Theologische Impulse V
Des Vaters Selbstbeherrschung ist der beste Unterricht für seine Kinder. Demokrit
Gottes Wege sind überall anzubeten, aber nicht überall zu ergründen. Ich bin des Vaters Kind, nicht sein Geheimrat. Gerhard Tersteegen
Manche Leute hängen wohl darum so an der Natur, weil sie als verzogene Kinder, sich vor dem Vater fürchten und zu der Mutter ihre Zuflucht nehmen. Novalis
Wenn man keinen guten Vater hat, so soll man sich einen anschaffen. Friedrich Nietzsche
Wer die Pflichten eines Vaters nicht erfüllen kann, hat kein Recht, es zu werden. Weder Armut noch Arbeit noch menschliche Rücksichten können ihn davon entbinden, seine Kinder zu ernähren und selber zu erziehen. Leser, du darfst mir hierin wahrlich Glauben schenken: Wer ein Herz hat und diese heiligen Pflichten versäumt, dem prophezeie ich, dass er einst bittere Tränen über seine Schuld vergießen und in alle Ewigkeit keinen Trost finden wird. Jean-Jacques Rousseau
Der Mensch ist nicht geschaffen, um isoliert sich selbst zu genügen oder für sich selbst da zu sein, sondern soll – als Bindeglied zwischen seinen Eltern und seinen Kindern – an dem Schöpfungsprozess mitwirken, dem er sich selbst verdankt. Man empfängt sein Leben nicht, um es zu konservieren, sondern um es weiterzugeben: es ist ein Wanderpokal! Darum hat jede Generation der vorangehenden wie der nachfolgenden gegenüber eine gottgegebene Aufgabe. Und die lässt sich nur erfüllen, wenn Jung und Alt zusammenstehen und füreinander da sind.
Der Gebrauch der vertraulichen Anrede „Vater unser“ steht nur den Kindern Gottes zu – jenen nämlich, die Christus mit dem Vater versöhnt hat und denen er Macht gab, Gottes Kinder zu werden (Joh 1,12-13). Indem sie „Vater unser“ sagen, werden sie daran erinnert, dass sie für Gott „zur Familie gehören“ und mit Zuversicht zu ihm kommen sollen. Denn wie es der Hausherr sicher nicht duldet, dass ein Knecht sich wie sein leibliches Kind gebärdet, so würde es ihn auch traurig machen, wenn sein Kind den Argwohn und die Scheu eines Knechtes zeigte.
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Das Gebet des Herrn enthält sieben Bitten, in deren drei ersten Ewiges begehrt wird, in den übrigen vier Zeitliches, welches wir aber nötig haben, um das Ewige zu erlangen.
(Augustinus, gest. 430)
Der, den du anrufen sollst, hat selbst dir den Gegenstand der Anrufung, das Maß der Bitte in kurzen Worten angegeben, damit du daraus lernst, was und wie du beten sollst; auch wollte dir der himmlische König nach seiner Liebe selbst die Bitten diktieren, welche er zu erhören gedenkt. Da muss alles Vertrauen der Erhörung sein, wo der Angerufene sein eigen Wort im Gebet vernimmt.
(Petrus Chrysologus, gest. 450)
O welches Übermaß der göttlichen Menschenfreundlichkeit und welche Fülle der Ehre für uns! Welche Worte wären im Stande, ihm gebührend zu danken? Erwäge die Niedrigkeit unserer Natur, betrachte unsere Verwandtschaft mit der Erde, mit dem Staub, mit der Asche! Erwäge das und staune über den unaussprechlichen Reichtum der Güte Gottes gegen uns, indem er uns gestattet, ihn Vater zu nennen. Der Irdische darf den Himmlischen, der Sterbliche den Unsterblichen, der Vergängliche den Unvergänglichen, der Zeitliche den Ewigen, der gestern noch Staub war, darf den Vater nennen, der von Ewigkeit Gott ist.
(Chrysostomus, gest. 407)
Alle denken nur darüber nach, wie man die Menschheit ändern könnte, doch niemand denkt daran, sich selbst zu ändern. Tolstoi
Alle Revolutionen haben bisher nur eines bewiesen, nämlich, dass sich vieles ändern lässt, bloß nicht die Menschen. Karl Marx
Bevor du dich daran machst, die Welt zu verändern, gehe dreimal durch dein eigenes Haus. Chinesisches Sprichwort
Einst gewährte Mutter Teresa einem amerikanischen Journalisten ein Interview. Nach vielen neugierigen Fragen meinte der Journalist schließlich etwas herausfordernd: „Was meinen Sie, was müsste sich alles ändern, wenn es mit der Kirche wieder aufwärts gehen soll?” Mutter Teresa schaute ihn freundlich an und sagte: „Sie und ich!”
Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen. Heraklit
1.
Der Glaube hat zu den Dingen der Welt eine besondere Beziehung, denn wo man etwas aus Gottes Hand empfängt, berührt der Umgang mit der Gabe immer auch die Beziehung zum Geber. Diese Beziehung leidet, wenn Gottes Gaben gegen seine Intention verwendet werden. Darum sind „weltliche“ Beziehungen dergestalt in die Gottesbeziehung zu integrieren, dass auch im Umgang mit den Dingen immer Gott das eigentliche Gegenüber bleibt. Alles muss am Altar „abgegeben“ und vom Altar her „zurückempfangen“ werden, damit der Gläubige nichts ohne Gott, sondern alles mit ihm und durch ihn „besitzt“.
2.
Wer als Sünder geboren wird, hat keine andere Wahl, als zu sündigen. Doch kann uns das nicht entschuldigen, weil wir keineswegs widerwillig, sondern willig sündigen. Wir handeln „selbstbestimmt“, insofern wir Anderes und Besseres tun könnten, wenn wir nur wollten. Was uns am Gut-Sein hindert ist also nicht, dass wir nicht Gut-Sein „könnten“ (obwohl wir es wollen), sondern am Gut-Sein hindert uns nur, dass wir es nicht wollen (obwohl wir wissen, dass wir es wollen sollten). Der Mensch sündigt demnach aus freien Stücken. Und mehr braucht man nicht, um für die Folgen verantwortlich zu sein.
3.
Am Scheideweg
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„Verantwortungsgefühl ist nur der Zwang, eine Antwort geben zu müssen auf die Anrede Gottes.“
(Jochen Klepper)
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Die Welt will, dass man ihr verantwortlich sei, nicht sich. Karl Kraus
Lerne fühlen, dass du durch die Schuld, die auf dir liegt, kein anderes Recht erworben hast, als zur Verantwortung gezogen zu werden. Thomas von Kempen
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man unterlässt. Chinesische Weisheit
Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun. Jean Baptiste Molière
1.
Der Glaube lebt von Gottes Nähe. Doch manchmal scheint es, als sei er abwesend und fern. Diese Erfahrung ist bedrohlich. Und trotzdem gilt es, ihr standzuhalten. Man darf Gott dann nicht durch irgendetwas anderes ersetzen. Und man sollte auch nicht so tun, als käme man ohne ihn aus. Man halte einfach Gottes Platz frei und ertrage die Leere, die er uns zumutet. Denn Gott verbirgt sich, aber er verlässt uns nicht. Er bleibt der barmherzige Vater, der versprochen hat, zurückzukommen. Die Bereit-schaft aber, auf ihn zu warten – das ist Glaube.
2.
Gott ist wie eine verschlossene Burg, die sich nur an einer Stelle für den Menschen öffnet. Durch Taufe, Abendmahl, Bibel, Gebet und Gottesdienst will Gott sich finden lassen. Hier hat er die Zugbrücke heruntergelassen. Macht es da Sinn, über die Mauer zu klettern? Nein. Darum ist der Glaube ein fröhlicher Gehorsam, der von der Bahn, die Gott ihm beschrieben hat, weder links noch rechts abweicht. Er steigt nicht zum Fenster ein, sondern er nimmt die Tür. Denn Glauben heißt, Gott dort zu suchen, wo er gefunden werden will – und nirgends sonst.
3.
Was der Kirche heute fehlt, ist nicht die oft geforderte „Lässigkeit“, sondern eine neue Scheu vor dem Heiligen. Denn wo die Ehrfurcht fehlt, wird aus berechtigtem Gott-Vertrauen schnell eine plumpe Vertraulichkeit, die dem „Gegenüber“ des Glaubens nicht gerecht wird. Gemessen an seiner Lebendigkeit sind wir tot. Gemessen an seiner Unendlichkeit sind wir eng. Gemessen an seiner Weisheit sind wir töricht. Das aber spüren und akzeptieren zu können, gehört zum Glauben unbedingt dazu. Denn nur wer bereit ist, die Schuhe auszuziehen, wird den Dornbusch brennen sehen.
4.
Gott begegnet uns nicht nur in Jesus Christus, aber er begegnet uns nur in Jesus Christus so, dass wir ihn begreifen können. Denn Gottes Offenbarung in Natur und Geschichte ist so zweideutig, dass wir aus ihr nicht entnehmen können, ob Gott zuletzt unser Freund oder unser Feind sein will. Erst in Christus - und nur in Christus - wird Gottes Heilswille eindeutig erkennbar und greifbar, so dass Christen sagen: Einen anderen Gott als den Menschgewordenen kennen, wollen und verehren wir nicht.
5.
Einen Gott, der jedem jederzeit gnädig wäre, finden wir weder in der Welt noch in der Bibel. Denn in manchen Dingen hat er sich festgelegt. Und in anderen nicht. Der „verborgene Gott“ ist er in all den Bereichen, in denen er uns nichts versprochen hat. Der „offenbare Gott“ ist er in den Bereichen, in denen ihn seine neutestamentlichen Zusagen binden. Und wer nur eine Seite kennt, weiß zu wenig. Gottes Liebe ist kein pauschales Angebot, sondern ein konkretes. Und je nachdem, wie man an ihn herantritt, wird man ihn auch unterschiedlich erleben.
6.
Gottes Geheimnis ist weder mit seiner Transzendenz noch mit seiner Verborgenheit oder einem Rätsel zu verwechseln. Vielmehr besteht Gottes „mysterion“ in seiner Menschwerdung zum Heil der Sünder, die er „vor aller Zeit“ beschlossen, dann aber erst in Christus verwirklicht hat: Gott wendet unsere Not, indem er sie mit uns teilt, und stirbt am Kreuz, damit wir leben. Das ist aber kein „Rätsel“, das uninteressant wird, sobald man die Lösung kennt, sondern je besser man versteht, desto unbegreiflicher wird es: Für Gottes Liebe gibt es keinen „vernünftigen Grund“ – und so bleibt sie ewig staunenswert.
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„Man muss anders reden von Gotte oder dem Willen Gottes, der uns gepredigt wird, der uns offenbart ist, der uns angeboten wird, mit dem wir uns beschäftigen, als von dem Gotte, der nicht gepredigt wird, nicht offenbart, nicht angeboten worden ist, mit dem wir nichts zu schaffen haben. Darum, so fern Gott sich verbirgt und von uns nicht erkannt sein will, geht er uns nichts an. Denn hierher gehört in Wahrheit das Wort: Was über uns ist, ist nicht für uns. Und damit niemand glaube, dass dies meine Unterscheidung sei, folge ich dem Paulus, der an die Thessalonicher vom Antichrist schreibt (2. Ep. 2,4.), dass er sich erheben werde über jeden gepredigten und verehrten Gott, und zeigt deutlich an, dass sich jemand über Gott erheben kann, sofern er gepredigt und ihm gedient wird, das heißt, über das Wort und den Dienst, nach welchem Gott uns bekannt ist und mit uns Verkehr hat. Aber über den Gott, der nicht verehrt noch gepredigt wird, wie er in seinem Wesen und seiner Majestät ist, kann nichts sich überheben, sondern alles ist unter seiner mächtigen Hand. Wir müssen daher Gott in seiner Majestät und in seinem Wesen ungeforscht lassen, denn darin haben wir nichts mit ihm zu schaffen und er will auch nicht, dass wir in der Weise mit ihm zu tun haben sollen, sondern, sofern er in sein Wort gekleidet ist und sich durch dasselbe an den Tag gegeben hat, dadurch er sich uns angeboten hat, handeln mir mit ihm. Das ist sein Schmuck und sein Ruhm, womit, wie der Psalmist (Ps. 21,6.) rühmt, er gekleidet ist. So sagen wir, der heilige Gott beklagt nicht den Tod des Volkes, den er in ihm wirkt, sondern er beklagt den Tod, den er im Volke findet und wegzuschaffen sich bemüht. Denn damit geht der gepredigte Gott um, dass er die Sünde und den Tod wegnehme und wir selig werden möchten. Denn (Ps. 107,20.): „Er hat sein Wort gesendet und sie gesund gemacht.“ Dagegen Gott, wie er verborgen ist in der Majestät, trauert nicht, nimmt auch den Tod nicht weg, sondern wirkt das Leben, den Tod und alles in allen. Denn da hat sich Gott nicht durch sein Wort eingegrenzt, sondern hat sich frei erhalten über alles.“ (Martin Luther)
„Wir sagen, wie wir schon vorher gesagt haben, über den geheimen Willen der (göttlichen) Majestät dürfe man nicht disputieren, und die menschliche Vermessenheit, welche, wie sie ja immer verkehrt ist und das Notwendige anstehen lässt, sich stets daran macht und zu erforschen strebt, müsse davon abgehalten und abgezogen werden, damit sie sich nicht mit der Erforschung jener Geheimnisse der Majestät beschäftige, welche zu erlangen unmöglich ist, da sie „wohnt in einem Lichte, da niemand zukommen kann“, wie Paulus bezeugt (1 Tim. 6,16.). (Der Mensch) beschäftige sich aber mit dem menschgewordenen Gotte, oder (wie Paulus (Kol. 2,3.) redet) mit Jesu, dem Gekreuzigten, „in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis sind“, aber „verborgen“; denn durch den hat er reichlich, was er wissen und nicht wissen soll.“ (Martin Luther)
Gott, der Schöpfer, stiftet neben der naturgesetzlichen auch eine sittliche Weltordnung und beschreibt durch seine Gebote den lebensförderlichen Zustand, der nach seinem Willen sein soll. Wer diese gute Ordnung respektiert, den findet Gott „in Ordnung“. Doch wer sie stört, missachtet den, der sie erlassen hat, und gefährdet seine Mitmenschen, deren gedeihliches Leben davon abhängt, dass sich die gute Ordnung nicht auflöst. Dem Störer soll und muss vergolten werden, weil die Ordnung, in der sich ein Verstoß gegen die Ordnung lohnt, untergeht.
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So wie es ein Verbrechen ist, den Frieden zu stören, wo die Wahrheit herrscht, so ist es auch ein Verbrechen, im Frieden zu verharren, wenn man der Wahrheit Gewalt antut. Blaise Pascal
Wenn du die Geschichte eines großen Verbrechers liest, so danke immer, ehe du ihn verdammst, dem gütigen Himmel, der dich mit deinem ehrlichen Gesicht nicht an den Anfang einer solchen Reihe von Umständen gestellt hat. G. Chr. Lichtenberg
Verdächtige immer zuerst dich selbst. Sören Kierkegaard
Wer der Meinung ist, dass man für Geld alles haben kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit ist. Benjamin Franklin
1.
