die ihm gebührende Ehre zu geben – und sie vor aller Welt zu bezeugen.
Gott selbst beschreibt sich als „eifernden“ Gott. Er ist leidenschaftlich engagiert, ist kompromisslos in seinem Anspruch und liebt sein Volk mit Hingabe. Aber passt das auch zu seiner souveränen Hoheit und Würde? Offenbart es nicht unerfüllte Wünsche, die ein vollkommener Gott gar nicht hat? Tatsächlich: Dem Gott der Bibel fehlt etwas, wenn wir ihm fehlen. Er ist nicht ungerührt, sondern kann in Christus leiden. Und es ist völlig undenkbar, dass der Glaube auf Gottes leidenschaftlichen Ruf leidenschaftslos oder halbherzig antworten sollte. Denn ein Glaube ohne Eifer und Hingabe wäre in Wahrheit kein Glaube.
Die wichtigsten Eigenschaften Gottes sind: Von-sich-selbst-sein, Unveränderlichkeit, Unermesslichkeit, Ewigkeit, Allgegenwart, Lebendigkeit, Vollkommenheit, Unbegreiflichkeit, Allwissenheit, Allmacht, Weisheit, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte. Es ist aber zu beachten, dass Eigenschaftsbegriffe nicht in derselben Weise auf Gott angewandt werden können wie auf Menschen oder Dinge, denn Gott ist immer größer als alles, was in menschlichen Worten eingefangen und ausgesagt werden kann.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Wir gehen nun dazu über, von den göttlichen Eigenschaften zu handeln, und da sind vorweg zwei Regeln zu merken, die erste: die göttlichen Eigenschaften sind an und für sich „in der Tat und Wahrheit mit dem göttlichen Wesen aufs Einfachste eins“. Dies hat seinen Grund in der Einfachheit, Unwandelbarkeit und Ewigkeit des göttlichen Wesens und daraus folgt, dass alle Eigenschaften in Gott sich untereinander decken, unveränderlich, unzertrennlich und einträchtig sind; die zweite: „Die Lehrdarstellung und die Schwäche unsers Erkenntnisvermögens erfordern, dass wir mehrere verschiedene göttliche Eigenschaften unterscheiden“. Der Gegenstand dieser Betrachtung ist also ein und dasselbe mit dem göttlichen Wesen; die Form der Betrachtung dagegen ist eine unterscheidende.
(Joh. Ernst Gerhard)
Gott hat verschiedene Namen: der Große, Gute, Weise, Selige, Wahrhaftige, und was sonst seiner würdig ist. Aber seine Größe ist eins mit seiner Weisheit, seine Güte eins mit seiner Größe und Weisheit, seine Wahrheit eins mit diesen allen. Bei ihm ist es nicht etwas anderes selig sein, und wieder etwas anderes groß oder weise, oder gut, oder wahrhaft oder überhaupt zu sein.
(Augustinus, gest. 430)
Gottes Ewigkeit ist keine ins Endlose gedehnte Zeitlichkeit, sondern eine aller Zeitlichkeit enthobene Freiheit gegenüber der Zeit. Gottes Ewigkeit ist also keine quantitative Steigerung der Zeit, sondern eine ganz andere Qualität. Umso erstaunlicher ist es, dass der Ungewordene und Unvergängliche als Jesus Christus in die Zeit einging, um uns vergänglichen Kreaturen Anteil an seiner Ewigkeit zu gewähren.
1.
Gott ist als Bestandteil des Universums nicht auffind- und nicht nachweisbar, weil er kein Teil des Universums ist, sondern ihm als Schöpfer gegenübersteht (Man sucht ja auch nicht den Komponisten zwischen den Noten). Dass Gottes Existenz nicht „nachweisbar“ ist, muss den Gläubigen aber nicht verunsichern: Er bleibt in jedem Falle, was er ist. Auch ein Fisch, dem man bewiese, dass es das Meer nicht gibt, würde deswegen ja nicht zum Vogel.
2.
Eine Gewissheit, die auf Erfahrung beruht, wird nicht dadurch zweifelhaft, dass diese Erfahrung anderen Menschen fehlt. Denn es stimmt nicht, dass nur wirklich sei, was jedem Menschen jederzeit als wirklich demonstriert werden kann. Manches erfährt man nur zu bestimmten Zeiten, nur an bestimmten Orten oder nur mit besonders scharfen Augen! Auch der Glaube resultiert aus einer Erfahrung, die nicht jeder macht. Er verdankt sich nicht der Vernunft, ist aber auch nicht gegen die Vernunft, sondern bloß über der Vernunft – und daher keineswegs unvernünftig.
3.
Gottesbeweise sind interessant, aber ihr Nutzen ist begrenzt, weil gläubige Menschen sie nicht brauchen, und ungläubige durch Logik allein nicht zum Glauben finden. Gott offenbart sich in dieser Welt zwar deutlich genug, um jeden denkenden Menschen zu einer Stellungnahme zu zwingen. Aber er offenbart sich nicht so deutlich, dass er damit unsere Stellungnahme vorwegnähme. Und das ist Absicht. Der Glaube soll strittig bleiben. Denn wäre Gott beweisbar, würden um der Beweise willen alle Menschen glauben – und es käme nicht ans Licht, wer Gott um Gottes willen sucht.
1.
Die Wundertaten Jesu laufen den uns bekannten Gesetzmäßigkeiten zuwider und irritieren uns darum. Doch gerade in der Irritation liegt ihre Botschaft: Wo Jesus Christus ins Spiel kommt, muss nicht alles bleiben, wie es immer war und der fatale Lauf der Welt ist nicht mehr unabänderlich. Krummes kann durch ihn gerade und Totes lebendig werden. Darum glauben Christen nicht unbedingt alle Mirakel der Vergangenheit - aber sie glauben, dass Gott jederzeit frei ist, unser Geschick zum Guten zu wenden.
2.
Einen Gott, der jedem jederzeit gnädig wäre, finden wir weder in der Welt noch in der Bibel. Denn in manchen Dingen hat er sich festgelegt. Und in anderen nicht. Der „verborgene Gott“ ist er in all den Bereichen, in denen er uns nichts versprochen hat. Der „offenbare Gott“ ist er in den Bereichen, in denen ihn seine neutestamentlichen Zusagen binden. Und wer nur eine Seite kennt, weiß zu wenig. Gottes Liebe ist kein pauschales Angebot, sondern ein konkretes. Und je nachdem, wie man an ihn herantritt, wird man ihn auch unterschiedlich erleben.
3.
Kain und Abel
Gott hat versprochen, die Seinen zu führen. Doch geschieht das eher selten durch wunderbare Zeichen, Träume, Stimmen, Engel oder Visionen, sondern in der Regel so, dass Gottes Geist uns durch das Wort der Schrift mit Gottes Prioritäten und Maßstäben vertraut macht. Wir eignen uns seine Perspektive an, beginnen zu lieben und zu hassen, was Gott liebt und hasst – und entscheiden dann ganz von selbst „in seinem Sinne“. Führung geschieht also durch betendes Nachdenken und nachdenkliches Beten, an dessen Ende wir Klarheit darüber haben, was Gottes Gefallen, und was sein Missfallen erregt.
1.
Gottes Gesetz ist die „Hausordnung“, die der Schöpfer seiner Schöpfung gegeben hat. Ihre Notwendigkeit und Güte müsste eigentlich jeder einsehen. Für uns Sünder allerdings, die wir das geforderte Gute nicht vorbehaltlos bejahen, wird das Gesetz zur Bedrohung, weil es unser Versagen schonungslos aufdeckt. Die Einsicht in das eigene Versagen ist aber in Wahrheit ein Gewinn: Das Gesetz zwingt uns dadurch, nicht auf die eigene Moralität, sondern auf die Gnade Gottes zu vertrauen.
2.
Unser Scheitern an Gottes Geboten verdirbt uns die Lust daran. Denn Gottes Gesetz scheint für nichts anderes zu taugen, als dass es unser Versagen aufdeckt. Es ist der Eisberg, an dem die „Titanic“ menschlicher Selbstsicherheit zerschellt. Doch ist das in Wahrheit gut so! Denn was da zerbricht, war eine Illusion. Erreicht der Schiffbrüchige aber das Rettungsboot, das man Kirche nennt, und schlüpft bei Christus unter, so kommt er unter Jesu Führung an das Ziel, zu dem ihn seine „Titanic“ (sein stolzes Bemühen um Vervollkommnung) niemals hätte bringen können.
3.
Je nachdem, von welchem Glaubenssatz oder biblischem Thema die christliche Ethik ihren Ausgang nimmt, wird sie sich verschieden gestalten. Sie kann orientiert sein an (1.) Schöpfungstheologie, (2.) Schöpfungsordnungen, (3.) Gottebenbildlichkeit, (4.) Gesetz des Alten Testamentes, (5.) Goldenen Regel, (6.) Bergpredigt, (7.) Nachfolge, (8.) Liebe, (9.) Rechtfertigung, (10.) Menschwerdung, (11.) Eschatologie, (12.) Askese, (13.) „WWJD?“. Jeder dieser ethischen Ansätze hat seine Stärken und Schwächen. Einen echten Gegensatz gibt zwischen ihnen aber nicht.
Gott ist nirgends nicht. Doch folgt daraus keineswegs, dass man überall mit ihm in Kontakt käme. Nur weil Gott „da“ ist, und sein Arm uns streift, heißt das noch nicht, dass Gott auch „für-uns-da“ und zugänglich wäre. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Gottes Gegenwart und unserem Greifen! Denn nur an bestimmten Punkten gibt er sich eine Gestalt, die wir verkraften können. Darum ist nicht alles ein „Gnadenmittel“, was wir dafür halten möchten, sondern nur das, was Gott selbst dazu gemacht hat: Wort, Glaube, Sakrament und Gebet.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Ich denke mir oft, dass ich vor der Geburt von meiner Mutter umgeben war, in ihrem Leib, ohne sie zu kennen. Dann brachte sie mich zur Welt, und ich kenne sie nun und lebe mit ihr. So, glaube ich, sind wir als Lebende von Gott umgeben, ohne ihn zu kennen. Wenn wir sterben, werden wir ihn erfahren so wie ein Kind seine Mutter und mit ihm sein. Warum soll ich den Tod fürchten? (Carl Zuckmayer)
Gottes Geheimnis ist weder mit seiner Transzendenz noch mit seiner Verborgenheit oder einem Rätsel zu verwechseln. Vielmehr besteht Gottes „mysterion“ in seiner Menschwerdung zum Heil der Sünder, die er „vor aller Zeit“ beschlossen, dann aber erst in Christus verwirklicht hat: Gott wendet unsere Not, indem er sie mit uns teilt, und stirbt am Kreuz, damit wir leben. Das ist aber kein „Rätsel“, das uninteressant wird, sobald man die Lösung kennt, sondern je besser man versteht, desto unbegreiflicher wird es: Für Gottes Liebe gibt es keinen „vernünftigen Grund“ – und so bleibt sie ewig staunenswert.
Gottes Geheimnis ist weder mit seiner Transzendenz noch mit seiner Verborgenheit oder einem Rätsel zu verwechseln. Vielmehr besteht Gottes „mysterion“ in seiner Menschwerdung zum Heil der Sünder, die er „vor aller Zeit“ beschlossen, dann aber erst in Christus verwirklicht hat: Gott wendet unsere Not, indem er sie mit uns teilt, und stirbt am Kreuz, damit wir leben. Das ist aber kein „Rätsel“, das uninteressant wird, sobald man die Lösung kennt, sondern je besser man versteht, desto unbegreiflicher wird es: Für Gottes Liebe gibt es keinen „vernünftigen Grund“ – und so bleibt sie ewig staunenswert.
1.
Person und Werk des Heiligen Geistes sind in besonderem Maße „unanschaulich“. Doch würde Gott nicht als Heiliger Geist an uns und in uns wirken, könnte niemand erlöst werden: Der Geist sorgt dafür, dass das äußere Wort der Bibel uns innerlich so betrifft, erleuchtet und erneuert, dass wir Gott in Christus erkennen, durch den Glauben das Heil ergreifen und uns dann auf den Weg machen, (unserer Lebensführung nach) so „gerecht“ zu werden, wie wir es (nach Gottes barmherzigem Urteil) schon sind.
2.
Beton oder Stahl sind „an sich“ weder gut noch schlecht. Es kommt darauf an, was der Geist des Architekten daraus macht. Und dasselbe gilt vom „Rohmaterial“ unseres Lebens, das aus Gesundheit, Intelligenz, Kraft oder Schönheit besteht. Nichts von alledem ist „an sich“ schon gut oder schlecht. Denn erst der Geist gibt den Dingen Form, Sinn und Ziel. Erst der Geist, der uns treibt, lässt unsere Potentiale zum Segen oder zum Fluch ausschlagen. Darum ist die zentrale Frage nicht, über welches „Rohmaterial“ ich verfüge, sondern welchem Geist es dienstbar wird.
3.
Was der Heilige Geist im Menschen bewirkt, ist verwirrend vielfältig – es geht aber alles auf einen großen Perspektivwechsel zurück: Das organisierende Zentrum des normalen Menschen liegt in seinem Bedürfnis, sich wunschgemäß in der Welt einzurichten. Das organisierende Zentrum des Christen liegt hingegen jenseits der eigenen Person in Gott. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes will er Gott-gemäß in der Welt sein. Und das verändert all sein Wahrnehmen, Bewerten und Handeln. Statt „autonom“ von und für sich selbst zu leben, möchte er „theonom“ von Gott und auf Gott hin leben. Durch Gottes Geist findet er seine Mitte – findet sie aber nicht in sich selbst, sondern in Gott.
1.
Gott ist zweifach „gerecht“. Nämlich (1.) in dem vergeltenden Sinne, dass er nach Verdiensten lohnt und straft. Und (2.) im Sinne Heil schaffender und Heil schenkender Gemeinschaftstreue. Diese letztere Gerechtigkeit Gottes, die Sündern um Christi willen Gerechtigkeit zuspricht, ist nicht hoch genug zu loben! Sie setzt aber Gottes vergeltende Gerechtigkeit nicht für alle Sünder außer Kraft, sondern nur für die, die glaubend der Gnade teilhaftig werden. Vergeltungs- und Gnadenordnung existieren also nicht nacheinander, sondern nebeneinander.
2.
Gott befindet sich der sündigen Menschheit gegenüber im Zwiespalt: Die Gerechtigkeit Gottes fordert, die Sünde durch Vernichtung der Sünder aus der Welt zu schaffen. Die Liebe Gottes aber bejaht auch die Geschöpfe, die sich vom Schöpfer abkehren. Durch das Leiden Christi wird Gott beidem gerecht und vereint Sühne mit Bewahrung: Gott selbst nimmt die Strafe auf sich, die wir verdient haben. Er stirbt unseren Tod, damit wir leben. Er lässt sich verwerfen, damit wir nicht verworfen würden.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gottes Gerechtigkeit hat wollene Füße, aber eiserne Hände.
(Hieronymus, gest. 420)
Gottes Gnade überwindet ein bestehendes Gefälle durch die freie Initiative des Überlegenen, der eine Gemeinschaft sucht, die nur dem Unterlegenen nützt, d.h. konkret: Gott lässt Gnade walten in der Form einer durch Christus bestimmten Gottesbeziehung – und anders nicht. Seine Gnade lässt sich weder von dem Tun ablösen, in dem er sie erweisen will, noch lässt sich daraus ein „Lehrsatz“ bilden, den man umstandslos verallgemeinern dürfte. Gottes Gnade führt in die Gemeinschaft mit ihm und kennt keinen anderen Ausdruck, weil Gott mit seiner Gnade nicht irgendetwas, sondern sich selbst schenkt.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Die Zusage der Gnade darf nicht verschleudert werden, sie bedarf des Schutzes vor den Gottlosen. Es gibt solche, die des Heiligtums nicht wert sind. Die Verkündigung der Gnade hat ihre Grenze. Wer die Gnade nicht erkennt, nicht unterscheidet und nicht begehrt, dem darf sie nicht verkündigt werden. Nicht nur wird dadurch das Heiligtum selbst besudelt, nicht nur müssen die, die sich versündigen, noch schuldig werden am Heiligsten, sondern der Missbrauch des Heiligen muss sich gegen die Gemeinde selbst wenden. Die Welt, der die Gnade als Schleuderware hingeworfen wird, wird ihrer überdrüssig, zertritt nicht nur das Heilige, sondern zerreißt auch die, die es ihr aufdrängen. Um des Heiligen willen, um der Sünder willen und um der Gemeinde willen soll das Heilige geschützt werden vor billiger Preisgabe.“
(Dietrich Bonhoeffer)
Gut ist, was Gott will, und böse ist, was Gott nicht will. Doch will er das Gute nicht, weil es „an sich“ schon gut wäre. Sondern, was Gott will, wird dadurch „gut“, dass er es will, und es ist auch allein darum „gut“, weil er es will. Gott hält sich also an keine Norm, Gott ist die Norm. Er folgt keiner Ordnung, sein Wille ist die Ordnung. Gott respektiert nicht einen vorgegebenen Unterschied von „gut“ und „böse“, sondern indem er handelt und gebietet, setzt er diesen Unterschied in Kraft.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Ist dem Wesen nach Gott allein gut? Seinem Wesen nach, d. i. von sich selbst und unabhängig gut, ursprünglich und unveränderlich gut ist allein Gott, die geschaffenen Dinge sind nicht ihrem Wesen nach gut, aber dass sie da sind ist gut und dies gilt nach Augustin auch vom Teufel.
(Joh. Ernst Gerhard)
Außer Gott gibt es kein Gutes, dem du in Liebe dich könntest hingeben. Er ist das ganze Gute. Wenn du in einem Geschöpfe einen winzigen Strahl des höchsten Gutes liebst, wenn du nach einem Tropfen aus diesem Brunnquell eifrig verlangst, warum willst du die Sonne selbst und die niemals versiegende Quelle des Guten nicht lieben? Alles Gute in den Kreaturen ist unvollkommen, veränderlich, Stückwerk, Gott ist das vollkommene, unveränderliche und alles umfassende Gut, in der Liebe zu ihm können Überdruss, Sattheit und Reue keinen Platz finden. Wenn du jenes höchste Gut gefunden hast und genießest, so hört das Verlangen nach anderem Guten auf 1. Kor. 13,10. Wenn einzelne Güter köstlich und lieblich sind, wie süß und köstlich muss jenes höchste Gut sein, welches die Süßigkeit aller Güter enthält! Ps. 34,9. Augustin fasst alles in den kurzen Worten zusammen: „Die Summa der Güter ist für uns Gott, er ist uns das höchste Gut; wir sollen nichts Niedrigeres und auch nichts Höheres suchen; denn ersteres ist gefährlich, letzteres ein Nichts.“
(Joh. Ernst Gerhard)
Im Stande der Unschuld umfing Gott die Stammeltern mit väterlicher Gunst als seine geliebten Kinder und verhieß ihnen das himmlische Erbe, allerdings jedoch unter der Bedingung des Bleibens im kindlichen Gehorsam auf gutem Wege. Nach dem Fall jammerte Gott ihr Elend, und er verwarf diese seine Geschöpfe nicht ganz von seinem Angesicht, sondern er hatte von Ewigkeit her in unaussprechlicher Liebe beschlossen, seinen Sohn als Erlöser ihnen zu senden. Er sandte ihn auch in der Fülle der Zeit und bietet seitdem die Wohltaten Christi in Wort und Sakramenten allen an. Wie viele daher das Wort hören und mittelst der Wirkung des Heiligen Geistes daraus wahren Glauben an Christum gewinnen, die umfängt er mit einer besonderen Liebe und Gunst, befreit sie von Übeln, überhäuft sie mit Gütern aller Art und verschreibt ihnen zuletzt das Erbe des ewigen Lebens. Obwohl die Gottlosen und Unbußfertigen von dieser sonderlichen Liebe ausgeschlossen sind, so stehet ihnen doch in diesem Leben noch die Gnadentür offen, bis sie ihnen im letzten Gericht verschlossen wird Matth. 25,10, als den von Gottes Angesicht Verworfenen, welche Vers 41 mit allen Teufeln dem höllischen Feuer überantwortet werden. Im Grunde sind von der Güte Gottes seine Barmherzigkeit, Gnade, Milde, Menschenfreundlichkeit, Liebe und Geduld nicht verschieden, wohl aber nach den Gegenständen und Wirkungen.
(Joh. Ernst Gerhard)
Kritiker des Glaubens unterstellen gern, Geschehnisse müssten entweder von Gott gewirkt sein (und hätten dann keine „natürlichen Ursachen“), oder sie hätten „natürliche Ursachen“ (und seien dann nicht von Gott gewirkt). Doch der Hinweis auf „natürliche Ursachen“ könnte Gottes Handeln nur ausschließen, wenn feststünde, dass Gott sie nicht als Instrumente mittelbaren Wirkens nutzt. Und dem steht das biblische Zeugnis entgegen: Gott kann ebenso gut innerhalb wie außerhalb der Naturordnung wirken. Die Folgerung, wo ein irdischer Kausalzusammenhang vorläge, sei (darum!) der Himmel nicht im Spiel, erweist sich damit als falsch.
1.
Kirchen sind heilige und zu heiligende Räume, in denen weltliches Treiben nichts zu suchen hat. Denn wo die Glieder des Leibes Christi sich versammeln, ist auch das Haupt bei ihnen. Wo Gott aber gegenwärtig ist – sollte da nicht heiliger Boden sein? Gewiss ist Gott überall. Doch Kirchen sind Orte, wo er zuverlässig gefunden werden kann, weil er in ihnen – in Wort und Sakrament – gefunden werden will. Kirchenräume sind aus der Welt ausgegrenzt, um Brückenköpfe für das Reich Gottes und Schutzräume der Gnade zu bilden. Als Schnittstellen zum Heiligen dürfen sie nicht durch „Umnutzung“ profaniert und verzweckt werden.
