Theologische Impulse O
Staatliche Ordnung ist eine Einrichtung Gottes, der er die Aufgabe zugewiesen hat, durch Recht und Gesetz dem Bösen zu wehren und das Gute zu schützen. Wenn ein Staat diese Aufgabe erfüllt, erwächst ihm daraus die besondere Würde, Gottes Instrument zu sein. Wenn er das Böse aber duldet oder sogar fördert, zerstörte er die Ordnung, die allein ihn legitimieren könnte – und dann wird Widerstand zur Pflicht. Im Zweifelsfall muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen. Denn göttliches Recht wiegt in jedem Falle schwerer als menschliches.
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Da wir aus Leib und Seele bestehen und in diesem zeitlichen Leben auch der irdischen Dinge zur Erhaltung des Lebens nötig haben, so müssen wir von dieser Seite des irdischen Daseins auch den Obrigkeiten, welche das Irdische schützen, untertänig sein. Von der Seite aber, wo wir durch den Glauben zu Gott in sein Reich berufen sind, dürfen wir keinem Menschen gehorchen, sobald er uns von dem abwendig machen wollte, was Gott uns zum ewigen Heil zu geben gewürdigt hat. Wer also meinte, er wäre als Christ keinen Zoll, keine Steuer zu geben schuldig, oder nicht die schuldige Ehrfurcht denen, welche als weltliche Obrigkeit über ihn Gewalt haben, zu leisten verpflichtet, der befände sich in einem großen Irrtum. Jener aber würde in einen noch größeren Fehler fallen, der da meinte, er müsse sich den Obrigkeiten, welche das Zeitliche besorgen und darum Gewalt über uns haben, auch in dem, was den Glauben betrifft, unterwerfen. Lasst uns allezeit an dem festhalten, was Jesus selbst vorgeschrieben hat, da er lehrte, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist. Denn wenngleich wir zu jenem Reiche berufen sind, wo keine solche Gewalt, wie hienieden mehr besteht, sondern alle irdische Macht und Herrlichkeit aufhört, so lasst uns doch auf der Reise dahin alle Pflichten des bürgerlichen Lebens nach dem Stand, in welchem wir uns als Menschen dahier befinden, treu erfüllen. Lasst uns nicht heuchlerisch und falsch befunden werden, sondern tun wir es nicht sowohl, weil die Menschen es befehlen, als vielmehr weil Gott es so will.
(Augustinus, gest. 430)
1.
Gott wollte in dieser Welt nicht „offensichtlich“ werden, sondern offenbarte sich so, dass seine Offenbarung jederzeit bestritten werden kann. Sie ist hell genug für alle, die Gott kennen möchten – und dennoch dunkel genug für alle, die sich gegen Gott verschließen möchten. Das entspricht Gottes Absicht, sich manchen Menschen zu verbergen und sich anderen zu offenbaren. Wäre er zu offensichtlich, könnte ihn keiner meiden. Und wäre er ganz verborgen, könnte ihn keiner suchen. So aber besagt die Stellungnahme des Menschen zum Christentum mehr über ihn als über das Christentum – und lässt sein Wesen zu Tage treten.
2.
Weil Gott den menschlichen Horizont überschreitet, wissen wir von ihm nur, was er uns hat wissen lassen in seiner Offenbarung. Sie geschah, als Gott in den menschlichen Gesichtskreis trat und Mensch wurde. Darum ist Jesus Christus Grund und Grenze aller christlichen Rede von Gott: Wir dürfen nicht mehr von Gott sagen, als wir am Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes ablesen können – aber auch nicht weniger.
3.
Die Lehre von Gottes Dreieinigkeit ist kein Denkproblem: Fließendes Wasser, Dampf und Eis sind schließlich auch ganz verschieden - und sind doch immer nur H2O. Ebenso sind der Schöpfer, Jesus Christus und der Heilige Geist ganz verschieden - und sind doch immer nur der eine Gott. Wer Gott verstehen will, muss das wissen. Denn betrachtet man eine der drei „Personen“ isoliert, so verkennt man sie zwangsläufig. Sieht man jedoch ihre Zusammengehörigkeit, so erschließt eine die andere.