Die Lehre von der „Allversöhnung“ ist heute verbreitet, obwohl sie im Neuen Testament keine Grundlage hat. Jesus rechnet damit, dass Sünder, die nicht im Glauben das Heil ergreifen, auf ewig vom Heil ausgeschlossen bleiben und verloren gehen. In der bewussten Trennung von Gott liegt ihre Schuld – und zugleich ihre angemessene Strafe. Wer aber will sich anmaßen, darüber mehr zu wissen als Gottes Sohn? Die Hölle, von der er spricht, verschwindet nicht, bloß weil wir uns weigern, an sie zu glauben. Trösten wir uns also nicht mit Ausflüchten wie der Allversöhnungslehre, sondern ergreifen wir die konkrete Hilfe, die Christus bietet.
2.
Das Quälende an der Hölle ist der innere Widerspruch, dass in der Liebe Gottes alles liegt, was man ersehnt, und man sie doch nicht erträgt. Der Mensch ist dort ein Irrender, der sehenden Auges durch falsches Beharren eben jenes Unglück verschuldet, das nun seine Identität ausmacht. Er will selbst nicht von dem lassen, was ihn foltert. Er kann Gott ebensowenig akzeptieren wie loswerden. Und er tut sich damit selbst das Schlimmste an. Denn in der Hölle brennt nichts anderes als sein verkehrter Eigenwille. Der wird ihm zugestanden. Aber die Strafe für die Trennung vom Guten ist dann eben, von allem Guten getrennt zu sein.
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„Unter ewiger Verdammnis der Gottlosen versteht die Schrift dies, dass diejenigen, welche um des finalen Unglaubens willen im Jüngsten Gericht verworfen sind, einesteils des Genusses alles Guten beraubt, und andernteils der Peinigung durch eine Fülle der allerschrecklichsten Übel nach Leib und Seele in Ewigkeit ausgesetzt sind.“ (Adolf Hoenecke)
„Es wird zwar die verdammte Seele das Licht wünschen; aber außer Gott ist kein Licht, sondern es sind und werden bleiben greuliche und ewige Finsternisse. Sie wird zwar die Ruhe wünschen; aber außer Gott ist keine Ruhe der Seelen, sondern eitel Schrecken und Grausen. Sie wird Freude wünschen; aber außer Gott ist eine ewige Traurigkeit. Sie wird Erquickung wünschen; aber außer Gott ist keine Erquickung, sondern Angst und Betrübnis. Sie wird Trost suchen; aber außer Gott ist kein Trost, sondern stetige Marter und Pein, und unaufhörlicher Höllenbiss. Die Teufel werden in den Gottlosen wohnen, und sie erfüllen mit aller teuflischen Fülle, mit Marter, Lästerung, Unsinnigkeit, Schrecken, Grausen, bösen Geistern, Schlangenstichen, Angst, Schmerzen, Finsternis, Schande und ewiger Verzweiflung. Darum wenn des Menschen Seele, so mit dem Teufel verunreiniget ist, vom Leibe abscheidet, so wird sie mit ihm vereiniget bleiben in alle Ewigkeit. Denn der Teufel wird in den Verdammten wohnen.“ (Johann Arndt)
„Die Verdammten werden in Ewigkeit nicht erlangen, was sie wollen, und was sie nicht wollen, das werden sie in Ewigkeit sich gefallen lassen müssen. Wenn der Zorn Gottes aufhören wird, dann wird auch die Strafe der Verdammten aufhören: aber der Zorn ist ewig, darum ist auch die Strafe ewig. Wenn die Verdammten wahre Buße tun werden, dann werden sie auch von ihren Sünden erlöst werden können; aber die Zeit der Buße ist geschlossen, darum gibt es auch keine Hoffnung der Vergebung mehr. Wenn die Teufel aufhören werden zu quälen, dann werden auch die Verdammten aufhören gequält zu werden; aber nie wird die Wut des Teufels ablassen, darum werden auch die Peinigungen des verdammten Menschen niemals ablassen. Wenn die Gerechtigkeit Gottes sich ändern wird, dann werden auch die Strafen der Verdammten sich ändern; aber unveränderlich ist Gottes Gerechtigkeit, ewig werden darum auch die Strafen der Verdammten sein. Zum Urteilsspruch des ernsten Gerichts gehört es, dass die niemals frei von Strafe sind, welche in diesem Leben niemals von der Sünde haben lassen wollen. Es ist billig, dass dem Verdammten kein Ziel der Rache gestellt wird, der, so lange er gekonnt hat, kein Ziel des Verbrechens hat haben wollen. Die Verdammten haben in ihrer Ewigkeit, das ist, so lange sie gelebt haben, gesündigt; es ist gerecht, dass sie in dem ewigen Gott gestraft werden: ihr Verbrechen hat ein Ende gehabt, weil ihr Leben ein Ende gehabt hat; sie hätten aber unbezweifelt lieber ohne Ende verbrechen wollen, wenn sie ohne Ende hätten leben können, um ohne Ende sündigen zu können. Ewig ist auch der Stoff des höllischen Feuers, nämlich die Flecken der Sünde; mit Recht ist daher auch die Strafe ewig.“ (Johann Gerhard)
„Der Mensch ist von Anbeginn nach dem Bilde Gottes geschaffen, in seinem Verstande mit einer wahren und seligen Erkenntnis seines Schöpfers und anderer geistlicher Dinge geschmückt, in seinem Willen und Herzen mit Gerechtigkeit, in all seinen Neigungen mit Reinheit, und war demgemäß ganz heilig. Aber auf Anstiftung des Teufels und nach seinem freien Willen sich von Gott abwendend beraubte er sich selbst dieser vortrefflichen Gaben und holte dagegen an deren Stelle Blindheit, fürchterliche Finsternis, Eitelkeit und Verkehrtheit des Urteils in seinem Verstande, Bosheit, Widersetzlichkeit und Verhärtung in seinem Willen wie auch Unreinheit in all seinen Neigungen über sich. Wie der Mensch nun nach dem Fall beschaffen war, solche Kinder zeugte er auch, nämlich als ein Verderbter verderbte, also, dass die Verderbnis nach Gottes gerechtem Urteil von Adam auf alle seine Nachkommen (Christus allein ausgenommen) gekommen ist (…). So werden denn alle Menschen in Sünden empfangen und als Kinder des Zorns geboren, untüchtig zu allem seligmachenden Guten, geneigt zum Bösen, tot in Sünden und als Sklaven der Sünde. Sie wollen und können weder zu Gott zurückkehren noch ihre verderbte Natur bessern oder sich zu deren Besserung bereit finden ohne die Gnade des wiedergebärenden Heiligen Geistes.“ (Lehrregel von Dordrecht)
Seht, alle die sind Kaufleute, die sich hüten vor groben Sünden und wären gern gute Leute und tun ihre guten Werke Gott zu Ehren, und tun sie doch darum, dass ihnen unser Herr etwas dafür gebe oder dass ihnen Gott etwas dafür tue, das ihnen lieb wäre. Dies sind alles Kaufleute. Bei solchem Handel sind sie betrogen. Denn, was sie sind, das sind sie durch Gott, und was sie haben, das haben sie von Gott und nicht von sich selbst. Darum ist ihnen Gott für ihre Werke und für ihr Geben gar nichts schuldig. Meister Eckhart
Größe ist nicht, Anerkennungen zu erhalten, sondern sie zu verdienen. Aristoteles
Im Allgemeinen verdienen es die Menschen nicht, dass man ihnen gefällig ist; doch hieße es ebenso schlecht sein wie sie, wenn man sie so behandelte, wie sie es verdienten. Pierre Carlet de Marivaux
Jene Menschen, die es am meisten verdienten, gelobt zu werden, wollen am wenigsten, dass man es tut. Pierre Carlet de Marivaux
Niemand verdient seiner Güte wegen gelobt zu werden, wenn er nicht auch die Kraft hat, böse zu sein. Jede andere Güte ist meist nur Trägheit und Willensschwäche. Rochefoucauld
Wenn Gott unsere Verdienste krönt, so krönt er nichts anderes als seine eigenen Gaben. Augustin
Wenn nur jeder sicher hätte, was er verdiente, so würde alles allgemein gut genug gehen. Johann Gottfried Seume
Wer … nur den Ruhm verdient auch ohne ihn zu erhalten, besitzt bei Weitem die Hauptsache, und was er entbehrt, ist etwas, darüber er sich mit derselben trösten kann. Denn nicht, dass einer von der urteilslosen, so oft betörten Menge für einen großen Mann gehalten werde, sondern dass er es sei, macht ihn beneidenswert; auch nicht, dass die Nachwelt von ihm erfahre, sondern dass in ihm sich Gedanken erzeugen, welche verdienen, Jahrhunderte hindurch aufbewahrt und nachgedruckt zu werden, ist ein hohes Glück. Arthur Schopenhauer
Wer sich selber für seinen besten Freund hält, der verdient keinen anderen. Aus Schweden
Wir die nichts verdienen als Zorn und das Unglück, wornach wir ringen, murren mit Gott, warum er uns nicht eher helfen will, uns, die nicht wollen geholfen seyn. Johann Georg Hamann
„Ich verstehe darunter den Gehorsam Christi: nicht allein den, mit welchem er dem Vater gehorsam war durch sein ganzes Leiden und den Tod, sondern auch den, mit welchem er sich, um unsertwillen, dem Gesetz Gottes freiwillig unterwarf, und dasselbe durch solchen seinen Gehorsam erfüllte: so dass Gott wegen des ganzen Gehorsams Christi, welchen er im Tun und Leiden für uns geleistet hat, uns die Sünden vergibt, für gut und gerecht uns erklärt, und mit ewigem Heil beschenkt.“ (Leonhard Hutter)
Niemand hat „Verdienste“, die Gott zu seinem Schuldner machten. Wenn aber trotzdem der Eindruck entsteht, es gehe in der Welt nicht „gerecht“ zu, liegt‘s daran, dass wir nicht beachten, in welcher Währung Gott „vergilt“. Tatsächlich wird jeder von dem ergriffen, wonach er greift. Der Böse verschreibt sich dem Bösen und hat seine Seele verkauft. Der Gute hingegen wird von selbst ein Teil der guten Mächte, denen er folgt. Die Hinwendung zu Gott lohnt sich durch die Teilhabe an ihm. Die Hinwendung zu Satan ebenso. Und so gesehen ist die Welt erschreckend gerecht!
Der Mensch sehe in jedem Vorfall des Lebens ein Mittel zu seiner Veredelung, das ihm Gott sendet. Johann Heinrich Pestalozzi
Es gibt ein Klischee von Mystik, das Zustände religiöser Entrückung in den Mittelpunkt stellt. Und die damit verbundene Vorstellung, man könne Gott direkt „erfahren“, statt nur seinem Wort zu glauben, ist abzulehnen. Doch das zentrale Anliegen wahrer Mystik – die Vereinigung Gottes und des Menschen im Glauben – ist gut biblisch: Die durch Gottes Wort mitgeteilte Erkenntnis ist von der Art, dass, wer sie wirklich „hat“, sich unter ihrem Eindruck wandelt und Anteil gewinnt an der Nähe und Seligkeit, die Gott jenen schenkt, denen er sich selbst schenkt.
Ehe man seine Vergangenheit nicht erträgt, ist die Vergebung noch nicht recht geglaubt. Jochen Klepper
Jede Generation lacht über die Moden der Vergangenheit, geht jedoch treu und brav mit den neun. Henry David Thoreau
Jeder prüfe seine Gedanken. Er wird finden, dass sie ganz mit der Vergangenheit oder der Zukunft beschäftigt sind. Wir denken fast überhaupt nicht an die Gegenwart, und wenn wir an sie denken, so nur, um aus ihr die Einsicht zu gewinnen, mit der wir über die Zukunft verfügen wollen. Die Gegenwart ist niemals unser Ziel. Die Vergangenheit und die Gegenwart sind unsere Mittel; allein die Zukunft ist unser Ziel. Deshalb leben wir nie, sondern hoffen auf das Leben, und da wir uns ständig bereit halten, glücklich zu werden, ist es unausbleiblich, dass wir es niemals sind. Blaise Pascal
Nur der Christ kann ganz in der Gegenwart leben. Denn die Vergangenheit ist ihm durchgestrichen, und die Zukunft ist ihm gewiss. Jochen Klepper
1.
Der Tod hat mehr als ein Gesicht: Er ist für alle Geschöpfe die natürliche, vom Schöpfer gesetzte Grenze ihres Daseins. Für Sünder ist er zugleich ein Gerichtsakt, durch den Gott das ihn Verneinende verneint und das Nicht-sein-sollende ins Nicht-Sein befördert. Für begnadigte Sünder aber ist er außerdem auch noch das Tor in den Himmel, die Durchgangsstation in die ungetrübte Gemeinschaft mit Gott. Christen müssen den Tod darum nicht fürchten: Für sie ist das Sterben nicht Vernichtung, sondern Vollendung.
2.
Gottes Ewigkeit ist keine ins Endlose gedehnte Zeitlichkeit, sondern eine aller Zeitlichkeit enthobene Freiheit gegenüber der Zeit. Gottes Ewigkeit ist also keine quantitative Steigerung der Zeit, sondern eine ganz andere Qualität. Umso erstaunlicher ist es, dass der Ungewordene und Unvergängliche als Jesus Christus in die Zeit einging, um uns vergänglichen Kreaturen Anteil an seiner Ewigkeit zu gewähren.
3.
Wir sind mit unseren Kräften und Qualitäten nicht so dauerhaft verbunden, wie wir meinen, sondern sind mit ihnen nur vorübergehend beliehen und geziert, wie eine Schaufensterpuppe mit prächtigen Kleidern. Eigentlich gehören alle Qualitäten Gott. Ihm gefällt es aber, Funken davon in diesem oder jenem Geschöpf aufblitzen zu lassen, das dann für gewisse Zeit daran Anteil hat. Und das ist ehrenvoll. Denn etwas vom Allerhöchsten will an uns erscheinen und durch uns eine Zeit lang vor der Welt sichtbar werden!
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Immer ist der letzte Tag nahe, und niemals wird der jüngste Tag als der letzte betrachtet; wie wohl man allzeit so leben sollte, als ob man alsbald sterben müsse. Die Zeit eilt vorüber, und der Tod naht. Tausend Jahre sind vor den Augen eines Sterbenden wie der gestrige Tag, der verlaufen ist. Denn immer wird das Künftige geboren, immer stirbt das Gegenwärtige, und was vorübergegangen, ist ganz und gar tot. Wir sterben nämlich, indem wir leben, beständig, und werden erst dann aufhören zu sterben, wenn wir aufhören zu leben. Es ist also besser, dem Leben zu sterben, als dem Tode zu leben, weil das sterbliche Leben nichts ist als ein lebendiger Tod. Das Leben eilt unaufhaltsam dahin, der Tod aber eilt unabwendbar herzu. Je weiter das Leben vorschreitet, desto mehr naht es dem Ende.