2.
Die Frage, wo Gott ist, kann nicht mehr mit dem Hinweis auf den „Himmel“ beantwortet werden, seit Luft- und Raumfahrt den „Himmel“ erschlossen haben. Gott ist allgegenwärtig, d.h.: Er ist in allem, alles ist in ihm und nichts ist außerhalb von ihm, denn er ist nirgends nicht. Weil wir aber dazu neigen, „überall“ und „nirgends“ gleichzusetzen, ist es wichtig, den Ort zu kennen, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig ist: Nämlich dort, wo zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind.
Wer dem Heiligen gegenübertritt, erlebt die bestürzende Fremdheit eines Überlegenen, der er nur entsprechen kann, indem er in demütiger Beugung das unendliche Gefälle zwischen ihm und seinem Gegenüber anerkennt. Das Heilige ist gleichermaßen mächtig, dem Menschen das Heil zu schenken oder ihm den Untergang zu bereiten. Und wer das spürt, wird es zugleich suchen und meiden. Es zieht ihn an, weil ihm die Macht innewohnt, die dem Menschen so sehr fehlt. Und es schreckt ihn ab, weil er sich dieser Macht gegenüber nicht zu behaupten vermag.
1.
„Gott ist die Liebe“, aber er ist nicht „lieb“ im harmlosen Sinne. Denn Gottes Liebe ist die kraftvoll-entschlossene Weise, in der Gott das Dasein seiner Geschöpfe bejaht. Wo dieses Dasein bedroht und gefährdet wird, dort schließt Gottes Liebe (wie alle wirkliche Liebe) Zorn und Konfliktbereitschaft nicht aus, sondern ein: Gerade weil Gott Liebe ist, kann er nicht immer „lieb“ sein. Und er verlangt es auch nicht von uns.
2.
Gottes Zorn ist der Wider-Wille des Schöpfers gegen das Böse, das seine Schöpfung zu zersetzen droht. Darum kann man nicht wünschen, dass Gottes Zorn nachließe. Denn wie sollte Gott das Leben seiner Geschöpfe bejahen ohne die Sünde zu verneinen, die ihnen den Tod bringt? Es macht daher keinen Sinn, gegen Gottes Zorn zu opponieren. Es ist besser, vom Ausmaß des Zorns auf das Ausmaß seiner Liebe zu uns zu schließen - denn dann beginnt man Gott zu verstehen.
3.
Indem Gott Mensch wird, macht er unsere Probleme zu seinen. Er teilt unser Schicksal und beugt mit uns den Rücken unter die Last, die wir uns aufgeladen haben. Er stellt sich vor die, die für sich selbst nicht geradestehen können. Und er tut das in dem vollen Bewusstsein, dass er wenig später auf Golgatha den Kopf für uns hinhalten wird. Trotzdem kommt er hinein in unsere verfahrene Situation. Und man könnte denken, das sei tragisch für ihn. In Wahrheit aber ist es tragisch für die Situation. Denn sie kann nun nicht bleiben, wie sie ist. Wenn Christus unsere Not auf sich nimmt, ist das der Anfang vom Ende dieser Not.
4.
Gott durchlief ein irdisches Leben, um an unseren Lasten teilzuhaben, sie mit uns zu tragen und für uns zu überwinden. Er ging in unseren Schuhen, machte unsere Not zu seiner Not und ersparte sich weder Blut noch Schweiß oder Tränen. Doch weil er unsere Lage teilt, ist sie nun nicht mehr aussichtslos. Christi Weg ist so mit unserem verschmolzen, dass sich seine Kraft über kurz oder lang gegen unsere Schwäche durchsetzen und seine Reinheit über unseren Schmutz siegen wird. Denn der Menschgewordene versenkt unsere Not tief hinein in seine Liebe.
5.
Gott befindet sich der sündigen Menschheit gegenüber im Zwiespalt: Die Gerechtigkeit Gottes fordert, die Sünde durch Vernichtung der Sünder aus der Welt zu schaffen. Die Liebe Gottes aber bejaht auch die Geschöpfe, die sich vom Schöpfer abkehren. Durch das Leiden Christi wird Gott beidem gerecht und vereint Sühne mit Bewahrung: Gott selbst nimmt die Strafe auf sich, die wir verdient haben. Er stirbt unseren Tod, damit wir leben. Er lässt sich verwerfen, damit wir nicht verworfen würden.
6.
Der Kreuzestod Jesu wäre missverstanden, wenn man annähme, Gottes Sohn habe durch das Opfer seines Lebens die Liebe Gottes erst erkauft oder herbeigeführt. Es ist nämlich weder so, dass ein liebloser und zorniger Gott durch das Kreuz erst Liebe lernen musste, noch verhält es sich so, dass Vergebung ohne das Kreuz möglich gewesen wären. Vielmehr hat Gottes Liebe im stellvertretenden Tod Jesu den einzig möglichen Weg gefunden, um sich gegen Gottes sehr berechtigten Zorn durchzusetzen. Aus Liebe litt Gott lieber selbst, als uns leiden zu sehen.
7.
Menschliche Liebe kommt bald an ihre Grenzen, wenn ihr Gegenstand seine Attraktivität verliert, und die Gemeinschaft dem Liebenden nichts mehr „bringt“. Menschliche Liebe ist daher so begrenzt wie das Geschöpf, das sie empfindet. Gottes Liebe hingegen ist so unendlich wie er selbst. Sie ist nicht darauf angewiesen, Liebenswertes vorzufinden. Sie gibt auch, wo sie nichts zurückbekommt. Und beim Niedergang des Geliebten nimmt sie sogar den umgekehrten Verlauf, indem sie größer wird. Gottes Zuwendung zu den Sündern beweist es!
8.
Gottes missverstandene Liebe (Passion)
Was der Kirche heute fehlt, ist nicht die oft geforderte „Lässigkeit“, sondern eine neue Scheu vor dem Heiligen. Denn wo die Ehrfurcht fehlt, wird aus berechtigtem Gott-Vertrauen schnell eine plumpe Vertraulichkeit, die dem „Gegenüber“ des Glaubens nicht gerecht wird. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind wir tot. Gemessen an seiner Unendlichkeit sind wir eng. Gemessen an seiner Weisheit sind wir töricht. Das aber spüren und akzeptieren zu können, gehört zum Glauben unbedingt dazu. Denn nur wer bereit ist, die Schuhe auszuziehen, wird den Dornbusch brennen sehen.
Zwischen Schöpfung und Urknall besteht ebenso wenig eine Alternative wie zwischen göttlicher Fürsorge und menschlicher Selbsterhaltung. Unser „täglich Brot“ kommt vom Bäcker und kommt doch von Gott. Denn so wie wir für unsere Arbeit Werkzeuge benutzen, so bedient sich Gott der natürlichen und kulturellen Kräfte: Sie sind Instrumente in seiner Hand, die ohne ihn unser Leben so wenig erhalten könnten, wie ein Hammer ohne Tischler einen Nagel einzuschlagen vermag.
Mit dem Tod endet nur unseres Lebens erster Teil, denn nach der Auferstehung und dem Jüngsten Gericht werden die Gläubigen gereinigt, runderneuert und vollendet in Gottes Reich eingehen. „Herrlichkeit“ wird dafür ein viel zu kleines Wort sein! Doch sollte man sich den Himmel nicht zu sehr in Kategorien des Konsums vorstellen. Unsere Seligkeit wird nicht darin bestehen, dies und jenes zu genießen (im Sinne eines Schlaraffenlandes), sondern dass wir Gott schauen und Gott genießen. Seine Nähe wird uns beglücken und wir werden Gottes voll sein.
1.
Zu einem Namenlosen kann man nur schlecht in Beziehung treten. Bei Gott ist aber das Problem, dass er nicht zu wenige, sondern eher zu viele Namen hat, die alle irgendwie richtig sind und zutreffen. Das ist verwirrend. Aber wenn wir Gott als den Vater Jesu Christi kennen lernen, entsteht Eindeutigkeit. Denn das ist Gottes authentische Selbstbeschreibung. In keinem anderen Namen ist Heil. Darum glauben und bezeugen Christen, dass niemand recht von Gott redet, der dabei nicht den Vater Jesu Christi meint, und dass jeder das Thema „Gott“ verfehlt, wenn er dabei nicht von Jesus spricht.
2.
„Geheiligt werde dein Name...“ Gottes Name ist an sich schon heilig. Die erste Bitte des Vaterunsers zielt aber darauf, dass er auch allseits als heilig erkannt, anerkannt und gepriesen werden soll. Das größte Hindernis ist dabei Gottes eigenes Volk, das ihm wenig Ehre macht. Doch Gott selbst wird für die Erfüllung dieser Bitte sorgen, indem er seinen Namen groß und herrlich macht im Erweis seiner Treue vor aller Augen. Gott wird sich als heilig erweisen, um seines Namens willen. Und eben diesen Moment, in dem die Wahrheit endgültig zu Tage tritt, sehnt der Beter des Vaterunsers herbei.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Geheiligt werde dein Name. Um solches bittet man nicht in dem Sinne, als ob der Name Gottes nicht schon heilig wäre, sondern damit er von den Menschen heilig gehalten werden möchte, und Gott ihnen so bekannt würde, dass sie glauben, es gebe nichts Heiligeres, vor dem man sich mehr fürchten müsse, ihn zu beleidigen.
(Augustinus, gest. 430)
1.
Gott wollte in dieser Welt nicht „offensichtlich“ werden, sondern offenbarte sich so, dass seine Offenbarung jederzeit bestritten werden kann. Sie ist hell genug für alle, die Gott kennen möchten – und dennoch dunkel genug für alle, die sich gegen Gott verschließen möchten. Das entspricht Gottes Absicht, sich manchen Menschen zu verbergen und sich anderen zu offenbaren. Wäre er zu offensichtlich, könnte ihn keiner meiden. Und wäre er ganz verborgen, könnte ihn keiner suchen. So aber besagt die Stellungnahme des Menschen zum Christentum mehr über ihn als über das Christentum – und lässt sein Wesen zu Tage treten.
2.
Viele fühlen sich „von Gott berührt“, wenn Schönes, Mächtiges oder Ideales sie überwältigt. Sie nennen das Imposante „Offenbarung“, weil es von Gott kommt, und halten ihre Ergriffenheit schon für „Glauben“. Doch sie irren. Denn nicht überall, wo Gott wirksam präsent ist, erschließt er sich auch. Unsere Wahrnehmung erfasst nur Hüllen, die den Kern verbergen. Und viel eher ist es als Zeichen göttlicher Gegenwart anzusehen, wenn die Wahrnehmung ausfällt. Da tritt alles Irdische zurück, verstummt und verblasst. Und im erlebten Nicht-Erleben kann Gottes Präsenz jede andere Präsenz überlagern – nämlich nicht in Sturm, Erdbeben und Feuer (1. Kön 19), sondern in Wort und Sakrament. Da hat sich Gott gebunden, um greifbar zu sein.
Die Frage, wo Gott ist, kann nicht mehr mit dem Hinweis auf den „Himmel“ beantwortet werden, seit Luft- und Raumfahrt den „Himmel“ erschlossen haben. Gott ist allgegenwärtig, d.h.: Er ist in allem, alles ist in ihm und nichts ist außerhalb von ihm, denn er ist nirgends nicht. Weil wir aber dazu neigen, „überall“ und „nirgends“ gleichzusetzen, ist es wichtig, den Ort zu kennen, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig ist: Nämlich dort, wo zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind.
1.
Das Reich Gottes ist die versöhnte Gemeinschaft mit ihm, die verborgen im Glauben beginnt, die Gestalt gewinnt, wo man im Namen Christi zusammenkommt, und die sich einst sichtbar vollenden wird am Jüngsten Tag. Weil Christen davon schon gekostet haben, will ihnen die alte Welt nicht mehr schmecken, sondern sie wünschen, dass dies Schlechte schleunigst dem Besseren weichen möge. Sie distanzieren sich von der Welt, die vergeht, wenden sich dem Reich zu, dass mit Christus kommt – und schießen ihr Herz wie einen Pfeil in Gottes Zukunft hinein.
2.
Ins Zentrum seiner Verkündigung hat Jesus das Reich Gottes gestellt. Er predigt vom Reich, weil es nahe herbei gekommen ist. Er erzählt davon in höchst dynamischen Gleichnissen. Und er fordert von seinen Jüngern, für das Kommende radikal offen und bereit zu sein. Jesus knüpft die Nähe des Reiches unmittelbar an seine Person. Seine Wunder machen anschaulich, welche Freiheit damit anbricht. Die Bergpredigt zieht die ethischen Konsequenzen. Und auch das Kreuz Christi ist direkt auf das Reich bezogen, weil es Sündern den Zugang ermöglicht.
3.
Im Allgemeinen erscheint es „vernünftig“, wenn der Mensch sein Verhalten den Gegebenheiten der Welt anpasst. Doch wenn die Welt durch den Einbruch des Bösen eine „verkehrte“ und „verdrehte“ Welt geworden ist, kann man sich ihr nicht anpassen, ohne dabei selbst „verkehrt“ und „verdreht“ zu werden. Der Glaube fordert darum, diese Anpassung zu verweigern, die „Normalität“ des Schlechten niemals „normal“ zu finden und ein widerständiges Leben zu führen nach den Regeln (nicht der gegebenen, sondern) der kommenden Welt.
4.
Mit dem Tod endet nur unseres Lebens erster Teil, denn nach der Auferstehung und dem Jüngsten Gericht werden die Gläubigen gereinigt, runderneuert und vollendet in Gottes Reich eingehen. „Herrlichkeit“ wird dafür ein viel zu kleines Wort sein! Doch sollte man sich den Himmel nicht zu sehr in Kategorien des Konsums vorstellen. Unsere Seligkeit wird nicht darin bestehen, dies und jenes zu genießen (im Sinne eines Schlaraffenlandes), sondern dass wir Gott schauen und Gott genießen. Seine Nähe wird uns beglücken und wir werden Gottes voll sein.
Der Glaube lebt von Gottes Nähe. Doch manchmal scheint es, als sei er abwesend und fern. Diese Erfahrung ist bedrohlich. Und trotzdem gilt es, ihr standzuhalten. Man darf Gott dann nicht durch irgendetwas anderes ersetzen. Und man sollte auch nicht so tun, als käme man ohne ihn aus. Man halte einfach Gottes Platz frei und ertrage die Leere, die er uns zumutet. Denn Gott verbirgt sich, aber er verlässt uns nicht. Er bleibt der barmherzige Vater, der versprochen hat, zurückzukommen. Die Bereitschaft aber, auf ihn zu warten – das ist Glaube.
1.
Gott hat nicht aufgehört zu strafen. Und seine Strafen bringen Leid. Doch ist deswegen nicht alles Leid als Strafe anzusehen. Denn Gott kennt Strafen zur Seligkeit und Strafen zur Verdammnis. Er kennt gnädige Heimsuchungen zur Besserung und ungnädige zum Verderben. Die ersten treffen nur Christen, und die zweiten treffen nur Nicht-Christen. Denn für diese trägt Christus ihre Schuld. Und für jene ist sie noch eine offene Rechnung. Die einen treibt von Gott kommendes Leid immer weiter zu ihm hin. Die anderen treibt es immer weiter von ihm fort.
2.
Gottes Gericht besteht oft darin, dass er uns in unserem törichten und bösen Tun nicht aufhält, sondern (statt einzugreifen), uns einfach den Konsequenzen unseres Tuns überlässt. Denn meist gebärt die Sünde selbst das Übel, das sie verdient. Das ist hart, aber gerecht. Darum hadert der Glaube nicht mit Gott, sondern beugt sich seinem Gericht, zumal er ja weiß, wohin ihn Gottes raue Pädagogik führen soll: Er soll endlich bleiben lassen, was ihm und anderen zum Schaden gereicht, und soll lernen, zu wollen, was gewollt zu werden wert ist.
Weil alle Dinge eine ihnen von Gott bestimmte Zeit „haben“, muss ihnen ihre Zeit nicht erst von Menschen eingeräumt oder zugewiesen werden. Gottes Vorsehung legt fest, wann sie „dran“ sind – und zu einem anderen Termin weigern sie sich stattzufinden. Wo Gottes Kalender Chancen eröffnet, darf man fröhlich zugreifen. Doch abtrotzen kann man ihm nichts. Und wer klug ist, fügt sich in Gottes Vorsehung, wie sich der Landwirt in die Abläufe der Natur fügt: Er tut zwar, was er kann, versucht aber nicht, die Jahreszeiten zu regieren. Und so lassen Christen Gott darüber entscheiden, in welchem Takt die Uhr ihres Lebens ticken soll.
Weil Gott den menschlichen Horizont überschreitet, wissen wir von ihm nur, was er uns hat wissen lassen in seiner Offenbarung. Sie geschah, als Gott in den menschlichen Gesichtskreis trat und Mensch wurde. Darum ist Jesus Christus Grund und Grenze aller christlichen Rede von Gott: Wir dürfen nicht mehr von Gott sagen, als wir am Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes ablesen können – aber auch nicht weniger.
1.
Was der Kirche heute fehlt, ist nicht die oft geforderte „Lässigkeit“, sondern eine neue Scheu vor dem Heiligen. Denn wo die Ehrfurcht fehlt, wird aus berechtigtem Gott-Vertrauen schnell eine plumpe Vertraulichkeit, die dem „Gegenüber“ des Glaubens nicht gerecht wird. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind wir tot. Gemessen an seiner Unendlichkeit sind wir eng. Gemessen an seiner Weisheit sind wir töricht. Das aber spüren und akzeptieren zu können, gehört zum Glauben unbedingt dazu. Denn nur wer bereit ist, die Schuhe auszuziehen, wird den Dornbusch brennen sehen.
2.
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er die Dinge verstehen will. Er erkundet und untersucht seine Umwelt mit der Absicht, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. Doch wer sich in dieser Weise Gott zuwendet, stößt an Grenzen. Denn der „Untersuchungsgegenstand“ Gott erweist sich als lebendiges Gegenüber. Und je näher man ihm kommt, desto mehr kehrt sich das Verhältnis um: Gott wird nicht erforscht und hinterfragt, erforscht und hinterfragt aber uns. Glauben heißt, das zuzulassen – und zu erkennen, dass man von Gott erkannt ist.
Weil Gott keine Schwankungen kennt, ist auch sein Wille unveränderlich in dem, was er von uns fordert. Seine Ansprüche sind nicht wandelbar oder verhandelbar. Und das ist schrecklich für alle, die sich ihm sinnlos widersetzen. Gott hat immer den längeren Atem! Für die Gläubigen ist es aber sehr tröstlich, weil Gott das, was sie auf fehlbare und schwankende Weise wollen, auf unveränderliche und eindeutige Weise will. Niemand hat die Macht, den Unveränderlichen zu ändern, ihn vom Wege abzubringen oder sein barmherziges Werk an uns zu hindern.
1.
Der Glaube lebt von Gottes Nähe. Doch manchmal scheint es, als sei er abwesend und fern. Diese Erfahrung ist bedrohlich. Und trotzdem gilt es, ihr standzuhalten. Man darf Gott dann nicht durch irgendetwas anderes ersetzen. Und man sollte auch nicht so tun, als käme man ohne ihn aus. Man halte einfach Gottes Platz frei und ertrage die Leere, die er uns zumutet. Denn Gott verbirgt sich, aber er verlässt uns nicht. Er bleibt der barmherzige Vater, der versprochen hat, zurückzukommen. Die Bereitschaft aber, auf ihn zu warten – das ist Glaube.
2.
Gott ist wie eine verschlossene Burg, die sich nur an einer Stelle für den Menschen öffnet. Durch Taufe, Abendmahl, Bibel, Gebet und Gottesdienst will Gott sich finden lassen. Hier hat er die Zugbrücke heruntergelassen. Macht es da Sinn, über die Mauer zu klettern? Nein. Darum ist der Glaube ein fröhlicher Gehorsam, der von der Bahn, die Gott ihm beschrieben hat, weder links noch rechts abweicht. Er steigt nicht zum Fenster ein, sondern er nimmt die Tür. Denn Glauben heißt, Gott dort zu suchen, wo er gefunden werden will – und nirgends sonst.
3.
Gott begegnet uns nicht nur in Jesus Christus, aber er begegnet uns nur in Jesus Christus so, dass wir ihn begreifen können. Denn Gottes Offenbarung in Natur und Geschichte ist so zweideutig, dass wir aus ihr nicht entnehmen können, ob Gott zuletzt unser Freund oder unser Feind sein will. Erst in Christus - und nur in Christus - wird Gottes Heilswille eindeutig erkennbar und greifbar, so dass Christen sagen: Einen anderen Gott als den Menschgewordenen kennen, wollen und verehren wir nicht.
4.