4.
Gott begegnet uns nicht nur in Jesus Christus, aber er begegnet uns nur in Jesus Christus so, dass wir ihn begreifen können. Denn Gottes Offenbarung in Natur und Geschichte ist so zweideutig, dass wir aus ihr nicht entnehmen können, ob Gott zuletzt unser Freund oder unser Feind sein will. Erst in Christus - und nur in Christus - wird Gottes Heilswille eindeutig erkennbar und greifbar, so dass Christen sagen: Einen anderen Gott als den Menschgewordenen kennen, wollen und verehren wir nicht.
5.
Gott weiß: wenn Menschen sich eigenmächtig eine Vorstellung von ihm machen, wird sie falsch sein. Und wenn die Vorstellung falsch ist, kann auch unsere Beziehung zu ihm nicht richtig sein. Darum stellt Gott selbst das Bild her, dessen Fertigung uns überfordern würde, und zeigt uns in Jesus Christus sein wahres Gesicht. Erst dieses autorisierte Selbstporträt (Gottes „Selfie“!) ermöglicht die vertrauensvolle Gottesbeziehung eines Christen – und der respektiert dann um so mehr, dass Gotteserkenntnis nie anders als durch Gott selbst geschieht.
6.
Gottes Offenbarung ist mit dem Neue Testament abgeschlossen, und Propheten gibt es seitdem nicht mehr, denn „das Wort ward Fleisch“: Christus ist das Wort Gottes in Person. Und die damit gegebene Selbstmitteilung Gottes kann weder ergänzt noch überboten werden. Es gibt da nichts mehr zu „enthüllen“, weil Christus nichts zu sagen vergaß. Und so beschränkt sich das Amt christlicher Prediger und Lehrer darauf, das in Christus Offenbarte freudig zu bezeugen und zu entfalten. Angeblich „Erleuchtete“ hingegen, die sich anmaßen, die Gemeinde über die biblische Offenbarung „hinauszuführen“, verdienen kein Gehör: „Gottes Geist gibt keine neuen Offenbarungen, aber er erklärt die vorhandenen“ (Spurgeon).
7.
Viele fühlen sich „von Gott berührt“, wenn Schönes, Mächtiges oder Ideales sie überwältigt. Sie nennen das Imposante „Offenbarung“, weil es von Gott kommt, und halten ihre Ergriffenheit schon für „Glauben“. Doch sie irren. Denn nicht überall, wo Gott wirksam präsent ist, erschließt er sich auch. Unsere Wahrnehmung erfasst nur Hüllen, die den Kern verbergen. Und viel eher ist es als Zeichen göttlicher Gegenwart anzusehen, wenn die Wahrnehmung ausfällt. Da tritt alles Irdische zurück, verstummt und verblasst. Und im erlebten Nicht-Erleben kann Gottes Präsenz jede andere Präsenz überlagern – nämlich nicht in Sturm, Erdbeben und Feuer (1. Kön 19), sondern in Wort und Sakrament. Da hat sich Gott gebunden, um greifbar zu sein.
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„Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“ (Barmer theol. Erklärung)
„Um die wahre und rechte Theologie kennen zu lernen, müssen wir nach der Quelle (…) fragen, aus welcher wir die Kenntnis derselben schöpfen können. Diese ist die von Gott gegebene Offenbarung. Unter göttlicher Offenbarung verstehen wir aber hier nicht die in der Natur, sondern die im Worte (…). Genauer sagen wir also: Erkenntnisprinzip der Theologie ist die in hl. Schrift niedergelegte Offenbarung, und zwar ist sie das einzige Prinzip der Theologie, und ist weder die Vernunft, noch, im weiteren Verlaufe, die Tradition oder die Berufung auf die Übereinstimmung der Lehre der ältesten Kirche ihr an die Seite zu setzen; noch sind von irgend einer Seite her neue sie vervollständigende Offenbarungen zu erwarten.“ (Heinrich Schmid)
Mose beschreibt den Eifer Gottes, das Vorhaben der Menschen zu verhindern, mit eben den Worten, womit er die Menschen den ihrigen ausdrücken lässt. Kommt – – – lasst uns niederfahren. Dies ist das Mittel, wodurch wir dem Himmel näher gekommen sind. Die Herunterlassung Gottes auf die Erde; kein Turm der Vernunft, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, und durch dessen Ziegel und Schleim wir uns einen Namen zu machen gedenken; dessen Fahne der irrenden Menge zum Wahrzeichen dienen soll.