(Innocentius III., gest. 1198)
„Wie kann etwas von dem Gegenwärtigen uns zur Ergötzung gereichen, da, während alles vergeht, doch das nicht vergeht, was uns bedroht; da das ganz zu seinem Ende kommt, was wir lieben, und das immer näher rückt, wo der Schmerz niemals aufhört? Der Gewinn eines längern Lebens ist für uns der, dass wir mehr Böses tun, mehr Böses sehen, mehr Böses leiden: das nützt uns ein längeres Leben, dass im letzten Gerichte die Anklage der Sünden größer ist. Was ist der Mensch? Eine Beute des Todes, ein Wanderer, der herberget, leichter als eine Wasserblase, kürzer als ein Augenblick, eitler als ein Bild, geringer als ein Schall, zerbrechlicher als das Glas, veränderlicher als der Wind, flüchtiger als ein Schatten, trügerischer als ein Traum. Was ist dieses Leben? Ein Warten auf den Tod, ein Schauplatz von Missgeschick, ein Meer von Elend, ein Nöselchen Bluts, das jeder beliebige Zufall erschüttert, jedes noch so geringe Fieber zersprengt. Der Lauf des Lebens ist ein Irrgang; in denselben treten wir ein, so wie wir aus der Mutter Leibe kommen, aus ihm treten wir heraus, wenn wir die Schwelle des Todes überschreiten. Wir sind nichts als Erde, die Erde aber ist nichts als Rauch; der Rauch aber ist nichts, darum sind wir nichts. Dieses Leben ist zerbrechlich wie Glas, dahin eilend wie ein Strom, elend wie ein Streit, und doch erscheint es vielen sehr begehrenswert. Eine wertvolle Nuss scheint dieses Leben dem Äußern nach zu sein, aber wenn du sie mit dem Messer der Wahrheit öffnest, so wirst du sehen, dass sie nichts in ihrem Innern birgt als Würmer und Verwesung. Um die Gegend herum, wo sonst Sodom stand, reifen Äpfel, welche durch äußere Schönheit ergötzen, aber, wenn man sie zerdrückt, in Staub vergehen: das Glück dieses Lebens ergötzt äußerlich, betrachtest du es aber ernst und nüchtern, so wird es dem Rauche und Staube ähnlich erscheinen. Darum, andächtige Seele, wolle nicht den Hauptinhalt deiner Gedanken auf dieses Leben beziehen, sondern sehne dich immer mit deiner Seele nach der ewigen Freude. Vergleiche den so kurzen Raum von Zeit, der in diesem Leben uns vergönnt wird, mit den unbegrenzten und niemals zu beschränkenden Jahrhunderten der Ewigkeit, und es wird offenbar werden, wie töricht es ist, diesem so flüchtigen Leben anzuhangen, das ewige aber nichts zu achten.“ (Johann Gerhard)
„Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. / Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; / wo jetzund Städte stehn, wird eine Wiese sein, / auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden; / was jetzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden; / was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein; / nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. / Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden. / Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn. / Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn? / Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten, / als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind, / als eine Wiesenblum, die man nicht wieder find't! / Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.“ (Andreas Gryphius)
Wir sterben täglich, denn alle Tage fährt ein Teilchen unsers Lebens hin, indem wir fortgehen, kommen wir dem Ziel immer näher und nehmen ab im Wachstum. Die Kindheit ist dahin, die Jugend auch. Was bis auf den gegenwärtigen Tag für Zeit verflossen, um die sind wir kommen: auch den jetzigen Tag, den wir erlebt, teilen wir mit dem Tode. Und Cyprianus im Buch von der Sterblichkeit: Wenn du in einem alten Hause wohntest, da die Wände wankten, das Dach über dir krachte, das ganze Haus tät, als wenn‘s übern Haufen fallen wollte, würdest du nicht eilend dazu tun, deine Gerätlein zusammenraffen und dich davon machen? Nun siehe, die Hütte deines Lebens wird alt und wandelbar und lässt sich dazu an, dass sie bald übern Haufen fallen und eingehen will. Wohlan, so mach dich auf die Fahrt und denke, dass das Ende vor der Tür sei. Ich will nimmer sicher sein, noch meines Lebens auf eine Stunde missbrauchen. Der Tod wartet mein an allen Orten, ich will sein wieder warten. Wer weiß, wie bald wir zusammen treten und uns in die Arme fassen? Er schreckt mich nicht, ich bin ihm in Christo wohl gewachsen. Selig ist, der da stirbt, ehe er stirbt, dem kommt der Tod nimmer zu früh.
(Heinrich Müller)
1.
Vergebung besteht nicht darin, dass man erfahrenes Unrecht relativiert, kleinredet, vergisst, toleriert, billigt oder entschuldigt, sondern darin, dass man den Täter an Gott überweist, der ebenso gerecht wie barmherzig ist, der schärfer sieht und besser urteilt als wir. Der Vergebende verzichtet auf den Schuldvorwurf und gibt damit die Person frei, an deren Verhängnis er ein berechtigtes Interesse haben könnte. Er besteht nicht auf Vergeltung und schickt dem Schuldigen auch keine Flüche hinterher, sondern wünscht ihm, dass er sowohl zu seiner Tat als auch zu ihren Folgen eine heilsame Distanz gewinnt.
2.
Man kann nicht von Gottes Vergebung leben und anderen Vergebung verweigern. Doch besteht sie nicht darin, über die Verletzung von Normen hinwegzusehen oder Schuld zu relativieren. Echte Vergebung bestätigt die geltenden Normen, weil die Verfehlung beim Namen genannt, bereut – und erst dann verziehen wird. Nur so entspricht es Gottes Vergebung, weil auch seine Gnade nie Gnade ohne Gericht ist, sondern immer Gnade im Gericht. Auch er wirft niemandem Vergebung hinter, der sie gar nicht für nötig hält, und vergibt nicht, wo das nicht erbeten wird.
Lieder zum Thema: Gewissheit der Vergebung
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Du bist ein Mensch, und willst gebeten sein, dass du verzeihest, und du glaubst, dass Gott dir verzeihen werde, ohne dass du ihn darum bittest?
(Ambrosius, gest. 307)
Einer kommt in der heiligen Schrift vor, der noch kurz vor seinem Tod Verzeihung seiner Sünden erhielt; einer, damit du nicht verzweifelst, aber auch nur einer, damit du dich nicht darauf verlässt.
(Augustinus, gest. 430)
„Der Glaube ist eine herzliche Zuversicht und ungezweifeltes Vertrauen auf Gottes Gnade in Christo verheißen, von Vergebung der Sünden und ewigem Leben, durch das Wort Gottes und den heil. Geist angezündet. Durch diesen Glauben erlangen wir Vergebung der Sünden ganz umsonst, ohne alles unsere Verdienst, aus lauter Gnade, Eph. 2,8. um des Verdienstes Christi willen, auf dass unser Glaube einen gewissen Grund habe und nicht wanke. Und diese Vergebung der Sünden ist unsere Gerechtigkeit, die wahrhaftig, beständig und ewig ist vor Gott. Denn es ist nicht eines Engels Gerechtigkeit, sondern des Gehorsams, Verdienstes und Blutes Christi, und wird unser eigen durch den Glauben. Ob nun dies wohl in großer Schwachheit zugehet, und wir noch mit vielen übrigen Sünden behaftet sind, dennoch werden dieselben zugedecket, aus Gnaden, um Christi willen, Ps. 32,2.“ (Johann Arndt)
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Wenn der Mensch sich reinwäscht, klagt Gott ihn an. Wenn der Mensch sich anklagt, wäscht Gott ihn rein. Franz von Sales
Pastor Joh. Abraham Strauß in Iserlohn war in seinen Predigten und Ansprachen originell. So sagte er einst bei einer Abendmahlsvorbereitung: „Euch, denen die Sünden leid sind, die bei Christo Gnade suchen und sich bekehren wollen, sage ich, dass euch die Sünden vergeben sind. Euch andern sage ich es nicht. Denn was kann es helfen, wenn man einem toten Schafe eine Hand voll Heu vor das Maul hält? Es frisst es doch nicht! Amen.“ Euthymius Haas
Ehe man seine Vergangenheit nicht erträgt, ist die Vergebung noch nicht recht geglaubt. Jochen Klepper
Vergeben und vergessen heißt kostbare Erfahrungen zum Fenster hinauswerfen. Arthur Schopenhauer
1.
Gott, der Schöpfer, stiftet neben der naturgesetzlichen auch eine sittliche Weltordnung und beschreibt durch seine Gebote den lebensförderlichen Zustand, der nach seinem Willen sein soll. Wer diese gute Ordnung respektiert, den findet Gott „in Ordnung“. Doch wer sie stört, missachtet den, der sie erlassen hat, und gefährdet seine Mitmenschen, deren gedeihliches Leben davon abhängt, dass sich die gute Ordnung nicht auflöst. Dem Störer soll und muss vergolten werden, weil die Ordnung, in der sich ein Verstoß gegen die Ordnung lohnt, untergeht.
2.
Gott ist zweifach „gerecht“. Nämlich (1.) in dem vergeltenden Sinne, dass er nach Verdiensten lohnt und straft. Und (2.) im Sinne Heil schaffender und Heil schenkender Gemeinschaftstreue. Diese letztere Gerechtigkeit Gottes, die Sündern um Christi willen Gerechtigkeit zuspricht, ist nicht hoch genug zu loben! Sie setzt aber Gottes vergeltende Gerechtigkeit nicht für alle Sünder außer Kraft, sondern nur für die, die glaubend der Gnade teilhaftig werden. Vergeltungs- und Gnadenordnung existieren also nicht nacheinander, sondern nebeneinander.
3.
Ein Christ muss die Gnade, von der er lebt, auch anderen gönnen – und in diesem Sinne für seine Feinde beten. Doch wenn Gott entscheidet, Böses zu vergelten, ist das allemal besser als endlos fortgesetzte Bosheit. Besser ergeht Gnade vor Recht. Aber wenn ein Übeltäter keine Gnade will, geschieht ihm besser Recht, als dass gar nichts geschieht. Auch Vergebung im Sinne Jesu schließt nicht etwa die Duldung des Falschen mit ein, sondern schließt solche Duldung aus. Jesus erbarmt sich des Sünders, nicht der Sünde. Doch fluchen soll man niemandem. Denn Gottes Zorn brennt heiß genug – auch ohne dass wir ihn befeuern.
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Vergelten heißt einem ein seinem Verhalten entsprechendes Los bereiten, oder eine Leistung mit einer entsprechenden Gegenleistung ausgleichen.
(H. Zeller, Biblisches Wörterbuch)
Der Dinge, welche am meisten fürs Vergessen geeignet sind, erinnern wir uns am besten. Baltasar Gracián
Es schadet nichts, wenn einem Unrecht geschieht. Man muss es nur vergessen können. Konfuzius
Gott wird diejenigen nicht vergessen, die sich selbst vergaßen, um an andere zu denken. Thomas von Aquin
Solltest du all das vergessen, was hier gesagt wurde, so behalte nur die beiden kleinen Punkte, und du wirst zum inneren Leben gelangen. Erstens: Sei ganz und gar klein, inwendig und nach außen bis in den Grund, nicht nur deinen Worten nach und deinem Aussehen, sondern in Wahrheit in all deinem Verstehen. Sei ein Nichts in deinem Grunde und in deinen Augen, ohne jegliche beschönigende Auslegung. Zweitens: Habe eine wahre Liebe zu Gott, nicht das, was wir nach Art der Sinne Liebe nennen, sondern in wesentlicher Weise, ein allerinnigstes Gottlieben. Diese Liebe ist nicht dieses einfache äußere und sinnenhafte Gottlieben, das was man so gewöhnlich unter Gott im Sinn zu haben versteht, sondern ein anschauendes Lieben mit dem Gemüt, ein strebendes Lieben, wie einer es besitzt, dem als Wettläufer oder als Schütze ein Ziel vorschwebt. Johannes Tauler
Wir lernen, was wir vergessen sollten, und vergessen, was wir lernen sollten. Bauernweisheit
1.
Da Gott nicht einfach „alle“ erlöst, kann der Einzelne in quälende Zweifel geraten, ob die Zusagen des Evangeliums auch ihm persönlich gelten – oder vielleicht nur anderen. Wenn manche verworfen werden – wie weiß er, dass er zu den Erwählten gehört? Selbstbeobachtung führt garantiert nicht zum Ziel. Doch Gott hat Heilsmittel bereitgestellt, die uns seine Gnade verlässlich zueignen: Wer im Glauben am Abendmahl teilnimmt, darf seiner Erwählung unmittelbar gewiss sein. Und das nicht etwa, weil er „gut“, sondern weil Gottes Sakrament verlässlich ist. Die Heilsgewissheit, die es anderswo nicht gibt, findet man also am Altar.
2.
Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes sind nicht erst die Ergebnisse unseres Denkens neu, sondern schon die Voraussetzungen. Der Wandel selbst aber wird nicht etwa begründet, sondern liefert seinerseits die Begründung für vieles – wie ja auch der, der von einem mächtigen Gegner überrannt wurde, keine besonderen Gründe braucht, um am Boden zu liegen. Nicht der Christ hat eine Erkenntnis, sondern sie hat ihn. Er hat nicht sichergestellt, sondern wurde sicher-gestellt. Und so ist Glaube tatsächlich „Gewissheit ohne Beweis“ (Amiel).