Einen Gott, der jedem jederzeit gnädig wäre, finden wir weder in der Welt noch in der Bibel. Denn in manchen Dingen hat er sich festgelegt. Und in anderen nicht. Der „verborgene Gott“ ist er in all den Bereichen, in denen er uns nichts versprochen hat. Der „offenbare Gott“ ist er in den Bereichen, in denen ihn seine neutestamentlichen Zusagen binden. Und wer nur eine Seite kennt, weiß zu wenig. Gottes Liebe ist kein pauschales Angebot, sondern ein konkretes. Und je nachdem, wie man an ihn herantritt, wird man ihn auch unterschiedlich erleben.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Der ‘verborgene Gott’, das ist der Gott, der den Menschen für etwas verantwortlich macht, was er gar nicht leisten k a n n. Der Gott, der von ihm das Gute verlangt und ihn doch hindert, es zu tun, indem er ihn verstockt und seinen Willen knechtet. Und der ihm dann doch mit richterlicher Souveränität zuruft: Tua Culpa (Deine Schuld)! Jede Frage des Menschen nach dem Warum, nach dem Grunde für dieses furchtbare Verhängnis, in dem wir uns vor dem Antlitz Gottes vorfinden, bleibt ohne Antwort. Gottes Sinn ist unerkennbar. Gott selbst entzieht sich darin jeder Annäherung von seiten des Menschen. Er lässt ihn allein. Das ist der Tod und die Hölle.“
(Werner Elert)
„Er ist ja völlig in einer Gewalt, die nicht er selbst ist, die ihm also gegenübersteht. Und zwar in doppeltem Sinne. Einmal verlangt Gott Rechenschaft von ihm. Er macht ihn verantwortlich. Dass ihn Gott verantwortlich macht, bestätigt ihm, dass er tatsächlich etwas hätte sollen, etwas sein oder tun oder lassen sollen. Aber nun die furchtbare Entdeckung: Gott macht ihn verantwortlich für etwas, was er gar nicht leisten kann. Denn zur Erfüllung des großen ‘Du sollst!’, das über unserm ganzen Leben steht, fehlt ihm das Erste und Wichtigste, der freie Wille. Der Wille ist geknechtet. Und diese Erkenntnis erreicht erst darin ihre ganze Furchtbarkeit, dass der Mensch über die rätselhafte Gewalt nicht mehr im Zweifel sein kann, die ihn unbedingt bindet und also auch an der Erfüllung des Sollens hindert. Es ist Gott selbst. Das ist der zweite Sinn der Gewalt, die Gott über ihn hat. Er stellt Forderungen an den Menschen und wirkt doch in ihm das Gegenteil. Wie zum Hohn macht er ihn gleichwohl für die Nichterfüllung verantwortlich. Der Mensch soll das Gute tun, aber er muss das Böse tun. Wir verstehen, warum Luther graut.“
(Werner Elert)
„In seiner Angst blickt der Mensch auf Gott, der dies Ungeheuerliche über ihn verhängt hat. Aber was erfährt er? Er sieht den Zorn entbrannt. Das Böse muss vertilgt werden, weil es Feindschaft wider Gott ist. Die Waffen, die der Mensch führte, als er das Böse tat und damit gegen Gott kämpfte, hat ihm zwar Gott selbst in die Hand gedrückt (WA 18,710,1-30). Der Mensch hat ja alles von Gott (18,614,12). Aber der Ausgang des Kampfes kann nicht zweifelhaft sein. Hier schreit der Mensch nach Antwort auf das Warum! Warum bringt ihn Gott in diese verzweifelte Lage? Aber er bekommt keine Antwort. Er steht vor dem unergründlichen Geheimnis. Er empfindet seine Schuld, die mit seinem Menschentum von den Ursprüngen an verknüpft war, weil er ‘sollte’. Aber er weiß nicht warum. Bei diesen letzten Fragen wird das Dunkel undurchdringlich. Es gibt keine Antwort. Dieser Gott, der uns verantwortlich macht für Forderungen, die wir nicht erfüllen können, der uns Fragen stellt, die wir nicht beantworten können, der uns schuf für das Gute und uns doch keine andre Wahl lässt, als das Böse zu tun - das ist der Deus absconditus. Es ist der Gott der absoluten Prädestination. Es ist der Gott, der Pharaos Herz verstockt, der Esau hasst, ehe er geboren war, der Töpfer, der Gefäße formt, vor denen einem ekelt - und der dann doch diese unglücklichen Kreaturen noch in grausamer Selbstherrlichkeit andonnert: Tua culpa! In der Tat, hier haben Sittlichkeit und ratio ein Ende.“
(Werner Elert)
„Der Geist Gottes ist frei, im Geiste des Menschen in jeder menschlichen Situation zu wirken, und er nötigt den Menschen dazu, ihn gewähren zu lassen; Gott als Geist ist dem Geist des Menschen immer gegenwärtig. Aber warum betet dann der Psalmist: ‘Nimm Deinen Geist nicht von mir’? Und warum sprechen wir heute von dem ‘abwesenden Gott’? Warum spielt dieser Ausdruck heute in Kunst und Literatur und vor allem in der persönlichen Erfahrung unzähliger Menschen eine so wichtige Rolle? Wie lässt sich die Botschaft von der Gegenwart des göttlichen Geistes mit der Erfahrung von dem abwesenden Gott vereinen? Wir könnten antworten, dass der Grund für seine Abwesenheit unser Widerstand ist, unsere Gleichgültigkeit, unser mangelnder Ernst, unser ehrliches oder unehrliches Fragen, unser echter oder zynischer Zweifel. Diese Antworten enthalten ein gewisses Maß von Wahrheit, aber nicht die letzte Wahrheit. Die endgültige Antwort auf die Frage, warum Gott abwesend ist, lautet: Gott selbst will es so. Es ist das Werk des göttlichen Geistes selbst, das uns Gott entrückt, nicht nur einzelnen von uns, sondern in gewissen Zeiten der Mehrheit der Menschen.“
(Paul Tillich)
Bei Gott funktioniert Demokratie andersherum. Denn er ist ein König, der sich sein Volk wählt. Und er tut es nicht, weil die Erwählten etwas Besonderes wären, sondern sie sind nur deshalb etwas Besonderes, weil Gott sie erwählt. Gottes Wahl gründet in nichts anderem als in Gottes Freiheit, so dass wir als Christen nicht sind, was wir sind, weil wir uns für Gott, sondern weil er sich für uns entschieden hat. Wir verdanken unseren Glauben seiner Zuwendung zu uns. Und das ist gut so. Denn was unsere zittrigen Hände nicht halten, können sie auch nicht fallenlassen!
Alle Menschen hoffen und erstreben etwas, das sie erjagen wollen, um darin Glück und Frieden zu finden. Doch – ob sie’s wissen oder nicht: Eigentlich ist es immer Gott, den sie suchen. Denn was könnte in der Welt an Gutem enthalten sein, wenn nicht das, was der Schöpfer von seiner eigenen Herrlichkeit hineingelegt hat? Wenn ein Mensch also sucht, was ihm Erfüllung schenkt, sucht er eigentlich Gott – und schade ist es, wenn er sich mit dem irdischen Abglanz und Widerschein göttlicher Herrlichkeit zufrieden gibt, ohne ihren Ursprung zu suchen!
1.
Es könnte scheinen, Himmelfahrt sei ein Trauertag für die Jünger, weil Jesus von ihnen Abschied nimmt und sich entfernt. In Wahrheit aber ist Christus, nachdem er zum Himmel aufgefahren ist, seinen Jüngern näher als zuvor. Denn früher war er immer nur hier oder dort. Seit er „zur Rechten Gottes“ sitzt hat er Teil an Gottes Allgegenwart und übt die Herrschaft aus, die ihm der Vater übertragen hat. Ein schrecklicher Gedanke ist das für seine Feinde, Freude und Trost aber für alle Gläubigen.
2.
Durch seine Himmelfahrt wird Christus weit über Freund und Feind erhoben und steigt hoch hinauf, um zur Rechten Gottes zu sitzen und künftig über alles zu herrschen. Antiautoritäre Affekte sind dabei aber ganz fehl am Platz. Denn – in wessen Händen wäre die Macht besser aufgehoben? Ein Verurteilter richtet nun über die Richter! Ein Knecht herrscht über die Herren! Ein Opfer entscheidet über die Täter! Christi Herrschaft raubt nur dem Satan seine Freiheit – den Christen ist sie aber ein inneres Fest. Denn wenn wir Christus gehören, gehören wir keinem anderen mehr. Und was an Karfreitag geschah, kehrt sich damit um: Die Welt wollte Gottes Sohn los werden – und befindet sich nun ganz in seiner Hand.
1.
Die wichtigsten Eigenschaften Gottes sind: Von-sich-selbst-sein, Unveränderlichkeit, Unermesslichkeit, Ewigkeit, Allgegenwart, Lebendigkeit, Vollkommenheit, Unbegreiflichkeit, Allwissenheit, Allmacht, Weisheit, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte. Es ist aber zu beachten, dass Eigenschaftsbegriffe nicht in derselben Weise auf Gott angewandt werden können wie auf Menschen oder Dinge, denn Gott ist immer größer als alles, was in menschlichen Worten eingefangen und ausgesagt werden kann.
2.
„Gott ist die Liebe“, aber er ist nicht „lieb“ im harmlosen Sinne. Denn Gottes Liebe ist die kraftvoll-entschlossene Weise, in der Gott das Dasein seiner Geschöpfe bejaht. Wo dieses Dasein bedroht und gefährdet wird, dort schließt Gottes Liebe (wie alle wirkliche Liebe) Zorn und Konfliktbereitschaft nicht aus, sondern ein: Gerade weil Gott Liebe ist, kann er nicht immer „lieb“ sein. Und er verlangt es auch nicht von uns.
3.
Zu einem Namenlosen kann man nur schlecht in Beziehung treten. Bei Gott ist aber das Problem, dass er nicht zu wenige, sondern eher zu viele Namen hat, die alle irgendwie richtig sind und zutreffen. Das ist verwirrend. Aber wenn wir Gott als den Vater Jesu Christi kennen lernen, entsteht Eindeutigkeit. Denn das ist Gottes authentische Selbstbeschreibung. In keinem anderen Namen ist Heil. Darum glauben und bezeugen Christen, dass niemand recht von Gott redet, der dabei nicht den Vater Jesu Christi meint, und dass jeder das Thema „Gott“ verfehlt, wenn er dabei nicht von Jesus spricht.
4.
Einen Gott, der jedem jederzeit gnädig wäre, finden wir weder in der Welt noch in der Bibel. Denn in manchen Dingen hat er sich festgelegt. Und in anderen nicht. Der „verborgene Gott“ ist er in all den Bereichen, in denen er uns nichts versprochen hat. Der „offenbare Gott“ ist er in den Bereichen, in denen ihn seine neutestamentlichen Zusagen binden. Und wer nur eine Seite kennt, weiß zu wenig. Gottes Liebe ist kein pauschales Angebot, sondern ein konkretes. Und je nachdem, wie man an ihn herantritt, wird man ihn auch unterschiedlich erleben.
5.
Die Frage, wie Gott zu einem Menschen steht, ist unlöslich damit verbunden, wie dieser Mensch zu Gott steht. Darum sagt Luther „wie du glaubst, so hast du“. Glaubst du Gott seine Gnade, so stehst du auch in seiner Gnade. Doch glaubst du ihm seine Gnade nicht, so hast du sie auch nicht. Denn sie gilt nur dem, der dankbar nach ihr greift und damit anerkennt, dass er sie nötig hat. Misstraut ein Mensch hingegen Gottes Milde, so übt Gott auch keine Milde – sondern den unversöhnlichen Gott, an den er glaubt, den hat er dann auch auf dem Hals.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Außerhalb Christo ist Gott in Wahrheit so, wie das Gesetz ihn uns vorhält.“
(Martin Luther zit. bei Th. Harnack)
Wir bitten nicht „dein Wille geschehe“, weil Gott derzeit nur den Himmel regierte. Nein: Gottes Wille geschieht auch auf der Erde. Doch bitten wir, dass Gottes Wille auch auf Erden in der milden und heilvollen Weise geschehen möge, wie er jetzt schon im Himmel geschieht. Noch zwingt die menschliche Bosheit Gott, gegen seinen eigentlichen Willen hart zu sein. Noch sträubt sich die Erde und beugt sich seiner Hand nur unwillig und unter Schmerzen. Wenn aber Gottes Reich anbricht, wird diesbezüglich zwischen Himmel und Erde kein Unterschied mehr sein.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Die heilige Schrift lehrt uns, dass der Wille Gottes und sein Schaffen eins sind Ps. 115,3. Ps. 148,5. Jes. 46,10. Eph. 1,1. Es ist also in dieser Beziehung seine Macht und sein Wille nicht zu unterscheiden, ebensowenig wie die Einfachheit des göttlichen Wesens eine solche Unterscheidung nicht gestattet. Beim Menschen sind Wille und Ausführung etwas Verschiedenes, diese Unvollkommenheit ist Gott fremd. Gott bedarf außer seinem Willen nicht noch einer weiteren Macht. Indem er etwas will, so geschieht dies sogleich und ist da.
(Joh. Ernst Gerhard)
GOTTES WORT (UND MENSCHENWORT)
1.
Das biblische Wort ist nicht Gottes Wort allein, denn niedergeschrieben haben es Menschen. Das biblische Wort ist aber auch nicht allein Menschenwort, denn Menschen finden sich darin seit Jahrhunderten von Gott angeredet. Die Bibel ist demnach Gotteswort und Menschenwort zugleich – und ähnelt darin dem, von dem sie berichtet. Denn Jesus Christus war auch Mensch und Gott zugleich, ohne dass seine menschliche Natur die göttliche aufgehoben hätte (oder umgekehrt).
2.
Die Bibel leiht sich ihre Autorität weder von der Vernunft noch von der Wissenschaft, sondern ist selbst in der Lage, ihre Botschaft Geltung zu verschaffen, indem sie den Leser berührt, ihn wandelt und zum Glauben überführt, niederschmettert und tröstet. Wer diese Erfahrung aber macht – wie könnte der noch zweifeln, dass diese Worte Gottes eigene Worte sind? Keiner glaubt der Bibel, weil man ihm vorher ihre göttliche Herkunft bewiesen hätte. Sondern umgekehrt: Weil die Schrift uns zu Gott neu in Beziehung gesetzt hat, darum glauben wir ihr.
3.
Gott macht kein folgenloses Gerede. Vielmehr hat sein Wort die Dynamik einer riesigen Meereswoge, die alles, was mit ihr schwimmt, bis zum Horizont davon trägt, und alles, was sich entgegenstellt, auf den Grund hinunterdrückt und unterpflügt. Denn das Evangelium kommt zu mir, damit sich durch seine Botschaft bei mir ereigne, wovon die Botschaft berichtet. Nehme ich das Wort auf, wird eben damit die Gnade zum Ereignis, lehne ich es ab, habe ich die Gnade abgelehnt. Denn da ist nicht einerseits die Gnade, und andererseits das Wort, das von ihr redet, sondern die Gnade ist im Wort enthalten, und das Wort in der Gnade.
4.
Die Bibel ist das einzige Medium, das uns zuverlässig mit Gottes geschichtlicher Offenbarung in Jesus Christus verbindet. Sie ist darum der verbindliche „Originalton“, an dem sich alle späteren Interpretationen des Evangeliums und alle Gestalten kirchlichen Lebens messen lassen müssen. Dass Menschenhände das eine Wort Gottes niedergelegt haben, ändert daran nichts: Gott bleibt der „Autor“ hinter den biblischen Autoren, denn sie waren Instrumente seines Geistes.
5.
Christ-Sein funktioniert nicht ohne Gemeinde, weil sich ein Christ das befreiende Wort, von dem sein Glaube lebt, nicht selber sagen kann. Keiner kann sich selbst taufen, segnen, mahnen, trösten, sich selbst vergeben oder sich das Abendmahl reichen. Darum braucht jeder Christ die Glaubensgeschwister als Träger und Verkünder des göttlichen Heilswortes. Christliche Gemeinschaft verdankt sich diesem Wort, das Wort aber verdankt sich nicht der Gemeinschaft, sondern dem, der’s geredet hat. Wo diese Glaubensgemeinschaft aber fehlt, lässt sie sich durch nichts ersetzen.
6.
Das Gesetz stellt fest, dass der Mensch dem guten Willen Gottes zu entsprechen hat und anderenfalls mit Strafe rechnen muss. Das Evangelium hingegen lädt den Sünder ein, vor dem verdienten Gericht zu Jesus Christus zu fliehen, der mit offenen Armen bereit steht, um ihm seine Schuld abzunehmen. „In jeder Predigt müssen beide Lehren vorkommen. Wenn eine von beiden fehlt, so ist die andre falsch.“ Denn: „Ohne das Gesetz verstehen wir das Evangelium nicht und ohne das Evangelium hilft uns das Gesetz nichts.“ (C. F. W. Walther)
7.
Bileams Eselin
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Lasst uns die Augen auftun, Gott danken für das edle Kleinod des Evangeliums und fest darüber wachen, dass es uns nicht wieder entzogen werde und der Teufel seinen Mutwillen treibe (...). Ich glaube, dass Deutschland noch nie so viel von Gottes Wort gehört hat wie jetzt. Lassen wir’s so hingehen ohne Dank und Ehre, besteht die Sorge, wir werden noch greulichere Finsternis und Plage erleiden. Liebe Deutsche, kauft, solang der Markt vor der Tür ist, gebraucht Gottes Gnade und Wort, solang es da ist. Denn ihr sollt wissen: Gottes Wort und Gnade sind ein fahrender Platzregen, der dorthin nicht wieder kommt, wo er einmal gewesen ist. Ihr dürft nicht denken, dass ihr ihn ewig haben werdet; denn Undank und Verachtung werden ihn nicht lassen bleiben. Drum greife zu und halte fest, wer greifen und halten kann; faule Hände müssen ein böses Jahr haben. Gott der Allmächtige hat wirklich uns Deutsche jetzt gnädig heimgesucht und ein rechtes güldenes Jahr aufgerichtet. So ist es notwendig, dass wir die Gnade Gottes nicht in den Wind schlagen und ihn umsonst anklopfen lassen. Er steht vor der Tür; wohl uns, wenn wir ihm öffnen. Er grüßt uns; selig der, der ihm antwortet!“
(Martin Luther)
1.
Gottes Zorn ist seine energische Opposition gegen den sündlichen Willen, ist also Gottes Widerwille gegen das Böse. Und er hat sehr wenig zu tun mit dem unbeherrschten und oft ungerechten Affekt, den wir bei Menschen als „Zorn“ bezeichnen, sondern ist genau das, was uns „recht geschieht“. Gott beseitigt die Störung seiner guten Ordnung, indem er uns beseitigt, die wir sie stören. Und das zu wissen, ist schrecklich. Denn Gott hilft zwar gegen alles, aber nichts hilft gegen Gott. Die Gottesfürchtigen glauben es – darum erfahren sie es nicht. Die Gottlosen dagegen glauben es nicht – und müssen es darum erfahren (Luther).
2.
Gottes Zorn ist der Wider-Wille des Schöpfers gegen das Böse, das seine Schöpfung zu zersetzen droht. Darum kann man nicht wünschen, dass Gottes Zorn nachließe. Denn wie sollte Gott das Leben seiner Geschöpfe bejahen ohne die Sünde zu verneinen, die ihnen den Tod bringt? Es macht daher keinen Sinn, gegen Gottes Zorn zu opponieren. Es ist besser, vom Ausmaß des Zorns auf das Ausmaß seiner Liebe zu uns zu schließen - denn dann beginnt man Gott zu verstehen.
3.
„Gott ist die Liebe“, aber er ist nicht „lieb“ im harmlosen Sinne. Denn Gottes Liebe ist die kraftvoll-entschlossene Weise, in der Gott das Dasein seiner Geschöpfe bejaht. Wo dieses Dasein bedroht und gefährdet wird, dort schließt Gottes Liebe (wie alle wirkliche Liebe) Zorn und Konfliktbereitschaft nicht aus, sondern ein: Gerade weil Gott Liebe ist, kann er nicht immer „lieb“ sein. Und er verlangt es auch nicht von uns.
4.
Gott befindet sich der sündigen Menschheit gegenüber im Zwiespalt: Die Gerechtigkeit Gottes fordert, die Sünde durch Vernichtung der Sünder aus der Welt zu schaffen. Die Liebe Gottes aber bejaht auch die Geschöpfe, die sich vom Schöpfer abkehren. Durch das Leiden Christi wird Gott beidem gerecht und vereint Sühne mit Bewahrung: Gott selbst nimmt die Strafe auf sich, die wir verdient haben. Er stirbt unseren Tod, damit wir leben. Er lässt sich verwerfen, damit wir nicht verworfen würden.
5.
Der Kreuzestod Jesu wäre missverstanden, wenn man annähme, Gottes Sohn habe durch das Opfer seines Lebens die Liebe Gottes erst erkauft oder herbeigeführt. Es ist nämlich weder so, dass ein liebloser und zorniger Gott durch das Kreuz erst Liebe lernen musste, noch verhält es sich so, dass Vergebung ohne das Kreuz möglich gewesen wären. Vielmehr hat Gottes Liebe im stellvertretenden Tod Jesu den einzig möglichen Weg gefunden, um sich gegen Gottes sehr berechtigten Zorn durchzusetzen. Aus Liebe litt Gott lieber selbst, als uns leiden zu sehen.
6.