J. G. Hamann
Wie hat sich Gott der Vater gedemütigt, da er einen Erdenkloß nicht nur bildete, sondern auch durch seinen Odem beseelte! Wie hat sich Gott der Sohn gedemütigt! Er wurde ein Mensch, der geringste unter den Menschen; er nahm Knechtsgestalt an; er wurde für uns zur Sünde gemacht. Wie hat sich Gott der Heilige Geist erniedrigt, da er ein Geschichtschreiber der kleinsten, der verächtlichsten Begebenheiten auf der Erde geworden ist, um dem Menschen in seiner eigenen Sprache, in seinen eigenen Geschäften, in seinen eigenen Wegen die Ratschlüsse, die Geheimnisse und die Wege der Gottheit zu offenbaren!
J. G. Hamann
Es gehört zur Einheit der göttlichen Offenbarung, dass der Geist Gottes sich durch den Menschengriffel der heiligen Männer, die von ihm getrieben worden, sich eben so erniedrigt und seiner Majestät entäußert, als der Sohn Gottes durch die Knechtsgestalt, und wie die ganze Schöpfung ein Werk der höchsten Demut ist.
J. G. Hamann
Die Schrift kann mit uns Menschen nicht anders reden als in Gleichnissen, weil alle unsere Erkenntnis sinnlich, figürlich ist, und die Vernunft die Bilder der äußerlichen Dinge allenthalben zu Zeichen abstrakter, geistiger und höherer Begriffe macht. Außer dieser Betrachtung sehen wir, dass es Gott gefallen hat, seinen Rat mit uns Menschen zu verbergen, uns so viel zu entdecken, als zu unserer Rettung nötig ist und zu unserem Troste; dieses aber auf eine Art, welche die Klugen der Welt, die Herren derselben hintergehen sollte. Daher hat Gott nichtswürdige, verächtliche, ja Undinge, wie der Apostel sagt, zu Werkzeugen seines geheimern Rates und verborgenen Willens gemacht.
J. G. Hamann
Die Offenbarung des Johannes gilt als düstere Schrift. Dabei ist ihre Botschaft sehr tröstlich: Die Bedrängnisse der Endzeit sind zwar unvermeidlich, doch wer darin seinem Glauben treu bleibt, kann ebensowenig überwunden werden wie Christus selbst. Die kommenden Katastrophen stellen nicht etwa Gottes Plan in Frage, sondern führen nur dazu, dass er aufgeht. Und am Ende siegen mit Christus alle, die ihm treu geblieben sind. Wie die Welt einen Anfang hatte, wird sie auch ein Ende haben. Doch ist ihr Untergang nur der Übergang zum Reich Gottes. Und dem stetig näher zu kommen, kann ein Christ unmöglich bedauern.
Die gütliche Einigung durch Kompromisse empfiehlt sich, wenn Interessen auszugleichen sind. Sie empfiehlt sich aber nicht, wenn es darum geht Tatsachen festzustellen. Denn anders als Güter und Interessen sind Tatsachen und Wahrheiten nicht verhandelbar. Das, was evangelische und katholische Christen trennt, gehört zum zweiten Bereich. Denn über den richtigen Weg zum Heil kann man sich nicht „gütlich einigen“, indem „jeder ein bisschen nachgibt“. Der richtige Weg, durch Gottes Offenbarung vorgegeben, gehört nicht zu den Dingen, um die man feilschen dürfte! Und eine Einheit auf Kosten der Wahrheit wäre auch nicht in Sinne Jesu.