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit. Sören Kierkegaard
Alle Frömmler sind neugierig; sie entschädigen sich für die Sünden, die sie nicht begehen, mit dem Vergnügen, die der andren zu kennen. Pierre Carlet de Marivaux
Da unser größtes Vergnügen darin besteht, bewundert zu werden, die Bewunderer aber, selbst wo alle Ursache wäre, sich ungern dazu herbeilassen, so ist der Glücklichste der, welcher, gleichviel wie, es dahin gebracht hat, sich selbst aufrichtig zu bewundern. Arthur Schopenhauer
Dass wir mit so grenzenlosem Vergnügen von uns selbst sprechen, sollte uns fürchten lassen, dass wir unseren Zuhörern damit keines bereiten. Rochefoucauld
Jeder Mensch kommt mit einer sehr großen Sehnsucht nach Herrschaft, Reichtum und Vergnügen sowie einem starken Hang zum Nichtstun auf die Welt. Voltaire
Man tröstet sich oft im Unglück durch das Vergnügen, unglücklich zu erscheinen. Rochefoucauld
Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein. Victor Hugo
Warum er immer so vergnügt war? Weil er die andern für dümmer hielt als sich selbst. Wilhelm Busch
Was der Mensch liebt, das ist sein Gott. Er trägt es in seinem Herzen. Er bewegt es Tag und Nacht in sich. Es sei, was es sei: Reichtum oder Geld, Vergnügen oder Ehre. Martin Luther
Wenn wir selbst keine Fehler hätten, würden wir nicht soviel Vergnügen daran finden, sie an andern zu bemerken. Rochefoucauld
„Soll auch Gottes Verheißung und ewige Wahrheit unsere Geduld stärken, und unser Herz befestigen, dass es nicht wanke, wie Jak. 5,8. spricht: Denn, wie man ein kleines Bäumlein an einen Stecken bindet, dass es der Wind nicht zerbreche, oder im Ungestüme des Meeres Anker auswirft, woran sich das Schiff halte, also müssen wir unser wankendes Herz an den Stab göttlichen Worts und Wahrheit binden, und das sinkende Schifflein des Herzens mit dem Anker der Hoffnung befestigen, dass es nicht versinke, Hebr. 6,19.“ (Johann Arndt)
„Was ist denn der wahre und eigentliche Gegenstand des rechtfertigenden Glaubens? Es ist die eigentliche Verheißung des Evangeliums von der gnädigen Vergebung der Sünden durch und wegen des Verdienstes Christi mit festem Vertrauen ergriffen; oder was ebendahin ausgeht: der Gegenstand des rechtfertigenden Glaubens ist das Verdienst Christi, welches in der Verheißung des Evangeliums dargeboten wird.“ (Leonhard Hutter)
„Man kann eine Verheißung Gottes in sehr lehrreicher Weise einem an Ordre zahlbaren Scheck vergleichen. Sie wird dem Gläubigen in der Absicht gegeben, ihm dadurch etwas Gutes zu erweisen. Es ist nicht die Meinung, dass er sie ruhig überlesen und dann liegen lassen solle. Nein, er soll die Verheißung als etwas Wirkliches behandeln, wie ein Mann einen Scheck behandelt. Er soll die Verheißung nehmen und sie mit seinem eignen Namen indossieren, indem er persönlich sie als wahr annimmt. Er muss sie durch den Glauben als sein eigen akzeptieren. Er drückt sein Siegel darauf, dass Gott wahrhaftig ist, und wahrhaftig in Bezug auf dies besondere Verheißungswort. Er geht weiter und glaubt, dass er den Segen hat, weil er die gewisse Verheißung desselben hat, und darum setzt er seinen Namen darauf, um den Empfang des Segens zu bezeugen. Wenn dies geschehen, muss er die Verheißung dem Herrn gläubig vorzeigen, wie man einen Scheck am Zahltisch der Bank vorzeigt. Er muss sie durch Gebet geltend machen in der Erwartung, sie erfüllt zu sehen. Wenn er im rechten Zeitpunkt zu der Himmelsbank kommt, wird er den verheißenen Betrag sofort erhalten. Sollte das Datum ein späteres sein, so muss er geduldig bis dahin warten; mittlerweile mag er indes die Verheißung als Geld rechnen, denn die Bank zahlt sicherlich, sobald die rechte Zeit gekommen ist. Manche versäumen, das Indossement des Glaubens auf den Scheck zu setzen und erhalten deshalb nichts; andre sind saumselig im Vorzeigen, und auch diese empfangen nichts. Dies ist nicht der Fehler der Verheißung, sondern derjenigen, die nicht in verständiger, geschäftsmäßiger Weise damit verfahren. Gott hat kein Pfand gegeben, das er nicht einlösen will, und zu keiner Hoffnung ermutigt, die er nicht erfüllen will.“ (Charles H. Spurgeon)
Ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort. So sprichst du; das trügt. Menschen sind Lügner, reich an Worten, arm an Werken; Wolken, die einen großen Bauch machen, und wie eine ungeheure Last in der Luft hängen, als wollten sie jetzt zerbrechen, und das Erdreich mit einer Wasserflut überschwemmen, ehe man sich aber umsieht, hat sie der Wind von einander gejagt, und fällt kaum ein Regentropfen herab. So sind die Menschen; wer das Meiste zusagt, hält das Wenigste. Ich spreche so: Ein Gott ein Gott, ein Wort ein Wort. Höre, was David sagt: Herr Gott Zebaoth, wer ist wie du? Ein mächtiger Gott, und deine Wahrheit ist um dich her Ps. 89,9. Der Jäger umgibt das Wild mit Netzen, so kann‘s nicht entrinnen; Gottes Wahrheit ist um ihn her, so manche Verheißung, so manches Netz. Ein jede Verheißung dringt auf ihn zu, und spricht: Herr, das hast du zugesagt, das musst du halten. Gott kann mir nicht entrinnen, er muss erfüllen, was er versprochen; seine Wahrheit hält ihn allenthalben. Das Wild kann durchs Netz ein Loch machen, und so entfliehen; aber wie will Gott durch seine Verheißung ein Loch machen? Was will er sagen? Ich habe dir‘s nicht zugesagt? Herr, ich halt dir vor dein Wort, ich will dir‘s nicht halten? Herr, du wirst nicht an mir zum Lügner werden. Du bist‘s nicht wert? Herr, so ist doch deine Wahrheit noch wohl wert, dass sie nicht zu Schanden werde. Mein Herz, du traust einem glaubwürdigen Menschen auf sein bloß Wort: von Gott hast du Hand und Siegel, und willst doch nicht trauen? Durch Misstrauen machst du Gott zum Lügner. Wenn jemand zu dir sagte: Sorge nicht, ich will dich versorgen, und du sorgst doch, so hältst du ihn für einen Lügner. Denn was denkt dein Herz? Man kann nicht trauen, es wird viel gesagt, wenig gehalten; so denkt auch dein Herz im Misstrauen gegen Gott. Ich will meinem Gott trauen, er hält Wort. Verleugnet er sein Wort, so verleugnet er seine Wahrheit, verleugnet er seine Wahrheit, so verleugnet er sich selbst, so kann er kein Gott mehr sein. Drum lass ich‘s ankommen. Wenn Gott wird aufhören Gott zu sein, so wird er auch aufhören sein Wort zu halten. Wo bleibt denn die Verheißung? sprichst du. Warte, bis Gottes Stündlein kommt (...). In großen Nöten schreit man jämmerlich, da stößt man ein Seufzerlein nach dem andern heraus, die fahren hinauf, stürmen Gott den Himmel, brechen ihm das Herz, dass er zutreten muss und Rettung schaffen. Kannst du es doch über dein Herz nicht bringen, wenn du einen kläglich heulen hörst, dass du nicht solltest hingehen, seinen Jammer zu beschauen, und ihm helfen. Gott ist barmherziger als du. Er hält auch Wort. Warte sein.
(Heinrich Müller)
„Du musst Gott mit seiner Verheißung die Ohren reiben, bis sie heiß werden!“
(Martin Luther)
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Uns wird das ewige Leben verheißen - aber uns, den Toten. Man verkündigt uns selige Auferstehung - inzwischen sind wir von Verwesung umgeben. Gerechte werden wir genannt - und doch wohnt in uns die Sünde. Wir hören von unaussprechlicher Seligkeit - inzwischen aber werden wir hier von unendlichem Elend erdrückt. Überfluss an allen Gütern wird uns verheißen - reich sind wir aber nur an Hunger und Durst. Was würde aus uns, wenn wir uns nicht auf die Hoffnung stemmten, und unser Sinn auf dem durch Gottes Wort und Geist erleuchteten Wege mitten durch die Finsternis hindurch über diese Welt hinauseilte! Johannes Calvin
1.
Das Gesetz stellt fest, dass der Mensch dem guten Willen Gottes zu entsprechen hat und anderenfalls mit Strafe rechnen muss. Das Evangelium hingegen lädt den Sünder ein, vor dem verdienten Gericht zu Jesus Christus zu fliehen, der mit offenen Armen bereit steht, um ihm seine Schuld abzunehmen. „In jeder Predigt müssen beide Lehren vorkommen. Wenn eine von beiden fehlt, so ist die andre falsch.“ Denn: „Ohne das Gesetz verstehen wir das Evangelium nicht und ohne das Evangelium hilft uns das Gesetz nichts.“ (C. F. W. Walther)
2.
Es scheint oft, als sei unser Predigen „vergebliche Liebesmüh“, so dass ein ärgerlicher Prediger zuletzt denken mag: „Glaubt doch, was ihr wollt!“ Doch hat er dann seinen Auftrag missverstanden, der gar nicht darin besteht, „gut anzukommen“, sondern allein darin, Gottes Wort treu und verständlich weiterzugeben. Ob es dann bei den Hörern rettenden Glauben oder Verstockung wirkt, liegt in Gottes Hand. Sein Wort wirkt jederzeit, was es wirken will. Und es zu verkünden ist auch dann nicht vergeblich, wenn es auf massiven Widerstand trifft. Denn Gott sagt: „Wer es hört, der höre es; wer es lässt, der lasse es“ (Hes 3,27).
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„Die Verkündigung der Boten ist kurz und klar. Sie melden den Anbruch des Gottesreiches, sie rufen zur Umkehr und zum Glauben. Sie kommen in der Vollmacht des Jesus von Nazareth. Ein Befehl wird ausgerichtet, und ein Angebot wird gemacht in höchster Autorisierung. Damit ist alles geschehen. Weil alles von größter Einfachheit und Klarheit ist und weil die Sache keinen Aufschub leidet, darum bedarf es keiner weiteren Vorbereitung, Diskussion, Werbung. Ein König steht vor der Tür, jeden Augenblick kann er kommen: Wollt ihr euch unterwerfen und ihn demütig empfangen, oder wollt ihr, dass er euch in seinem Zorn vernichte und töte? Wer hören will, der hat hier alles gehört; der kann auch den Boten nicht aufhalten wollen, denn der muss weiter in die nächste Stadt. Wer aber nicht hören will, für den ist die Gnadenzeit vorüber, er hat sich selbst das Gericht gesprochen. „Heute, so ihr seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht!“ (Hebr. 4,7). Das ist evangelische Predigt. Ist das unbarmherzige Hast? Nichts ist unbarmherziger als den Menschen vorzuspiegeln, dass sie noch Zeit hätten zur Umkehr. Nichts ist barmherziger, nichts ist frohere Botschaft als dies, dass die Sache eilt, dass das Reich sehr nahe ist. Der Bote kann nicht warten, bis es jedem immer wieder und jedem in seiner Sprache gesagt ist. Gottes Sprache ist klar genug. Der Bote verfügt auch nicht darüber, wer hören wird und wer nicht. Gott allein kennt die, „die es wert sind“. Diese aber werden das Wort hören, so wie es von den Jüngern gesagt wird. Wehe aber der Stadt und dem Haus, da der Bote Jesu nicht aufgenommen wird!“ (Dietrich Bonhoeffer)
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Verkündige das Evangelium. Wenn nötig, nimm Worte dazu. Franz von Assisi
Wenn ein Finger zum Himmel weist, schaut nur ein Dummkopf auf den Finger. Anonym
Treue ist eine Grundbedingung gelingenden Lebens. Denn ohne Treue entsteht kein Vertrauen. Und ohne Vertrauen funktioniert keine Gemeinschaft. Treue besteht in der Bereitschaft, beständig zu sein im Denken, Reden und Tun – und sich dadurch für andere berechenbar zu machen, die den Treuen als stabile Größe in ihre Lebensplanung einbauen dürfen. Kommt aber in der Ehe die Liebe abhanden, ist damit keineswegs ihre „Geschäftsgrundlage“ entfallen. Denn die Ehe gründet gar nicht auf der gefühlten Liebe, sondern auf der versprochenen Treue.
Als Aristoteles hörte, jemand verleumde ihn, sagte er: „Wenn ich nicht dabei bin, kann er mich meinetwegen verprügeln.“
Nichts macht die Menschen vertrauter und gegeneinander gutgesinnter als gemeinschaftliche Verleumdung eines Dritten. Jean Paul
Mitunter genügt schon eine stärkere Brille, um den Verliebten zu heilen; und wer die Kraft der Einbildung hätte, um ein Gesicht, eine Gestalt sich zwanzig Jahre älter vorzustellen, ginge vielleicht sehr ungestört durch das Leben. Friedrich Nietzsche
Meistens belehrt uns erst der Verlust über den Wert der Dinge. Arthur Schopenhauer
Schmerzlicher als der Verlust durch den Tod ist der Verlust durch das Leben. Heinrich Heine
Der Tod eines heißgeliebten Menschen ist die eigentliche Weihe für eine höhere Welt. Man muss auf Erden etwas verlieren, damit man in jenen Sphären etwas zu suchen habe. Friedrich Hebbel
Einen Wahn verlieren macht weiser als eine Wahrheit finden. Ludwig Börne
Manche Leute haben nichts weiter von ihrem Vermögen als die Furcht, es zu verlieren. Antoine Rivarol
Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert. Friedrich Nietzsche
Menschen verlieren wie Nägel ihren Nutzen, wenn sie anfangen, sich zu verbiegen. Walter Savage Landor
Wenn ich auch nur einen einzigen Tag das Gebet vernachlässige, verliere ich viel vom Feuer des Glaubens! Martin Luther
Gottes Ratschluss zur Erwählung ist keine so wackelige Sache, dass ihm der Mensch wieder aus den Händen rutschen könnte, wie dem Angler ein allzu glitschiger Fisch. Es ist undenkbar, dass Gottes Geist in jemandem echten Glauben wecken sollte, um ihn danach wieder gänzlich fallen zu lassen. Was Gott anfängt, bringt er auch zu Ende – und seine Zusagen täuschen niemanden. Menschen aber täuschen sich selbst. Und wenn ihr „Glaube“ nur eingebildet bzw. angemaßt war, gehen sie verloren. Doch erwählt waren sie dann nicht. Denn die, die Gott will, bekommt er auch. Und die er nicht bekommt, hat er sowenig gewollt wie sie ihn.
1.
Glaube ist nichts, wofür wir uns souverän „entscheiden“ oder was wir „tun“ könnten. Er ist aber auch nichts, was mit uns oder an uns „getan wird“ wie an unbeteiligten Objekten. Sondern wie die Sonne mich schwitzen oder die Kälte mich frieren lässt, so lässt Gott mich glauben: Der Mensch ist dabei ganz beteiligt und bewegt. Aber wo die äußere Einwirkung fehlt, kann er nicht (schwitzen, frieren) glauben - und wo sie ist, kann er es nicht lassen.
2.
Kluge Menschen haben Gott gegenüber keinen Vorteil. Denn Gott wollte nicht, dass der Glaube ein Rätsel sei, das nur die Schlauen lösen, während die Dummen mal wieder „dumm“ dastehen. Deshalb hat Gott die Wahrheit des Glaubens nicht dem Menschengeist anvertraut, sondern seinem Heiligen Geist, der sie zugänglich machen oder verweigern kann. Gott liebt die Gescheiten nicht mehr als die Trottel, und teilt sich darum der Welt mit in einem Evangelium, dem menschliche Dummheit nichts abbrechen, und dem menschliche Weisheit nichts hinzuzufügen vermag.
3.
Es liegt im Wesen des Glaubens, dass er die Wahrheit (und die vorbehaltslose Suche danach) nicht fürchten muss, ja nicht einmal fürchten kann. Denn wenn Gott der Grund aller Wirklichkeit ist, dann kann, wer den Grund aller Wirklichkeit sucht, letztlich nichts anderes finden als Gott. Und ist Wahrheit Übereinstimmung mit Wirklichkeit, so wird sich am Ende der Glaube - die Übereinstimmung mit Gott - von selbst als die größte Wahrheit erweisen.
4.
Die Gewissheit des Glaubenden ist nicht „begründet“, sondern ist begründend. Sie beruht nicht auf Erfahrungen, sondern liegt allen religiösen Erfahrungen voraus, als das, was sie ermöglicht. Glaubensgewissheit steht also nicht als Ergebnis am Ende einer Argumentation, sondern als Voraussetzung an ihrem Anfang. Sie verändert nicht Urteile, sondern zuerst den Urteilenden. Sie ist kein Impuls, den man erdenkt, sondern einer, dem man erliegt. Wer aber braucht für solches „Erliegen“ Gründe? Begründet der Surfer die Welle, die ihn mitreißt?