Gottes Zorn und Gnade
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Ein Mann verwüstete sein Leben. Als sein Ende sich nahte, sagte er seinen Kindern: „Wenn ich gestorben, sollt ihr mich verbrennen, meinen Staub zermahlen und vor dem Wind zerstreuen. Wenn Gott meiner habhaft würde, würde er mir eine Strafe zuteilen, wie sonst keinem andern.“ So geschah es, als er gestorben war; Gott aber befahl der Erde: „Sammle, was in dir von ihm ist, zusammen!“ Sie tat also, und er trat demnach hervor. Gott fragte ihn: „Was hat dich veranlasst, so zu tun?“ Er antwortete: „Furcht vor dir, o Herr.“ Da vergab Gott ihm.“
(Aus dem Islam)
Gott hat solches Wohlgefallen an seinem eingeborenen Sohn, dass er Wohlgefallen an allen hat, die sich auf ihn als ihre einzige Hoffnung verlassen. C. H. Spurgeon
Der Vater liebt nichts als den Sohn und alles, was er in seinem Sohne findet. Meister Eckhart
Julien Green wurde 1900 in Paris geboren und starb 1998 auch dort. Als Sohn amerikanischer Eltern lebte und schrieb er in zwei Welten, in Frankreich und in Amerika. Seine weltberühmten Romane haben alle nur ein Thema, das Dunkle und Böse im Menschen, ihre Erklärung und Überwindung. Sein Vermächtnis auf seiner Grabplatte lautet: „Wäre ich mutterseelenallein auf dieser Welt gewesen: Gott hätte seinen einzigen Sohn herabgesandt, damit er mich erlöse ... Aber wer, fragst du, hätte ihn dann ans Kreuz geheftet? Such nicht lange: Ich selber hätte das getan ... Und der Jünger, der ihn lieb hat? Das ist das Schmerzlichste an der Geschichte und zugleich das große Geheimnis! Du weißt es recht gut: Auch diesen Jünger findest du in mir.”
1.
Gottesbeweise sind interessant, aber ihr Nutzen ist begrenzt, weil gläubige Menschen sie nicht brauchen, und ungläubige durch Logik allein nicht zum Glauben finden. Gott offenbart sich in dieser Welt zwar deutlich genug, um jeden denkenden Menschen zu einer Stellungnahme zu zwingen. Aber er offenbart sich nicht so deutlich, dass er damit unsere Stellungnahme vorwegnähme. Und das ist Absicht. Der Glaube soll strittig bleiben. Denn wäre Gott beweisbar, würden um der Beweise willen alle Menschen glauben – und es käme nicht ans Licht, wer Gott um Gottes willen sucht.
2.
Gott ist als Bestandteil des Universums nicht auffind- und nicht nachweisbar, weil er kein Teil des Universums ist, sondern ihm als Schöpfer gegenübersteht (Man sucht ja auch nicht den Komponisten zwischen den Noten). Dass Gottes Existenz nicht „nachweisbar“ ist, muss den Gläubigen aber nicht verunsichern: Er bleibt in jedem Falle, was er ist. Auch ein Fisch, dem man bewiese, dass es das Meer nicht gibt, würde deswegen ja nicht zum Vogel.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Die Natur kann sich nicht selbst geschaffen haben, denn um sich selbst zu erschaffen, müsste sie schon da gewesen sein, bevor sie da war. Keine Wirkung kann ihre eigene Ursache sein. Und doch muss jede Wirkung eine Ursache haben. Wir finden in der Welt kein Ding, das von dieser Regel auszunehmen wäre. Und doch – gäbe es überhaupt nur verursachte Wirklichkeit, so könnte in der Kausalkette kein Glied das erste sein. Es wäre kein Glied denkbar, mit dem die Kette anfängt. Und eine Kette, die nicht anfängt, dürfte nicht da sein. Nun ist sie aber da. Unsere Existenz beweist es. Und so ist es notwendig, dass es außer der verursachten Wirklichkeit, die wir kennen, auch eine unverursachte gibt, die nicht erst werden musste, weil sie schon immer war. Dies Ewige nennen wir Gott.“
„Wenn die Narren sind, die in ihrem Herzen das Dasein Gottes leugnen, so kommen mir die noch unsinniger vor, die es erst beweisen wollen.“ (Johann Georg Hamann)
1.
Es ist eine Illusion, wenn der Mensch meint, er müsse Gott und seine Alltagswelt erst kunstvoll in Beziehung setzen. Denn Gott und Welt sind längst in Beziehung. Und der Mensch hat es im Grunde nie mit einem anderen zu tun als mit Gott. Wir sind immer in Beziehung mit ihm, und die Frage ist bloß, wie sich diese Beziehung gestaltet. Ob sie nämlich eine unbewusste und ungeklärte, eine unwillige und darum unheilvolle Beziehung bleibt, oder ob der Glaube daraus eine bewusste und geklärte, eine willig bejahte und darum heilvolle Gottesbeziehung werden lässt.
2.
Die Beziehungsmuster, die den Glauben ausmachen, werden schon in der Kindheit erlernt. Doch der Heranwachsende, der sich von den Eltern ablöst, findet nicht so leicht ein Gegenüber, das an ihre Stelle treten könnte. Er bindet sich an Werte, Autoritäten und Glücksverheißungen dieser Welt, bis er begreift, dass zwischen seiner Sehnsucht und dem Angebot der Welt ein prinzipielles Missverhältnis besteht. Erst dann steht er an der Schwelle des Glaubens, der zu den relativen Dingen nur ein relatives Verhältnis hat und zu den absoluten ein absolutes.
3.
Es gibt nur einen christlichen Glauben. Doch ist dieser Glaube in mehr als einer Weise auf Gott bezogen. Je nachdem, welche der sieben „Beziehungsmuster“ dominieren, entwickelt der Mensch seinen speziellen „Typ“ des Christ-Seins. Diese Vielfalt des Glaubens ist zu begrüßen, weil jeder „Typ“ seine besonderen Stärken hat. Doch liegt auch eine Gefahr darin: Wird eine Beziehungsform ganz aus dem Zusammenhang der anderen gelöst und einseitig überbetont, kommt es zu Fehlformen des Glaubens.
4.
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er die Dinge verstehen will. Er erkundet und untersucht seine Umwelt mit der Absicht, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. Doch wer sich in dieser Weise Gott zuwendet, stößt an Grenzen. Denn der „Untersuchungsgegenstand“ Gott erweist sich als lebendiges Gegenüber. Und je näher man ihm kommt, desto mehr kehrt sich das Verhältnis um: Gott wird nicht erforscht und hinterfragt, erforscht und hinterfragt aber uns. Glauben heißt, das zuzulassen – und zu erkennen, dass man von Gott erkannt ist.
5.
Die Abhängigkeit von anderen birgt das Risiko, enttäuscht zu werden. Darum strebt der Mensch nach Unabhängigkeit: Er versucht, die Rahmenbedingungen seines Lebens der eigenen Kontrolle zu unterwerfen. Doch gelingt es nie, alle Fremdbestimmung abzuschütteln. Und es muss auch nicht gelingen. Denn nur Gott ist wirklich „autonom“. Und der Glaube kann uns lehren, die Abhängigkeit von ihm nicht als Unglück, sondern als Glück zu betrachten: Wirklich „frei“ ist nämlich nur der, der nicht in sich selbst, sondern in Gott ruht.
6.
Alles, was am Menschen herrlich sein kann, ist ihm gerade so geliehen, wie dem Mond sein Glanz geliehen ist von der Sonne. Auch der Mensch ist ein Klumpen aus Staub, der am schönsten erscheint, wenn er Gottes Macht und Güte reflektiert. Aber sollte man das beklagen und versuchen, selbst zur Sonne zu werden? Nein! Gott gebührt die Ehre. Und ein Leben lang unter seinem Glanz zu liegen als Projektionsfläche für Gottes Licht, das ist schön, ist gar nicht übel – und für einen Haufen Staub auch durchaus genug.
Gott weiß: wenn Menschen sich eigenmächtig eine Vorstellung von ihm machen, wird sie falsch sein. Und wenn die Vorstellung falsch ist, kann auch unsere Beziehung zu ihm nicht richtig sein. Darum stellt Gott selbst das Bild her, dessen Fertigung uns überfordern würde, und zeigt uns in Jesus Christus sein wahres Gesicht. Erst dieses autorisierte Selbstporträt (Gottes „Selfie“!) ermöglicht die vertrauensvolle Gottesbeziehung eines Christen – und der respektiert dann um so mehr, dass Gotteserkenntnis nie anders als durch Gott selbst geschieht.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist, und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen, besser zu begreifen, was du Gott nennst. Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, heißt das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist.“ (Leo Tolstoi)
1.
Der christliche Gottesdienst ähnelt einem Eisberg. Er reicht weit in die Tiefe. Aber nur ein Zehntel seiner Masse ist sichtbar. Und dieses Zehntel enttäuscht uns, wenn wir vom Rest nichts wissen. Neben dem „äußeren“ Gottesdienst der versammelten Gemeinde (1) gibt es den „inneren“ Gottesdienst des Glaubens (2), und neben dem „alltäglichen“ Gottesdienst des christlichen Lebens (3) auch noch den Gottesdienst der jenseitigen Welt (4). Alles zusammen ist aber nie die angestrengte Performance der „Mitwirkenden“ für Gott (was hätte er davon?), sondern immer Gottes Werk und Gottes Dienst an uns.
2.
Sinn und Nutzen eines Gottesdienstes liegen nicht darin, dass er die Gemein-schaft, die Kunst oder das Brauchtum pflegt, dass er bildet, unterhält oder therapiert. Vielmehr steht im Mittelpunkt die durch Wort und Sakrament vermittelte heilvolle Gegenwart Gottes. Die gottesdienstliche Erfahrung dieser Gegenwart, das Stehen vor Gottes Angesicht, ist zu nichts „nütze“ und muss es auch nicht sein: Die Gemeinschaft mit dem Herrn, dieser Vorgeschmack auf Gottes Reich, hat seinen Wert in sich selbst.
3.
Ein Gottesdienst kann durch die Fülle der Lieder, Texte und Gesten „planlos“ wirken. Doch hat er seine organisierende Mitte im Wunsch der Gläubigen, ihrer Berufung gemäß Gott entsprechende Menschen zu sein, die sich stimmig zu ihm in Beziehung setzen. Wir gehen mit Gott um, damit dieser „gute Umgang“ uns wandle und präge, und in Gottes Nähe alles aus uns verschwinde, was sich mit seiner Gemeinschaft nicht verträgt. Was ist also ein Gottesdienst anderes als Glaube im Vollzug? Was ist er anderes als ein Versuch gottgemäßen Daseins in Gottes Gegenwart? Er gelingt, wo Gott ihn gnädig gelingen lässt. Und da ist er dann keine menschliche Veranstaltung mehr, sondern Heilsgeschehen im vollen Sinne des Wortes.
4.
Martin Luther predigend
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Die Erbauung der Gemeinde zu seinem (des Herrn) geistlichen Leib und Tempel vollzieht und bekundet sich in dem Gemeindegottesdienste. Dieser ist die öffentliche und gemeinsame Betätigung der göttlich darreichenden und der menschlich empfangenden und erwidernden Liebe.
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
Schiffer wenden alle ihre Kräfte an, damit sie durch das Meer endlich in den Hafen gelangen. Wir befinden uns auf der Höhe des Meeres und werden von Stürmen hin und her geworfen. Die Wogen der irdischen Geschäfte schlagen beständig über uns zusammen; und hier im Hause des Herrn erscheint ihr kaum ein oder zweimal im Jahr? Wisst ihr nicht, dass Gott die Kirchen gleich Häfen im Meer hat anlegen lassen, damit ihr euch aus dem Wirbel der irdischen Sorgen dahin retten und Ruhe und Stille genießen sollt? Die Kirche ist ein geistlicher Hafen der Seele, frei von allen Ungewittern.
(Chrysostomus, gest. 407)
Zu bedauern sind jene, welche sich in der Kirche so verhalten, dass sie ihren Leib zwar in derselben, ihr Herz aber anderswo haben.
(Augustinus, gest. 430)
„Was wird denn wegen des öffentlichen Gottesdienstes von uns erfordert? Dass ein jeder, so es zu tun vermag, mit herzlicher Vorbereitung, Vorsatz und Anrufung Gottes um seine Gnade für sich, seine Mitzuhörer und Prediger, sich in der christlichen Versammlung einfinde, daselbst sich unärgerlich halte, das Wort Gottes aus dem Mund des Predigers, aber nicht als Menschenwort, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort anhöre, auf alles Vorgetragene, sonderlich aber dasjenige, was er findet zu seiner eigenen Auferbauung, Unterricht, Vermahnung, Warnung und Trost dienlich zu sein, fleißig Acht gebe, in dem Gebet für alle gemeine und eigene Not, Gesang und Almosensteuer sich mit der christlichen Gemeinde vereinige, der Heil. Sakramente sich andächtig mitgebrauche, oder denselben beiwohne, den Herrn mit Glauben empfange, und alles mit andächtigem Gebet beschließe.“ (Philipp J. Spener)
„Da einer fragte: Welches der größte Gottesdienst wäre, der Gott wohlgefiele? sprach D. Martinus: Christum hören und ihm gehorsam sein, das heißt und ist der größte und höchste Gottesdienst; sonst taugt alles nichts.“
„Der Christen Gottesdienst ist nicht die äußerliche, heuchlerische Larve, so die Mönche und Geistlosen führen und vorgeben, da sie ihre Leiber kasteien, matt machen und zermartern mit einem gestrengen Leben, mit Fasten, Wachen, Singen, dass sie härene oder wollene Hemden tragen, und hauen sich mit Ruten etc. Von dem Gottesdienst weiß Gott nichts, begehrt noch fordert ihn auch von uns nicht; sondern das ist der Christen rechter Gottesdienst: Wenn sein Wort fleißig, lauter und rein und unverfälscht gelehrt wird. Da werden die Herzen recht unterrichtet und gelehrt, dass sie wissen, was und wie sie glauben sollen, werden auch gelehrt, wie sie Gott und den Nächsten lieben sollen. Der Glaube ist der rechte Gottesdienst, der Gott am meisten gefällt; er kommt aber nicht aus unserm Willen, Kraft und Zutun, sondern allein vom Heiligen Geist, der wirkt ihn durch das mündliche Wort im Herzen, wann und wo er will, wenn man die Predigt göttliches Worts fleißig höret.“
(Martin Luther)
„Niemand dient aber Gott, denn wer ihn lässt seinen Gott sein, und seine Werke in ihm wirken, davon droben gesagt ist. Wiewohl man jetzt, leider, das Wörtlein „Gottesdienst“ so in einen fremden Verstand und Brauch hat gebracht, dass, wer es hört, gar nichts an solche Werke denkt, sondern an den Glockenklang, an Stein und Holz der Kirchen, an das Räuchfaß, an die Flammen der Lichter, an das Geplärre in der Kirche, an das Gold, Seiden, Edelsteine der Chorkappen und Messgewande, an die Kelche und Monstranzen, an die Orgeln und Tafeln, an die Prozession und Kirchengang, und das Größte, an das Maulpläppern und Paternostersteinzählen. Dahin ist Gottesdienst, leider, kommen; davon doch er so gar nichts weiß, und wir sonst nichts denn solches wissen; singen täglich das Magnificat mit hoher Stimme und herrlicher Pracht, und schweigen doch seinen rechten Ton und Verstand je länger je mehr. Aber es steht der Text stark: Wo wir diese Werke Gottes nicht lehren und leiden, so wird auch kein Gottesdienst da sein, kein Israel, keine Gnade, keine Barmherzigkeit, kein Gott, wenn wir gleich uns zu Tode sängen und klängen in den Kirchen, und der Welt Gut hinein gäben allesamt. Er hat nichts davon geboten, darum hat er desselben auch gar kein Gefallen, ohne allen Zweifel.“
(Martin Luther)
„Eine arme Dienstmagd hat Freude im Herzen und kann sagen: ich koche jetzt, ich mache das Bett, ich kehre das Haus; wer hat’s mich geheißen? Gott hat es getan. Ei, so muss es wahr sein, dass Gott einen Gefallen daran habe. Wie kann ich denn seliger sein? Ist es doch ebenso viel, als wenn ich Gott im Himmel kochen sollte.“
(Martin Luther)
„...wisse, dass „Gott dienen“ ist nichts anderes, denn deinem Nächsten dienen und mit Liebe wohltun, es sei Kind, Weib, Knecht, Feind, Freund, ohne allen Unterschied, wer dein darf, an Leib und Seel, und wo du helfen kannst, leiblich und geistlich; da ist Gottesdienst und gute Werke.“
(Martin Luther)
„Man dient Gott auch durch Nichtstun, ja, durch keine Sache mehr als durch Nichtstun. Denn um deswillen hat er gewollt, dass vor anderen Dingen der Sabbat so streng gehalten werde.“
(Martin Luther)
„Das sind aber die rechten Bande der Ehe, dass man wisse, dass auch diese Arbeit der Hände und die Sorge für die Familie ein Gott wohlgefälliges Opfer seien; dass das Weib, wenn es dem Kinde die Brust gibt, der Mann, wenn er mit häuslichen Arbeiten den Leib abplagt, dass ihm der Schweiß von der Stirn läuft, Gott einen solchen Gottesdienst erweisen, der weit herrlicher ist als alle Gottesdienste der Mönche und als alle noch so beschwerlichen Übungen.“
(Martin Luther)
Zu Lukas 17,15 (Die zehn Aussätzigen):
„Und hier lehrt das Evangelium, was für Werke tue der versuchte und erfahrene Glaube, und welches der rechte Gottesdienst und Ehre sei, die man Gott erzeigen mag. Etliche bauen ihm Kirchen, etliche stiften Messe, etliche läuten ihm Glocken, etliche zünden ihm Lichter an, dass er ja sehen möge; und tun nichts anderes, denn als wäre er ein Kind, der unserer Güter und Dienst bedürfe. Wiewohl Kirchen bauen und Messe halten am ersten aus der Ursache ist aufkommen, dass die Christen allda zusammen kämen, den rechten Gottesdienst zu vollbringen; darnach ist derselbe Dienst abgangen und ganz verschwiegen. Da sind wir bisher an Stiften, Bauen, Singen, Läuten, Leuchten, Kleidern, Räuchern und was Bereitung zu Gottesdienst mehr sind, blieben hangen, bis dass wir solche Bereitung achteten den rechten Hauptgottesdienst und von keinem andern gewusst zu sagen. Und tun also weislich, als, wer ein Haus bauen wollte und verbauete an der Rüstung alle sein Gut, und käme sein Leben lang nimmer so ferne, dass er einen Stein zum Hause legte; rate, wo will derselbe zuletzt wohnen, wenn das Gerüst wird abgebrochen? Aber das ist der rechte Gottesdienst: Wiederkommen, mit großer Stimme Gott loben. Das ist das größte Werk im Himmel und Erden, dazu das einige, das wir Gott erzeigen mögen; denn der andern darf er keines, ist ihrer auch nicht fähig: allein geliebt und gelobt mag er von uns werden. Davon sagt Psalm 50,8.13.14.: „Was willst du mir geben? Ists doch alles zuvor mein; opfere mir das Opfer des Lobs, das ist das Werk, das mich ehrt. Meinst du, dass ich Rindfleisch essen, oder Bocksblut trinken wolle?“ Also möchte er jetzt zu den Stiftern, Räuchern, Singern, Klingern und Leuchtern sagen: Meint ihr, dass ich blind und taub sei, oder dass ich keine Herberge habe? Lieben und loben sollt ihr mich, so räuchert ihr mir dafür und läutet mir Glocken. Das Wiederkommen ist, die empfangene Gnade und Güter wieder heim zu Gott tragen, sie nicht behalten, nicht darauf fallen, sich derselbigen nicht erheben vor andern, sich ihrer nicht rühmen und nicht Ehre davon haben wollen, nicht etwas Besseres sein wollen denn die andern, sich selber nicht wohlgefallen, noch Lust darinnen haben; sondern alle solche Lust, Gefallen, Ruhm und Ehre allein in dem haben, der sie gegeben hat, und willig, gleich gelassen stehen, so er sie wieder von ihm nehmen wollte, und nichts weniger alsdann auch ihn lieben und loben. O wie wenig sind derer, die also wiederkommen, freilich kaum einer unter zehn (...). Summa, wiederkommen begreift die zwei Stücke: nicht haften an Gottes Gaben, sondern allein an ihm selber, der sie gibt.“
(Martin Luther)
Der „Ratschlag der Kulmbacher Geistlichkeit“ (1530) antwortet auf die Frage, „was rechter, wahrer Gottesdienst sei“:
„Wahrer Gottesdienst, dadurch Gott das ewige Leben zu geben verheißt, ist Gott durch sein heiliges Wort erkennen, ihn von Herzen fürchten und ehren, glauben und vertrauen, lieben, in der Not anrufen, preisen und bekennen, darnach dem Nächsten dienen. Denn das muss ja Gott dienen heißen: tun, was er will, lassen, was er verbietet, gleich wie ein Hausknecht wird genannt der, so seinem Herrn dient und tut, was er ihn heißt. Wenn er aber das nicht tut, ob er sonsten der ganzen Welt dient, heißt es doch nicht seinem Herrn gedient. Also auch wer Gottes Willen tut und seine Gebote hält, der dient ihm recht. Wiederum aber, wer Gottes Gebot nicht tut, der dient auch Gott nicht, ob er gleich aller Menschen Lehren und Gebot hielt.“
„Also verstehest du nun, dass der wahre Gottesdienst bestehet im Herzen, in Erkenntnis Gottes, in wahrer Buße, dadurch das Fleisch getötet, und der Mensch zum Bilde Gottes wieder erneuert wird. Denn dadurch wird der Mensch zum heiligen Tempel Gottes, in welchem der innerliche Gottesdienst durch den heiligen Geist verrichtet wird, Glaube, Liebe, Hoffnung, Geduld, Gebet, Danksagung, Lob und Preis Gottes. Nicht aber heißt es darum ein Gottesdienst, dass Gott unsers Dienstes bedürfe, oder dass er Nutzen davon hätte, sondern so barmherzig und gütig ist er, dass er sich selbst uns mit all seinem Gute gerne mitteilen wollte, in uns leben, wirken und wohnen, wenn wir ihn durch seine Erkenntnis, durch den Glauben und wahre Buße aufnehmen wollten, dass er seine Werkstatt in uns haben möge. Denn es gefallen ihm keine Werke, die er nicht selbst in uns wirket. Darum hat er uns befohlen, Buße zu tun, Glauben, Beten, Fasten, auf dass wir, und nicht er, Nutzen davon hätten.“
(Johann Arndt)
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Kannst du Tag und Nacht sitzen im Bierkrug oder sonst mit guten Gesellen schwätzen und plaudern, singen und schreien und wirst nicht müde noch fühlst die Arbeit, so kannst du ja auch eine Stunde in der Kirche sitzen und zuhören, Gott zum Dienst und Gefallen. Martin Luther
Wer Gott dienen will, soll unter den Leuten bleiben und ihnen dienen, womit er kann. Denn auch das ist Gottesdienst: tun, was Gott will, auch wenn es durch die geringste Hausarbeit geschieht. Martin Luther
1.