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„Wenn nun der Papst uns zugeben würde, dass allein Gott aus bloßer Gnade durch Christum die Sünder gerecht mache, so wollten wir ihn nicht allein auf den Händen tragen, sondern ihm auch die Füße küssen. Weil wir dies aber nicht erlangen können, so sind wir wiederum in Gotte über alle Maßen stolz, und wollen weder allen Engeln im Himmel noch dem Petrus oder dem Paulus, noch hundert Kaisern, noch tausend Päpsten, noch der ganzen Welt eines Fingers breit weichen. Fern sei hier alle Demut, weil sie uns unsere Ehre, Gott selbst, rauben wollen, der uns geschaffen und alles gegeben hat, Christum selbst, der uns erlöst hat durch sein Blut. Das soll die Summa dieser Sache sein: Wir sollen uns unsere Güter rauben lassen, unseren guten Namen, unser Leben und alles, was wir haben; dass man uns das Evangelium, den Glauben, Christum etc. nehme, das sollen wir nicht dulden, und verflucht sei die Demut, welche sich hier nachgiebig finden lässt. Hier soll ein jeglicher stolz und ganz hartnäckig sein, wenn er nicht Christum verleugnen will. Deshalb soll, ob Gott will, mein Kopf härter sein als der Kopf aller Menschen. Hier will ich hart sein und auch für hart gehalten werden; hier führe ich den Wahlspruch: „Ich weiche niemand“, und freue mich von Herzen, dass ich in dieser Sache aufrührisch und hartnäckig genannt werde. Hier bekenne ich öffentlich, dass ich hart sei und hart sein wolle, und nicht ein Haarbreit weichen werde.“
(Martin Luther, Walch 2. Aufl. Bd. 9, Sp. 139)
1.
Das Heilswerk Jesu Christi umfasst seinen gesamten Lebensweg und hat mehrere Dimensionen, die eng miteinander verknüpft sind: (1.) wird er Mensch, um den Verlorenen hilfreich nahe zu kommen, (2.) offenbart er ihnen die Liebe Gottes, (3.) verbindet er sich unlöslich mit den Gläubigen, (4.) stirbt er stellvertretend für sie am Kreuz, (5.) sühnte er durch sein Opfer ihre Schuld, (6.) zahlt er das Lösegeld, um sie von allen Mächten freizukaufen, und (7.) überwindet er in der Auferstehung all ihre Feinde. Ja: „Christus erkennen bedeutet, seine Wohl-taten zu erkennen!“
2.
Kain und Abel
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Man überschätze die Klugheit nicht! Sind denn die besten Menschen - die sich für andere opfern - klug? Jakob Bosshart
Lamm Gottes
ORDNUNG
Die Vernunft soll über die Leidenschaften herrschen, der Leib soll der Seele unterworfen sein, die Seele soll Gott gehorchen, dann ist die Vollkommenheit des Menschen vollbracht.
(Prosper, gest. 463)
Es ist zuträglich, dass das Untere dem Oberen unterworfen ist, damit jener, der das, was unter ihm ist, sich unterwerfen will, auch sich dem unterwerfe, was über ihm ist. Erkenne die Ordnung, suche den Frieden. Unterwirf dich Gott und das Fleisch dir. Du dem Größeren, den Geringeren dir. Wenn du aber verschmähst, Gott unterworfen zu sein, so wird auch das Fleisch dir nicht unterworfen werden. Gehorchst du Gott nicht, so wirst du von deinem Knecht gequält.
(Augustinus, gest. 430)
Wer alle Dinge nach ihrem wahren Wert schätzt, der lebt gerecht und heilig, das ist jener, welcher eine geordnete Liebe besitzt, damit er nicht liebe, was der Liebe nicht würdig ist, oder etwas mehr liebe, als es geliebt zu werden verdient, oder in gleichem Maße liebe, was mehr oder minder zu lieben ist. Jeder Sünder, insoweit er Sünder ist, darf nicht geliebt werden, allein jeder Mensch, insoweit er Mensch ist, muss wegen Gott geliebt werden, und Gott wegen seiner selbst.