5.
Eine Gewissheit, die auf Erfahrung beruht, wird nicht dadurch zweifelhaft, dass diese Erfahrung anderen Menschen fehlt. Denn es stimmt nicht, dass nur wirklich sei, was jedem Menschen jederzeit als wirklich demonstriert werden kann. Manches erfährt man nur zu bestimmten Zeiten, nur an bestimmten Orten oder nur mit besonders scharfen Augen! Auch der Glaube resultiert aus einer Erfahrung, die nicht jeder macht. Er verdankt sich nicht der Vernunft, ist aber auch nicht gegen die Vernunft, sondern bloß über der Vernunft – und daher keineswegs unvernünftig.
6.
Die Aufklärung versprach, der Mensch würde besser, wenn er sich nur endlich frei seines Verstandes zu bedienen lernte – mit der Einsicht käme auch Tugend. Doch war das leider ein Irrtum. Denn die Vernunft lässt sich bereitwillig auch für Böses einspannen. Und da die Natur nichts fordert, bleibt als Ursprung der ethischen Forderung dann nur die Person des lebendigen Gottes übrig. Sein Wille ist tatsächlich die Quelle eines verpflichtenden Sollens. Wer ihn leugnet, ist aber auf schreckliche Weise frei. Denn „wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt“ (Dostojewski).
7.
Ein aufgeklärter Geist vermag sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Aber ist unser Verstand ein in jeder Hinsicht kompetenter Richter? Wo man selbst sich nicht auskennt, ist gerade das Vertrauen vernünftig. Und so ist es höchst „rational“, in göttlichen Dingen weniger der eigenen Vernunft als Gottes Geist zu vertrauen. Die „Aufklärung“ durch ihn ist nicht Werk, sondern Gnade. Denn sie ist ebenso wenig ein Resultat unserer gedanklichen Tätigkeit wie unsere Rechtfertigung ein Resultat unserer moralischen Bemühungen ist.
8.
Menschliches Denken nimmt sich wichtig. Doch bevor wir etwas dachten, wurden wir gedacht. Und durch Gott war auch schon an alles gedacht. Das spornt unser Denken an. Denn was aus Gottes Geist hervorging, muss prinzipiell verstehbar sein. Es entlastet uns. Denn so hat die Welt Sinn und Ordnung, bevor wir danach fragen. Es erfüllt uns mit Ehrfurcht, weil wir die Gedanken Gottes, denen die Wissenschaften nach-denken, nie vollständig einholen. Und es schenkt Zuversicht. Denn dass wir im reinen Unsinn lebten, wo sich das Denken gar nicht lohnte, ist zum Glück ausgeschlossen.
9.
Gott wollte in dieser Welt nicht „offensichtlich“ werden, sondern offenbarte sich so, dass seine Offenbarung jederzeit bestritten werden kann. Sie ist hell genug für alle, die Gott kennen möchten – und dennoch dunkel genug für alle, die sich gegen Gott verschließen möchten. Das entspricht Gottes Absicht, sich manchen Menschen zu verbergen und sich anderen zu offenbaren. Wäre er zu offensichtlich, könnte ihn keiner meiden. Und wäre er ganz verborgen, könnte ihn keiner suchen. So aber besagt die Stellungnahme des Menschen zum Christentum mehr über ihn als über das Christentum – und lässt sein Wesen zu Tage treten.
10.
Christen „ticken“ anders, insofern ihr Denken nicht darauf zielt, das vergängliche Glück dieser Erde zu gewinnen, sondern im Konsens mit Gott seinem Willen zu dienen und (zeitlich wie ewig) mit ihm Gemeinschaft zu haben. Das „erkenntnisleitende Interesse“ besteht darin, nicht bloß der Wirklichkeit dieser Welt, sondern vor allem der Wirklichkeit Gottes denkend und handelnd gerecht zu werden. Seine Wirklichkeit ist nicht Endpunkt, sondern Ausgangspunkt des christlichen Denkens – und führt zu Folgerungen und Gewissheiten, zu denen atheistisches Denken nicht gelangen kann. Kein Ding ist wirklich erkannt und durchdacht, das wir nicht auf Gott bezogen und gemäß dieser Beziehung bewertet haben!
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„Sie (die Vernunft) weiß, dass Gott ist, aber wer oder welcher es sei, der da recht Gott heißt, das weiß sie nicht, und geschieht ihr eben, als den Juden geschah, da Christus auf Erden ging, und von dem Täufer Johanne bezeugt war, dass er vorhanden wäre. Da stund ihr Herz also, dass sie wussten, Christus wäre unter ihnen, und ginge unter den Leuten; aber welcher die Person wäre, das wussten sie nicht. Denn dass Jesus von Nazareth wäre Christus, konnte niemand gedenken. Also spielt auch die Vernunft der blinden Kuh mit Gott, und tut eitel Fehlgriffe, und schlägt immer nebenhin, dass sie das Gott heißt, das nicht Gott ist; und wiederum, nicht Gott heißt, das Gott ist; welcher sie keines täte, wo sie nicht wüsste, dass Gott wäre, oder wüsste eben, welches oder was Gott wäre. Darum plumpt sie so herein, und gibt den Namen und göttliche Ehre, und heißt Gott, was sie dünkt, das Gott sei, und trifft also nimmermehr den rechten Gott, sondern allewege den Teufel oder ihren eigenen Dünkel, den der Teufel regiert. Darum ist es gar ein großer Unterschied, wissen, dass ein Gott ist, und wissen, was oder wer Gott ist. Das erste weiß die Natur, und ist in allen Herzen geschrieben, das andere lehrt allein der Heilige Geist.“ (Martin Luther)
„…man versteht unter Vernunft die natürliche Erkenntnis und Einsicht in die Dinge und das Vermögen, auf Grund derselben hin zu urteilen. In letzterer Bedeutung ist die Vernunft wohl Erkenntnisprinzip für natürliche Dinge, nicht aber für die Theologie, welche sich mit den göttlichen Dingen beschäftigt. Mit diesen ist nun zwar die Vernunft, so lange der Mensch nicht gefallen war, in keinen Widerspruch getreten, wie überhaupt die Vernunft an und für sich betrachtet, in keinem Widerspruch mit ihnen steht, denn als solche ist sie sich der Grenzen ihres Gebietes bewusst, will sie göttliche Dinge nicht nach dem Maßstab ihrer natürlichen Erkenntnis messen und weiß sie, dass es Wahrheiten gibt, welche der bloßen Vernunft zwar nicht zuwider sind, aber doch über dieselbe hinausgehen. Nach dem Fall des Menschen aber verhält es sich anders: da tritt die Vernunft in Widerspruch mit der göttlichen Wahrheit. Sie hat darum auch nicht das Recht, die Wahrheiten der Offenbarung zu prüfen, noch weniger das, was mit ihrer Erkenntnis nicht zu stimmen scheint, zu verwerfen, vielmehr ist ihre Pflicht die, sich der Offenbarung zu unterwerfen und von ihr zu lernen. In letzterem Falle wird auch ihr wieder vieles einleuchtend werden, was ihr zuvor widersprechend schien und wird sie sich wieder mehr dem Zustande nähern, in welchem sie sich vor dem Falle befand.“ (Heinrich Schmid)
„Wenn des Tages Licht hinwegweicht, so gehet die Nacht und die Finsternis an, und gehet das finstere Licht, der Mond, auf, als das Nachtlicht; also ist außer Christo eitel Finsternis, und das rechte Nachtlicht der Vernunft verfinstert den Verstand. Gleichwie nun diejenigen närrisch tun, die mehr von dem Mond erleuchtet werden wollen, als von der Sonne; also tun die viel närrischer, so mehr wollen erleuchtet werden von der Weltweisheit, als von Christo, der göttlichen ewigen Weisheit. So närrisch ist es, wenn einer des Tages bei einem Licht besser sehen wollte, als bei der Sonne; ebenso närrisch ist es, wenn einer durch die Weltweisheit besser sehen und klüger sein wollte, als durch die Weisheit Gottes; welche ist Christus. O Torheit! wenn einer meinet, mehr erleuchtet zu werden durch die Kreatur, als durch den Schöpfer.“ (Johann Arndt)
„Der Doktor (Luther) ward gefragt, ob die Vernunft in den Christen etwas vermöchte, da sie in den Artikeln des Glaubens uns versperrt werden müsse? Antwortete er: Die Vernunft sei vor dem Glauben und der Erkenntnis Gottes Finsternis, doch in den Gläubigen ein gar treffliches Werkzeug. Denn gleichwie alle natürlichen Gaben und Werkzeuge in den Gottlosen gottlos sind, also sind sie in den Frommen heilsam. Da wird der Glaube durch Vernunft, Beredsamkeit, und Sprache vorangebracht, die ehezuvor den Glauben nur hinderten. Erleucht’te Vernunft, vom Glauben eingenommen, empfähet Lehen vom Glauben, sie ist ertötet und wiederum lebendig worden (…). Die Vernunft ist der Eitelkeit unterworfen, gleich als auch alle andern Kreaturen Gottes der Eitelkeit, d. i. dem Narrenwerk, unterworfen sind. Aber der Glaube trennet das Wesen von der Eitelkeit (...). Also soll die Eitelkeit verworfen werden, nicht das Wesen (…). So sind denn Vernunft, Sprache und alle Gaben und Kreaturen andre in den Frommen und Christen denn in den Unfrommen.“ (Martin Luther)
„Der Glaube ist kein Werk der Vernunft und kann daher auch keinem Angriff derselben unterliegen; weil Glauben so wenig durch Gründe geschieht als Schmecken und Sehen.“ (Johann Georg Hamann)
Das Mittel, wodurch wir dem Himmel näher gekommen sind, ist die Herunterlassung Gottes auf die Erde; kein Turm der Vernunft, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, und durch dessen Ziegel und Schleim wir uns einen Namen zu machen gedenken; dessen Fahne der irrenden Menge zum Wahrzeichen dienen soll.
J. G. Hamann
Die Gesundheit der Vernunft ist der wohlfeilste, eigenmächtigste und unverschämteste Selbstruhm, durch den alles zum vorausgesetzt wird, was eben zu beweisen war, und wodurch alle freie Untersuchung der Wahrheit gewalttätiger als durch die Unfehlbarkeit der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen wird.
J. G. Hamann
Unsere Vernunft ist eben das, was Paulus das Gesetz nennt – und das Gebot der Vernunft ist heilig, gerecht und gut. Aber ist sie uns gegeben – uns weise zu machen? Eben so wenig als das Gesetz den Juden, sie gerecht zu machen, sondern uns zu überführen von dem Gegenteil, wie unvernünftig unsere Vernunft ist, und dass unsere Irrtümer durch sie zunehmen sollen, wie die Sünde durch das Gesetz zunahm. Man setze allenthalben, wo Paulus von Gesetz redet – das Gesetz unsers Jahrhunderts und die Losung unserer Klagen und Schriftgelehrten – die Vernunft: so wird Paulus mit unsern Zeitverwandten reden; und seine Briefe werden nicht mehr einer Trompete ähnlich sein, nach deren Schall sich keiner zum Streit rüstet, weil sie unverständlich das Feldzeichen gibt.
J. G. Hamann
Ich hab‘ es bis zum Ekel und Überdruss wiederholt, dass es den Philosophen wie den Juden geht, und beide nicht wissen, weder was Vernunft noch was Gesetz ist, wozu sie gegeben: zur Erkenntnis der Sünde und Unwissenheit – nicht der Gnade und Wahrheit, die geschichtlich offenbart werden muss, und sich nicht ergrübeln, noch ererben noch erwerben lässt. Dieses kurze, alte und ewige Glaubensbekenntnis sagt alles, was ich a priori darüber zu sagen im Stande bin.
J. G. Hamann
Wie das Korn aller unserer natürlichen Weisheit verwesen, in Unwissenheit vergehen muss, und wie aus diesem Tode, aus diesem Nichts, das Leben und Wesen einer höhern Erkenntnis neu geschaffen hervorkeime; so weit reicht die Nase eines Sophisten nicht. Kein Maulwurfshügel, sondern ein Turm Libanons muss es sein, der nach Damesek gafft (Cant. 7,4).
J. G. Hamann
Nicht „Cogito ergo sum“, sondern umgekehrt, oder noch hebräischer „Est ergo cogito“ (Er ist, also denke ich), und mit der Inversion eines so einfachen Principii bekommt vielleicht das ganze System eine andere Sprache und Richtung.