Es ist eine Illusion, wenn der Mensch meint, er müsse Gott und seine Alltagswelt erst kunstvoll in Beziehung setzen. Denn Gott und Welt sind längst in Beziehung. Und der Mensch hat es im Grunde nie mit einem anderen zu tun als mit Gott. Wir sind immer in Beziehung mit ihm, und die Frage ist bloß, wie sich diese Beziehung gestaltet. Ob sie nämlich eine unbewusste und ungeklärte, eine unwillige und darum unheilvolle Beziehung bleibt, oder ob der Glaube daraus eine bewusste und geklärte, eine willig bejahte und darum heilvolle Gottesbeziehung werden lässt.
2.
Viele fühlen sich „von Gott berührt“, wenn Schönes, Mächtiges oder Ideales sie überwältigt. Sie nennen das Imposante „Offenbarung“, weil es von Gott kommt, und halten ihre Ergriffenheit schon für „Glauben“. Doch sie irren. Denn nicht überall, wo Gott wirksam präsent ist, erschließt er sich auch. Unsere Wahrnehmung erfasst nur Hüllen, die den Kern verbergen. Und viel eher ist es als Zeichen göttlicher Gegenwart anzusehen, wenn die Wahrnehmung ausfällt. Da tritt alles Irdische zurück, verstummt und verblasst. Und im erlebten Nicht-Erleben kann Gottes Präsenz jede andere Präsenz überlagern – nämlich nicht in Sturm, Erdbeben und Feuer (1. Kön 19), sondern in Wort und Sakrament. Da hat sich Gott gebunden, um greifbar zu sein.
1.
Weil Gott den menschlichen Horizont überschreitet, wissen wir von ihm nur, was er uns hat wissen lassen in seiner Offenbarung. Sie geschah, als Gott in den menschlichen Gesichtskreis trat und Mensch wurde. Darum ist Jesus Christus Grund und Grenze aller christlichen Rede von Gott: Wir dürfen nicht mehr von Gott sagen, als wir am Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes ablesen können – aber auch nicht weniger.
2.
Die Lehre von Gottes Dreieinigkeit ist kein Denkproblem: Fließendes Wasser, Dampf und Eis sind schließlich auch ganz verschieden - und sind doch immer nur H2O. Ebenso sind der Schöpfer, Jesus Christus und der Heilige Geist ganz verschieden - und sind doch immer nur der eine Gott. Wer Gott verstehen will, muss das wissen. Denn betrachtet man eine der drei „Personen“ isoliert, so verkennt man sie zwangsläufig. Sieht man jedoch ihre Zusammengehörigkeit, so erschließt eine die andere.
3.
Gott und Welt sind strikt zu unterscheiden. Und trotzdem ist Gott keine isolierte Größe „neben“ der Welt. Er kann nicht zu den Teilaspekten der Wirklichkeit hinzuaddiert werden als etwas, was es „auch noch“ gibt. Vielmehr ist Gott die alles bestimmende Wirklichkeit. Wir begegnen ihm in allen Dingen. Doch sehen kann das nur der Glaube: Für ihn ist die Welt transparent wie ein buntes Kirchenfenster. Er sieht die Vielfalt der Farben und weiß doch, dass es nur ein Licht gibt. Er sieht die Schöpfung und erkennt darin den Abglanz des Schöpfers.
4.
Gott begegnet uns nicht nur in Jesus Christus, aber er begegnet uns nur in Jesus Christus so, dass wir ihn begreifen können. Denn Gottes Offenbarung in Natur und Geschichte ist so zweideutig, dass wir aus ihr nicht entnehmen können, ob Gott zuletzt unser Freund oder unser Feind sein will. Erst in Christus - und nur in Christus - wird Gottes Heilswille eindeutig erkennbar und greifbar, so dass Christen sagen: Einen anderen Gott als den Menschgewordenen kennen, wollen und verehren wir nicht.
5.
Wenn Jesus „Gottes Sohn“ genannt wird, dann ist damit kein „Verwandtschaftsverhältnis“ gemeint. Vielmehr bringt dieses Bekenntnis zum Ausdruck, dass Vater und Sohn gleichen Wesens, gleicher Würde und gleichen Willens sind. Zwischen ihnen steht ein Gleichheitszeichen. Für den Gläubigen aber, der dieses Gleichheitszeichen sieht und anerkennt, ist es der Schlüssel zu aller wahren Gotteserkenntnis: Weil er den Sohn vom Vater, und den Vater vom Sohn her versteht, wird Gott nie mehr ein rätselhafter Unbekannter für ihn sein.
6.
Die Gewissheit des Glaubenden ist nicht „begründet“, sondern ist begründend. Sie beruht nicht auf Erfahrungen, sondern liegt allen religiösen Erfahrungen voraus, als das, was sie ermöglicht. Glaubensgewissheit steht also nicht als Ergebnis am Ende einer Argumentation, sondern als Voraussetzung an ihrem Anfang. Sie verändert nicht Urteile, sondern zuerst den Urteilenden. Sie ist kein Impuls, den man erdenkt, sondern einer, dem man erliegt. Wer aber braucht für solches „Erliegen“ Gründe? Begründet der Surfer die Welle, die ihn mitreißt?
7.
Gott wollte in dieser Welt nicht „offensichtlich“ werden, sondern offenbarte sich so, dass seine Offenbarung jederzeit bestritten werden kann. Sie ist hell genug für alle, die Gott kennen möchten – und dennoch dunkel genug für alle, die sich gegen Gott verschließen möchten. Das entspricht Gottes Absicht, sich manchen Menschen zu verbergen und sich anderen zu offenbaren. Wäre er zu offensichtlich, könnte ihn keiner meiden. Und wäre er ganz verborgen, könnte ihn keiner suchen. So aber besagt die Stellungnahme des Menschen zum Christentum mehr über ihn als über das Christentum – und lässt sein Wesen zu Tage treten.
8.
Gott weiß: wenn Menschen sich eigenmächtig eine Vorstellung von ihm machen, wird sie falsch sein. Und wenn die Vorstellung falsch ist, kann auch unsere Beziehung zu ihm nicht richtig sein. Darum stellt Gott selbst das Bild her, dessen Fertigung uns überfordern würde, und zeigt uns in Jesus Christus sein wahres Gesicht. Erst dieses autorisierte Selbstporträt (Gottes „Selfie“!) ermöglicht die vertrauensvolle Gottesbeziehung eines Christen – und der respektiert dann um so mehr, dass Gotteserkenntnis nie anders als durch Gott selbst geschieht.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Man kann eine aus der Betrachtung der Geschöpfe durch die Vernunft abgeleitete, eine durch den Glauben aus dem Worte Gottes geschöpfte und eine im ewigen Leben aus dem Schauen Gottes hervorgehende Gotteserkenntnis unterscheiden, oder statt dieser dreifachen eine vierfache annehmen: 1. eine der Seele angeborene, 2. eine aus der Betrachtung der Geschöpfe gewonnene, 3. eine in den heiligen Schriften der Propheten und Apostel von Gott geoffenbarte, 4. eine vom ewigen Leben zu erwartende aus dem klaren und tiefen Schauen Gottes fließende Gotteserkenntnis.
(Joh. Ernst Gerhard)
„Die natürliche Gotteserkenntnis ist die der Vernunft eingepflanzte und durch Betrachtung der göttlichen Werke entwicklungsfähige Überzeugung, dass Gott sei und dass er alle von ihm geschaffenen Dinge mit Weisheit, Macht und Gerechtigkeit regiere.“ (Adolf Hoenecke)
„Die übernatürliche Gotteserkenntnis ist die durch die Offenbarung im Wort vom Geist im Glauben geschenkte seligmachende Erkenntnis Gottes.“ (Adolf Hoenecke)
Wie wir … die irdische Sonne nur in ihrem eigenen Lichte sehen, wenn wir gleich ein sonnenähnliches Auge haben, so vermögen wir Gott aus seinen Offenbarungen und Begegnungen in der Natur, im Gewissen und in seinem Wort nur dann recht zu erkennen, wenn der Geist der Gnade und des Gebets uns erleuchtet: daher David sagt: „In deinem Licht sehen wir das Licht“, Ps. 36,10.
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
„Es ist nicht zu bezweifeln, dass der menschlichen Seele von Natur ein gewisses Gefühl der Gottheit einwohne. Nämlich, damit sich Niemand mit Unwissenheit entschuldigen könne, hat Gott Allen eine gewisse Erkenntnis seiner Gottheit eingepflanzt, welche er immerdar erfrischet und oft mit neuen Tropfen benetzet: also dass sie, da sie ohne Ausnahme wissen, dass ein Gott, und dass er ihr Schöpfer sei, durch eigenes Zeugnis verdammt werden, wenn sie ihn nicht verehrten, und ihm ihr Leben weihten. Eine völlige Unkunde von Gott, würde man, so man sie suchte, am ehesten unter den verwilderten und von menschlicher Bildung entfernteren Völkern zu finden glauben. Aber, spricht jener Heide, es ist auch keine Nation so roh, kein Volk so verwildert, das nicht die Überzeugung hätte, dass ein Gott sei. Und welche in Hinsicht ihrer sonstigen Lebensweise sich nicht sehr von den Tieren zu unterscheiden scheinen, bewahren doch immer in sich einen Keim von Religion. So sehr hat jene gemeinsame Ahnung Aller Herzen und Seelen unvertilgbar durchdrungen.“ (Johannes Calvin)
„Dass ein Gott sei, lehret uns die Natur selbst, indem solche Erkenntnis allen Menschen von Natur in das Herz und Gewissen eingepflanzet ist, nachmal durch die Geschöpfe und deren Ansehung vermehret wird. So wissen wir auch aus denselben etwas von göttlichen Eigenschaften, dass Gott allmächtig, weise, gerecht und gut sei. Aber alle solche Erkenntnis ist noch sehr schwach und unvollkommen, und kann den Menschen zur Seligkeit nicht bringen, sondern allein zu weiterm Suchen anleiten: kommt demnach die wahre Erkenntnis aus göttlicher Offenbarung selbst, durch Christum in dem Wort.“ (Philipp J. Spener)
„Wenn nun diese wahre Erkenntnis Gottes vorhergehet, durch welches sich Gott unserer Seele gleichsam zu kosten und zu schmecken gibt (…) so kanns nicht fehlen, es folget wahre Buße darauf, das ist, Änderung und Erneuerung des Gemüts und Besserung des Lebens. Denn wenn einer Gottes Allmacht recht gefühlt und erkannt hat in seinem Herzen, so folget Demut daraus, dass man sich unter die gewaltige Hand Gottes demütiget. Wenn einer Gottes Barmherzigkeit recht gekostet und erkannt hat, so folgt Liebe daraus gegen den Nächsten. Denn es kann niemand unbarmherzig sein, der Gottes Barmherzigkeit recht erkennt. Wer kann seinem Nächsten etwas versagen, dem sich Gott aus Barmherzigkeit selbst mitteilet? Aus Gottes Erbarmung folgt die hohe Geduld gegen den Nächsten, dass, wenn ein rechter Christ des Tages siebenmal ermordet würde, und würde siebenmal wieder lebendig, so vergäbe er es doch seinem Feinde, um der größern Barmherzigkeit Gottes willen. Aus Gottes Gerechtigkeit fließt Erkenntnis der Sünde, dass wir mit dem Propheten sagen: Herr du bist gerecht, wir aber müssen uns schämen, Dan. 9,7. (…) Aus Erkenntnis der Wahrheit fließt Treue gegen den Nächsten, und vertreibt alle Falschheit, Betrug und Lügen, dass ein Christ denket: Siehe, handelst du unrecht mit deinem Nächsten, so beleidigest du die ewige Wahrheit Gottes, die Gott selbst ist. Darum weil Gott treulich und wahrhaftig mit dir handelt, so handle mit deinem Nächsten auch also. Aus der Erkenntnis der ewigen Weisheit Gottes fließt Gottesfurcht. Denn weil du weißt, dass Gott ein Herzenskündiger ist, und in das Verborgene siehet, so fürchtest du dich billig vor den Augen seiner heiligen Majestät.“ (Johann Arndt)
„Also ist es auch mit der wahren Erkenntnis Gottes, dieselbe bestehet auch nicht in Worten oder in einer bloßen Wissenschaft, sondern in einem lebendigen, lieblichen, holdseligen, kräftigen Trost, dass man die Süßigkeit, Freudigkeit, Lieblichkeit und Holdseligkeit Gottes im Herzen schmecke durch den Glauben, jetzt ists eine lebendige Erkenntnis Gottes, die im Herzen empfunden wird und lebet. Das ists, was der Ps. 84,3. spricht: Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Und im Ps. 63,4. Deine Güte ist besser, denn leben; da die Freude und Süßigkeit Gottes im gläubigen Herzen beschrieben wird. Und also lebt der Mensch in Gott, und Gott in ihm; er erkennet Gott in der Wahrheit und wird von ihm erkannt.“ (Johann Arndt)
„Ich war verirrt, wie das verlorene Schaf, ich suchte dich draußen, da du doch drinnen bist. Ich habe mich viel gemüht im Suchen, bin ohne Rast durch die Dörfer und Straßen dieser Welt gezogen, und fand dich nicht. Zur Kundschaft habe ich ausgesandt alle meine Sinne, aber vergeblich. Denn die Augen sagten: Hat er keine Farbe, so kann er zu uns nicht eingegangen sein. Die Ohren sagten: Hat er keinen Klang, so kann er durch uns nicht gedrungen sein. Die Nase sagte: Hat er keinen Geruch, so ist er in mich nicht gezogen. Der Geschmack sagte: Schmeckt er nach nichts, so hat er mich nicht berührt. Das Gefühl sagte: Ist er nichts Körperliches, so weiß ich von ihm nichts. Ich fragte die Erde, ob sie mein Gott wäre, und sie sprach: Nein! und alles, was auf ihr ist, legte dasselbe Bekenntnis ab. Ich fragte das Meer und die Tiefe und die Tiere, welche darinnen sind, und sie antworteten: Nicht sind wir dein Gott, suche ihn über uns! Ich fragte die stille Luft, und sie antwortete mit allen ihren Bewohnern: Anaximenes ist im Irrtum, ich bin nicht dein Gott! Ich fragte den Himmel, die Sonne, den Mond und die Sterne. Auch wir sind nicht dein Gott! war ihre Antwort. Und ich sprach zu allen Dingen, die von außen mich umgaben: Ihr habt mir gesagt, dass ihr nicht mein Gott seid, so sagt mir etwas über ihn! Und sie riefen alle mit gewaltiger Stimme: Er hat uns gemacht! Und ich kehrte zu mir zurück, ging in mich und sprach zu mir: Wer bist du? Und ich gab mir zur Antwort: Ein vernünftiger und sterblicher Mensch. Und ich fing an näher darüber nachzudenken und sprach: Woher kommt doch dies Wesen, Herr mein Gott! Woher anders als von dir? Du hast mich gemacht und nicht ich selber. Wer bist du, durch den ich lebe? durch den alles lebt? Du, o Herr, bist mein wahrhaftiger Gott und allein allmächtig, ewig, unbegreiflich, unermesslich; der du immerdar lebst und stirbt nichts an dir, denn du bist unsterblich und bewohnst die Unsterblichkeit, ein furchtbarer, starker und lebendiger Gott, ohne Anfang und ohne Ende. Du bist mein Gott und ein Herr aller Dinge, welche du geschaffen hast; aller Stillstand und alle Bewegung hat in dir ihre Ursache, und alles Vernünftige und Vernunftlose findet in dir seinen ewigen Grund. Soll ich nun noch fragen: Wer hat mich gemacht? Du, Herr, hast mich gemacht, ohne den nichts gemacht ist; du bist mein Schöpfer, ich dein Werk.“
Soliloquia (Augustini)
„Die ganze sichtbare Welt gleicht einer Leiter, auf der wir zur Erkenntnis unsrer selbst und zur Erkenntnis Gottes hinansteigen sollen. Alles, was da ist, hat entweder bloßes Dasein, oder Dasein und Leben, oder Dasein, Leben und Sinn, oder Dasein, Leben Sinn und Verstand. Der ersten Stufe gehören die Elemente: Erde, Wasser, Luft und Feuer, die verschiedenen Metalle, die Edelsteine mit ihrer Pracht und alle Sterne des Himmels an. Auf der zweiten steht das Pflanzenreich, das wiederum in Kräuter und Bäume von der mannigfaltigsten Art zerfällt. Sie bewegen sich rückwärts und vorwärts, aufwärts und abwärts, ziehen ihre Nahrung selbst aus dem Boden, zeugen Samen und Früchte. Die dritte Stufe nehmen alle Tiere ein, mögen sie auf der Erde, im Wasser oder in der Luft leben, mögen sie gehen, kriechen, fliegen oder schwimmen. Einige davon haben bloß Gefühl, andere Gefühl und Gedächtnis, die meisten Gefühl, Gedächtnis und Gehör. Auf der vierten Stufe steht endlich der Mensch, der alle Vollkommenheiten der niederen Kreaturen in sich vereint und darum in Brüderschaft und Freundschaft mit ihnen steht, überdies aber Verstand und freien Willen besitzt, so dass nichts Größeres in der Welt gefunden wird. Wer hat nun diese merkwürdige Stufenleiter hingestellt? Einer, der über alle Stufen steht, ein höheres und zwar einiges Wesen muss allen Kreaturen ihr Maß und ihre Ordnung angewiesen haben. Derselbe Meister und Künstler hat die Bäume über die Elemente, die Tiere über die Bäume, die Menschen über die Tiere gestellt; derselbe Herr erhält auch alles und macht, dass jegliches Geschöpf in seinem Stand und an seiner Stelle verbleibt. Auch du, o Mensch, hast, was du hast, von ihm empfangen, auch du gehörst nicht dir selber, sondern dem an, deß alle Dinge sind, der sie und dich gemacht hat.“
Raymund (+1436)
„In der Begabung mit Leben und Kraft, in der Berufung zum Menschsein, in der Beziehung unseres Lebens auf Wahrheit, Gerechtigkeit, Gemeinschaft, Schönheit meinen wir, Gottes Freundlichkeit und Güte zu schmecken. In dem Versagen der Erfüllung dagegen, in der Nichtigkeit und dem Widerspruch unseres Lebens können wir nicht anders, als Gleichgültigkeit oder Feindseligkeit Gottes gegen uns zu vermuten. Es ist ein rätselhaft-doppeltes Antlitz, das er uns zukehrt. Was will er zuletzt mit uns? Er macht uns lebendig und tötet uns. Er gibt uns die hohen Normen der Wahrheit, Gerechtigkeit, Gemeinschaft, Schönheit ins Herz und lässt uns hungern und dursten nach ihrer Verwirklichung ohne Erfüllung. Er berührt uns mit seinem Leben und schließt uns von ihm aus. Er wirft uns das Heimweh in die Seele und hält uns die Heimat verschlossen. Er adelt uns durch Gebot und Berufung – und lässt uns doch an ihnen unrettbar schuldig werden und seinem Gerichte verfallen. Quid Deus velit erga nos? Mit dieser offenen Frage hat Luther die Grenze und Not der ‘natürlichen’ Erkenntnis Gottes bestimmt. So wird das Wissen um Gott am existentiell entscheidenden, am schlechthin lebenswichtigen Punkte zum Nicht-Wissen um Gott. Der sich bezeugende Gott wird gegenüber der entscheidenden Frage ein zwiespältig-Erscheinender, der verborgene Gott.“
(Paul Althaus)
Was der Kirche heute fehlt, ist nicht die oft geforderte „Lässigkeit“, sondern eine neue Scheu vor dem Heiligen. Denn wo die Ehrfurcht fehlt, wird aus berechtigtem Gott-Vertrauen schnell eine plumpe Vertraulichkeit, die dem „Gegenüber“ des Glaubens nicht gerecht wird. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind wir tot. Gemessen an seiner Unendlichkeit sind wir eng. Gemessen an seiner Weisheit sind wir töricht. Das aber spüren und akzeptieren zu können, gehört zum Glauben unbedingt dazu. Denn nur wer bereit ist, die Schuhe auszuziehen, wird den Dornbusch brennen sehen.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gottesfurcht. Sie beruht auf der wahren Erkenntnis Gottes und der Majestät seiner heiligen Eigenschaften, besonders seiner Macht, Nähe, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit; sie kennt den Willen dieses Gottes, wie er ihn in seinem Wort und Gesetz, auch im Gewissen geoffenbart hat und besteht nur in einer heiligen Scheu, den Willen dieses Gottes zu verletzen. Das Wesen und Tun der Gottlosen ist das, dass sie, weil dieser Gott ein unsichtbarer ist, nichts nach ihm fragen und sich ohne Scheu über seinen Willen und Majestät hinwegsetzen, während es der Charakter der Gottesfürchtigen ist, dass sie diesen unsichtbaren Gott, als sähen sie ihn, vor Augen und im Herzen haben, und im Eindruck seiner heiligen Eigenschaften und Werke ebenso das Böse und Gott Missfällige meiden, als nach dem Wohlgefallen dieses Gottes trachten.