(Augustinus, gest. 430)
Gottes Schöpfungswerk vollzieht sich als ein fortschreitender Prozess, der die unkontrollierten Chaoskräfte des Anfangs nach und nach bändigt, kanalisiert und in dem Leben förderliche Strukturen überführt. Denn in einer regellosen Welt käme der Mensch nicht zurecht. Gott schafft weder Strukturen aus Beton, in denen alle Bewegung erstickt, noch schafft er blinden Drang, der alles, was entsteht, gleich wieder niederreißt. Der Schöpfer formt vielmehr das Formlose und verteidigt seine Schöpfung gegen die immer wieder einbrechenden Chaosmächte durch Ordnungsprozesse natürlicher, sozialer und individueller Art.
Gott, der Schöpfer, stiftet neben der naturgesetzlichen auch eine sittliche Weltordnung und beschreibt durch seine Gebote den lebensförderlichen Zustand, der nach seinem Willen sein soll. Wer diese gute Ordnung respektiert, den findet Gott „in Ordnung“. Doch wer sie stört, missachtet den, der sie erlassen hat, und gefährdet seine Mitmenschen, deren gedeihliches Leben davon abhängt, dass sich die gute Ordnung nicht auflöst. Dem Störer soll und muss vergolten werden, weil die Ordnung, in der sich ein Verstoß gegen die Ordnung lohnt, untergeht.
Die Frage, wo Gott ist, kann nicht mehr mit dem Hinweis auf den „Himmel“ beantwortet werden, seit Luft- und Raumfahrt den „Himmel“ erschlossen haben. Gott ist allgegenwärtig, d.h.: Er ist in allem, alles ist in ihm und nichts ist außerhalb von ihm, denn er ist nirgends nicht. Weil wir aber dazu neigen, „überall“ und „nirgends“ gleichzusetzen, ist es wichtig, den Ort zu kennen, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig ist: Nämlich dort, wo zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind.
1.
Man hat Christus nach allen Regeln der Kunst beseitigt. Doch der Tod wurde seiner nicht Herr. Gott bekannte sich zu seinem Sohn, indem er ihn auferweckte. Und aus der scheinbaren Niederlage des Kreuzes wurde so ein großer Sieg. Denn die Macht des Todes beruhte einzig und allein auf der Schuld des Menschen. Hat Christus aber stellvertretend für die Sünder ihre Strafe getragen, so ist damit ihre Rechnung beglichen, die Rechtsgrundlage des Todes entfallen – und infolgedessen wird Auferstehung nicht nur für Jesus möglich, sondern für alle, die zu ihm gehören. Das ist wunderbarer, großer Trost. Denn unter österlichem Vorzeichen stirbt nun nicht mehr der Christ, sondern, wenn’s zu Ende geht, stirbt nur noch sein Elend.
2.
Das Leben ist ein Kampf, in dem sich der menschliche Wille zum Leben gegen den Tod zu behaupten sucht. Ob aber dies tägliche Ringen Sinn macht, hängt davon ab, ob es ein - aufs Ganze gesehen - gewinnbarer oder schon verlorener Kampf ist. Christen glauben Ersteres, denn die Auferstehung Christi ist der entscheidende Sieg, der den Ausgang des ganzen Krieges vorwegnimmt: Seither gewinnen die Mächte der Finsternis zwar noch einzelne Schlachten. Aber sie gewinnen nicht mehr den Krieg.
3.
Ostern ist nichts für sonnige Gemüter, die schon aus Naivität positiv denken, sondern ist für die Gebeugten, die täglich ihre Träume begraben, ihre Würde und ihre Liebe. Deren Problem ist nicht zuerst und nicht nur der leibliche Tod am Ende, sondern der tägliche Tod, der im Herzen stattfindet. Mephisto bricht ihre Hoffnung. Aber Christus bricht ihre Resignation. Denn Ostern ist die Renitenz des Allmächtigen gegen alles, was das Leben verneint. Es ist Gottes guter Wille, der sich da nicht beerdigen lässt, und der mit all dem Guten, das er einschließt, stets „unverloren“ ist und bleibt.
4.
Josef von Arimathäa