J. G. Hamann
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Die Vernunft ist ein Licht, doch der Glaube ist eine Sonne. C. H. Spurgeon
Wer aus Gründen handelt, handelt noch lange nicht vernünftig; denn Gründe sind oft unvernünftig. Charles Joseph Fürst von Ligne
Das Herz hat seine Vernunftgründe, welche die Vernunft nicht kennt; man erfährt es an tausend Dingen. Blaise Pascal
Das Vermögen, welches die Verbindung der Wahrheiten untereinander einsieht, heißt im eigentlichen Sinne die Vernunft. Leibniz
Der Glaube ist kein Werk der Vernunft und kann daher auch keinem Angriff derselben unterliegen, weil Glauben so wenig durch Gründe geschieht als Schmecken und Sehen. Johann Georg Hamann
Der letzte Schritt der Vernunft ist die Erkenntnis, dass es eine Unendlichkeit von Dingen gibt, die sie übersteigen. Sie ist schwach, wenn sie nicht bis zu dieser Erkenntnis vordringt. Blaise Pascal
Die Vernunft hat bei den Menschen keine großen Chancen, sie amüsiert sie nicht genügend. Pierre Carlet de Marivaux
Die Vernunft ist das größte Hindernis für den Glauben, weil alles Göttliche ihr widersinnig erscheint. Martin Luther
Es ist ebenso unnütz und ebenso lächerlich, dass die Vernunft vom Herzen Beweise für seine ersten Prinzipien verlangt, wenn sie ihnen zustimmen will, wie es lächerlich wäre, dass das Herz von der Vernunft ein Gefühl für alle Lehrsätze verlangte, die diese beweist, wenn es sie annehmen will. Blaise Pascal
Leidenschaft ist der Strom, Vernunft das Ufer, aber verdammt holländisch flach. Karl Julius Weber
Ob ein Mann, der schreibt, gut oder schlecht schreibt, ist gleich ausgemacht, ob aber einer, der nichts schreibt und stille sitzt, aus Vernunft oder aus Unwissenheit stille sitzt, kann kein Sterblicher ausmachen. G. Chr. Lichtenberg
Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut. G. Chr. Lichtenberg
Es gibt zwei Arten vernünftiger Menschen: Diejenigen, die Gott von ganzem Herzen dienen, weil sie ihn kennen. Und die, die Gott von ganzem Herzen suchen, weil sie ihn noch nicht gefunden haben. Blaise Pascal
Es ist schon ein großer und nötiger Beweis der Klugheit oder Einsicht zu wissen, was man vernünftigerweise fragen sollte. Immanuel Kant
Es ist viel leichter, für andere vernünftig zu sein als für sich selbst. Rochefoucauld
Es liegt in der menschlichen Natur, vernünftig zu denken und unvernünftig zu handeln. Anatole France
In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen, ist schon wieder ein Irrsinn für sich. Voltaire
Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden. Bertha von Suttner
Man findet in einer Diskussion deshalb so wenig vernünftige und angenehme Leute, weil fast jeder, statt auf die Meinung anderer zu antworten, nur daran denkt, was er selber sagen will. Rochefoucauld
Wer aus Gründen handelt, handelt noch lange nicht vernünftig; denn Gründe sind oft unvernünftig. Charles Joseph Fürst von Ligne
Wir halten meist nur für vernünftig, wer unserer Meinung ist. Rochefoucauld
Es gibt keinen größeren Verschwender als den Geizhals. Er vergeudet sein Leben auf die Erwerbung dessen, was er weder genießen kann noch will. József Baron von Eötvös
„Wenn der Zorn Gottes, welcher auf den Menschen um ihrer Sünden willen ruht, samt allen seinen Folgen, ein gerechter und heiliger ist, so ist es auch mit Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit nicht verträglich, dass er so schlechthin und ungestraft den Menschen ihre Sünden vergibt, und allen Zorn samt seinen Folgen aufgibt: nicht mit seiner Gerechtigkeit, denn diese verlangt, dass er sich zu den Sündern anders verhalte als zu den Frommen, und dass er über die ersteren Strafe verhänge: nicht mit seiner Heiligkeit, denn der zufolge hasst er das Böse: endlich ist es auch nicht mit seiner Wahrhaftigkeit verträglich, denn er hat zuvor den Übertretern seines heiligen Gesetzes Strafe angedroht. Wenn Gott darum doch wieder in ein Gnadenverhältnis mit den Menschen treten soll, so muss zuvor etwas geschehen, was macht, dass er unbeschadet seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit es tun kann; es muss die Schuld, welche die Menschen durch ihre Sünden auf sich geladen haben, abgetragen werden, es muss ein Lösegeld bezahlt, es muss ein Ersatz geleistet werden für die Beleidigung, welche Gott ist angetan worden, oder was gleichbedeutend ist, es muss eine Genugtuung geleistet werden. Da nun eine solche zu leisten uns, den Menschen, unmöglich ist, so haben wir es als einen besondern Akt des göttlichen Erbarmens zu preisen, dass Gott eine solche durch Christum hat möglich zu machen gewusst, und dass er zu diesem Endzweck den Entschluss gefasst hat, Christum Mensch werden zu lassen, damit dieser die Genugtuung an unserer Statt leiste (…..). In Christo, dem Gott-Menschen ist daher alles Vermögen, eine solche Leistung zu vollbringen, welche einen Ersatz leistet für die Gott angetane Beleidigung: in ihm ist aber auch der Wille, für uns einzustehen, unser Bürge zu werden, unsere Schuld auf sich zu nehmen und Gott damit Genugtuung zu leisten. Diese zu leistende Genugtuung muss aber, wenn sie erfolgreich sein soll, von doppelter Wirkung sein: sie muss einmal bewirken, dass Gott aufhört, die Menschen als solche zu betrachten, welche den Forderungen des heiligen Gesetzes nicht genügt haben, welches dann geschieht, wenn der, welcher genugtun will, an der Menschen Statt das ganze Gesetz so erfüllt, dass von ihm jetzt geleistet ist, was von den Menschen unterlassen worden war. Dann muss die Genugtuung bewirken, dass auf den Menschen keine Schuld mehr ruht, um deretwillen sie Strafe verdienen, und dieses geschieht, wenn der für die Menschen Genugtuende die Strafen auf sich nimmt. Beides aber hat Christus bewirkt (..…). Indem Christus aber auf die beschriebene Weise genuggetan hat, hat er dadurch uns die Vergebung der Sünden und das ewige Heil erworben, welches wir sein Verdienst nennen, das uns zu Gut kommt.“ (Heinrich Schmid)
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Wenn du dich zur Versöhnlichkeit geneigt fühlst, so frage dich vor allem, was dich eigentlich so milde stimmte: schlechtes Gedächtnis, Bequemlichkeit oder Feigheit. Arthur Schnitzler
Im großen Streit von Gott und Mensch ist Jesus „dazwischengegangen“. Und das Feuer von beiden Seiten wurde erst eingestellt, als er tot war. Denn jede der Konfliktparteien hat in ihm den Repräsentanten der Gegenseite gesehen. Doch zweimal minus ergibt plus. Indem sich die wechselseitige Verneinung an der Person Christi entlud, hat sie sich auch verausgabt. Gott (in seiner Perspektive) sieht die Menschheit nun immer zusammen mit dem schuldlosen Jesus, der ihre Schuld getragen hat. Und die Menschheit (soweit sie glaubt) sieht Gott immer zusammen mit seinem Sohn, dessen Hingabe ihr die Liebe des Vaters offenbart.
Die gute Nachricht des Neue Testaments besteht darin, dass Christus ein Problem löst, das Menschen mit Gott haben. Doch neuerdings wird der Akzent sehr verschoben und mancher predigt, als bestünde Erlösung nicht darin, dass Christus uns mit Gott, sondern dass er uns mit uns selbst versöhnt. Jesus ging aber nicht ans Kreuz, damit wir uns selbst gnädig sind. Und er lehrte auch seine Jünger nicht, sich selbst zu lieben, sondern sich selbst zu hassen (Lk 14,26), denn niemand kann den guten Gott lieben, ohne das Böse in sich selbst zu verdammen.
Obwohl die verschiedensten Anteile unserer Person am Glauben beteiligt sind (Wille, Gefühl, Erfahrung, Vernunft, etc.), lässt sich der Glaube weder auf eine noch auf die Gesamtheit dieser Funktionen zurückführen. Glaube ist vielmehr eine facettenreiche Reflektion göttlichen Lichtes: Wie ein Spiegel Licht nicht erzeugen, sondern nur reflektieren kann, so kann unsere Seele das Licht des Evangeliums nicht erzeugen, sondern nur reflektieren – und eben diese Reflektion nennen wir „Glaube“.
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Dass der Verstand erst mit den Jahren kommt, sieht man nicht eher ein, als bis der Verstand und die Jahre da sind. Jean Paul
Die Menschen gebrauchen ihren Verstand nur, um ihr Unrecht zu rechtfertigen, und ihre Sprache allein, um ihre Gedanken zu verbergen. Voltaire
Du hörst auf, ein Kind zu sein, an dem Tage, da du das Wort Pflicht verstanden hast. Carmen Sylva
Ein gewöhnlicher Verstand ist wie ein schlechter Jagdhund, der die Fährte eines Gedankens schnell annimmt und schnell wieder verliert; ein außerordentlicher Verstand ist wie ein Leithund, der unbeirrbar fest auf der Fährte bleibt, bis er das Lebendige ereilt hat. Hugo von Hofmannsthal
Es gibt Menschen mit leuchtendem und Menschen mit glänzendem Verstande. Die ersten erhellen ihre Umgebung, die zweiten verdunkeln sie. Marie von Ebner-Eschenbach
Jeder klagt über sein Gedächtnis, niemand über seinen Verstand. Rochefoucauld
Man hat gerade soviel Eitelkeit, wie man Verstand entbehrt. Alexander Pope
Man kann Ratschläge geben, aber nicht den Verstand, sie zu befolgen. Rochefoucauld
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe. Rene Descartes
Reue ist Verstand, der zu spät kommt. Feuchtersleben
Jedermann hat gerade so viel Eitelkeit, als es ihm an Verstand fehlt. Friedrich Nietzsche
Wer in Glaubenssachen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten. Wilhelm Busch
Keiner kann über sich sehen. Hiermit will ich sagen: jeder sieht am andern nur so viel, als er selbst auch ist: denn er kann ihn nur nach Maßgabe seiner eigenen Intelligenz fassen und verstehen. Ist nun diese von der niedrigsten Art, so werden alle Geistesgaben, auch die größten, ihre Wirkung auf ihn verfehlen und er an dem Besitzer derselben nichts wahrnehmen, als bloß das Niedrigste in dessen Individualität, also nur dessen sämtliche Schwächen, Temperaments- und Charakterfehler. Daraus wird er für ihn zusammengesetzt sein. Die höheren geistigen Fähigkeiten desselben sind für ihn so wenig vorhanden, wie die Farbe für den Blinden. Denn alle Geister sind dem unsichtbar, der keinen hat… Arthur Schopenhauer
Man nützt und versteht nur solche Lebensregeln, von denen man die Erfahrungen, worauf sie ruhen, so durchgemacht, dass man die Regeln hätte selber geben können. Jean Paul
Wenn die Menschen nur von dem sprächen, was sie verstehen, dann würde gar bald ein großes Schweigen auf der Erde herrschen. Aus China
Wenn du ihn verstehen würdest, wäre er nicht Gott. Augustin
Wenn ich eine Stelle in der Bibel nicht verstehe, ziehe ich den Hut und gehe vorüber. Martin Luther
Manchmal gibt Er dir und entzieht dir dabei, und manchmal entzieht Er und gibt doch. Wenn Er dir beim Entzug die Pforte des Verständnisses auftut, wird der Entzug selbst zur Gabe. Ibn Ata Allah
1.
Es scheint oft, als sei unser Predigen „vergebliche Liebesmüh“, so dass ein ärgerlicher Prediger zuletzt denken mag: „Glaubt doch, was ihr wollt!“ Doch hat er dann seinen Auftrag missverstanden, der gar nicht darin besteht, „gut anzukommen“, sondern allein darin, Gottes Wort treu und verständlich weiterzugeben. Ob es dann bei den Hörern rettenden Glauben oder Verstockung wirkt, liegt in Gottes Hand. Sein Wort wirkt jederzeit, was es wirken will. Und es zu verkünden ist auch dann nicht vergeblich, wenn es auf massiven Widerstand trifft. Denn Gott sagt: „Wer es hört, der höre es; wer es lässt, der lasse es“ (Hes 3,27).
2.
Mit hörenden Ohren nicht hören
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„Unter Verstockung verstehen wir denjenigen Zustand eines Sünders, da weder die Predigt des Gesetzes, noch des Evangeliums einen Eindruck auf sein Herz macht.“ (Adolf Hoenecke)
1.
Gott „prüft“ Menschen. Doch wozu ist das nötig, wenn der Allwissende das Ergebnis doch schon kennt? Gott weiß von vornherein, was in einem Menschen steckt – aber der Mensch weiß es nicht. Und er würde ohne Versuchungen nicht erfahren, was da alles in seinem Herzen wohnt. Gott aber will uns die Augen öffnen. Und dafür sind die Versuchungen gut, die nicht ihn, sondern uns klüger machen, unsere besten und schlimmsten Möglichkeiten offenbaren und erst damit vertiefte Selbsterkenntnis und vertieften Glauben möglich machen.
2.
Wer das reine Herz nicht hat, das er haben sollte, kommt immerhin schon einen Schritt voran, wenn er lernt, mit seiner Unreinheit nicht einverstanden zu sein und die eigenen Fehler nicht mehr zu entschuldigen. Denn solange die Vernunft nicht in die Versuchung einstimmt, geht auch die Liebe zu Gott nicht verloren. Solange der Wille in das Böse nicht einwilligt, hat der Teufel nicht gesiegt. Und solange unreine Gedanken dem Menschen nicht zur Lust, sondern zur Last sind, werden sie ihm auch nicht als Sünde angerechnet. Wenn wir uns allerdings mit dem anfreunden, was Gott an uns hasst, haben wir uns von ihm getrennt.
3.
Versuchung
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„Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom Bösen. Diese Bitte passt zu der Verheißung, dass Gott sein Gesetz in unsere Herzen schreiben wolle. Weil wir aber in unserm Gehorsam gegen Gott einen beständigen und harten Kampf aushalten müssen, so bitten wir hier, dass er uns mit Waffen ausrüsten und mit seiner Kraft beschirmen wolle, damit wir den Sieg davon tragen mögen. Hiedurch werden wir erinnert, dass uns nicht allein die Gnade des Geistes nötig sei, die unsere Herzen innerlich erweiche und zum Gehorsam gegen Gott lenke, sondern auch sein Beistand, damit er uns standhaft mache wider alle List und Anfechtungen des Satans. Nun sind aber der Versuchungen viele und mancherlei. Denn eines Teils gehören dazu die bösen Gedanken, die uns zur Übertretung des Gesetzes reizen, welche entweder unsere verderbte Lust uns eingibt, oder der Teufel erregt; andern Teils werden auch Versuchungen für uns die Dinge, welche zwar an sich selbst nicht böse sind, aber durch des Teufels Kunst gemissbraucht werden, wenn sie nämlich unsern Augen sich so eindrücken, dass wir durch den Anblick derselben von Gott abgeführt werden (…). Auf der einen Seite sind es: Reichtum, Gewalt, Ehre, welche gemeiniglich mit ihrem Glanz den Leuten die Augen verblenden, oder sie ins Wohlleben stürzen, so dass sie ihres Gottes vergessen; anderseits sind es: Armut, Schmach, Verachtung, Trübsal, durch deren Last darniedergedrückt sie den Glauben und die Hoffnung sinken lassen, und endlich von Gott ganz und gar abtrünnig werden. Wir bitten nun Gott unsern Vater, dass er uns in dieser doppelten Art von Versuchungen nicht unterliegen lasse, sondern vielmehr mit seiner Hand aufrichte: damit wir durch seine Kraft gestärkt wider alle Angriffe des bösen Feindes Stand halten können, und weder im Glück aufgeblasen werden, noch im Unglück verzagen. Jedoch begehren wir hier nicht, ohne alle Anfechtungen zu bleiben; denn wir haben ihrer hoch vonnöten, damit wir dadurch, desto wachsamer gemacht, und vor der fleischlichen Sicherheit bewahrt werden. Der Herr versucht auch seine Auserwählten täglich, indem er sie durch Schmach, Kreuz und Trübsal züchtigt (…). Aber auf eine andere Weise versucht Gott und auf eine andere Weise der Teufel; dieser, dass er verderbe und ins Elend stürze, Gott aber, dass er durch Prüfungen die seinen erforsche, ihre Aufrichtigkeit erprobe und durch Übung stärke, ihr Fleisch töte und kreuzige, damit es nicht mutwillig und geil werde. Zudem überfällt der Satan die Wehrlosen und Ungerüsteten, damit er sie unvermutet unterdrücke: Gott aber gibt mit der Versuchung auch die Ausdauer, dass die Seinen geduldig ertragen können, was er ihnen zuschickt (…). So ist denn hier das unser Begehren, dass wir von keinerlei Versuchungen überwunden werden, sondern durch des Herrn Kraft wider alle Kraft des Feindes feststehen: welches heißt, in den Versuchungen nicht unterliegen.“ (Johannes Calvin)
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Es ist keine Sünde, versucht zu werden. Die Sünde liegt in dem Nachgeben. C. H. Spurgeon
Ein Rabbi sagte: Der Töpfer prüft nicht gesprungene Krüge. Er kann nämlich kein einziges Mal schlagen, ohne sie zu zerbrechen. Was aber prüft er? Starke Krüge! Sogar, wenn er öfter schlägt, zerbricht er sie nicht. So der Heilige, gelobt sei er: Er versucht nicht die Frevler, sondern die Gerechten.