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
Es ist die sicherste Sache, nichts zu fürchten außer Gott.
(Laurentius Justiniani, gest. 1455)
Fürchte Gott! Fürchte Gott im Öffentlichen wie im Verborgenen. Du gehst hinaus, Gott sieht dich; du trittst ein, er sieht dich; das Licht brennt, er sieht dich; das Licht ist ausgelöscht, er sieht dich. Du gehst in dein Schlafgemach, er sieht dich; du gehst in dein Herz, er sieht dich. O habe Ehrfurcht vor dem, der dich immer sieht und dem alles daran liegt, dich genau zu sehen; darum halte dich von Sünden frei. Oder willst du doch sündigen, so suche dir einen Ort, wo Gott dich nicht sieht, und dann tue, was du willst.
(Augustinus, gest. 430)
„Du donnerst über mir deine Gerichte, o Herr und mit Furcht und Schrecken erschütterst du alle meine Gebeine, und tief erbebt meine Seele. Bestürzt stehe ich da, und erwäge, dass selbst die Himmel nicht rein sind vor deinem Angesicht. Wenn du an den Engeln Bosheit gefunden, und auch ihrer nicht geschont hast: was wird mit mir werden? Sterne sind vom Himmel gefallen, und ich Staub, was nehme ich mir heraus? Die, deren Werke löblich schienen, fielen in die Tiefe hinab, und die das Brot der Engel aßen, sah ich an den Träbern der Schweine sich ergötzen! Keine Heiligkeit gibt es also, wenn du, Herr, deine Hand abziehest. Keine Weisheit nützt, wenn du zu leiten aufhörst. Keine Stärke hilft, wenn du zu beschirmen ablässest. Keine Keuschheit ist sicher ohne deinen Schutz. Keine eigene Wachsamkeit frommt, wenn dein heiliges Auge nicht wacht. Denn uns selbst überlassen, versinken wir und kommen um; wenn du uns aber heimsuchst, so erheben wir uns und leben. Wir sind unbeständig, aber durch dich werden wir befestiget; wir sind lau, aber durch dich werden wir entzündet. O wie demütig und gering muss ich von mir selbst denken! Wie für nichts muss ich es achten, wenn ich etwas Gutes zu haben scheine! O wie tief muss ich mich unterwerfen deinen unergründlichen Gerichten! o Herr! da ich finde, dass ich nichts anderes bin, als nichts und abermal nichts! O unermessliche Last! o undurchschwimmbares Meer, wo ich nichts an mir finde, als in Allem Nichts! Wo ist also ein Schlupfwinkel für Ruhm? Wo das Vertrauen auf vermeinte Tugend? Verschlungen ist alles eitle Rühmen in dem Abgrund deiner Gerichte über mich! Was ist alles Fleisch vor deinem Angesicht? – Mag sich der Ton wohl rühmen gegen den Töpfer, der ihn bildet? Wie kann sich der in eitler Rede erheben, dessen Herz in Wahrheit Gott unterworfen ist? Wen die Wahrheit demütig gemacht hat, den kann die ganze Welt nicht übermütig machen; noch wird durch aller Lobredner Mund der bewegt, welcher all seine Hoffnung auf Gott gegründet hat. Denn auch die, welche dich loben, sieh! sind allzumal nichts; sie werden verschwinden, wie der Schall ihrer Worte; aber die Wahrheit des Herrn bleibet in Ewigkeit.“ (Thomas von Kempen)
„Die Furcht des Herrn ist der Anfang und die Grundlage aller wahren Religion. Ohne ernste Ehrfurcht und Ehrerbietung vor Gott ist kein Halt da für die glänzenderen Tugenden. Der, dessen Seele nicht Gott verehrt, wird nie in Heiligkeit leben. Der ist glücklich, der eine ängstliche Furcht fühlt, Unrecht zu tun. Eine heilige Furcht sieht nicht nur zu, ehe sie einen Sprung tut, sondern ehe sie eine Bewegung macht. Sie ist bange vor Irrtum, bange vor Vernachlässigung der Pflicht, bange vor dem Begehen einer Sünde. Sie fürchtet schlechte Gesellschaft, loses Geschwätz und zweifelhafte Klugheit. Dies macht einen Menschen nicht elend, sondern bringt ihm Glück. Die wachsame Schildwache ist glücklicher als der Soldat, der auf seinem Posten schläft. Wer das Übel vorher sieht und ihm entgeht, ist glücklicher als der, welcher sorglos weiter geht und umkommt. Die Furcht vor Gott ist eine ruhige Gnade, die den Menschen eine treffliche Straße entlang führt, von der geschrieben steht: „Es wird da kein Löwe sein und wird kein reißendes Tier darauf treten.“ (Charles H. Spurgeon)
Halt‘s mit Gott, so hält‘s Gott mit dir. Tätest du, was du solltest, so täte Gott, was du wolltest. Mit deiner Münze zahlt er dir; mit deiner Waagschale wiegt er dir. Mit deinem Maße misst er dir. Was du ausstreust, sammelst du wieder ein, was du einschenkst, musst du austrinken. In deinem Herzen bildet sich Gott ab, wie du gegen ihn gesinnt bist, so ist er gegen dich gesinnt. Höre, was David sagt: „Bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Frommen bist du fromm, und bei den Reinen bist du rein, und bei den Verkehrten bist du verkehrt“ Psalm 18,26.27. Höre, was Gott selbst sagt zum Volke Israel: „Wenn ihr in meinen Wegen wandelt, so will ich mit euch sein und wandeln; werdet ihr mir aber entgegen handeln, so will ich euch wieder entgegen handeln“ 3 Mos. 26,3.12. Gott ist, wie du ihn haben willst. Bleibst du in der Gottesfurcht, und dienst ihm, so ist er mit dir in allem deinem Tun; widerstrebst du ihm, so widerstrebt er dir. Wie du ihn suchst, so findest du ihn. Hältst du ihn für deinen Vater, so hält er dich für sein Kind; ehrst du ihn, so ehrt er dich wieder; liebst du ihn, er liebt dich wieder; hältst du ihn für deinen höchsten Schatz und Reichtum, du wirst an ihm einen solchen Reichtum haben, der mit aller Welt Gut nicht zu bezahlen ist; hoffst du auf ihn, er lässt dich nicht zu Schanden werden. Hingegen, wo du ihn schändest, schändet er dich wieder; verachtest du ihn, er verachtet dich wieder. Zum Saul sagt er: „Weil du mein Wort verworfen hast, so hab ich dich wieder verworfen“ 1 Sam. 15,23. Ich kann Gott haben wie ich will; ist‘s nicht viel? Ich kann auch wissen, was Gott mit mir im Sinn habe, denn in meinem Herzen spiegelt sich sein Herz. Wer will‘s dem Gottlosen verdenken, dass er verzagt, wenn das Unglück kommt? Sein eigen Herz sagt ihm, dass er sich zu Gott keines Bessern versehen kann, als Gott von ihm gehabt. Er hat Gott verlassen, Gott verlässt ihn wieder; er ist von Gott gewichen mit seinem Herzen, Gott weicht von ihm mit seiner Gnade; er hat nicht hören wollen, da ihn Gott zur Buße gerufen, Gott erhört sein Gebet wieder nicht. Ich will‘s mit Gott halten, so hält er’s mit mir; bleib ich ihm getreu, bleibt er mir getreu.
(Heinrich Müller)
Mit Spott bringt man Autoritäten auf Distanz. Man macht lächerlich, um nicht ernst nehmen zu müssen. Und so witzelt mancher auch über Gott. Doch der nimmt es keineswegs „mit Humor“. Denn Gott kann im Leben des Menschen ein Gegenstand der Verehrung sein. Oder er kann ein Gegenstand der Belustigung sein. Er kann aber nicht beides zugleich sein. Wovor einer Ehrfurcht hat, darüber lacht er nicht. Und worüber er lacht, davor hat er keine Ehrfurcht. So lachen Gottes Kinder mit dem Vater, aber nicht über ihn. Sie freuen sich am Vater, aber nicht auf seine Kosten.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Gotteslästerung (blasphemia) sind Reden, beziehungsweise Handlungen, in denen sich Verachtung Gottes ausspricht, entweder durch ehrfurchtwidrige, frevelhafte Nennung seines Namens, oder durch verächtliche Äußerungen über seine Werke und Wohltaten, über heilige Gegenstände und Handlungen, oder durch vermessene Anmaßung dessen, was Gottes ist, 2. Makk. 9,12, vgl. Mark. 2,7. 7,22. Luk. 5,21. Matth. 9,3. 26,65. Joh. 10,33…
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
Das Vaterunser endet in einem Lobpreis, der auf den ersten Blick wie eine „Verzierung“ wirkt. Doch bringt erst das Loben den Beter vollends in die Gott gegenüber angemessene Haltung. Denn Loben ist das, was jeder ganz von selbst tut, wenn er Gottes Herrlichkeit erkennt. Es ist der spontane Reflex aller, die mit Gott im Reinen sind. Sie haben vor Augen, was er an ihnen tut. Und dass es sie jubeln lässt, ist so unausweichlich wie der Applaus nach einem tollen Konzert. Erst so entspricht der Beter ganz dem lobwürdigen Gott, dem er sich gegenübersieht!
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Der Meister des Khalvati-Ordens in Istanbul suchte nach einem Nachfolger. Er sandte seine Jünger aus, um Blumen zu bringen, damit das Kloster geschmückt werde. Alle kehrten mit großen Sträußen zurück, nur einer brachte ein kleines verwelktes Blümchen. Gefragt, ob er denn nichts gefunden habe, was seines Meisters würdiger sei, antwortete er: „Ich sah, dass alle Blumen damit beschäftigt waren, Gott zu preisen. Wie konnte ich sie stören? Nur eine sah ich, die hatte gerade ihr Gottgedenken beendet, und die habe ich mitgebracht.“ Er wurde zum Nachfolger des Meisters ernannt. Türkisch
1.
Wenn Jesus „Gottes Sohn“ genannt wird, dann ist damit kein „Verwandtschaftsverhältnis“ gemeint. Vielmehr bringt dieses Bekenntnis zum Ausdruck, dass Vater und Sohn gleichen Wesens, gleicher Würde und gleichen Willens sind. Zwischen ihnen steht ein Gleichheitszeichen. Für den Gläubigen aber, der dieses Gleichheitszeichen sieht und anerkennt, ist es der Schlüssel zu aller wahren Gotteserkenntnis: Weil er den Sohn vom Vater, und den Vater vom Sohn her versteht, wird Gott nie mehr ein rätselhafter Unbekannter für ihn sein.
2.
Die Kirche entspricht dem Zeugnis der Bibel, indem sie Christus zugleich als „wahren Menschen“ und „wahren Gott“ bekennt. Wie sich beide „Naturen“ in der Person Christi vereinen konnten, übersteigt unseren Horizont. Aber wir vermögen einzusehen, dass diese Vereinigung nötig war: Wie eine Brücke auf beiden Ufern des Flusses aufruhen muss, um sie zu verbinden, so musste Christus ganz zu Gottes und ganz zu unserer Welt gehören, um zwischen Himmel und Erde eine Brücke schlagen zu können.
„Wollte ich mich einem Menschen beliebt machen und wollte ich dem allein gefallen, so wollte ich alles, was dem Menschen gefällig wäre und wodurch ich ihm wohlgefiele, lieber als irgend etwas anderes. Und wäre es so, dass ich ihm besser gefiele in einem schlichten Kleide als in Samt, so besteht kein Zweifel darüber: ich trüge das schlichte Kleid lieber als irgendein anderes Kleid. So auch steht es mit einem, dem Gottes Wille gefällt: alles, was ihm Gott zuteilt, sei's Krankheit oder Armut oder was es auch sei, das hat er lieber als irgend etwas anderes. Eben weil Gott es will, darum schmeckt es ihm besser als irgend etwas anderes.“ (Meister Eckhart)
Das sind nicht Spiele, sondern Verbrechen. Mit der Gottlosigkeit spielt man nicht. – Wer mit dem Teufel scherzen will, wird nicht mit Christus sich freuen können.
(Petrus Chrysologus, gest. 450)
Die Gottlosen laufen immer nur im Kreis herum. Bernhard von Clairvaux
Ich schreibe mein ganzes Unglück der einen Ursache zu, dass ich gottlos gewesen bin. Ein Mensch, der die Verbindung mit Gott abgebrochen hat, kann keinen Segen empfangen. Alles Gerede davon, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, ist Spreu. Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten die Bauleute umsonst, das ist die ganze Weisheit. August Strindberg
1.
Gott ist wie eine verschlossene Burg, die sich nur an einer Stelle für den Menschen öffnet. Durch Taufe, Abendmahl, Bibel, Gebet und Gottesdienst will Gott sich finden lassen. Hier hat er die Zugbrücke heruntergelassen. Macht es da Sinn, über die Mauer zu klettern? Nein. Darum ist der Glaube ein fröhlicher Gehorsam, der von der Bahn, die Gott ihm beschrieben hat, weder links noch rechts abweicht. Er steigt nicht zum Fenster ein, sondern er nimmt die Tür. Denn Glauben heißt, Gott dort zu suchen, wo er gefunden werden will – und nirgends sonst.
2.
Es liegt im Wesen des Glaubens, dass er die Wahrheit (und die vorbehaltslose Suche danach) nicht fürchten muss, ja nicht einmal fürchten kann. Denn wenn Gott der Grund aller Wirklichkeit ist, dann kann, wer den Grund aller Wirklichkeit sucht, letztlich nichts anderes finden als Gott. Und ist Wahrheit Übereinstimmung mit Wirklichkeit, so wird sich am Ende der Glaube - die Übereinstimmung mit Gott - von selbst als die größte Wahrheit erweisen.
3.
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er die Dinge verstehen will. Er erkundet und untersucht seine Umwelt mit der Absicht, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. Doch wer sich in dieser Weise Gott zuwendet, stößt an Grenzen. Denn der „Untersuchungsgegenstand“ Gott erweist sich als lebendiges Gegenüber. Und je näher man ihm kommt, desto mehr kehrt sich das Verhältnis um: Gott wird nicht erforscht und hinterfragt, erforscht und hinterfragt aber uns. Glauben heißt, das zuzulassen – und zu erkennen, dass man von Gott erkannt ist.
1.
Gottvertrauen hat nichts zu tun mit der Gelassenheit der Naiven oder der Unerschütterlichkeit der Gefühlskalten, es ist weder Coolness noch stoische Ruhe, sondern die Kunst, Freud und Leid gleichmütig in Empfang zu nehmen, weil der Absender in jedem Falle Gott ist. Einem Christen kann in seinem Leben nichts widerfahren, als nur, was der barmherzige Vater ihm zugedacht hat. Darum ist all seine Sorge umfangen von einer großen Sorglosigkeit, und all seine Furcht begrenzt von einer tiefen Furchtlosigkeit.
2.
Jesu Tod war kein Justizirrtum und kein tragisches Missverständnis, sondern eine direkte Folge seines kompromisslosen Lebens. Jesu Grundüberzeugung war, dass der, der Gott gehorcht und sich ihm vertrauensvoll in die Arme wirft, von Gott aufgefangen wird. Er machte den Selbstversuch, lebte sein Programm, blieb auf Kurs, wurde dafür gehasst – und das, wovon er überzeugt war, wurde ihm zum Schicksal. Die Welt schlug ihn ans Kreuz. Aber Gott erweckte ihn auf. Und der Beweis ist damit erbracht: Radikales Gottvertrauen ist nicht Wahnsinn, sondern Weisheit.
Lieder zum Thema: Gottvertrauen, Trost und Zuversicht
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Eine dreifältige Schnur reißt nicht leicht entzwei Pred. 4,12. Darauf verlass ich mich. Gott ist gütig, das erfreut mich. Gott ist wahrhaftig, das erhält mich. Gott ist allmächtig, das stärkt mich. Die Güte legt mir das Kreuz auf, die Wahrheit hilft‘s tragen, die Allmacht überwinden. Die Güte will helfen, die Wahrheit wird helfen, die Allmacht kann helfen. Güte ist das Herz, Wahrheit der Mund, Allmacht die Hand. Ich hab Gottes Herz, Mund und Hand, was will ich mehr? Das Herz bricht ihm vor Erbarmen; der Mund trieft von Honigseim; die rechte Hand kann alles ändern. Komm nur an, Feind, hast du den Mut. Dein Herz tobt und wütet. Herz gegen Herz. Gottes Herz ist voll Güte. Dein Mund droht und pocht. Mund gegen Mund. Gottes Mund ist voll Trostes. Deine Hand nimmt und verwundet. Hand gegen Hand. Gottes Hand gibt und heilt. Was kannst du mir schaden? Dein Herz ist mir nicht gewogen; Gottes Herz ist mir noch gnädig; ach, wenn mir nur die Gnade Gottes bleibt, nach deiner Gunst frag ich nicht. Dein Mund gibt mir kein tröstlich Wort in meinem Jammer; lass sein, Gottes Mund tröstet mich desto reichlicher. Je mehr Leides, je mehr Trostes. Deine Hand nimmt mir, was ich habe; ich muss das leiden, Gottes Hand kann mir‘s wiedergeben. Welt, du änderst dein Herz oft im Augenblick; was kann ein blinder Argwohn nicht ausrichten? Gottes Herz bleibt unverändert; in Not und Tod ist er mir am allergnädigsten. Dein Mund lügt und trügt, wer kann der falschen Welt trauen? Gott hält Wort und täuscht nicht, das hab ich erfahren. Das Vermögen deiner Hand ist oft gering, Gottes Hand wird nicht verkürzt; die Macht so er vor 1000 Jahren gehabt, hat er noch, und behält sie ewig. Ich will dir, mein Gott, vertrauen. Wenn niemand helfen will, so willst du doch, denn du bist gütig; wenn niemand helfen kann, so kannst du doch, denn du bist allmächtig; wenn niemand hält, brichst du doch nicht, denn du bist getreu und wahrhaftig. O wohl dem Herzen, das dir vertraut!
(Heinrich Müller)
Gott schaffe in uns allen ein reines Herz und gebe uns einen neuen gewissen Geist, und der freudige Geist erhalte uns. Wenn ein Bluthund und Ehebrecher so viel Vertrauen zu Gott haben konnte, so zu bitten; sollten wir als Kinder des Neuen Bundes an der Erhörung dessen, was uns gut ist, verzagen oder verzweifeln? Es gibt Zweifel, die mit keinen Gründen noch Antworten, sondern schlechterdings mit einem Bah! abgewiesen werden müssen, – so wie es Sorgen gibt, die durch Gelächter am besten gehoben werden können.