Versuchungen bekämpft man am besten durch Geldmangel oder Rheumatismus. Joachim Ringelnatz
Versuchungen sind wie Vagabunden: Wenn man sie freundlich behandelt, kommen sie wieder und bringen andere mit. Mark Twain
VERsuchung Christi
Gottes missverstandene Liebe (Passion)
Ist Glaube ein „Vertrag“ mit Gott? Nicht im dem Sinne, dass Inhalte und Bedingungen des Bundes frei ausgehandelt würden. Die Partner sind nicht auf Augenhöhe. Und doch ist der „neue Bund“ in Christus ein Verhältnis wechselseitiger Loyalität und Treue, das klare Zusagen und Pflichten einschließt. Nichts daran ist verdient, der Glaubensbund wird gnadenhaft gewährt! Doch kann ihn verspielen, wer die Gemeinschaft nicht pflegt. Christ-Sein ist also etwas viel Konkreteres und Verbindlicheres als nur ein wenig Moral und diffuse religiöse Gefühle!
Ein aufgeklärter Geist vermag sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Aber ist unser Verstand ein in jeder Hinsicht kompetenter Richter? Wo man selbst sich nicht auskennt, ist gerade das Vertrauen vernünftig. Und so ist es höchst „rational“, in göttlichen Dingen weniger der eigenen Vernunft als Gottes Geist zu vertrauen. Die „Aufklärung“ durch ihn ist nicht Werk, sondern Gnade. Denn sie ist ebenso wenig ein Resultat unserer gedanklichen Tätigkeit wie unsere Rechtfertigung ein Resultat unserer moralischen Bemühungen ist.
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Zur Übung unseres Glaubens sind Wolken und Dunkelheit notwendig, um uns zu veranlassen, dass wir unser Vertrauen mehr auf Christus setzen als auf unsere Erfahrungen, Beweisgründe, Gemütsstimmungen und Gefühle. C. H. Spurgeon
Das Kreuz setzt dir zu, nicht damit du darunter verkommst, sondern dass du lernst, Gott zu vertrauen. Denn Gott vertrauen ist keine Kunst, wenn alles wohl geht. Martin Luther
Der Mensch kann nicht leben ohne das dauernde Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem. Franz Kafka
Der Stolz auf das Vertrauen, das einem geschenkt wurde, ist eines der Hauptmotive dafür, dass man Geheimnisse ausplaudert. Samuel Johnson
Ein Kennzeichen dafür, dass man noch auf eigene Werke vertraut, ist, dass sich bei einem Fehltritt die Hoffnung vermindert. Ibn Ata Allah
Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt. Adolf von Harnack
Nichts macht die Menschen vertrauter und gegeneinander gutgesinnter als gemeinschaftliche Verleumdung eines Dritten. Jean Paul
Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man genau weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde! Anonym
Wir verschenken unser Vertrauen meist nur, um bedauert oder bewundert zu werden. Rochefoucauld
Zeng-zi sprach: „Ein Mensch, dem man ein Waisenkind genauso anvertrauen kann wie das Schicksal eines Staates und der selbst bei großen äußeren Zwängen seinen Grundsätzen treu bleibt - ist der ein Edler? Er ist ein Edler.“ „Gespräche“ des Konfuzius
Zwei Dinge sind sehr schwer fest zu erhalten: das Misstrauen dir selbst gegenüber, wenn alles gut zu gehen scheint, und das Vertrauen auf Gott, wenn alles übel zu gehen scheint. Johann Michael Sailer
Nichts macht die Menschen vertrauter und gegeneinander gutgesinnter als gemeinschaftliche Verleumdung eines Dritten. Jean Paul
Alle Fehler, die man macht, sind eher zu verzeihen als die Mittel, die man anwendet, um sie zu verbergen. Rochefoucauld
Du willst bei Fachgenossen gelten?
Das ist verlorene Liebesmüh.
Was dir missglückt, verzeihn sie selten,
was dir gelingt, verzeihn sie nie! Oskar Blumenthal
Ein für alle Mal schreibt dir darum ein kurzes Gebot Folgendes vor: Liebe und tu, was du willst! Wenn du schweigst, schweige aus Liebe; sprichst du, so sprich aus Liebe; wenn du tadelst, tadle aus Liebe; wenn du verzeihst, verzeih aus Liebe. Die Wurzel der Liebe soll das Innerste deines Herzens sein: Aus dieser Wurzel kann nichts als Gutes hervorkommen. Augustin
Einem Menschen verzeihen, der nicht bereut, ist wie Zeichnen im Wasser. Aus Japan
Wer wenig bedarf, der kommt nicht in die Lage, auf vieles verzichten zu müssen. Plutarch
1.
Wenn ein Mensch an der Welt und an sich selbst verzweifelt, muss man ihm das nicht ausreden und ihm Pillen verschreiben, sondern kann ihm zur klaren Sicht der Dinge gratulieren. Nur sollte er Gott dabei ausnehmen, an dem zu verzweifeln kein Anlass besteht. Und hält er an ihm fest, hat sich die Gesamtbilanz seines Lebens nicht verschlechtert. Gottes Gnade ist am Ende alles, was er hat. Aber sie ist auch alles, was er braucht. Darum – wohl dem, der auf die rechte Weise verzweifelt ist! Denn niemand ist der Gnade näher als der, dem sich aller falsche Trost entzogen hat.
2.
Gott wird nie aufhören, sein Wort zu halten. Wer aber auf dieses Wissen baut und aus dem Evangelium die logisch zwingenden Folgerungen zieht, hat keinen Grund zu zittern, zu zagen, zu sorgen oder zu klagen, sondern wird mutig, trotzig und munter sein. Ein resignierender Christ steht mit sich selbst im Widerspruch. Denn als Christ darf er wissen, dass er am Sieg Jesu Christi teilhat – und sollte darum nicht wie ein Verlierer herumlaufen, sondern sollte aufrecht gehen und unbeirrt mutig sein.
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„Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen, und nicht zugeben, dass dein Heiliger verwese.“ Ps. 16,10. (…). Wir mögen in tiefe Schwermut sinken, bis es scheint, als wären wir in den Abgrund der Hölle gestürzt; aber wir sollen nicht da gelassen werden. Es mag scheinen, als wären wir an des Todes Pforte in Herz und Seele und Bewusstsein; aber wir können nicht da bleiben. Der Tod der Freude und Hoffnung in unsrem Innern mag sehr weit gehen, aber er kann nicht zu den äußersten Folgen fortschreiten, so dass er die völlige Verwesung schwarzer Verzweiflung erreichte. Wir mögen sehr tief sinken, aber nicht tiefer, als der Herr zulässt; wir mögen in dem tiefsten Kerker des Zweifels eine Zeitlang bleiben, aber wir sollen dort nicht umkommen. Der Hoffnungsstern ist immer noch am Himmel, wenn die Nacht am schwärzesten ist. Der Herr wird uns nicht vergessen und uns nicht dem Feinde überliefern. Lasst uns in Hoffnung ruhen. Wir haben es mit einem zu tun, dessen Barmherzigkeit ewiglich währet. Gewiss, aus Tod und Finsternis und Verzweiflung werden wir noch zu Leben, Licht und Freiheit auferstehen.“ (Charles H. Spurgeon)
Es gibt nur einen christlichen Glauben. Doch ist dieser Glaube in mehr als einer Weise auf Gott bezogen. Je nachdem, welche der sieben „Beziehungsmuster“ dominieren, entwickelt der Mensch seinen speziellen „Typ“ des Christ-Seins. Diese Vielfalt des Glaubens ist zu begrüßen, weil jeder „Typ“ seine besonderen Stärken hat. Doch liegt auch eine Gefahr darin: Wird eine Beziehungsform ganz aus dem Zusammenhang der anderen gelöst und einseitig überbetont, kommt es zu Fehlformen des Glaubens.
Wenn Menschen sich in ihrem Land, ihrer Sprache und Kultur verwurzelt fühlen, ist das nicht zuerst als Problem zu sehen, sondern als gute Gabe des Schöpfers, der seine Geschöpfe nicht „ortlos“ in der Welt herumirren lässt. Nur muss, wer solche Beheimatung für sich in Anspruch nimmt, sie auch den anderen gönnen. Und wo das „Wir-Gefühl“ zur Ideologie wird, kann ein Christ nicht mehr mitgehen. Denn die Unterscheidung des Fremden und die Abwertung des Fremden sind sehr verschiedene Dinge, die man keinesfalls verknüpfen oder vermengen darf.
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Die Politik ist in der Demokratie die Kunst, das Volk glauben zu machen, dass es regiere. Louis Latzarus
Glücklich ist das Volk, dessen Geschichte sich langweilig liest. Charles de Montesquieu
Bei Gott funktioniert Demokratie andersherum. Denn er ist ein König, der sich sein Volk wählt. Und er tut es nicht, weil die Erwählten etwas Besonderes wären, sondern sie sind nur deshalb etwas Besonderes, weil Gott sie erwählt. Gottes Wahl gründet in nichts anderem als in Gottes Freiheit, so dass wir als Christen nicht sind, was wir sind, weil wir uns für Gott, sondern weil er sich für uns entschieden hat. Wir verdanken unseren Glauben seiner Zuwendung zu uns. Und das ist gut so. Denn was unsere zittrigen Hände nicht halten, können sie auch nicht fallenlassen!
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„Wir reden aber von dem äußerlichen Wort, durch Menschen, als durch dich und mich, mündlich gepredigt. Denn solches hat Christus hinter sich gelassen, als ein äußerlich Zeichen, dabei man sollte erkennen seine Kirche, oder sein christlich heilig Volk in der Welt. Auch reden wir von solchem mündlichen Wort, da es mit Ernst geglaubt, und öffentlich bekannt wird vor der Welt, wie er spricht (Matth. 10,32.33. Luc. 12,8.): „Wer mich bekennet vor den Leuten, den will ich bekennen vor meinem Vater und seinen Engeln.“ (…). Wo du nun solch Wort hörest oder siehest predigen, glauben, bekennen und darnach tun, da habe keinen Zweifel, dass gewisslich daselbst sein muss eine rechte Ecclesia sancta catholica, ein christlich heilig Volk (1 Petr. 2,9.), wenn ihrer gleich sehr wenig sind. Denn Gottes Wort gehet nicht ledig ab, Jes. 55,11., sondern muss zum wenigsten ein Vierteil oder Stück vom Acker haben. Und wenn sonst kein Zeichen wäre, denn dies allein, so wäre es dennoch genugsam zu weisen, dass daselbst müsste sein ein christlich heilig Volk. Denn Gottes Wort kann nicht ohne Gottes Volk sein. Wiederum, Gottes Volk kann nicht ohne Gottes Wort sein. Wer wollte es sonst predigen oder predigen hören, wo kein Volk Gottes da wäre? Und was könnte oder wollte Gottes Volk glauben, wo Gottes Wort nicht da wäre?“ (Martin Luther)
1.
Mit dem Tod endet nur unseres Lebens erster Teil, denn nach der Auferstehung und dem Jüngsten Gericht werden die Gläubigen gereinigt, runderneuert und vollendet in Gottes Reich eingehen. „Herrlichkeit“ wird dafür ein viel zu kleines Wort sein! Doch sollte man sich den Himmel nicht zu sehr in Kategorien des Konsums vorstellen. Unsere Seligkeit wird nicht darin bestehen, dies und jenes zu genießen (im Sinne eines Schlaraffenlandes), sondern dass wir Gott schauen und Gott genießen. Seine Nähe wird uns beglücken und wir werden Gottes voll sein.
2.
Der Glaube ist ganzjährig voller Erwartung, er sitzt sozusagen „auf gepackten Koffern“ und freut sich auf den Tag, da der gottlose Zustand dieser Welt überwunden wird, weil entweder der Herr zu uns kommt – oder wir zu ihm. Auch der Herr will das. Denn der Wartende ist es dem Kommenden wert, dass er kommt. Und der Kommende ist es dem Wartenden wert, dass er wartet. Einer ist des andern Ziel. Und in der gedanklichen Vorwegnahme der noch nicht vollendeten Gemeinschaft bilden sie doch schon eine Gemeinschaft: Der Kommende ist dem Wartenden in seiner Erwartung gegenwärtig, wie auch der Wartende dem Kommenden als Ziel seines Laufes vor Augen steht.
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Gott ändert seinen Plan nicht, warum sollte er? Er ist der Allmächtige und kann deshalb tun, was immer er will. Warum sollte er nicht? Gott ist allweise und kann daher nichts falsch planen. Warum sollte er? Er ist der ewige Gott und kann daher nicht sterben, ohne dass sein Plan vollendet wäre. Warum sollte er sich ändern? Ihr wertlosen Atome der Erde, Strohfeuer eines einzigen Tages, ihr kriechenden Insekten auf dem Lorbeerblatt der Existenz, ihr mögt eure Pläne ändern, aber er niemals. Hat er mir gesagt, dass es sein Plan ist, mich zu retten? Dann bin ich für immer gerettet. C. H. Spurgeon
Ein Mensch ohne Traum von der Vollendung ist nicht weniger eine Missgeburt als ein Mensch ohne Nase. G. K. Chesterton
Der Weg des Glaubens stellt hohe Anforderungen. Und niemand kann sagen, er sei bereits am Ziel angekommen. Doch für Gott zählt nicht, ob einer vorne läuft oder hinten. Entscheidend ist nicht, wie nah der Mensch der Vollkommenheit ist. Sondern für Gott zählt nur, ob er im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Bestes gibt. So kann „schwacher“ Glaube „genug“ sein, wenn der Mensch nur unterwegs bleibt, kämpft, strebt und läuft. Und „starker“ Glaube kann „zu wenig“ sein, wenn der Mensch sich ins Gras setzt und sich auf dem Erreichten ausruht.
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„Gleichwie der Mensch durch den Abfall von Gott, das ist, durch eigene Liebe und eigene Ehre von Gott gerissen worden, und seine angeschaffene Vollkommenheit verloren hat, also muss er durch die Vereinigung mit Gott wieder zu seiner vollkommenen Ruhe und Seligkeit kommen. Denn des Menschen Vollkommenheit bestehet in der Vereinigung mit Gott. Darum musste Gottes Sohn Mensch werden, auf dass die menschliche Natur wieder mit Gott vereinigt, und also wieder zu ihrer Vollkommenheit gebracht würde. Denn gleichwie göttliche und menschliche Natur in Christo persönlich vereiniget ist, also müssen wir alle mit Christo durch den Glauben aus Gnaden vereiniget werden, auf dass die tiefe Verderbung unserer sündlichen Natur verbessert werde, als mit dem höchsten ewigen Gute.“ (Johann Arndt)
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Eine vollkommene Kirche gibt es nicht. Im Übrigen, lieber Freund, wenn Sie jemals eine vollkommene Kirche fänden, würde sie sich weigern, Sie aufzunehmen. Denn sobald dieselbe Sie aufgenommen hätte, hörte sie auf, vollkommen zu sein. Ihr Suchen ist darum vollständig unnütz. C. H. Spurgeon
Die Natur hat Vollkommenheiten, um zu zeigen, dass sie das Abbild Gottes ist, und sie hat Mängel, um zu zeigen, dass sie nur sein Abbild ist. Blaise Pascal
Die Tugend ist nichts anderes als eine beherrschte und maßvolle Liebe, die ganz zu Gott um Seiner selbst willen gerichtet ist. Denn Er selbst ist so sehr der ausschließliche Grund aller Tugenden, dass eine Tugend unvollkommen bleibt, wenn sich jemand zu ihrer Verwirklichung gedrängt fühlt durch einen zusätzlichen Grund außer Gott, selbst wenn dieser der Hauptgrund bleibt. Die Wolke des Nichtwissens (Anonym, 14. Jh.)
Die Welt ist vollkommen überall, wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. Friedrich von Schiller
Es ist kein großer Vorteil, einen lebhaften Geist zu haben, wenn er nicht auch richtig ist: Die Vollkommenheit einer Uhr beruht nicht auf ihrem raschen, sondern auf ihrem richtigen Gang. Luc de Clapier Vauvenargues
Gott nötig haben ist des Menschen höchste Vollkommenheit. Sören Kierkegaard
Mit Geduld Unrecht zu ertragen, das einem anderen zugefügt wird, ist ein Zeichen der Unvollkommenheit und sogar von wirklicher Sünde. Thomas von Aquin
Was dir an Vollkommenheit fehlt, ersetze durch Demut. Thomas von Kempen
Wer um Gottes willen gibt und um Gottes willen hindert und um Gottes willen liebt und um Gottes willen hasst und um Gottes willen heiratet, dessen Glaube ist vollkommen geworden. Muhammad
Alle Menschen hoffen und erstreben etwas, das sie erjagen wollen, um darin Glück und Frieden zu finden. Doch – ob sie’s wissen oder nicht: Eigentlich ist es immer Gott, den sie suchen. Denn was könnte in der Welt an Gutem enthalten sein, wenn nicht das, was der Schöpfer von seiner eigenen Herrlichkeit hineingelegt hat? Wenn ein Mensch also sucht, was ihm Erfüllung schenkt, sucht er eigentlich Gott – und schade ist es, wenn er sich mit dem irdischen Abglanz und Widerschein göttlicher Herrlichkeit zufrieden gibt, ohne ihren Ursprung zu suchen!
„Ein Amt aber, welches mit Unsicherheit und Zweifel ausgeübt wird, ist nicht Christi Amt, ist kein Amt zur Seligkeit, sondern ein Amt des Fluches und der Verdammnis, denn der Kern alles Fluches und aller Verdammnis ist die Ungewissheit und der Zweifel (…). Diener jener Theorien sind bei der sonst löblichsten christlichen Gesinnung und dem ernstesten menschlichen Willen allezeit in Ungewissheit ob sie in konkreten Fällen göttliche Drohungen auszusprechen und geltend zu machen hätten, ob sie Gottes Gerichte für besondere Zustände in der Gemeinde verkündigen dürften, ob sie den Beruf besäßen, die Gemeinde um sich zu sammeln, ob sie mit Erfolg segnen könnten, ob sie die Sündenvergebung mitzuteilen oder bloß zu verkündigen hätten u. s. w., und viele unter ihnen, welche an sich das Charisma der Gewalt über die Geister besitzen, werden durch diese Unsicherheit sogar in der Anwendung dieser Gabe geschwächt. Wenn sie nun aber Drohungen und Gerichte verkündigen, die Gemeinde rufen, Segen sprechen, absolvieren, und dies nur mit dem leisesten Gedanken daran tun, ob sie das Recht oder die Macht dazu haben, oder auch nur, woher sie ihr Recht und ihre Macht zu leiten haben, ob daher oder dorther, so sind diese Dinge fast allesamt unkräftig, gewiss aber allesamt, ohne Ausnahme, dem, der sie handhabt, zum Gericht – er fängt notwendig an, das Wort an die Stelle der Tat zusetzen, er fängt an Phrasen zu machen, er schreitet fort zur Heuchelei und endigt mit der Lüge. Wohl dem, welcher in Zeiten zurechtgesetzt und auf seinem Irrwege umgewendet wird, wie es einem sonst redlichen Zweifler meiner Bekanntschaft einst widerfuhr: er wurde als Geistlicher an das Todbett eines schweren Sünders gerufen, welcher in der Bekehrung begriffen war, und Vergebung der Sünden begehrte. Noch im Dienste der Theorie von dem Amte welches aus der Gemeinde komme, folglich auch der, dass er die Sündenvergebung nur zu verkündigen habe, befangen, begann er seine „Verkündigung“. Aber der Kranke rief ihm entgegen: „Die Verkündigung kenne ich längst, und ist mir von andern noch kürzlich oftmals vorgehalten worden; ich will nicht die Sünden mit allen andern Sünden vergeben haben, ich will meine Sünden vergeben haben; ich will wissen, ob Sie Recht und Macht haben, mir diese Sünden zu vergeben“. Damit, sagte er, seien ihm die Schuppen von den Augen gefallen, und er habe dasmal und seitdem allezeit die Vergebung der Sünden nicht verkündigt, sondern im Namen des Herrn Christi erteilt.“ (August F. C. Vilmar)
Ein vornehmer Mensch tadelt sich selbst, ein gewöhnlicher die andern. Konfuzius
Der gute Vorsatz ist ein Gaul, der oft gesattelt, aber selten geritten wird. Aus Mexiko
Fünf Vorsätze für jeden Tag. Ich will bei der Wahrheit bleiben. Ich will mich keiner Ungerechtigkeit beugen. Ich will frei sein von Furcht. Ich will keine Gewalt anwenden. Ich will in jedem zuerst das Gute sehen. Mahatma Ghandi
Cäsar erzählt, dass es bei einem gallischen Volke Brauch war, dass jeder, der einen neuen Vorschlag machte, mit dem Strick um den Hals dastehen musste - damit man ihn sofort loswerden konnte, wenn sein Vorschlag nichts taugte. Wenn dieser löbliche Brauch in unsrer Zeit eingeführt würde: Gott weiß, ob das Land Stricke genug hätte, denn die ganze Bevölkerung ist ja zu Projektmachern geworden; und doch, vielleicht wären fürs erste gar keine Stricke nötig, es wäre möglich, dass sich gar keiner meldete. Sören Kierkegaard
1.
Gottes Allmacht ist eine lückenlose, alles Geschehen bestimmende Wirksamkeit, durch die Gott die Geschicke der Welt nach seinem Willen lenkt. Der Mensch wird dadurch keineswegs zur willenlosen Marionette: Ein jeder tut durchaus, was er will. Nur werden die Folgen unserer Handlungsfreiheit Gott niemals überraschen. Unsere Entschlüsse sind, längst bevor wir sie fassen, in Gottes Plan vorgesehen und tragen selbst dann zu seiner Erfüllung bei, wenn wir das Gegen-teil beabsichtigen.
2.
Gott hat versprochen, die Seinen zu führen. Doch geschieht das eher selten durch wunderbare Zeichen, Träume, Stimmen, Engel oder Visionen, sondern in der Regel so, dass Gottes Geist uns durch das Wort der Schrift mit Gottes Prioritäten und Maßstäben vertraut macht. Wir eignen uns seine Perspektive an, beginnen zu lieben und zu hassen, was Gott liebt und hasst – und entscheiden dann ganz von selbst „in seinem Sinne“. Führung geschieht also durch betendes Nachdenken und nachdenkliches Beten, an dessen Ende wir Klarheit darüber haben, was Gottes Gefallen, und was sein Missfallen erregt.
3.
Weil alle Dinge eine ihnen von Gott bestimmte Zeit „haben“, muss ihnen ihre Zeit nicht erst von Menschen eingeräumt oder zugewiesen werden. Gottes Vorsehung legt fest, wann sie „dran“ sind – und zu einem anderen Termin weigern sie sich stattzufinden. Wo Gottes Kalender Chancen eröffnet, darf man fröhlich zugreifen. Doch abtrotzen kann man ihm nichts. Und wer klug ist, fügt sich in Gottes Vorsehung, wie sich der Landwirt in die Abläufe der Natur fügt: Er tut zwar, was er kann, versucht aber nicht, die Jahreszeiten zu regieren. Und so lassen Christen Gott darüber entscheiden, in welchem Takt die Uhr ihres Lebens ticken soll.
4.
Dem Menschen ist eine zuverlässige Kenntnis der Dinge erst möglich, wenn sie geschehen sind. Bei Gott hingegen geht die Kenntnis der Dinge ihrer Wirklichkeit voraus. Denn nichts kann real sein, dem er nicht Realität verleiht. Für uns ist ein Ereignis zuerst in der Welt – und dann im Bewusstsein. Doch für Gott ist es zunächst in seinem Bewusstsein – und erst später in der Welt. Sein Wissen ist keine erworbene Kenntnis, die ihm erst durch Beobachten, Nachdenken und Schlussfolgern zuwächst, sondern es umfasste schon vor aller Zeit alles, was Gott in der Zeit zu verwirklichen beschlossen hat.
5.
Ein Mensch befindet sich auf der Zeitleiste immer nur an einem Punkt. Doch wie ein Adler aus großer Höhe überschaut Gott den gesamten Weg, den der irdische Wanderer nur abschnittsweise zu sehen bekommt. Für Gott ist jeder Moment gleich präsent, weil er den gesamten Zeitenlauf vor aller Zeit selbst gefügt und geordnet hat. Und so resultiert unser „Morgen“ nicht aus dem „Gestern“, sondern beides aus Gottes Vorsehung. Unsere Zukunft ist stets das, was uns von Gott her „zu-kommt“. Denn die wahre Herkunft der Zukunft ist Gott selbst. Er ist nicht in der Zeit beschlossen. Aber alle Zeit in ihm. Und das ist überaus tröstlich.
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„Die Vorsehung Gottes im strengen Sinne ist die auf der Liebe sowie auf dem Vorwissen und dem Vorsatz Gottes ruhende Fürsorge, kraft deren alles Geschaffene erhalten, durchdrungen und geleitet wird, entsprechend dem Ziele, welches die Verherrlichung Gottes und das Wohl der Menschheit ist.“ (Adolf Hoenecke)
„Die Vorsehung ist eine solche Handlung Gottes, nach welcher Gott nicht nur schlechthin alles, sowohl das Gute, als das Böse, was geschieht und getan wird, weiß: sondern auch, mit welcher er alle Dinge, die er geschaffen hat, trägt und erhält, besonders aber für das Heil derer sorgt, die selig werden: die guten Taten der Menschen befiehlt, unterstützt, befördert, die bösen verhütet und verabscheut: und sie entweder verhindert, oder so zulässt, dass er sie, im Bezug auf ihr Ende, auch wider des Teufels und der Gottlosen Willen, zu seiner Verherrlichung und der Auserwählten Heil lenket.“ (Hunnius zitiert nach L. Hutter)
„Gott, der große Schöpfer aller Dinge, erhält, lenkt, verfügt und regiert über alle Kreaturen, Handlungen und Dinge – von den größten bis hin zu den geringsten – durch seine vollkommen weise und heilige Vorsehung, nach dem unfehlbaren Vorauswissen und dem freien und unveränderlichen Ratschluss seines eigenen Willens zum Lob seiner herrlichen Weisheit, Macht, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.“ (Westminster Bekenntnis)
„Gott ist nicht ein Werkmeister, der sein Werk, wenn er es gemacht hat, sich selbst überlässt und davon geht: sondern wie er dasselbe, die Welt, gemacht hat, so erhält er sie auch und trägt immerwährend Sorge um sie; darum spricht auch die hl. Schrift nie von der Schöpfung, ohne zugleich auch der über der Welt waltenden Fürsorge zu gedenken und eben darin liegt der höchste Trost des Christen, dass er sich Gott als einen in der Welt stets gegenwärtigen denken darf, der Sorge trägt für das Größte wie für das Kleinste und durch nichts gehindert ist, diese Sorge zu üben. Schon die natürliche Betrachtung der Welt und Beobachtung ihres Laufes legt uns diesen Trost nahe, doch vermögen wir denselben erst durch die Gewissheit, welche uns die Offenbarung hierüber gegeben hat, unwandelbar festzuhalten. Die Vorsehung Gottes erweist sich aber darin, dass Gott I. das in der Welt bereits Geschaffene erhält, dass er II. bei allem, was geschieht, mitwirkt, und III. alles in der Welt lenkt und leitet.“ (Heinrich Schmid)
Auch Gottes Züchtigungen sind Wohltaten, und was man Glück nennt, ein gefährliches Eis. Er macht aus Erde Laub und verwandelt Laub wieder in Erde. Wir verstehen seine Regierung nicht, und wagen immer zu viel, selbige zu loben oder zu tadeln.
J. G. Hamann
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Moses Mendelssohn (1729-1786) war jüdischer Religion und Handlungsbedienter bei einem Kaufmann, der das Pulver nicht soll erfunden haben. Dabei war er aber ein sehr frommer und weiser Mann und wurde daher von den angesehensten und gelehrtesten Männern hochgeachtet und geliebt. Und das ist recht. Denn man muss um des Bartes willen den Kopf nicht verachten, an dem er wächst. Dieser Moses Mendelssohn gab unter anderm von der Zufriedenheit mit seinem Schicksal folgenden Beweis. Denn als eines Tages ein Freund zu ihm kam und er eben an einer schweren Rechnung schwitzte, sagte dieser: „Es ist doch schade, guter Moses, und ist unverantwortlich, dass ein so verständiger Kopf, wie Ihr seid, einem Manne ums Brot dienen muss, der Euch das Wasser nicht bieten kann. Seid Ihr nicht am kleinen Finger gescheiter als er am ganzen Körper, so groß er ist?“ Einem andern hätt das im Kopf gewurmt, er hätte Feder und Tintenfass mit ein paar Flüchen hinter den Ofen geworfen und seinem Herrn aufgekündet auf der Stelle. Aber der verständige Mendelssohn ließ das Tintenfass stehen, steckte die Feder hinter das Ohr, sah seinen Freund ruhig an und sprach zu ihm also: „Das ist recht gut, wie es ist, und von der Vorsehung weise ausgedacht. Denn so kann mein Herr von meinen Diensten viel Nutzen ziehen, und ich habe zu leben. Wäre ich der Herr und er der Schreiber, ihn könnt ich nicht brauchen.“ Johann Peter Hebel
Hüte die Schafe, auch wenn du den Wolf nicht siehst. Bauernweisheit
Reiße niemals einen Zaun ein, bevor du nicht weißt, warum man ihn aufgestellt hat. G. K. Chesterton
Im Hafen sind die Schiffe am besten aufgehoben, aber dafür hat man sie nicht gebaut. Quelle unbekannt
Man soll einen Menschen nicht nach seinen Vorzügen beurteilen, sondern nach der Art, wie er sie gebraucht. Rochefoucauld
Wir preisen die Vorzüge anderer nicht deshalb so überschwänglich, weil wir diese Vorzüge, sondern weil wir unsere eigene Meinung von ihnen schätzen. Rochefoucauld