J. G. Hamann
Josef von Arimathäa
* – * – * – * – * – * – * – * – *
Das einzige Wunder der Pyramiden ist die Tatsache, dass sich so viele Menschen fanden, die niedrig genug waren, ihr Leben mit dem Bau der Grabstätte eines ehrgeizigen Tölpels zu verbringen; vernünftiger und männlicher hätte man ihn im Nil ertränkt und seinen Körper den Hunden zum Fraß vorgeworfen. Henry David Thoreau
Deutlicher konnte der Philosoph Schopenhauer seine Zweifel kaum ausdrücken als durch die Verse, die man in seinem Nachlass fand: „Gott – wenn du bist – errette aus dem Grabe / Meine Seele – wenn ich eine habe!“
Ein Grab ist doch immer die beste Befestigung wider die Stürme des Schicksals. G. Chr. Lichtenberg
Hier ruht. Nahrung für die Würmer, der Körper von Benjamin Franklin, Buchdrucker, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus dem die Blätter gerissen sind und dessen Einband abgebraucht ist. Aber das Werk wird nicht verloren gehen, denn es wird wieder erscheinen, so hofft er, in einer neuen Auflage, durchgesehen und verbessert vom Verfasser. Grabinschrift von Benjamin Franklin, der gelernter Buchdrucker war
Der Professor für Mathematik und Physik an der Universität Göttingen, Abraham Gotthelf Kästner (1719 bis 1800), liebte es, seine Gedanken kurz und prägnant zu formulieren. Gegen Heuchelei und Überheblichkeit in seiner Umgebung zog er mit treffsicheren Sinnsprüchen und geistreichen Zweizeilern zu Felde. So wurde einmal in einer Gesprächsrunde ernsthaft erwogen, ob es eine Grabinschrift gäbe, die auf jeden Menschen zuträfe. Kästner schlug folgende vor: „Lieber Leser, hier liegen meine Gebeine, viel lieber säh' ich's, es wären deine!“
Wer seine Grenzen kennt, ist schon ein halber Weiser. John Galsworthy
Wir grollen deshalb denen so sehr, die uns überlisten wollen, weil sie sich für schlauer halten. Rochefoucauld
Ach, denkt nicht, wie groß ihr werdet. Das wird sich finden, wenn ihr klein geworden seid. Martin Luther
Das ist meine allerschlimmste Erfahrung: Der Schmerz macht die meisten Menschen nicht groß, sondern klein. Christian Morgenstern
Der Mensch ist dadurch groß, dass er sich elend weiß. Ein Baum weiß sich nicht elend. Blaise Pascal
Der Ruhm großer Männer sollte immer an den Mitteln gemessen werden, derer sie sich bedient haben, um ihn zu erlangen. Rochefoucauld
Du sollst nicht zu sein begehren, was du nicht bist, sondern nur einfach etwas von deiner Pflicht zu tun versuchen, Tag um Tag. Denn es ist viel schwerer, einen Tag in wahrhafter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Anfang bis Ende zu verleben, als ein Jahr in großen Absichten und hochfliegenden Plänen. Christian Morgenstern
Ein großer Mann ist, wer ein Tongeschirr so benutzt, als wäre es Silber. Nicht weniger groß ist aber auch, wer Silber so benutzt, als sei es ein Tongeschirr. Seneca
Es ist nichts groß, was nicht gut ist. Matthias Claudius
Es ist nichts Großes, demütig zu sein, wenn du am Boden liegst; aber wenn du demütig bist, solange man Großes von dir spricht, ist das eine große und seltene Errungenschaft. Bernhard von Clairvaux
Es war eine große Leistung, Amerika zu entdecken, aber es wäre eine noch größere gewesen, daran vorbeizufahren. Mark Twain
Gott behüte uns vor großem Glück. Niederländisches Sprichwort
Gottfried Benn war befreundet mit Else Lasker-Schüler, der er eines Tages bekannte: „Ich möchte einmal etwas ganz Großes, etwas ganz Reines vollbringen!“ Darauf Else Lasker-Schüler: „Dann waschen Sie doch einen Elefanten!“
Groß ist nur, wer einen Größeren neben sich duldet. Peter Sirius
Große Fähigkeiten allein genügen nicht. Man muss sie auch gebrauchen. Rochefoucauld
Größe ist nicht, Anerkennungen zu erhalten, sondern sie zu verdienen. Aristoteles
Humor ist das umgekehrt Erhabene. Er erniedrigt das Große, um ihm das Kleine, und erhöht das Kleine, um ihm das Große an die Seite zu setzen und so beide zu vernichten, weil vor der Unendlichkeit alles gleich und nichts ist. Jean Paul
Ist's etwas Großes, dass die Engel Gott loben? Nein, denn wenn wir an ihrer Stelle wären, würden wir es auch tun, aber ich meine, dass Hiob auf seinem Misthaufen Gott lobte, das war etwas Großes, und dies Lob gefiel Gott besser als das Lob aller Engel. Gerhard Tersteegen
Keiner soll vergessen werden, der in der Welt groß gewesen ist; aber ein jeder war groß in seiner Weise, und ein jeder im Verhältnis zur Größe dessen, das er geliebt hat. Denn wer sich selbst geliebt hat, wurde groß durch sich selbst, und wer andere Menschen geliebt hat, wurde groß durch seine Hingabe; aber wer Gott geliebt hat, wurde größer als alle. Ein jeder soll im Gedächtnis fortleben, aber ein jeder wurde groß im Verhältnis zu seiner Erwartung. Der eine wurde groß, indem er das Mögliche erwartete; ein anderer, indem er das Ewige erwartete; aber wer das Unmögliche erwartet hat, wurde größer als alle. Ein jeder soll im Gedächtnis fortleben, aber ein jeder wurde groß je im Verhältnis zur Größe dessen, womit er gerungen hat. Denn wer mit der Welt gerungen hat, wurde groß, indem er die Welt überwand, und wer mit sich selbst gerungen hat, wurde größer, indem er sich selbst überwand; aber wer mit Gott gerungen hat, wurde größer als alle. Sören Kierkegaard
Mache dich nicht so klein! Du bist gar nicht so groß! Aus Israel
Ohne Begeisterung ist noch nie etwas Großes geschaffen worden. Ralph W. Emerson
Was aus Liebe geschieht, das ist groß, bringt große Frucht, so gering und ungeachtet es in den Augen des Menschen auch immer sein mag. Denn auf der Waage Gottes wiegt das, was dich zum Tun treibt, ungleich mehr als die Tat selber. Thomas von Kempen
Wehe denen, die zu groß sind, um mit den Kleinen klein zu werden; denn die Tür des Himmels ist niedrig und nicht hoch genug, um so große, von sich volle und von falscher Größe aufgeblähte Menschen einzulassen! Thomas von Kempen
Der Mensch weiß nie recht, was er will; und wenn er einmal hat, was er gewollt hat: so sieht er, dass es das nicht war. Und so geht all unser Bestreben ins Unendliche. Wir sind nie groß und glücklich, außer wenn wir aus uns selbst verschwinden. Wilhelm Heinse
Wenn dir ein Mensch begegnet, der sich viel dünkt und groß und breit dasteht, wende dich um und habe Mitleid mit ihm. Wir sind nicht groß, aber unser Glück ist, dass wir an etwas Größeres und Besseres glauben können! Matthias Claudius
Wer die anderen neben sich klein macht, ist nie groß. Johann Gottfried Seume
„Die Zeichen, an denen Gottes Größe in der Natur erkannt wird, kann Jeder bewundernd sehen, oder richtiger, es gibt eigentlich kein Zeichen, denn die Werke selbst sind die Zeichen; so kann ja jeder den Regenbogen sehen, und mag sich wundern, wenn er ihn sieht. Aber das Zeichen von Gottes Größe im Erbarmen ist nur für den Glauben da; dies Zeichen ist ja das Sakrament. Gottes Größe in der Natur ist offenbar, aber Gottes Größe im Erbarmen ist ein Geheimnis, welches geglaubt werden muss. Grade weil sie nicht gradezu für Jeden offenbar ist, grade deshalb ist sie und heißt sie geoffenbart. Gottes Größe in der Natur weckt gleich das Staunen und dann die Anbetung; Gottes Größe im Erbarmen ist zuerst zum Ärgernis und dann für den Glauben. Als Gott Alles geschaffen hatte, sah er und siehe „es war Alles sehr gut“; und bei jedem seiner Werke steht gleichsam dabei: preise, lobe, anbete den Schöpfer. Aber bei seiner Größe im Erbarmen steht dabei: selig ist, wer sich nicht ärgert.“ (Sören Kierkegaard)
1.
Turmbau zu Babel
2.
Goethes „Faust“ im Wahn
Die Marquise von Villacerf fühlte sich unpässlich und ließ ihren Arzt holen. Dieser versuchte als erstes, ihr durch einen Aderlass Linderung zu verschaffen. Unglücklicherweise verletzte er dabei eine Arterie, der Wundbrand kam dazu, der Arm musste schließlich abgenommen werden. Aber auch das nutzte letztendlich nichts, die Dame starb. Als das Testament eröffnet wurde, gab es eine Überraschung. Die Marquise hatte noch kurz vor ihrem Tode einen Nachtrag hinzufügen lassen: „Dem Wundarzt, der mich behandelt hat, vermache ich ein Jahreseinkommen. Denn ich sehe voraus, dass er nach dem Malheur, das er mit mir gehabt hat, seine Praxis verlieren wird. Und wovon soll dann seine Familie leben?“
Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.
Gott ist das Sein in allem Seienden, denn die Dinge dieser Welt, die uns so ungemein wirklich vorkommen, sind es nur, insoweit sie an Gottes Wirklichkeit teilhaben. Wir alle sind nur in dieser abgeleiteten Weise „wirklich“ und sind es nur, weil Gott als Grund und Quelle des Seins uns Sein verleiht. Gott verhält sich zu uns, wie der Filmprojektor zu den flackernden Bildern, die er an die Wand wirft. Er ist die Realität, die uns zu flüchtigem Leben erweckt. Darum ist nichts da, ohne dass Gott darin ist, und nichts bleibt, wenn nicht Gott darin bleibt.
Gründe stammen aus Überzeugungen, nicht Überzeugungen aus Gründen. Sören Kierkegaard
Das Begründende muss gewiss sein, sonst könnte man nichts damit begründen. Das zu Begründende muss ungewiss sein, sonst hätte es keine Begründung nötig. Versteht es sich da nicht von selbst, dass der Glaube auf die erste Seite gehört? Thomas Gerlach
Das Herz hat seine Vernunftgründe, welche die Vernunft nicht kennt; man erfährt es an tausend Dingen. Blaise Pascal
Der Glaube ist kein Werk der Vernunft und kann daher auch keinem Angriff derselben unterliegen, weil Glauben so wenig durch Gründe geschieht als Schmecken und Sehen. Johann Georg Hamann
Konfuzius sprach: „Sieh, welche Mittel ein Mensch verwendet, um seine Ziele zu erreichen; betrachte die Beweggründe, die sein Handeln bestimmen; prüfe, worin seine Seele Ruhe findet und was ihn bewegt. Wie kann ein Mensch da noch sein Wesen verbergen? Wie kann ein Mensch da noch sein Wesen verbergen?“ „Gespräche“ des Konfuzius
Man überzeugt sich gewöhnlich besser mit den Gründen, die man selbst gefunden hat, als mit denjenigen, die anderen eingefallen sind. Blaise Pascal
Wenn sich die Mehrheit zur richtigen Ansicht bekehrt, dann sicherlich aus den falschen Gründen. Philip Dormer Stanhope
Wer aus Gründen handelt, handelt noch lange nicht vernünftig; denn Gründe sind oft unvernünftig. Charles Joseph Fürst von Ligne
Wer nicht auf gute Gründe hört, dem werde einfach zugekehrt die Seite, welche wir benützen, um drauf zu liegen und zu sitzen. Wilhelm Busch
Wer seinen Glauben mit Gründen verteidigt, kann mit Gründen widerlegt werden. Robert Hamerling
Wir müssten uns oft unserer größten Taten schämen, wenn die Beweggründe dazu ans Licht kämen. La Rochefoucauld
Der Grund aller Verkehrtheit in Gesinnungen und Meinungen ist – Verwechselung des Zwecks mit dem Mittel. Novalis
Der Mensch schneidet nicht seine Handlungen und Neigungen nach seinen Grundsätzen, sondern diese nach jenen zu. Jean Paul
Es ist ein glückliches Gefühl, für einen Hass, den wir bis dahin nur instinktmäßig nährten, plötzlich einen triftigen Grund zu erhalten. Karl Gutzkow
Früher saßen die Menschen um den Tisch und sangen im Chor; heute singt einer allein, und zwar aus dem absurden Grund, weil er besser singen kann. Wenn es so weitergeht mit dieser Zivilisation, dann wird irgendwann nur noch einer lachen, weil er besser als alle lachen kann. G. K. Chesterton
Konfuzius sprach: Meng Zhi-fan ist kein Angeber. Als die Truppen nach einer verlorenen Schlacht fliehen mussten, war er der letzte. Erst als sie durch das Stadttor ritten, trieb er sein Pferd an und sprach: „Ich komme nicht deshalb als letzter, weil ich besonders mutig wäre. Mein Pferd wollte nicht laufen – das ist der Grund.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Nicht wollen ist der Grund, nicht können nur der Vorwand. Seneca
Wenn ein Mensch keinen Grund hat, etwas zu tun, hat er einen Grund, es nicht zu tun. Walter Scott
1.
Die Gewissheit des Glaubenden ist nicht „begründet“, sondern ist begründend. Sie beruht nicht auf Erfahrungen, sondern liegt allen religiösen Erfahrungen voraus, als das, was sie ermöglicht. Glaubensgewissheit steht also nicht als Ergebnis am Ende einer Argumentation, sondern als Voraussetzung an ihrem Anfang. Sie verändert nicht Urteile, sondern zuerst den Urteilenden. Sie ist kein Impuls, den man erdenkt, sondern einer, dem man erliegt. Wer aber braucht für solches „Erliegen“ Gründe? Begründet der Surfer die Welle, die ihn mitreißt?
2.
Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes sind nicht erst die Ergebnisse unseres Denkens neu, sondern schon die Voraussetzungen. Der Wandel selbst aber wird nicht etwa begründet, sondern liefert seinerseits die Begründung für vieles – wie ja auch der, der von einem mächtigen Gegner überrannt wurde, keine besonderen Gründe braucht, um am Boden zu liegen. Nicht der Christ hat eine Erkenntnis, sondern sie hat ihn. Er hat nicht sichergestellt, sondern wurde sicher-gestellt. Und so ist Glaube tatsächlich „Gewissheit ohne Beweis“ (Amiel).
In dem Brot, das Jesus mit seinen Jüngern teilt, ist er selbst enthalten. Die Jünger aber, die damit Christus aufnehmen in die eigene Person, verwandeln sich ihrerseits in Glieder seines Leibes. Indem sie seinen Leib aufnehmen in sich, werden sie aufgenommen in ihn. Durch das Abendmahl existiert Christus als Gemeinde – während die Gemeinde von dem und für den lebt, an dem sie teilhat. Nichts davon ist „metaphorisch“ oder „bildlich“ gemeint. Denn Brot und Wein sind nicht verweisende Zeichen für eine Wirklichkeit, die man sich erst noch „hinzudenken“ müsste, sondern in und mit den Gaben wird leiblich-konkret gegeben, was ohne diese leiblichen Mittel nicht in derselben Weise gegeben werden kann.
Die Gunst der Großen wird nicht selten bloß dadurch verloren, dass man ihnen sich zu ähnlich stellt. Horaz
Willst du gewinnen der Menschen Gunst,
so musst du lernen die saure Kunst,
zu sprechen stets mit feiner List,
wie andern der Schnabel gewachsen ist. Oskar Blumenthal
Es ist nichts groß, was nicht gut ist. Matthias Claudius
Es würde viel weniger Böses auf Erden getan, wenn das Böse niemals im Namen des Guten getan werden könnte. Marie von Ebner-Eschenbach
Gott jagt mit seiner Liebe alle Kreaturen damit, dass sie Gott zu lieben begehren. Wenn mich einer fragte, was Gott wäre, so würde ich jetzt so antworten: Gott ist ein Gut, das mit seiner Liebe alle Kreaturen jagt, auf dass sie ihn ihrerseits wieder jagen: so lustvoll ist es für Gott, dass er von der Kreatur gejagt wird. Meister Eckhart
Gott liebt nichts in uns als die Gutheit, die er in uns bewirkt. Ein Heiliger sagt: Es wird nichts gekrönt von Gott als sein eigenes Werk, das er in uns wirkt. Meister Eckhart
Großer Gott! Gib uns die Dinge, die gut für uns sind, auch wenn wir nicht darum bitten, und verweigere uns die bösen Dinge, auch wenn wir darum bitten. Charles-Louis de Secondat
Gut meinen und gut machen sind ganz verschiedne Sachen. Bauernweisheit
Gute Arbeiter sind die, in denen Gott arbeitet. Augustin
Gute Erziehung hat einen schrecklichen Nachteil: sie schließt einen von vielem aus. Oscar Wilde
Gutes ohne Böses kann es geben; Böses ohne Gutes aber kann es nicht geben. Thomas von Aquin
In die einsame, stille, freie Gottheit trage deinen unnützen, hässlichen Seelengrund, der überwachsen ist mit Unkraut, ledig alles Guten, und voll der wilden Tiere. Gott entgegen trage deine Finsternis, die allen Lichtes entbehrt, und lass ihn dich erleuchten. Johannes Tauler
Mancher Mann gibt guten Rat, der für sich selber keinen hat. Bauernweisheit
Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, dass man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein. Arthur Schopenhauer
Niemand weiß soviel Schlechtes von uns wie wir selbst. Und trotzdem denkt niemand so gut von uns wie wir selbst. Franz Edler von Pernwald Schönthan
Rabbi Akiba pflegte stets zu sagen: „Alles, was der Allbarmherzige tut, tut er zum Guten.” So befand sich Rabbi Akiba einst auf einer Reise, und als er in eine Stadt kam und um Beherbergung bat, gewährte man sie ihm nicht. Da sprach er: „Alles, was der Barmherzige tut, tut er zum Guten.” Hierauf ging er und übernachtete auf dem Felde. Er hatte bei sich eine Kerze, einen Hahn und einen Esel. Da kam ein Wind und löschte die Kerze aus. Dann kam eine Katze und fraß den Hahn, und endlich kam ein Löwe und fraß den Esel. Da sprach er wiederum: „Alles, was der Allbarmherzige tut, tut er zum Guten.” In derselben Nacht kam eine Truppe Räuber, plünderte und nahm die Leute der Stadt gefangen. Den Rabbi Akiba konnten sie aber nicht sehen, weil er sich im Finstern befand, der Hahn nicht krähte und der Esel nicht schrie. Da sprach Rabbi Akiba: „Habe ich nicht gesagt, dass alles, was der Heilige, gepriesen sei er, tut, zum Guten sei?!”
Redlichkeit ist die Tugend, gut zu sein, ohne beobachtet zu werden. Unbekannt
Schlechte Menschen erkennt man an ihren guten Ausreden. Marie von Ebner-Eschenbach
So mancher meint, ein gutes Herz zu haben, und hat nur schwache Nerven. Marie von Ebner-Eschenbach
So schändlich lebt keine Sau, wie die Welt lebt. Denn eine Sau kennt doch die Frau oder Magd, von der sie Treber, Kleie oder das Futter zu fressen kriegt, läuft ihr nach und schreit ihr nach. Aber die Welt kennt und achtet Gott gar nicht, der ihr so reichlich und überschwänglich Gutes tut, geschweige denn, dass sie ihm dafür danken und ihn loben würde! Martin Luther
Viele Menschen warten ihr Leben lang auf die Gelegenheit, auf ihre Art gut zu sein. Friedrich Nietzsche
Vieles wirst du geben, wenn du auch gar nichts gibst als nur das gute Beispiel. Seneca
Vor dem, welchem seine Sache gut zu stehen scheint, hüte dich wie vor dem ewigen Tod. Johannes Tauler
Wahrhaft, wer gut zu beten weiß, der weiß auch gut zu leben. Augustinus
Was man uns auch Gutes über uns sagen mag, man sagt uns nichts Neues. Rochefoucauld
Wem das allgemeine Wohl das höchste Ziel auf Erden dünkt, der tut den Menschen gar nichts so Gutes, wie er meint. Man soll nie das Wohl, man soll nur das Heil jedes Menschen im Auge haben, - zwei Dinge, die sich oft wie Wasser und Feuer unterscheiden. Christian Morgenstern
Wenige Dinge auf Erden sind lästiger als die stumme Mahnung, die von einem guten Beispiel ausgeht. Mark Twain
Wenn jemand Gutes von dir denkt, dann bemühe dich, dass er recht hat! Ali
Wenn nur jeder sicher hätte, was er verdiente, so würde alles allgemein gut genug gehen. Johann Gottfried Seume
Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein. Oliver Cromwell
Wer nichts Gutes tut, tut schon Böses genug. Sprichwort
Wer von sich gut denkt, kennt sich nicht, und wer von Gott schlecht denkt, kennt Gott nicht. Abu Said
Wir müssen unseren Nächsten lieben - entweder weil er gut ist oder damit er gut werde. Augustin
Wir würden uns oft unserer guten Taten schämen, wenn ihre Motive allen bekannt wären. Rochefoucauld
Wo Gott nicht im Schiff ist, da fährt man niemals gut. Martin Luther
Wohl ist es wahr, dass alle Kreaturen etwas Trost in sich tragen, wie einen abgeseihten Schaum. Der Schaum, das ist das in Gott, was an Gutem in allen Kreaturen enthalten ist. Meister Eckhart
Das Beste, was wir auf Erden tun können, ist: Gutes tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen. Don Bosco
Das Glück erscheint niemandem so blind wie jenen, denen es nichts Gutes bringt. La Rochefoucauld
Das Gute missfällt uns, wenn wir ihm nicht gewachsen sind. Friedrich Nietzsche
Das Schlechte am Guten und das Gute am Schlechten ist, dass beides einmal zu Ende geht. Anatole France
Demut ist der Grundstein alles Guten, und Gott bauet auf keinen andern. Matthias Claudius
1.
Gut ist, was Gott will, und böse ist, was Gott nicht will. Doch will er das Gute nicht, weil es „an sich“ schon gut wäre. Sondern, was Gott will, wird dadurch „gut“, dass er es will, und es ist auch allein darum „gut“, weil er es will. Gott hält sich also an keine Norm, Gott ist die Norm. Er folgt keiner Ordnung, sein Wille ist die Ordnung. Gott respektiert nicht einen vorgegebenen Unterschied von „gut“ und „böse“, sondern indem er handelt und gebietet setzt er diesen Unterschied in Kraft.
2.
Im Verhältnis zum Geschaffenen wirkt das Böse unwirklich, denn es existiert „parasitär“: ohne je etwas hervorzubringen lebt es (wie eine Fäulnis) nur von der Substanz des Guten, das es zersetzt. Macht gewinnt es aber dadurch, dass es gute Kräfte der Schöpfung, die an ihrem jeweiligen Ort durchaus berechtigt wären, zueinander in ein so falsches Verhältnis bringt, dass sie (widereinander wirkend) auf den eigenen Untergang hinarbeiten. An der bösen Durchbrechung der gottgewollt Ordnung ist der Mensch willentlich beteiligt, insofern er sich diese Verkehrung „erlaubt“, den erhöhten Aufwand zum Tun des Guten regelmäßig nicht treibt und damit das unendliche Autoritäts- und Wertgefälle, das zwischen seinen eigenen törichten Wünschen und dem ewigen Willen des Schöpfers besteht, verleugnet.
3.
Der Mensch könnte nicht „gut“ sein, wenn’s nicht die gute Seite gäbe, auf die er sich stellt, und die gute Sache, die er zu „seiner“ Sache macht. Aber gibt es – jenseits dessen, was sich gerade für diesen oder jenen „gut anfühlt“ – ein objektiv Gutes? Unsere Vernunft findet dazu keinen Zugang. Und so ist es Gott allein, der uns zum Guten verpflichten kann, weil er (1.) als Schöpfer das Recht hat, seiner Schöpfung eine Richtung vorzugeben und (2.) in eigener Person das „höchste Gut“ ist. An seinem Willen muss sich orientieren, wer „zu etwas gut“ sein will. Denn wer möchte schon mit der Vorstellung leben, etwas von dem zu sein, was besser nicht wäre?
Guter Rat
Gewöhne dich frühe, als ein Christ gegen Menschenfurcht und Menschengefälligkeit zu streiten. Warte dein Amt um Gottes willen ab, diene deinem Nächsten um Christi willen; dulde, entschuldige, lohne, strafe, ermahne – donnre und träufle – sei ein brausender Nord und ein säuselnder West. Erkennen wir uns immer als Werkzeuge einer höhern Hand, die ohne Ihn und Seinen Geist nichts tun können, so mögen wir uns selbst und andern vorkommen wie wir wollen. Wenn eine Mutter nicht einmal weiß, was die Natur in ihren Eingeweiden bildet: wie sollte unsere Vernunft etwas davon begreifen können, was Gott in uns wirkt, wirken kann und will.
J. G. Hamann
Verachte den Reichtum und du wirst reich, verachte den Ruhm und du wirst ruhmwürdig sein.
Chrysostomus, gest. 407
Der Herr Jesus kam nicht in die Welt, um Güte und Gerechtigkeit unter den Menschen zu suchen, sondern um Güte und Gerechtigkeit zu bringen und sie solchen Menschen zu verleihen, die keine haben. C. H. Spurgeon
Ich kenne kein gewisseres Zeichen der Reife als die Güte. Leo Tolstoi
Jemand fragte den Meister: „Soll man mit Güte vergelten, wenn einem Unrecht geschieht?“ „Womit willst du dann Güte vergelten? Unrecht ist mit Gerechtigkeit, Güte mit Güte zu vergelten“, entgegnete der Meister. „Gespräche“ des Konfuzius
Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, dass man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein. Arthur Schopenhauer
Niemand verdient seiner Güte wegen gelobt zu werden, wenn er nicht auch die Kraft hat, böse zu sein. Jede andere Güte ist meist nur Trägheit und Willensschwäche. Rochefoucauld
Wäre dein Herz ohne Falsch, dann wäre jedes Geschöpf für dich ein Spiegel des Lebens und ein Buch heiliger Lehre. Denn es ist kein Geschöpf so klein und unbedeutend, dass es nicht eine Spur von der Güte Gottes in sich trüge. Thomas von Kempen
Der Gütige ist frei, auch wenn er ein Sklave ist. Der Böse ist ein Sklave, auch wenn er ein König ist. Augustin
„Unter der Güte Gottes verstehen wir die Freiheit Gottes von allem Mangel und aller Unvollkommenheit, sowohl was Sein, als Denken, als auch Wollen anbelangt.“ (Adolf Hoenecke)
„Erhebe dich, gläubige Seele, und liebe jenes höchste Gut, in welchem alle Güter enthalten sind, ohne welches es kein wahres Gut gibt. Kein Geschöpf kann unser Verlangen stillen, weil kein Geschöpf das Gute vollkommen, sondern nur zum Teil besitzt. Ein Bächlein des Guten strömet ihm zu von der Gottheit, aber die Quelle bleibt immer in Gott: warum also wollten wir die Quelle verlassen und dem Bächlein folgen? Alles Gute in den Geschöpfen ist ein Abbild jenes vollkommenen Guten, das in Gott, ja das Gott selbst ist: warum also wollten wir am Abbilde hangen und die Sache selbst verlassen? Die Taube, welche Noah aus der Arche gelassen hatte, konnte, so lange das Gewässer über die Erde sich ausbreitete, nicht finden, da ihr Fuß ruhen konnte 1 Mos. 8,8.9: so kann auch unsere Seele in der Menge aller der unterm Mond befindlichen Dinge nichts finden, was ihre Sehnsucht völlig stillen könnte, weil jene nur zu unbeständig und vergänglich sind. Fügt sie sich also nicht selbst Schaden zu, wenn sie etwas liebt, was an ihre Würde nicht reicht? Denn unsere Seele ist edler als alle Geschöpfe, denn sie ist erlöst durch das Leiden und den Tod deß, der Gott war und ist. Warum also wollte sie die Geschöpfe lieben? Ist das nicht der Herrlichkeit, zu der sie Gott erhoben hat, zuwider? Was wir lieben, das lieben wir entweder wegen seiner Macht, oder seiner Weisheit, oder seiner Schönheit: was ist aber mächtiger als Gott, was weiser als Gott, was schöner als Gott? Alle Macht weltlicher Könige ist von ihm und unter ihm; alle Weisheit der Menschen ist im Vergleiche zu der göttlichen, Torheit; alle Schönheit der Geschöpfe ist im Vergleiche zu der göttlichen, Missgestalt.“ (Johann Gerhard)
„So gütig und so liebreich ist Gott, dass er sich freuet, dass er einen findet, der seiner Gütigkeit genieße. Das ist der Liebe Art. Ja, wenn er nicht so gütig wäre, wer könnte denn leben? Denn aus seiner Güte kommt das Leben, ja, seine Güte ist besser, denn Leben, Ps. 63,4. Die den Herrn fürchten, die wird die Güte umfahen, Ps. 32,10. Gleichwie eine Mutter ihr Kind herzet, so herzet uns Gottes Güte, denn sie umfähet uns.“ (Johann Arndt)
1.
Die guten Werke, die aus dem Glauben hervorgehen, sind in einer Hinsicht nicht notwendig und in einer anderen Hinsicht notwendig: (1. Satz) Nicht notwendig sind die Werke im Blick auf das Heil des Menschen, denn dafür sorgt Jesus Christus ganz allein. (2. Satz) Notwendig sind sie aber, insofern der Glaube gar nicht anders kann, als die Frucht guter Werke hervorzubringen. Beide Sätze sind richtig und wichtig! In Spannung treten sie aber nur, wenn man einen davon missversteht.
2.
Gute Werke sind nicht weniger gefährlich als schlechte. Denn wenn der Mensch sich auch nur halbwegs „gut“ vorkommt, beginnt er unweigerlich, sich selbst zu gefallen. Und je besser er sich fühlt, desto weniger fragt er nach Gottes Gnade. Er baut lieber auf das, was er selbst leistet, als auf das, was Christus für ihn tut. Und die Folgen sind fatal. Denn wer sich für gut hält, sucht nicht nach der Gnade, die schlechte Menschen retten kann. Christus gerät ihm aus dem Blick. Und weil er die Gnade nicht hat, nach der er nicht greift, geht er dann verloren: Bevor man seine Sünde loswerden kann, muss man sie als Last empfinden! Und wenn einen vermeintlich gute Werke daran hindern, sind sie eben darum schädlich.
3.
Christliche Ethik gibt es nicht deshalb, weil unser Handeln ganz viel an der Welt ändern könnte, sondern weil Gottes Handeln in Christus die Welt längst geändert hat – und sich dies in einem der neue Situation angemessenen menschlichen Handeln niederschlagen muss. Es geht nicht um eine Wirklichkeit, die wir durch gutes Tun schaffen, sondern um die Wirklichkeit, der wir durch gutes Tun entsprechen. Da in Christus die Zeit des Heils anbrach, gilt es nun mit der Zeit zu gehen und heilvoll zu handeln. Wir sind befreit, müssen aber noch beginnen, wie Freie zu leben.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Gute fromme Werke machen nimmermehr einen guten frommen Mann; sondern ein guter frommer Mann macht gute fromme Werke. Böse Werke machen nimmermehr einen bösen Mann; sondern ein böser Mann macht böse Werke. Also, dass allewege die Person zuvor muss gut und fromm sein vor allen guten Werken, und gute Werke folgen und ausgehen von der frommen guten Person. Gleichwie Christus sagt Matth. 7,18: „Ein böser Baum trägt keine guten Früchte. Ein guter Baum trägt keine bösen Früchte.“ Nun ist's offenbar, dass die Früchte tragen nicht den Baum, so wachsen auch die Bäume nicht auf den Früchten, sondern wiederum, die Bäume tragen die Frucht und die Früchte wachsen auf den Bäumen. Wie nun die Bäume müssen ehe sein denn die Früchte, und die Früchte machen nicht die Bäume weder gut noch böse, sondern die Bäume machen die Früchte; also muss der Mensch in der Person zuvor fromm oder böse sein, ehe er gute oder böse Werke tut, und seine Werke machen ihn nicht gut oder böse, sondern er macht gute oder böse Werke. (…) Wer gute Früchte haben will, muss zuvor an dem Baum anheben, und denselben gut setzen. Also, wer da will gute Werke tun, muss nicht an den Werken anheben, sondern an der Person, die die Werke tun soll. Die Person aber macht niemand gut, denn allein der Glaube, und niemand macht sie böse, denn allein der Unglaube.“ (Martin Luther)
„Ein gutes oder böses Haus macht keinen guten oder bösen Zimmermann, sondern ein guter oder böser Zimmermann macht ein böses oder gutes Haus. Kein Werk macht einen Meister, darnach das Werk ist, sondern wie der Meister ist, darnach ist sein Werk auch. Also sind die Werke des Menschen auch; wie es mit ihm steht im Glauben oder Unglauben, darnach sind seine Werke gut oder böse. Und nicht wiederum, wie seine Werke stehen, darnach sei er fromm oder gläubig. Die Werke, gleichwie sie nicht gläubig machen, so machen sie auch nicht fromm. Aber der Glaube, gleichwie er fromm macht, so macht er auch gute Werke. So denn die Werke niemand fromm machen, und der Mensch zuvor muss fromm sein, ehe er wirkt: so ist's offenbar, dass allein der Glaube aus lautern Gnaden, durch Christum und sein Wort, die Person genugsam fromm und selig macht. Und dass kein Werk, kein Gebot einem Christen not sei zur Seligkeit, sondern er frei ist von allen Geboten und aus lauterer Freiheit umsonst tut alles, was er tut, nichts damit gesucht seines Nutzes oder Seligkeit, denn er schon satt und selig ist durch seinen Glauben und Gottes Gnaden, sondern tut gute Werke nur Gott darinnen zu gefallen.“ (Martin Luther)
„…unter ihnen (den guten Werken) versteht man diejenigen Handlungen, welche der Wiedergeborene in Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen vollbringt, seien dieselben äußere, in die Augen fallende, oder bloß innere Akte, Regungen und Vorgänge in dem Menschen. Sie werden gute Werke genannt, nicht als ob sie an sich gut und vollkommen wären, denn solche zu vollbringen sind dem sündigen Menschen nicht möglich, sondern weil sie das Erzeugnis einer guten Gott wohlgefälligen Gesinnung sind, und weil sie von dem durch den Glauben mit Gott Versöhnten ausgehen. Sie können also da erst vollbracht werden, wo der Mensch im Stande der Wiedergeburt steht, weil da durch Wirkung des hl. Geistes eine solche Gott wohlgefällige Gesinnung dem Menschen einwohnt und ihm die Kraft, Gutes zu vollbringen, zu Teil geworden ist, daher selbst diejenigen Handlungen der Unwiedergeborenen, welche der äußeren Erscheinung nach dem göttlichen Gesetze entsprechen, in keiner Weise gute Werke genannt werden können. Solche gute Werke müssen aber auch von dem Wiedergeborenen vollbracht werden, nicht zwar, als ob er durch dieselben sich erst vor Gott zu rechtfertigen oder sein Heil zu verdienen hätte, denn wäre er nicht schon gerechtfertigt, so könnte er gar keine guten Werke vollbringen, sondern darum, weil er durch sie seinen Gehorsam gegen Gott erweist, dessen Wille es ist, dass er durch heiligen Wandel und gute Handlungen geehrt werde, und weil der Mensch zugleich durch sie das wirkliche Vorhandensein einer gläubigen Gesinnung an den Tag legt, denn wo diese vorhanden ist, da treibt es ihn von innen heraus zu guten Werken mit der gleichen Notwendigkeit, mit welcher der gesunde Baum gute Früchte treibt. Diese Notwendigkeit ist also kein Zwang, der dem Menschen von außen auferlegt wird, und vernichtet nicht etwa seine christliche Freiheit, vielmehr erweist sich diese darin, dass der Mensch jetzt mit innerer Lust und aus eigenem Trieb vollbringen kann, was das Gesetz Gottes von ihm fordert.“ (Heinrich Schmid)
„Gute Werke sind, die aus einem gehorsamen und gläubigen Herzen nach Gottes Willen und Befehl getan werden.“ (Nikolaus Hunnius)
„Gute Werke sind die inneren und äußeren Handlungen, welche von Gott geboten, und in den heiligen zehn Geboten zusammengefasst sind, und welche von den Wiedergeborenen im Glauben durch den heiligen Geist geschehen, zur Verherrlichung Gottes, und um unsern Gehorsam sowohl, als unsere Dankbarkeit gegen Gott darzulegen.“ (Leonhard Hutter)
„Glaube ist ein göttlich Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert aus Gott, Joh. 1,13., und tötet den alten Adam, macht uns ganz andere Menschen von Herzen, Mut, Sinn und allen Kräften, und bringt den Heiligen Geist mit sich. O, es ist ein lebendig, schäftig, tätig, mächtig Ding um den Glauben, dass unmöglich ist, dass er nicht ohne Unterlass sollte Gutes wirken. Er fragt auch nicht, ob gute Werke zu tun sind, sondern ehe man fragt, hat er sie getan, und ist immer im Tun. Wer aber nicht solche Werke tut, der ist ein glaubloser Mensch, tappet und sieht um sich nach dem Glauben und guten Werken, und weiß weder was Glaube oder gute Werke sind, wäscht und schwatzt doch viel Worte vom Glauben und guten Werken. Glaube ist eine lebendige, erwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiss, dass er tausendmal darüber stürbe. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen, welches der Heilige Geist tut im Glauben. Daher der Mensch ohne Zwang willig und lustig wird, jedermann Gutes zu tun, jedermann zu dienen, allerlei zu leiden Gott zu Liebe und zu Lob, der ihm solche Gnade erzeigt hat, also dass unmöglich ist, Werke vom Glauben scheiden, ja so unmöglich, als Brennen und Leuchten vom Feuer mag geschieden werden.“ (Martin Luther)
GÜTERGEMEINSCHAFT MIT CHRISTUS
Die Bibel misst dem Glauben so große Bedeutung bei, weil er den Gläubigen und den, an den geglaubt wird, zu einer Einheit verbindet. Alles, was der Gläubige begangen hat, wird Christus zu Eigen. Alles aber, was Christus besitzt und vollbringt, wird dem Gläubigen zu Eigen. Wie bei einem armen Mädchen, das einen reichen Prinzen heiratet, ist diese Gütergemeinschaft für den Menschen höchst vorteilhaft: Er überlässt Christus seine Vergänglichkeit und Schuld und empfängt dafür Christi Ewigkeit und Gerechtigkeit.
* – * – * – * – * – * – * – * – *
„Man muss richtig von dem Glauben lehren, durch den du so mit Christus zusammengeschweißt wirst, dass aus dir und ihm gleichsam eine Person wird, die man von ihm nicht losreißen kann, sondern beständig ihm anhangt und spricht: Ich bin Christus; und Christus wiederum spricht: Ich bin jener Sünder, der an mir hängt und an dem ich hänge. Denn wir sind durch den Glauben zu einem Fleisch und Bein verbunden, wie Eph. 5,30 steht: „Wir sind Glieder des Leibes Christi, von seinem Fleisch und Gebein.“ So, dass dieser Glaube Christus und mich enger verbindet als Gatte und Gattin verbunden sind.“ (Martin Luther)
„So vereiniget der Glaube unsere Seele mit Christo, als eine Braut mit ihrem Bräutigam, Hos. 2,19.20. Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit, ja im Glauben will ich mich mit dir vertrauen. Alsdann haben diese beide ihre Güter mit einander gemein, auch ihr Kreuz und Leid. Denn was Christus hat, wird der gläubigen Seele eigen, und was die Seele hat, wird Christo eigen. Nun hat aber Christus alle himmlischen und ewigen Güter, Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung, Erlösung, und alle Seligkeit und ewiges Leben, 1 Kor. 1,30. Ja er ist das ewige Leben selbst, das wird der Seele eigen Gut. Unsere Seele hat dagegen Sünde, Unreinigkeit, Jammer, Elend, Fluch und Tod, das wird Christo eigen. Unser Elend hält er für sein Elend, seine Güter schenkt er uns, unsere Armut und Elend nimmt er an sich. Dieweil aber Christi Güter ewig sind, unüberwindlich, ja allmächtig, so überwinden, verschlingen und vertilgen sie alle unsere Sünden und den Tod. Denn Christi ewig unüberwindliche Gerechtigkeit ist der Sünde zu stark, dass sie muss weichen, verschlungen und vertilget werden, also wird unsere Seele frei von Sünden, und dagegen mit Christi Gerechtigkeit bekleidet, Jes. 61,10. Das ist ein schöner und wunderbarer Wechsel, für Sünde, Tod, Fluch, Verdammnis, bekommen Gerechtigkeit, Leben, Segen und Seligkeit, demnach ists unmöglich, dass die Sünde einen Gläubigen verdammen kann, denn die Sünde ist in Christo verschlungen, erwürget und getötet.“ (Johann Arndt)
„Der Glaube gibt nicht nur soviel, dass die Seele dem göttlichen Wort gleich wird, aller Gnade voll, frei und selig, sondern er vereinigt auch die Seele mit Christus als eine Braut mit ihrem Bräutigam. Aus dieser Ehe folgt, wie St. Paulus sagt, dass Christus und die Seele ein Leib werden (Eph. 5,30). So werden auch beider Güter, Glück, Unglück und alle Dinge gemeinsam; das, was Christus hat, das ist der gläubigen Seele zu eigen; was die Seele hat, wird Christus zu eigen. So hat Christus alle Güter und Seligkeit; die sind auch der Seele zu eigen. So hat die Seele alle Untugend und Sünde auf sich; die werden Christus zu eigen. Hier erhebt sich nun der fröhliche Wechsel und Streit. Weil Christus Gott und Mensch ist, der noch nie gesündigt hat, und seine Frommheit unüberwindlich, ewig und allmächtig ist, so macht er denn die Sünde der gläubigen Seele durch ihren Brautring – das ist der Glaube – sich selbst zu eigen und tut nichts anderes, als hätte er sie getan. So müssen die Sünden in ihm verschlungen und ersäuft werden; denn seine unüberwindliche Gerechtigkeit ist allen Sünden zu stark. So wird die Seele von allen ihren Sünden durch ihren Brautschatz geläutert, das heißt: des Glaubens wegen ledig und frei und begabt mit der ewigen Gerechtigkeit ihres Bräutigams Christus.“ (Martin Luther)
„In Klöstern und Universitäten haben wir bis hieher müssen hören und lernen, wie dass Christus ein harter scharfer Richter sei, so er doch allein ein Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, und also haben sie aufgerichtet Mariam und viel andere Heilige. Daher sind kommen viel Stiftungen, hin und her laufen und wallfahrten. Sehet, hier im Evangelium nennt Christus alle Christen zusammen eine Gespons oder Braut, und er ist der Bräutigam. Hier soll kein Mittel sein. Was wäre das für eine Ehe, so eine Mittelsperson sich müsste zwischen die Ehe stellen, und der Braut bei ihrem Bräutigam etwas werben und erlangen? Eine schlechte Liebe, eine baufällige Ehe, so der Bräutigam seiner Braut nicht die Schlüssel und die Gewalt über Wein, Brot, und was im Hause ist, gäbe. Also sollen wir hier wissen, dass Christus unser lieber freundlicher Gespons ist und wir sind die Braut: da ist kein Mittel vonnöten; sondern wir sollen selbst mit solcher ganzen Zuversicht zu ihm treten, als je eine geliebte Braut zu ihrem holdseligen, freundlichen, ehelichen Gemahl immer getreten ist. Denn der christliche Glaube bringt zuwege, dass Christus ist der Bräutigam, ich bin die Gespons. Es ist sein Reichtum, seine Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Reinigkeit, Weisheit, Demütigkeit, Geduld, und dergleichen alle Tugend und Gnade Gottes. So nun diese Dinge meines Bräutigams sind, wahrlich, so sind sie auch mein; als auch Paulus spricht Röm 8,32: „So Gott uns seinen Sohn hat gegeben, wie hat er denn nicht auch uns alle diese Dinge mitsamt ihm gegeben?“ Darum muss es ja ein groß gewaltig Ding um den Glauben sein, dass solche Güter mein eigen sein sollen und seine Gerechtigkeit mein eigen. So dann in Todesnöten meine Sünden herquellen, so habe ich dawider die Frömmigkeit und Gerechtigkeit meines Bräutigams, der steht bei mir wider den Teufel, der sich dann nicht versäumt zu derselbigen Stunde; wider die Hölle habe ich den Himmel; und ich werde in Christo und durch Christum ein Überwinder der Sünde, der Hölle und des Teufels, und mein natürlicher Tod wird überwunden; denn jetzund fahre ich von diesem tödlichen Leben in die ewige Ruhe.“
(Martin Luther, Walch 2. Aufl. Bd. 12, Sp. 1506-1507)
Wir halten uns gern für „gute“ Menschen, die nichts Schlimmes tun. Doch die Frage ist nicht, was wir tun, sondern warum. Und da zeigt sich leider, dass wir alles zu dem Zweck tun, einen Vorteil zu erlangen oder einen Nachteil zu vermeiden. Unsere Umwelt verstärkt das erwünschte Verhalten und sanktioniert das unerwünschte. Für unsere Einbindung zahlen wir den Preis, dass wir uns anständig benehmen. Doch ist das nur eigennützig. Und wenn es der Preis für soziale Akzeptanz wäre, täten wir auch das Böse. Wir sind zwar gut darin, Moral zu simulieren. Doch wenn Lohn und Strafe entfallen, ist uns die Moral bald egal: Wir scheuen nicht das Böse, sondern scheuen uns nur, erwischt zu werden – sind also keineswegs „gut“.